Als Vorgänger des Collins‘ muß der im Garrick Club entstandene Gin Punch betrachtet werden. Wann entstand er, warum war er eine Neuigkeit, und wer hat ihn erfunden?
Der Garrick Club in London ist für die Entwicklung des Collins‘ von großer Bedeutung. Dort wurde Mitte der 1830er Jahre ein abgewandelter Gin Punch serviert, der die Grundlage für den Collins bildete. Wir folgen David Wondrichs Vorschlag und nennen diesen Gin Punch den Garrick Club Punch. [1-202][1-203]
Der Garrick Club Punch
Thomas Walker war ein englischer Rechtsanwalt, Polizeibeamter und Autor. In dem von ihm herausgegebenen Magazin „The Original“ erwähnt er, wie erfreulich ein geeister Punch im Sommer sei. [1-205][4] Er schreibt dort: „Cider Cup Lemonade, und eisgekühlter Punch im Sommer, und heiß im Winter, sind alle ihre Runden wert. Aber ich glaube nicht, daß Runden so oft gegeben werden, wie es sein sollte. Wir folgen den ausgetretenen Pfaden, ohne von der Vielfalt zu profitieren, die auf allen Seiten zu finden ist.“
– „Cider cup lemonade, and iced punch in summer, and hot in winter, are all worthy of their turns; but I do not think turns come so often as they ought to do. We go on the beaten track without profiting by the varieties which are to be found on every side.“[5-323]
Aus Thomas Walkers Aussage können wir ableiten, daß in den 1830er Jahren ein eisgekühlter Punch etwas war, das man gerne trank. Gleichzeitig scheint es aber auch so zu sein, daß er noch nicht allüberall erhältlich war, daß er etwas Neuartiges war, denn er wird als etwas bezeichnet, das außerhalb der ausgetretenen Pfade zu finden ist. Auf diesen Pfaden ist auch der neuartige Punch aus dem Garrick Club zu finden, denn er verwendet Sodawasser.
Im The Quarterly Review erschien im Februar 1836 ein Beitrag, der einen Beitrag des „The Original“ zitiert und anschließend kommentiert. Wir werden nicht nur darüber aufklärt, daß im Garrick Club ein Gin Punch serviert wird, sondern es wird auch das Rezept hierfür geliefert und der Erfinder desselben angegeben. [1-205] Es heißt dort:
„Anstatt Punch mit Eis zu kühlen, ist es besser, ihn mit einem Teil von eisgekühltem Soda-Wasser zu mischen.* Der Gin-Punch, der nach diesem Prinzip im Garrick Club hergestellt wird, ist eines der besten Dinge, die wir kennen, und wir nutzen diese Gelegenheit gerne, um die Ehre der Erfindung dem rechtmäßigen Patentinhaber, Herrn Stephen Price, einem amerikanischen Gentleman, zu erweisen, der in der Theaterwelt und auf der Pferderennbahn bekannt ist. Sein Anspruch wurde viel diskutiert – Grammatici certant et adhuc sub judice lis est [Der Streit ist noch unentschieden] – und viele, die von Herrn Theodore Hook’s häufiger und großzügiger Handhabung der Entdeckung irregeführt wurden, sind im Begriff, sie ihm zuzuschreiben. Aber Herr Thomas Hill, der gefeierte „Dreihundertjährige“ eines populären Liedes, der bei der ersten Begegnung von Herrn Hook mit dem Getränk anwesend war, hat die Sache durch eine kurze Schilderung der Umstände in Ordnung gebracht. Eines heißen Nachmittags im Juli letzten Jahres spazierte der unnachahmliche Autor von ‚Sayings and Doings‘ (was für ein Buch könnte man daraus machen!) in den Garrick in jenem unklaren Zustand des Durstes, der etwas mehr als das Übliche erfordert, um ihn zu löschen. Als er dieses Gefühl beschrieb, wurde ihm empfohlen, den Punch auszuprobieren, und ein Krug wurde sofort nach der persönlichen Inspiration von Mr. Price zusammengestellt. Ein zweiter folgte – ein dritter, mit der Begleitung einiger Koteletts – ein vierter – ein fünfter – ein sechster – nach dessen Leerung Herr Hook wegging, um bei Lord Canterbury zu Abend zu essen. Er ißt immer wenig, bei dieser Gelegenheit aß er weniger, und Herr Horace Twiss erkundigte sich in einem angebrachten Ton der Besorgnis, ob er krank sei. ‘Eigentlich nicht‘, lautete die Antwort, ‘aber mein Magen wird es nicht ertragen, und ich wurde in Versuchung geführt, einen Keks und ein Glas Sherry gegen drei Uhr zu nehmen. …‘ * Gieße eine halbe Pinte Gin auf die äußere Schale einer Zitrone, dann ein wenig Zitronensaft, Zucker, ein Glas Maraschino, ungefähr eineinviertel Pinten Wasser, und zwei Flaschen geeistes Sodawasser. Das Ergebnis wird drei Pinten des betreffenden Punches sein.“ [3-472]
– „Instead of icing punch, the preferable mode is to mix it with a proportion of iced soda-water. * The gin punch made on this principle at the Garrick Club is one of the best things we know, and we gladly take this opportunity of assigning the honour of the invention to the rightful patentee, Mr. Stephen Price, an American gentleman, well known in the theatrical circles and on the turf. His title has been much disputed – Grammatici certant et adhuc sub judice lis est – and many, misled by Mr. Theodore Hook’s frequent and liberal application of the discovery, are in the habbit of ascribing it to him. But Mr. Thomas Hill, the celebrated ‘trecentenarian’ of a popular song, who was present at Mr. Hook’s first introduction to the beverage, has set the matter at rest by a brief narration of the circumstances. One hot afternoon in July last, the inimitable author of ‘Sayings and Doings’ (what a book might be made of his own!) strolled into the Garrick in that equivocal state of thirstiness which requires something more than common to quench. On describing the sensation, he was recommended to make trial of the punch, and a jug was compounded immediately under the personal inspiration of Mr. Price. A second followed – a third, with the accompainment of some chops – a fourth – a fifth – a sixth – at the expiration of which Mr. Hook went away to keep a dinner engagement at Lord Canterbury’s. He always eats little, on this occasion he ate less, and Mr. Horace Twiss inquired in a fitting tone of anxiety if he was ill. ‘Not exactly,’ was the reply; ‘but my stomach won’t bear trifling with, and I was tempted to take a biscuit and a glass of sherry about three. * Pour half a pint of gin on the outer peel of a lemon, then a little lemon-juice, sugar, a glass of Maraschino, about a pint and a quarter of water, and two bottles of iced soda-water. The result will be three pints of the punch in question.“ [3-472]
Dieser Beitrag erschien in abgewandelter Form parallel am 20. Februar 1836 in „The Mirror of Literature, Amusement and Instruction“. [40-125]
Die Bedeutung des Garrick Club Punches
Dies ist der erste Hinweis auf die Verwendung von Sodawasser in einem Punch, und unverkennbar ist der Garrick Club Punch einem Collins sehr ähnlich, man kann ihn als dessen Vorgänger betrachten. Will man also die Geschichte des Collins‘ besser verstehen, muß man sich auch eingehend mit der Geschichte des Garrick Club Punches beschäftigen. Beschäftigen wir uns im Folgenden also zunächst einmal mit dem Garrick Club und dann mit den einzelnen erwähnten Personen, als da wären Stephen Price, Theodore Hook und Thomas Hill.
Der Garrick Club
Der Garrick Club wurde 1831 im Theatre Royal in der Drury Lane unter der Federführung von Herzog Augustus Frederick, dem Bruder von König William IV., als Gentlemen’s Club gegründet. Damit ist er einer der ältesten Clubs der Welt. In einer Zeit, als Schauspieler im Allgemeinen nicht als respektable Mitglieder der Gesellschaft galten, sollte es ein Ort sein, an dem sich Schauspieler, Schriftsteller, andere Kunstschaffende und kultivierte Männer treffen konnten, um so „zur Regeneration des Dramas beizutragen“. Die Aufnahmekriterien sind und waren streng. Neue Kandidaten müssen von einem Mitglied vorgeschlagen werden, dann wird in einer geheimen Wahl über die Aufnahme abgestimmt, wobei der Grundsatz gilt, „daß es besser sei, zehn nicht zu beanstandende Männer auszuschließen, als einen schrecklichen Langweiler aufzunehmen“ – „that it would be better that ten unobjectionable men should be excluded than one terrible bore should be admitted“. Benannt wurde der Club nach David Garrick. Unter dessen Leitung war das Theatre Royal in der Drury Lane zum Repräsentanten des Goldenen Zeitalters des britischen Dramas geworden. Sechs Monate nach dem Gründungstreffen waren die Mitglieder ausgewählt worden, und man hatte ein Clubhaus in der 35 King Street in Covent Garden gefunden und eingerichtet. Es wurde am 1. Februar 1832 eröffnet. Das Clubhaus wurde bald zu klein, und so zog man 1864 in ein neuerbautes Clubhaus in der nahegelegenen Garrick Street. Die Mitgliederliste liest sich wie ein Who’s Who des Jahres 1832. Neben zahlreichen Kunstschaffenden waren darauf zahlreiche Barons, Counts, Dukes, Earls und Lords, aber auch Angehörige des Militärs, Parlamentarier und Richter. Viele berühmte Schauspieler, Autoren und Maler waren Mitglied, darunter beispielsweise Charles Dickens, H. G. Wells und A. A. Milne. [17][18][41-285]
Stephen Price
Stephen Price wurde am 25. September 1782 in New York City geboren und verstarb dort am 20. Januar 1840. Er machte 1799 seinen Abschluß am Columbia College und begann 1804 in New York City als Rechtsanwalt zu arbeiten. Er wechselte jedoch nach fünf Jahren seinen Beruf. Im Jahr 1808 erwarb er Anteile am Park Theatre, welches sich in finanziellen Schwierigkeiten befand, und übernahm die Leitung des Theaters. Diese Position hielt er 31 Jahre inne. [1-205][6]
Das Park Theatre in Manhattan
Das Park Theatre in Manhattan war ursprünglich als das New Theatre bekannt und wurde im Jahr 1798 eröffnet. Obwohl es in seinen ersten Jahren kaum Konkurrenz hatte, erzielte man selten einen Gewinn, und 1805 wurde das Theater verkauft. Nachdem Stephen Price die Mehrheitsbeteiligung erworben hatte, wurde er 1808 Geschäftsführer des Theaters. Das erste Theater brannte 1820 ab und wurde 1821 wiedereröffnet. [1-205][6][10]
In den 1810er und 1820er Jahren erlebte das Park Theatre seine erfolgreichste Zeit. Es galt als ein hochkarätiges Theater. In den 1820er Jahren entstand durch das Bowery Theatre und Chatham Garden eine Konkurrenz, doch das Park Theatre bewahrte sein erstklassiges Renommee, bis es 1848 abbrannte. [1-205][6][10]
Theatre Royal in der Drury Lane
Nach dem Ende des Britisch-Amerikanischen Krieges im Jahr 1815 [7] reiste Stephen Price regelmäßig nach London und verbrachte viel Zeit in England. Zwischen 1826 und 1830 leitete er in London das Theatre Royal in der Drury Lane. [1-206][6][10][38-41]
Das Theatre Royal in der Drury Lane, gemeinhin auch nur Drury Lane benannt, befindet sich in London, in Covent Garden. Es wurde im Jahr 1663 eröffnet und ist heute das älteste londoner Theater, das noch bespielt wird. In den ersten zweihundert Jahren seines Bestehens zählte es zu Londons führenden Theatern. Das vierte, noch heute existierende Gebäude, wurde nach einem Brand am 10. Oktober 1812 eröffnet und bietet etwa 2200 Zuschauern Platz. [8][9]
Mit der Leitung des Theatre Royals sicherte sich Stephen Price quasi das Monopol für die Versorgung amerikanischer Bühnen mit englischen Bühnenstars. Er engagierte sie nicht nur, um im Park Theatre, sondern auch um auf Rundreisen in Theatern anderer amerikanischer Städte englische Dramen zu spielen. [1-206][6][10] Uns wird im Jahr 1829 mitgeteilt, daß er das Theatre Royal mit großem Erfolg leitet. [33-266]
Im Garrick Club
Im Jahr 1831 wurde Stephen Price als Manager des Garrick Clubs eingestellt. [1-206][38-41] David Wondrich meint, es sei nicht verständlich, warum ausgerechnet Stephen Price diese Stelle innehatte, denn für ihn war Stephen Price nicht unbedingt eine Person, die für den Garrick Club als geeignet erscheinen würde. Er sei weder ein hochgebildeter Mann noch ein Professor mit einem sehr feinen Geschmack gewesen. Ebenso hätte er seine Konversation schonungslos mit groben und höchst verwerflichen Äußerungen gespickt. Auch sei er reizbar, scharfsinnig, barsch und herrisch gewesen. [1-206]
Doch immerhin, so David Wondrich, hätte er gewußt, wie man einen Gin Punch zubereitet. Er sei in New York dafür berühmt gewesen, „Gin mit Wasser“ zu trinken und für seine Beschwerde, daß die Gläser zu klein wären, so daß er sie so zu oft nachfüllen müsse. [1-206] Leider gibt er hierfür keine Quelle an. Vielleicht bezieht er sich auf einen in London geschriebenen Brief vom 16. November 1838? In diesem heißt es: „Ich bin erst seit ein paar Tagen in der Stadt; ich habe das erste Mal im Garrick Club gegessen, wo … Stephen Price an seinem Gin und Wasser nippte“. [42-14]
– „I have been in town only a few days; I first dined at the Garrick Club, where was … Stephen Price sipping his gin and water“. [42-14]
Anscheinend bezieht er seine Information aber auch aus der The New York Press vom 17. April 1910. Dort steht geschrieben: „Theaterreliquien zu verkaufen. Wird bei der Auktion auf der Actors‘ Fund Fair angeboten. … Der Gin-Kelch, den Stephen Price, einer der berühmten Direktoren der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts, benutzte, wird bei der Auktion versteigert. Price beraumte Abende im Theater des älteren Wallack an und schlürfte Gin und Wasser bis Mitternacht. Er beschwerte sich immer, daß die Gläser zu klein waren und er sie zu oft füllen müßte. Wallack hatte einen riesigen Glaspokal, der über ein Quart faßte, außdrücklich für ihn gefertigt. Obwohl der Kelch 1838 hergestellt wurde, hat er nicht einen Sprung oder Kratzer.“
– „Theatrical Relics for Sale. Will Be Offered at Auction at Actors‘ Fund Fair. … The gin goblet which Stephen Price, one of the famous managers of the first half of the nineteenth century, used will be sold at auction. Price would call evenings at the theatre of the elder Wallack and sip gin and water until midnight. He always complained that the glasses were too small and that he had to fill them too often. Wallack had a huge glass goblet holding over a quart made expressly for him. Although the goblet was made in 1838, it has not a crack or nick in it.“[29]
Außer diesen beiden Quellen konnten wir nichts passendes finden. Es ist also keinesfalls so, daß Stephen Price seinen „Gin and Water“ bereits in New York getrunken hat und deshalb in dieser Stadt dafür bekannt war. Vielmehr bestätigen beide Quellen, daß er dieses Getränk nicht in New York, sondern in London trank, und zwar bereits im Jahr 1838. James E. Wallack war nämlich sein Vertreter in der Drury Lane.
Ob es sich allerdings bei „Gin and Water“ schon um den Garrick Club Punch handelte, oder ob es wirklich nur Gin mit Wasser war, und sein Wasser eigentlich ein Sodawasser war, läßt sich nicht mehr feststellen. Da jedoch Stephen Prices Punchrezept drei Jahre zuvor veröffentlicht wurde, darf man durchaus davon ausgehen, daß es sich bei „Gin and Water“ um seinen Punch gehandelt haben dürfte.
1838 Ging Stephen Price nach New York zurück und verstarb 1840. [1-207]
Stephen Prices Charakter
Wir möchten an dieser Stelle noch einmal auf Stephen Prices Charakter eingehen. Die Schilderung, die David Wondrich gibt, läßt Schlechtes vermuten. Betrachtet man jedoch überlieferte Quellen genauer, so zeichnet sich ein etwas anderes Bild ab. Das eines absolut ehrlichen, zuverlässigen und ehrenvollen Gentlemans, der gerne Essen und Trinken genoß, ebenso wie die Gesellschaft gebildeter Menschen, und der immer zu einem Scherz aufgelegt war. In keinster Weise war er ein schrecklicher Langweiler. Auch zur Regeneration des Englischen Dramas hatte er wesentliches beigetragen – als Leiter der Drury Lane und auch durch die Aufführung englischer Dramen in den Vereinigten Staaten. Somit erfüllte er alle Bedingungen für die Aufnahme in den Garrick Club und war hierfür bestens geeignet.
Doch widmen wir uns einmal den überlieferten Beschreibungen, denn sie geben wahrhaft ein authentisches Bild seines Charakters. Fangen wir mit dem Nachruf an.
Nachruf
In einem Nachruf für Stephen Price in der Literary Gazette heißt es: „BIOGRAPHIE. Stephen Price, Esq. – Wir müssen mit großem Bedauern den plötzlichen Tod dieses Gentlemans am 20. Januar in New York feststellen. Halsentzündung soll die Ursache für dieses unheilvolle Ereignis gewesen sein. Nur wenige Personen waren allgemeiner bekannt als Herr Price, weder in Amerika noch in England. Im erstgenannten Land war er dreißig Jahre lang der geschäftstüchtige Eigentümer des Park Theatre, und im letztgenannten war er für eine Weile der Pächter von Drury Lane, wo er viel Geld verlor. Er erholte sich danach und hatte eine wichtige Position in der Theaterwelt inne, und lebte viel in der Gesellschaft der gebildeten und intelligenten Menschen. Aber wir befürchten, daß in letzter Zeit der Druck auf die Bühnenangelegenheiten seinen Wohlstand wieder bis zu einem gewissen Grad beeinträchtigte; und er verließ England, um seine Angelegenheiten in New York zu regeln, wo eine starke Opposition gegen ihn gebildet worden war. Herr Price besaß einen scharfsinnigen Verstand und viele Informationen über die meisten Themen, die die Öffentlichkeit interessieren. Von heiterem Temperament war er etwas unhöflich in seinen Manieren; aber innerhalb der äußeren Hülle befand sich ein Kern aus Herz und Gefühl, aus dem viele Fälle von Freundlichkeit und Großzügigkeit entsprangen, die seiner Natur Ehre erwiesen.“ [30-108][30-109]
– „BIOGRAPHY. Stephen Price, Esq. – We have to record, with much regret, the sudden death of this gentleman, at New York, on the 20th of January. Quinsy is stated to have been the cause of this fatal event. Few individuals were more generally known than Mr. Price, either in America or England. In the former country he was for thirty years the enterprising proprietor of the Park Theatre, and, in the latter, he was, for a while, the lessee of Drury Lane, where he lost much money. He afterwards recovered himself, and occupied an important station in the theatrical world, and living much in the society of literacy and intelligent men. But we fear that latterly the pressure upon stage concerns again affected his prosperity to a certain degree; and he left England to superintend his concerns at New York, where a strong opposition had been gotten up against him. Mr. Price possessed an astute mind, and much information on most of the subjects which interest the public. Of a sanguine temperament, he was somewhat rough in manners; but within the external husk there was a kernel of heart and feeling, from which sprung many instances of kindness and generosity that did honour to is nature.“[30-108][30-109]
Das ist ein interessanter Beitrag, denn er zeichnet doch ein etwas anderes Bild von Stephen Price als das von David Wondrich kolportierte. Mit seinem heiteren Gemüt sagte Stephen Price vielleicht viele Dinge frei heraus, ohne sich zu sehr um Konventionen zu scheren, wurde dadurch wohl regelmäßig als unhöflich empfunden (man erinnere sich, auch die Deutschen werden oft als unhöflich bezeichnet, weil sie viele Dinge viel zu direkt ansprechen), doch zeigte sich stets die ihm innewohnende Freundlichkeit und Großzügigkeit.
Auch der Nachruf im The Ladies Companion zeichnet ein ähnliches Bild und beschreibt Stephen Price als einen absolut ehrlichen Mann: „STEPHEN PRICE, Esq. – Mit dem plötzlichen Tod des Leiters des Park Theatre hat das Drama in diesem Land einen seiner Pioniere verloren. Mr. Price war, wie wir glauben, seit mehr als dreißig Jahren ein Direktor des Parks; und die Öffentlichkeit verdankt wahrscheinlich seiner Energie und seinem Engagement bei der Führung des Betriebs die Freude an den Talenten vieler der bekanntesten Künstler der letzten Jahre. Es ist nicht wichtig, daß sein persönliches Interesse einen solchen Aufwand verlangte. Shakespeare schrieb für Brot – aber seine Werke sind nicht weniger geschätzt und unsterblich; und diese Betrachtung sollte und wird zweifellos den Respekt für den Verstorbenen erhöhen. Mr. Price war, was auch immer seine eigentümlichen Charakterschwächen gewesen sein mögen, ein absolut ehrlicher Mann – dessen Wort keine Bindung brauchte, um es zu versichern; eine so bewundernswerte Eigenschaft, daß in Erinnerung daran manch eine Schwäche in Vergessenheit gerät.“ [31-200]
– „STEPHEN PRICE, Esq. – In the sudden death of the senior manager of the Park Theatre, the drama in this country has lost one of its pioneers. Mr. Price had been, for upwards of thirty years, we believe, a manager of the Park; and the public probably owe to his energy and activity in the conduct of the establishment, the gratification experienced from the talents of many of the most prominent artists of past years. It matters not that his personal interest demanded such effort. Shakespeare wrote for bread – but his works are not the less treasured and immortal; and this consideration should, and, doubtless, does enhance the respect for the departed. Mr. Price was, whatever may have been his peculiar failings of character, a strictly honest man – whose word needed no bond to secure it; so admirable a trait, that in remembrance of it, many a weakness is buried in oblivion.“[31-200]
Über seine Ehrenfaftigkeit
Eine 1848 erschienene Beschreibung teilt uns mehr über seine Ehrenhaftigkeit und seinen Charakter mit: „STEPHEN PRICE. … Er war ein Bonvivant, ein prächtiger Gefährte bei einer Flasche Champagner, ein ausgezeichneter Freund, ein guter Verwalter, im Geschäftsleben ein Ehrenmann, wenn er auch auf eiserne Disziplin Wert legte. Nachdem er jahrelang mit Gewinn und Erfolg das Schicksal der Theater in der Neuen Welt geleitet hatte, übernahm er … für eine Saison das Ruder der Drury Lane und hielt sich in London gegen alle Widerstände, die auf ihn einwirken konnten. Aber die Gewinnerwartung war schließlich ruinös für sein Vermögen, aber nicht für sein Ansehen: Die ehrenhafte Art und Weise, wie er die Forderungen seiner Gläubiger mit einer rechtsgültigen Entlastung in der Tasche beglichen hat, hätte ihm einen besseren Empfang bei seinen Mitbürgern verschaffen sollen, als er ihn in New York nach seiner Rückkehr in sein Heimatland erhalten hat.“ [32-79]
– „STEPHEN PRICE. … He was a bon vivant, a glorious companion over a bottle of champagne, an excellent friend, a good manager, in business a man of honour, although a strict disciplinarian. After directing for years with profit and success the destiny of the theatres in the New World, he … seized the helm of Drury Lane for one season, sustaining himself in London against all the odds that could be brought to bear upon him. But the speculation was eventually ruinous to his fortune, but not his credit: the honourable manner in which he paid the demands of his creditors, with a legal discharge in his pocket, ought to have secured him a better reception from his dellow-citizens than he received in New York, upon his return to his native country.“[32-79]
Details zur Übernahme des Theatre Royal durch Stephen Price liefert das Gentleman’s Magazine des Jahres 1839 und geht dabei auch auf die Belgleichung der eben erwähnten Forderungen ein. Mehrere Bieter hatten Angebote abgegeben, wurden aber vom Unterausschuß des Theaters nicht akzeptiert. Auch Stephen Price wurde abgelehnt, und die Leitung an Thomas Bish, der sein Geld zuvor mit Lotteriegeschäften gemacht hatte, übergeben. Dieser wurde von John Morris, einem Freund von Stephen Price, überzeugt, daß er einen effizienten Schauspielmanager benötige, und Stephen Price wurde daraufhin für ein Gehalt von 1200 Pfund pro Jahr eingestellt, um Thomas Bish’s völligen Mangel an Erfahrung in allen Dingen, die mit einem Schauspielhaus zu tun haben, auszugleichen. Thomas Bish trat jedoch von seinem Posten zurück, und Stephen Price wurde zum alleinigen Pächter der Drury Lane. Stephen Price unterzeichnete den Pachtvertrag, für sieben oder 14 Jahre, und er stand kurz davor, für einige Monate nach New York zurückzukehren, weshalb er James E. Wallack als Vertreter mit allen Vollmachten ausstattete. [34-79] Die erste Saison unter Wallacks Leitung brachte einen Gewinn von vier- bis fünftausend Pfund. Während des Urlaubs reisten beide, Wallack und Price, durch die Provinz auf der Suche nach Schauspielern, um sie zu rekrutieren. [34-80] Es kam jedoch der Zeitpunkt, als das Theater in Schwierigkeiten kam. „Tatsächlich mußte Price den Mietvertrag im Januar, inmitten der Saison, 1830, kündigen. … Es ist unmöglich, das Scheitern von Herrn Prices Verwaltung zufriedenstellend zu begründen; er wurde von der Öffentlichkeit gut unterstützt, und die kleine Summe, deretwegen er scheiterte, verglichen mit den Gewinnen der beiden ersten Jahre seiner Amtszeit, ist ein überzeugender Beweis dafür, daß die Verluste nicht erheblich hoch waren. Er kehrte nach New York zurück, doch schon bald besuchte er England wieder und liquidierte alle Forderungen gegen ihn vollständig, obwohl er durch die ihm ohne Bedenken verliehene Bescheinigung vor Ärger geschützt worden war. Herr Wallack wurde vom Unterkomitee erneut herbeigerufen und gebeten, bis zum Ende der Saison im Theater zu betreiben. Er tat es, und mit solchem Erfolg, daß sie die Saison über die übliche Anzahl von Nächten hinaus verlängerten.“ [34-81]
– „In fact, Price had to resign the lease in the month of January, in the very heart of the season, 1830. … It is impossible to account satisfactorily for the failure of Mr. Price‘s management; he was well supported by the public, and the small sum for which he failed, placed in opposition to the profits of the two first years of his term, are convincing proofs that the losses were not materially heavy. He returned to New York, but soon revisited England, and liquidated all claims against him in full, notwithstanding he had been secured from annoyance by the certificate awarded him without a demur. Mr. Wallack was again sent for by the sub-committee, and requested to work the theatre till the end of season. He did so, and with such success that they carried the season beyond the usual number of nights.“[34-81]
Wir erkennen also, daß Stephen Price ein Ehrenmann war, der seine Schulden bezahlte, auch wenn er offiziell davon befreit war. Ein wahrer Gentleman.
Der Genußmensch
Eine weitere Episode aus Stephen Prices Leben berichtet das Fraser’s Magazine: „Ein weiterer Zeitungsautor, den ich 1827 kennenlernte, war der verstorbene Horace Twiss. Ich wurde ihm im März 1827 in einem Ausschußzimmer des Unterhauses vorgestellt, in dem er damals Mitglied war. … Ich habe Männer sagen hören, die in täglicher Angewohnheit und Vertrautheit mit Twiss zu tun hatten, was ich nie hatte, daß er nicht nur der größte Esser im Unterhaus war, mit Ausnahme des verstorbenen Sir Robert Peel, sondern auch der größte Esser in ganz England, mit der Ausnahme des verstorbenen Lord Cottenham und Stephen Price, des Yankee-Inhabers des Drury Lane Theatre. Ich machte einmal einen kurzen See-Ausflug mit Twiss und Stephen Price, die eingeschworene Freunde waren. Ich erinnere mich gut daran, daß das Paar bei dieser Gelegenheit zum Mittagessen einen kleinen Steinbutt mit Hummersauce und eine kleine Lammschulter mit angemachtem Salat um ein Uhr dreißig genossen hat, und daß beide danach opulent dinierten, mit Schildkröte und Wildbret. Es stimmt, daß wir sieben oder acht Stunden auf See waren; aber unter Berücksichtigung der belebenden und appetitanregenden Brisen war die Darbietung dieser außergewöhnlichen Auswärtsessenden ein wundersames Bravourstück dessen, was Rabelais oder Montaigne, ich vergesse welcher, ‘la science de la gueule‘ [die Wissenschaft des Mundes] nannte, oder wie ein Pedant sagen würde, Völlerei.“ [35-45][35-46][35-47]
– „Another writer of newspapers with whom I became acquainted in 1827, was the late Horace Twiss. I was first introduced to him in March, 1827, in a committee-room of the House of Commons, of which he was then a member … I have heard men say who lived in daily habits of familiarity with Twiss, which I never did, that he was the largest feeder in the House of Commons, with the exception of the late Sir Robert Peel, and the largest feeder in England, with the exception of the late Lord Cottenham and Stephen Price, the Yankee patentee of Drury Lane Theatre. I once made myself a short sea excursion with Twiss and Stephen Price, who were sworn friends. I well remember that on this occasion the pair enjoyed for lunch a small chicken turbot, with lobster sauce, and a small shoulder of lamb, with dressed salad, at half-past one, and that both dined sumptuously afterwards, at seven, on turtle and venison. It is true we had been seven or eight hours at sea; but making all due allowance for invigorating and appetizing breezes, the performance of these remarkable diners-out was a wondrous feat in what Rabelais or Montaigne, I forget which, calls ‘la science de la gueule‘, or, as a pedant would say, gulosity.“[35-45][35-46][35-47][35-48]
Exzentrik
Über Stephen Prices exzentrische Art wird 1849 berichtet. Er sei ein Mann von eigentümlichem und exzentrischen Charakter gewesen, und man sagt, einige seiner Charakterzüge, und zwar nicht die vorteilhaftesten, seien in Mr. Pooles Skizze des „Pangrowlion Club“ erhalten geblieben. Seine Angewohnheiten, wenn auch nicht alle, seien bestens angepaßt gewesen an die Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit einer solchen Gesellschaft. Beispielsweise würde er in schweren, knarzenden Stiefeln im Coffee Room umherschlendern und seine Augen umherschweifen lassen auf der Suche nach einem jungen Mitglied, um über dessen einsames Kotlett zu diskutieren. [36-261] „“Was habt Ihr da, mein Herr?“ würde er fragen, eine Gabel in die fragliche Speise stoßen, und sie zur Empörung des Besitzers hochheben. „Wollt Ihr sagen, daß man dieses Ding essen kann? Ober! Nennt Ihr das ein Kotelett, daß man einem Gentleman vorsetzen kann? Nemmt es hinfort, Sir, und bringt dem Gentleman ein anderes.“ Bei einer Gelegenheit wurde seine unentgeltliche Aufsicht freudig erwartet. „Ihr müßt Euch nicht bemühen, Price“, rief ein Gast aus, als er ihn in den Raum eintreten und fragende Blicke auf den von ihm belegten Tisch werfen sah, „Ich habe“ und er hielt seinen Teller hoch „ein gebratenes Geflügel, teilweise sehr verbrannt, teilweise halbgar, und keine Pilze!““ [36-262]
– „„What have you got there, sir?“ he would ask, plunging a fork into the questionable viand, and holding it up, to the indignation of the proprietor, „D‘ye mean to say you can eat this thing? Waiter! d‘ye call this a chop fit to set before a gentleman? Take it away, sir, and bring the gentleman another.“ On one occasion his gratuitous supervision was happily anticipated. „You need not to trouble yourself, Price,“ exclaimed a diner, on seeing him enter the room, and throw an inquiring glance upon the table which he was occupying – „I have got,“ and he held up his plate,“„a broiled fowl, much burned into parts, underdone in others, and no mushrooms!““ [36-262]
Das „transatlantische Getränk“
Wir lesen weiterhin: „Herr Price war durch Geburt ein Amerikaner und ein geschickter, wie man sagt, in der nationalen Fertigkeit – dem Duell; hierzulande war er eher als ein Genießer des Geschmacks und als ein Geber von Junggesellenessen auf hohem Niveau bekannt; Er war außerdem der erste Verkünder eines jener transatlantischen Getränke, die zu Recht die Bewunderung der Neugierigen sind. Es ist eine Art Punch, bei dem Gin, Maraschino und eisgekühltes Sodawasser auf eine gewisse geheimnisvolle und wissenschaftliche Art und Weise gemischt werden, und der bei sehr heißem Wetter oder in Fällen, in denen ein hartnäckiger und unerklärlicher Durst die wiederholten Bemühungen, ihn am Vortag zu löschen, irgendwie überlebt hat, als etwas von unübertrefflichem Wert hoch geschätzt wird.“ [36-263]
– „Mr. Price was an American by birth, and a proficient, it is said, in the national accomplishment – duelling; in this country he was more favourably known as a bon vivant of taste, and a giver of bachelor dinners of a high order; he was, moreover, the first promulgator of one of those Transatlantic beverages, which are justly the admiration of the curious. It is a species of punch, in which gin, maraschino, and iced soda water, are blended in a certain occult and scientific way, and is esteemed of sovereign worth in very hot weather, or in cases where an obstinate and unaccountable thirst has somehow survived the repeated efforts made to quench it the preceding day.“[36-263]
Diesem Beitrag zufolge stammt Stephen Prices Punch also aus den Vereinigten Staaten, da es als ein transatlantisches Getränk bezeichnet wird. Dies wird jedoch noch genauer zu untersuchen sein, auch im Zusammenhang mit dem Collins – und sich wohl als unwahr erweisen.
Kommen wir zunächst jedoch auf die anderen Personen zurück, die im Zusammenhang mit dem Garrick Club Punch genannt wurden – Theodore Hook und Thomas Hill.
Theodore Hook
Theodore Hook, geboren 1788 und verstorben 1841 war Mitglied des Garrick Clubs. Er galt als Playboy und war ein englischer Journalist, Romanautor und Komponist. Für kurze Zeit war er auch Beamter auf Mauritius. Er galt als einer der brillantesten Personen seiner Zeit und wurde als ein Dante Alighieri vergleichbares Genie gepriesen. Er erhielt übrigens die weltweit erste Postkarte mit einem Bild im Jahr 1840, wahrscheinlich von ihm selbst verschickt. [19][20][21][38-35]
Theodore Hook war wohl der Hauptnarr des Garrick Clubs, der jedem sofort in den Sinn kam, wenn der Club erwähnt wurde. Er wurde als heiter und unwiderstehlich charakterisiert, als spontan und originell. Seine besten Dinge waren jedoch nicht gesprochene Dinge, denn sein Prinzip war „Wir machen es in Aktion“. Das waren jedoch keine „praktischen Witze“, wie man sie nannte, sondern gespielter Humor. [39-21] Ihm wird zwar die Erfindung des Garrick Club Gin Punches zugeschrieben, doch dies stimmt nicht. [39-22]
Thomas Hill
Thomas Hill war in der Welt der Literatur und vor allem des Theaters bekannt und beliebt. Er war ein Bonvivant und Mitglied des Garrick Clubs und kannte sich mit allen Dingen aus, die in allen Kreisen vor sich gingen, seien sie merkantil, politisch, modisch, literarisch oder theatralisch. Er wurde im Mai 1760 in Lancester geboren, kam nach London und ließ sich in Queenhithe, einem londoner Stadtteil an der Themse, als ein Händler für chemische Produkte wie Leime, Lacke und Farbstoffe nieder. Daneben fand er jedoch Zeit, einen Geschmack für Literatur zu entwickeln und baute eine sehr schöne Sammlung an alten Büchern, vornehmlich Gedichtbände, auf. In seinem Haus in der Henrietta Street in Covent Garden, mehr noch aber in seinem Landhaus in Sydenham, versammelte er die brillantesten Geister, Dichter, Schauspieler, Dramatiker und andere Genies seiner Zeit. Seine Gastfreundschaft wurde von jedermann gepriesen. Er unterstützte die Dichter Bloomfield und Kirke White und gründete den „The Monthly Mirror“, wodurch er häufigen Kontakt zu Dichtern des Dramas, zu Schauspielern und Theaterleitern hatte. Um 1810 verlor er viel Geld bei einer Spekulation mit Indigo, gab sein Geschäft auf, und zog sich in seine Gemächer im Adelphi zurück. Er starb dort am 20. Dezember 1841, im Alter von 81 Jahren. Er besaß eine unerschütterliche Gelassenheit, war zur Zeit seines Reichtums freundlich und großzügig, und auch im Alter behielt er bei vergleichweiser Armut seine Fröhlichkeit bei. [22-264][22-265][23][24][25-86][25-87][25-88][37][38-34]
Der Garrick Club Punch
David Wondrich meint, Stephen Prices Gin Punch sei etwas Neues gewesen. Man habe zwar Soda gekannt, und geeister Punch hätte ein großes Ansehen besessen, aber niemand schien zuvor auf die Idee gekommen zu sein, einen Punch mit Soda zuzubereiten, ganz im Gegenteil. Soda wäre ein populäres Mittel gegen einen Kater gewesen, gewissermaßen ein Gegengift für einen Punsch, nicht aber sein Begleiter. [1-206]
Dieses Verständnis zeigt sich beispielsweise im 1836 erschienenen Gedicht mit dem Titel „Oxford, by Day and Night“. Dort heißt es am Ende: „Auch die geistige Medizin, mit der man kommende Übel abwehrt, ist Brandy, Whisky, Gin oder Rum! Kopfschmerz und Sodbrennen, mit Stolz verachtend. Was kann solch gottgleiche Jugendliche erschrecken; Denn wenn man morgens fiebrig ist, dann hilft Sodawasser.“ [44-491]
– „The spiritual medicine too With which you fight off ills to come Is brandy, whiskey, gin, or rum! Head-ache, and heart-burn, proudly scorning. What can such God-like youths affright; For if you’re feverish in the morning, Why soda water sets you right.“ [44-491]
Man weiß nicht, so David Wondrich, ob Stephen Price sein Punch-Rezept aus New York mit nach London brachte oder es erst in London entwickelte. Jedenfalls verbreitete es sich nach der Veröffentlichung im The Quarterly Review schnell und so ziemlich überall hin. Durch die Verwendung von kohlesäurehaltigem Sodawasser kennzeichnet er den Übergang zwischen einem Punch und einem modernen Longdrink. [1-207]
Wo entstand der Gin-Punch mit Sodawasser?
Wir sind der Auffassung, daß ein Gin-Punch mit Sodawasser nicht in New York oder den Vereinigten Staaten entstanden ist. So etwas war dort noch lange nach der Veröffentlichung im The Quarterly Review unbekannt. Wie wir beim Collins noch sehen werden, gibt es zahlreiche amerikanische Quellen, die davon sprechen, daß der Collins eindeutig eine englische Erfindung sei. Man kannte so ein Getränk zuvor in den Vereinigten Staaten nicht. Da der Garrick Club Punch im Grunde genommen nichts anderes als eine Art Collins ist, kann man diesen folglich dort auch nicht allgemein gekannt haben, und er kann dort auch nicht entstanden sein. Wir haben keine amerikanische Quelle gefunden, die darauf schließen läßt, daß man so etwas dort in den 1830er Jahren oder zuvorgetrunken hätte, geschweige denn, daß Stephen Price schon dort dafür berühmt gewesen sei. Alles spricht dafür, daß er sein Rezept erst in London entwickelt hat.
Zwar schreibt R. H. Dalton Barham 1849, der von Stephen Price zubereitete Punch sei ein „transatlantisches Getränk“ [36-263] – was vielleicht bedeuten kann, daß es in den USA entstand. Vielleicht wollte er damit aber nur zum Ausdruck bringen, daß man ihn auf beiden Seiten des Atlantiks trank. Unzweifelhaft scheint es jedoch die „Erfindung“ von Stephen Price gewesen zu sein, einen Punch mit Sodawasser anstelle von normalem Wasser zuzubereiten. Solch ein Punch hatte in England keine Tradition und anscheinend ist niemand vor ihm auf die Idee gekommen. Dieses Getränk erhielt „die Bewunderung der Neugierigen“ [36-263] – man muß also wohl etwas wagemutig gewesen sein, um diese Art Punch zu probieren. Diese Art von Punch gab es mindestens seit der Erstveröffentlichung des Rezeptes im Jahr 1835. Schnell war dieses Rezept in vielen englischen Publikationen zu finden.
Auch 1904, in einem Bericht der New York Times, wird die Mischung als eine englische Erfindung angesehen: „Die Wiederbelebung der englischen Getränke in vielen Clubs ist keine gute Nachricht für den Cocktail, der langsam aus der Mode kommt. … Gin ersetzt in vielen Fällen den Whisky und wird sowohl in den amerikanischen Mischungen, wie Rickeys und Remsen Coolers, als auch in englischen Mischungen verwendet. Der berühmte Gin Punch, der im londoner Garrick Club zu den Standardgetränken gehört, kommt hier in diesem Sommer sehr häufig zum Einsatz. Er wurde eigentlich von einem Amerikaner namens Stephen Price erfunden, der der Pächter des Drury Lane Theatres war. Man hörte erstmals im Juli 1835 davon, und dem berühmten Theodore Hook wird nachgesagt, daß er sechs Krüge davon in einer Sitzung getrunken habe und dann zu Lord Canterbury gegangen sei. Er ist wirklich die Grundlage vieler Gin-Mischungen und soll in der Kolonialzeit ein Lieblingsgetränk der alten holländischen Herren in New York gewesen sein. Ein halber Pint Gin wird über die äußere Schale einer Zitrone gegossen, dann wird ein kleiner Zitronensaft, ein Glas Maraschino, etwa eine Pinte und ein Viertel Wasser und zwei Flaschen eisgekühltes Sodawasser in den Krug gegossen.“ [43]
– „The revival of English drinks at many of the clubs does not speak well for the cocktail which is slowly going out of fashion. … Gin in many cases is taking the place of whisky, and is used in both the American compounds, such as rickeys and Remsen coolers and in English mixtures. The famous gin punch, which has been a standard drink at the Garrick Club in London, is used here a great deal this Summer. It was actually invented by an American by the name of Stephen Price, who was lessee of the Drury Lane Theatre. It was first heard of in July, 1835, and the famous Theodore Hook is credited with having partaken of six jugs of it at a sitting, and then going to Lord Canterbury’s. It is really the foundation of many of the gin compounds, and is said to have been a favorite beverage among the old Dutch gentlemen in New York in Colonial days. A half pint of gin is poured over the outer peel of a lemon, then a litttle lemon juice, a glass of maraschino, about a pint and a quarter of water, and two bottles of iced soda water are poured into the jug.“[43]
Welcher Gin ist zu verwenden?
David Wondrich stellt eine Überlegung hinsichtlich des verwendeten Gins an. Er meint, es könnte sich bei dem im The Quarterly Review genannten Gin entweder um einen Genever oder um einen Old Tom Gin gehandelt haben. Persönlich tendiere er zu einem Old Tom Gin, mit der Begründung, daß Stephen Price aus New York stamme und dort ein Old Tom Gin bevorzugt worden sei. [1-207] Leider gibt David Wondrich für seine Vermutung keine belastbaren Quellen an. So viel sei jedoch gesagt: Nach einer gründlichen Abwägung kann man nur zu dem Schluß kommen, daß es so ausgemacht nicht ist, und berechtigte und erhebliche Zweifel daran bestehen, daß Genever oder Old Tom die originalen Zutaten sind. Viel wahrscheinlicher ist es nämlich ein ungesüßter englischer Gin gewesen. Doch diese Aussage beruht auf einer ausführlichen Analyse historischer Quellen und soll in einem eigenen Beitrag dokumentiert werden. Immerhin stellt David Wondrich auch fest, daß zum einen Stephen Price anglophil war und zum anderen englischer Gin auf dem Weg gewesen sei, den englischen Markt zu dominieren. [1-207]
Darüber hinaus ist die Frage, ob man nun Old Tom Gin oder Dry Gin verwenden soll, eigentlich hinfällig. Da Zitronensaft als Zutat verwendet wird, ist es notwendig, dessen Säure mit Zucker auszubalancieren. Bei Verwendung eines Old Toms wird man dabei etwas weniger zusätzlichen Zucker benötigen als bei einem Dry Gin. Viel spricht jedoch für die Verwendung eines ungesüßten Gins. Dieser war zwar teurer, aber von weit besserer Qualität, da er nicht mit zahlreichen Zusatzstoffen gestreckt wurde, um eine höhere Rendite zu erzielen. Man darf doch annehmen, daß die bessere Gesellschaft – und in diesen Kreisen bewegen wir uns mit dem Garrick Club Punch – sich den teureren und besseren Gin leisten konnte und wollte. In diesem Zusammenhang ist auch eine Anzeige im The Cambrian aus dem Jahr 1843 interessant. Darin heißt es: „“HAINES und CUMMING BITTEN um die Aufmerksamkeit des Adels, der Oberschicht und der Öffentlichkeit im Allgemeinen auf ihre gegenwärtige Auswahl an gut ausgewählten WEIN- und SPIRITUOSENVORRÄTEN zu lenken, die in QUALITÄT und PREIS von keinem anderen Etablissement im Königreich übertroffen werden kann.“
– „HAINES and CUMMING BEG to call the attention of the Nobility, Gentry, and Public in general, to their present choice of well-selected STOCK of WINES and SPIRITS, which cannot be surpassed for QUALITY and PRICE by any other Establishment in the kingdom.“
Darin wird ein ungesüßter Gin für die Zubereitung von Mischgetränen beworben: „unsweetened gin for mixing“. [28]
Warum Sodawasser und Wasser?
Interessant ist indes die Frage, warum bei der Zubereitung des Garrick Punches nicht nur ausschließlich Soda, sondern gleichzeitig auch normales Wasser verwendet wurde. Hatte dies ökonomische Gründe? Geschmackliche Gründe? Gesundheitliche Gründe? Ersteres sicherlich nicht, denn im Club hatte man genügend Geld. Wir wissen den Grund jedenfalls nicht und haben auch keine Quellen finden können, die diese Frage beantworten könnten. Vielleicht hat jemand unserer Leser eine Inspiration? Es freute uns, davon zu erfahren. Interessant ist übrigens auch, daß man den Garrick Club Punch offensichtlich ohne Eiswürfel zubereitete und servierte. So etwas wird nicht erwähnt.
Die Verbindung zwischen dem Garrick Club Punch und der Limonade
Interessant ist die Fußnote in einem 1838 erschienenen Buch, die uns darüber aufklärt, daß man überall mit Zitronensirup aromatisiertes Sodawasser erhalten könne. [27-77] Etwa zur selben Zeit entstand auch der Garrick Club Punch. Man kann ihn also als eine Kombination aus sprudelnder Limonade und traditionellem Gin Punch verstehen.
Mengen
Wie genau waren nun die Mengen, die man für die einzelnen Zutaten des Garrick Club Punches verwendete? Erinnern wir uns noch einmal der originalen Angaben: „Gieße eine halbe Pinte Gin auf die äußere Schale einer Zitrone, dann ein wenig Zitronensaft, Zucker, ein Glas Maraschino, ungefähr eineinviertel Pinten Wasser, und zwei Flaschen geeistes Sodawasser. Das Ergebnis wird drei Pinten des betreffenden Punches sein.“ [3-472]
Die Umrechnung ist ohne weitere Angaben nicht ganz einfach: Eine imperiale Pinte entspricht rund 569 ml, [46] doch wieviel ist ein Weinglas, welchen Inhalt hatte eine Sodaflasche? David Wondrich gibt an, daß es Sodaflaschen in zwei verschiedenen Größen gab, zum einen mit 6 Unzen, aber auch mit 10 Unzen Füllmenge. Eine imperiale Unze entspricht dem Zwanzigstel einer Pinte, also rund 28,4 ml. [46] Wieviel die Menge eines Weinglases ist, darüber kann man nur spekulieren. Die Abweichungen sind beträchtlich, wie wir in unserer Untersuchung über volumetrische Mengenangaben herausfinden konnten. Es bleibt also viel Interpretationsspielraum. David Wondrich schlägt folgende Mengen vor: 10 oz. Gin, 2 oz. Maraschino, 25 oz. Wasser, 20 oz. Sodawasser, 3 oz. Zitronensaft, 1 oz. Zucker. Persönlich bevorzugt er zusätzlich Eis, weshalb er den Wasseranteil um 10 bis 15 oz. reduziert, und statt des verbleibenden Wassers verwendet er ebenfalls Sodawasser. Er schlägt auch vor, die Zitronenschale mit Zucker und Maraschino leicht zu muddeln. [1-207][1-208]
Inspiriert von diesem Punch ging man dazu über, Gin Punch mit Sodawasser zuzubereiten. Der klassische Gin Punch entwickelte sich so über den Garrick Club Punch zum Collins. Dies geschah wohl in Limmer’s Hotel, wovon der nächste Beitrag dieser Serie berichten wird.
Quellen
David Wondrich: Punch. The Delight (and Dangers) of the Flowing Bowl. ISBN 978-0-399-53616-8. November 2010.
David Wondrich: Imbibe! 2. Auflage. ISBN 978-0-399-53287-0. 2017.
Pour half a pint of gin on the outer peel of a lemon, then a little lemon-juice, sugar, a glass of Maraschino, about a pint and a quarter of water, and two bottles of iced soda-water. The result will be three pints of the punch in question.
Pour half a pint of gin on the outer peel of a lemon, then a little lemon-juice, sugar, a glass of Maraschino, about a pint and a quarter of water, and two bottles of iced soda-water. The result will be three pints of the punch in question.
Summer gin punch is thus made at the Garrick Club. Pour half a pint of gin on the outer peel of a lemon, then a little lemon-juice, a glass of maraschino, about a pint and a quarter of water, and two bottles of iced soda- water; and the result will be three pints of the punch in question.
Pour half a pint of gin on the outer peel of a lemon; add a little lemon-juice and sugar, a glass of mares- chino, about a pint and a quarter of water, and two bottles of iced soda-water.
Pour half a pint of gin on the outer peel of a lemon; add a little lemon-juice and sugar, a glass of mareschino, about a pint and a quarter of water, and two bottles of iced soda-water.
Pour half-a-pint of gin on the outer peel of a lemon, then a little lemon-juice, sugar, a glass of Maraschino, about a pint and a quarter of water, and two bottles of iced soda-water. The result will be three pints of the punch in question.
Summer gin punch is thus made at the Garrick Club. Pour half a pint of gin on the outer peel of a lemon, then a little lemon- juice, a glass of maraschino, about a pint and a quarter of water, and two bottles of iced soda water; and the result will be three pints of the punch in questio.
To half a pint of genuine old gin add one gill of maraschino, the juice of two lemons, the rind of one (previously infused in the gin), one and a half gill of strong syrup, and a quart bottle of seltzer water. Ice the punch for one hour
Pour half a pint of gin on the outer peel of a lemon, then a little lemon-juice, sugar, a glass of maraschino, about a pint and a quarter of water, and two bottles of iced soda-water. The result will be three pints of punch. „The Art of Dining“ days that the gin punch made on the above principle at the Garrick Club was one of the best things known, and that it was a favorite beverage of the late Theodore Hook; while Basil Hall has it that good whisky punch is the most insinuating and the most loving of tipples. If another authority is wanted, Burke, on one occasion, spiritually exclaimed, „I for one stand up for gin.
1869 William Terrington: Cooling Cups and Dainty Drinks. Seite 219. Gin Punch à la Garrick.
Rub the ambrosial essence of 1 lemon on a 2 oz. lump of loaf- sugar, which dissolve in the juice of same; add 1/2 pint of gin, wine-glass full of Maraschino, pint of shaven ice, and 2 bottles of soda-water.
Anmerkung: Nach 1869 haben wir keine weiteren Funde aufgenommen.
Als Vorgänger des Collins‘ muß der im Garrick Club entstandene Gin Punch betrachtet werden. Wann entstand er, warum war er eine Neuigkeit, und wer hat ihn erfunden?
Der Garrick Club in London ist für die Entwicklung des Collins‘ von großer Bedeutung. Dort wurde Mitte der 1830er Jahre ein abgewandelter Gin Punch serviert, der die Grundlage für den Collins bildete. Wir folgen David Wondrichs Vorschlag und nennen diesen Gin Punch den Garrick Club Punch. [1-202] [1-203]
Der Garrick Club Punch
Thomas Walker war ein englischer Rechtsanwalt, Polizeibeamter und Autor. In dem von ihm herausgegebenen Magazin „The Original“ erwähnt er, wie erfreulich ein geeister Punch im Sommer sei. [1-205] [4] Er schreibt dort: „Cider Cup Lemonade, und eisgekühlter Punch im Sommer, und heiß im Winter, sind alle ihre Runden wert. Aber ich glaube nicht, daß Runden so oft gegeben werden, wie es sein sollte. Wir folgen den ausgetretenen Pfaden, ohne von der Vielfalt zu profitieren, die auf allen Seiten zu finden ist.“
– „Cider cup lemonade, and iced punch in summer, and hot in winter, are all worthy of their turns; but I do not think turns come so often as they ought to do. We go on the beaten track without profiting by the varieties which are to be found on every side.“ [5-323]
Aus Thomas Walkers Aussage können wir ableiten, daß in den 1830er Jahren ein eisgekühlter Punch etwas war, das man gerne trank. Gleichzeitig scheint es aber auch so zu sein, daß er noch nicht allüberall erhältlich war, daß er etwas Neuartiges war, denn er wird als etwas bezeichnet, das außerhalb der ausgetretenen Pfade zu finden ist. Auf diesen Pfaden ist auch der neuartige Punch aus dem Garrick Club zu finden, denn er verwendet Sodawasser.
Im The Quarterly Review erschien im Februar 1836 ein Beitrag, der einen Beitrag des „The Original“ zitiert und anschließend kommentiert. Wir werden nicht nur darüber aufklärt, daß im Garrick Club ein Gin Punch serviert wird, sondern es wird auch das Rezept hierfür geliefert und der Erfinder desselben angegeben. [1-205] Es heißt dort:
„Anstatt Punch mit Eis zu kühlen, ist es besser, ihn mit einem Teil von eisgekühltem Soda-Wasser zu mischen.* Der Gin-Punch, der nach diesem Prinzip im Garrick Club hergestellt wird, ist eines der besten Dinge, die wir kennen, und wir nutzen diese Gelegenheit gerne, um die Ehre der Erfindung dem rechtmäßigen Patentinhaber, Herrn Stephen Price, einem amerikanischen Gentleman, zu erweisen, der in der Theaterwelt und auf der Pferderennbahn bekannt ist. Sein Anspruch wurde viel diskutiert – Grammatici certant et adhuc sub judice lis est [Der Streit ist noch unentschieden] – und viele, die von Herrn Theodore Hook’s häufiger und großzügiger Handhabung der Entdeckung irregeführt wurden, sind im Begriff, sie ihm zuzuschreiben. Aber Herr Thomas Hill, der gefeierte „Dreihundertjährige“ eines populären Liedes, der bei der ersten Begegnung von Herrn Hook mit dem Getränk anwesend war, hat die Sache durch eine kurze Schilderung der Umstände in Ordnung gebracht. Eines heißen Nachmittags im Juli letzten Jahres spazierte der unnachahmliche Autor von ‚Sayings and Doings‘ (was für ein Buch könnte man daraus machen!) in den Garrick in jenem unklaren Zustand des Durstes, der etwas mehr als das Übliche erfordert, um ihn zu löschen. Als er dieses Gefühl beschrieb, wurde ihm empfohlen, den Punch auszuprobieren, und ein Krug wurde sofort nach der persönlichen Inspiration von Mr. Price zusammengestellt. Ein zweiter folgte – ein dritter, mit der Begleitung einiger Koteletts – ein vierter – ein fünfter – ein sechster – nach dessen Leerung Herr Hook wegging, um bei Lord Canterbury zu Abend zu essen. Er ißt immer wenig, bei dieser Gelegenheit aß er weniger, und Herr Horace Twiss erkundigte sich in einem angebrachten Ton der Besorgnis, ob er krank sei. ‘Eigentlich nicht‘, lautete die Antwort, ‘aber mein Magen wird es nicht ertragen, und ich wurde in Versuchung geführt, einen Keks und ein Glas Sherry gegen drei Uhr zu nehmen. …‘
* Gieße eine halbe Pinte Gin auf die äußere Schale einer Zitrone, dann ein wenig Zitronensaft, Zucker, ein Glas Maraschino, ungefähr eineinviertel Pinten Wasser, und zwei Flaschen geeistes Sodawasser. Das Ergebnis wird drei Pinten des betreffenden Punches sein.“ [3-472]
– „Instead of icing punch, the preferable mode is to mix it with a proportion of iced soda-water. * The gin punch made on this principle at the Garrick Club is one of the best things we know, and we gladly take this opportunity of assigning the honour of the invention to the rightful patentee, Mr. Stephen Price, an American gentleman, well known in the theatrical circles and on the turf. His title has been much disputed – Grammatici certant et adhuc sub judice lis est – and many, misled by Mr. Theodore Hook’s frequent and liberal application of the discovery, are in the habbit of ascribing it to him. But Mr. Thomas Hill, the celebrated ‘trecentenarian’ of a popular song, who was present at Mr. Hook’s first introduction to the beverage, has set the matter at rest by a brief narration of the circumstances. One hot afternoon in July last, the inimitable author of ‘Sayings and Doings’ (what a book might be made of his own!) strolled into the Garrick in that equivocal state of thirstiness which requires something more than common to quench. On describing the sensation, he was recommended to make trial of the punch, and a jug was compounded immediately under the personal inspiration of Mr. Price. A second followed – a third, with the accompainment of some chops – a fourth – a fifth – a sixth – at the expiration of which Mr. Hook went away to keep a dinner engagement at Lord Canterbury’s. He always eats little, on this occasion he ate less, and Mr. Horace Twiss inquired in a fitting tone of anxiety if he was ill. ‘Not exactly,’ was the reply; ‘but my stomach won’t bear trifling with, and I was tempted to take a biscuit and a glass of sherry about three.
* Pour half a pint of gin on the outer peel of a lemon, then a little lemon-juice, sugar, a glass of Maraschino, about a pint and a quarter of water, and two bottles of iced soda-water. The result will be three pints of the punch in question.“ [3-472]
Dieser Beitrag erschien in abgewandelter Form parallel am 20. Februar 1836 in „The Mirror of Literature, Amusement and Instruction“. [40-125]
Die Bedeutung des Garrick Club Punches
Dies ist der erste Hinweis auf die Verwendung von Sodawasser in einem Punch, und unverkennbar ist der Garrick Club Punch einem Collins sehr ähnlich, man kann ihn als dessen Vorgänger betrachten. Will man also die Geschichte des Collins‘ besser verstehen, muß man sich auch eingehend mit der Geschichte des Garrick Club Punches beschäftigen. Beschäftigen wir uns im Folgenden also zunächst einmal mit dem Garrick Club und dann mit den einzelnen erwähnten Personen, als da wären Stephen Price, Theodore Hook und Thomas Hill.
Der Garrick Club
Der Garrick Club wurde 1831 im Theatre Royal in der Drury Lane unter der Federführung von Herzog Augustus Frederick, dem Bruder von König William IV., als Gentlemen’s Club gegründet. Damit ist er einer der ältesten Clubs der Welt. In einer Zeit, als Schauspieler im Allgemeinen nicht als respektable Mitglieder der Gesellschaft galten, sollte es ein Ort sein, an dem sich Schauspieler, Schriftsteller, andere Kunstschaffende und kultivierte Männer treffen konnten, um so „zur Regeneration des Dramas beizutragen“. Die Aufnahmekriterien sind und waren streng. Neue Kandidaten müssen von einem Mitglied vorgeschlagen werden, dann wird in einer geheimen Wahl über die Aufnahme abgestimmt, wobei der Grundsatz gilt, „daß es besser sei, zehn nicht zu beanstandende Männer auszuschließen, als einen schrecklichen Langweiler aufzunehmen“ – „that it would be better that ten unobjectionable men should be excluded than one terrible bore should be admitted“. Benannt wurde der Club nach David Garrick. Unter dessen Leitung war das Theatre Royal in der Drury Lane zum Repräsentanten des Goldenen Zeitalters des britischen Dramas geworden. Sechs Monate nach dem Gründungstreffen waren die Mitglieder ausgewählt worden, und man hatte ein Clubhaus in der 35 King Street in Covent Garden gefunden und eingerichtet. Es wurde am 1. Februar 1832 eröffnet. Das Clubhaus wurde bald zu klein, und so zog man 1864 in ein neuerbautes Clubhaus in der nahegelegenen Garrick Street. Die Mitgliederliste liest sich wie ein Who’s Who des Jahres 1832. Neben zahlreichen Kunstschaffenden waren darauf zahlreiche Barons, Counts, Dukes, Earls und Lords, aber auch Angehörige des Militärs, Parlamentarier und Richter. Viele berühmte Schauspieler, Autoren und Maler waren Mitglied, darunter beispielsweise Charles Dickens, H. G. Wells und A. A. Milne. [17] [18] [41-285]
Stephen Price
Stephen Price wurde am 25. September 1782 in New York City geboren und verstarb dort am 20. Januar 1840. Er machte 1799 seinen Abschluß am Columbia College und begann 1804 in New York City als Rechtsanwalt zu arbeiten. Er wechselte jedoch nach fünf Jahren seinen Beruf. Im Jahr 1808 erwarb er Anteile am Park Theatre, welches sich in finanziellen Schwierigkeiten befand, und übernahm die Leitung des Theaters. Diese Position hielt er 31 Jahre inne. [1-205] [6]
Das Park Theatre in Manhattan
Das Park Theatre in Manhattan war ursprünglich als das New Theatre bekannt und wurde im Jahr 1798 eröffnet. Obwohl es in seinen ersten Jahren kaum Konkurrenz hatte, erzielte man selten einen Gewinn, und 1805 wurde das Theater verkauft. Nachdem Stephen Price die Mehrheitsbeteiligung erworben hatte, wurde er 1808 Geschäftsführer des Theaters. Das erste Theater brannte 1820 ab und wurde 1821 wiedereröffnet. [1-205] [6] [10]
In den 1810er und 1820er Jahren erlebte das Park Theatre seine erfolgreichste Zeit. Es galt als ein hochkarätiges Theater. In den 1820er Jahren entstand durch das Bowery Theatre und Chatham Garden eine Konkurrenz, doch das Park Theatre bewahrte sein erstklassiges Renommee, bis es 1848 abbrannte. [1-205] [6] [10]
Theatre Royal in der Drury Lane
Nach dem Ende des Britisch-Amerikanischen Krieges im Jahr 1815 [7] reiste Stephen Price regelmäßig nach London und verbrachte viel Zeit in England. Zwischen 1826 und 1830 leitete er in London das Theatre Royal in der Drury Lane. [1-206] [6] [10] [38-41]
Das Theatre Royal in der Drury Lane, gemeinhin auch nur Drury Lane benannt, befindet sich in London, in Covent Garden. Es wurde im Jahr 1663 eröffnet und ist heute das älteste londoner Theater, das noch bespielt wird. In den ersten zweihundert Jahren seines Bestehens zählte es zu Londons führenden Theatern. Das vierte, noch heute existierende Gebäude, wurde nach einem Brand am 10. Oktober 1812 eröffnet und bietet etwa 2200 Zuschauern Platz. [8] [9]
Mit der Leitung des Theatre Royals sicherte sich Stephen Price quasi das Monopol für die Versorgung amerikanischer Bühnen mit englischen Bühnenstars. Er engagierte sie nicht nur, um im Park Theatre, sondern auch um auf Rundreisen in Theatern anderer amerikanischer Städte englische Dramen zu spielen. [1-206] [6] [10] Uns wird im Jahr 1829 mitgeteilt, daß er das Theatre Royal mit großem Erfolg leitet. [33-266]
Im Garrick Club
Im Jahr 1831 wurde Stephen Price als Manager des Garrick Clubs eingestellt. [1-206] [38-41] David Wondrich meint, es sei nicht verständlich, warum ausgerechnet Stephen Price diese Stelle innehatte, denn für ihn war Stephen Price nicht unbedingt eine Person, die für den Garrick Club als geeignet erscheinen würde. Er sei weder ein hochgebildeter Mann noch ein Professor mit einem sehr feinen Geschmack gewesen. Ebenso hätte er seine Konversation schonungslos mit groben und höchst verwerflichen Äußerungen gespickt. Auch sei er reizbar, scharfsinnig, barsch und herrisch gewesen. [1-206]
Doch immerhin, so David Wondrich, hätte er gewußt, wie man einen Gin Punch zubereitet. Er sei in New York dafür berühmt gewesen, „Gin mit Wasser“ zu trinken und für seine Beschwerde, daß die Gläser zu klein wären, so daß er sie so zu oft nachfüllen müsse. [1-206] Leider gibt er hierfür keine Quelle an. Vielleicht bezieht er sich auf einen in London geschriebenen Brief vom 16. November 1838? In diesem heißt es: „Ich bin erst seit ein paar Tagen in der Stadt; ich habe das erste Mal im Garrick Club gegessen, wo … Stephen Price an seinem Gin und Wasser nippte“. [42-14]
– „I have been in town only a few days; I first dined at the Garrick Club, where was … Stephen Price sipping his gin and water“. [42-14]
Anscheinend bezieht er seine Information aber auch aus der The New York Press vom 17. April 1910. Dort steht geschrieben: „Theaterreliquien zu verkaufen. Wird bei der Auktion auf der Actors‘ Fund Fair angeboten. … Der Gin-Kelch, den Stephen Price, einer der berühmten Direktoren der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts, benutzte, wird bei der Auktion versteigert. Price beraumte Abende im Theater des älteren Wallack an und schlürfte Gin und Wasser bis Mitternacht. Er beschwerte sich immer, daß die Gläser zu klein waren und er sie zu oft füllen müßte. Wallack hatte einen riesigen Glaspokal, der über ein Quart faßte, außdrücklich für ihn gefertigt. Obwohl der Kelch 1838 hergestellt wurde, hat er nicht einen Sprung oder Kratzer.“
– „Theatrical Relics for Sale. Will Be Offered at Auction at Actors‘ Fund Fair. … The gin goblet which Stephen Price, one of the famous managers of the first half of the nineteenth century, used will be sold at auction. Price would call evenings at the theatre of the elder Wallack and sip gin and water until midnight. He always complained that the glasses were too small and that he had to fill them too often. Wallack had a huge glass goblet holding over a quart made expressly for him. Although the goblet was made in 1838, it has not a crack or nick in it.“ [29]
Außer diesen beiden Quellen konnten wir nichts passendes finden. Es ist also keinesfalls so, daß Stephen Price seinen „Gin and Water“ bereits in New York getrunken hat und deshalb in dieser Stadt dafür bekannt war. Vielmehr bestätigen beide Quellen, daß er dieses Getränk nicht in New York, sondern in London trank, und zwar bereits im Jahr 1838. James E. Wallack war nämlich sein Vertreter in der Drury Lane.
Ob es sich allerdings bei „Gin and Water“ schon um den Garrick Club Punch handelte, oder ob es wirklich nur Gin mit Wasser war, und sein Wasser eigentlich ein Sodawasser war, läßt sich nicht mehr feststellen. Da jedoch Stephen Prices Punchrezept drei Jahre zuvor veröffentlicht wurde, darf man durchaus davon ausgehen, daß es sich bei „Gin and Water“ um seinen Punch gehandelt haben dürfte.
1838 Ging Stephen Price nach New York zurück und verstarb 1840. [1-207]
Stephen Prices Charakter
Wir möchten an dieser Stelle noch einmal auf Stephen Prices Charakter eingehen. Die Schilderung, die David Wondrich gibt, läßt Schlechtes vermuten. Betrachtet man jedoch überlieferte Quellen genauer, so zeichnet sich ein etwas anderes Bild ab. Das eines absolut ehrlichen, zuverlässigen und ehrenvollen Gentlemans, der gerne Essen und Trinken genoß, ebenso wie die Gesellschaft gebildeter Menschen, und der immer zu einem Scherz aufgelegt war. In keinster Weise war er ein schrecklicher Langweiler. Auch zur Regeneration des Englischen Dramas hatte er wesentliches beigetragen – als Leiter der Drury Lane und auch durch die Aufführung englischer Dramen in den Vereinigten Staaten. Somit erfüllte er alle Bedingungen für die Aufnahme in den Garrick Club und war hierfür bestens geeignet.
Doch widmen wir uns einmal den überlieferten Beschreibungen, denn sie geben wahrhaft ein authentisches Bild seines Charakters. Fangen wir mit dem Nachruf an.
Nachruf
In einem Nachruf für Stephen Price in der Literary Gazette heißt es: „BIOGRAPHIE. Stephen Price, Esq. – Wir müssen mit großem Bedauern den plötzlichen Tod dieses Gentlemans am 20. Januar in New York feststellen. Halsentzündung soll die Ursache für dieses unheilvolle Ereignis gewesen sein. Nur wenige Personen waren allgemeiner bekannt als Herr Price, weder in Amerika noch in England. Im erstgenannten Land war er dreißig Jahre lang der geschäftstüchtige Eigentümer des Park Theatre, und im letztgenannten war er für eine Weile der Pächter von Drury Lane, wo er viel Geld verlor. Er erholte sich danach und hatte eine wichtige Position in der Theaterwelt inne, und lebte viel in der Gesellschaft der gebildeten und intelligenten Menschen. Aber wir befürchten, daß in letzter Zeit der Druck auf die Bühnenangelegenheiten seinen Wohlstand wieder bis zu einem gewissen Grad beeinträchtigte; und er verließ England, um seine Angelegenheiten in New York zu regeln, wo eine starke Opposition gegen ihn gebildet worden war. Herr Price besaß einen scharfsinnigen Verstand und viele Informationen über die meisten Themen, die die Öffentlichkeit interessieren. Von heiterem Temperament war er etwas unhöflich in seinen Manieren; aber innerhalb der äußeren Hülle befand sich ein Kern aus Herz und Gefühl, aus dem viele Fälle von Freundlichkeit und Großzügigkeit entsprangen, die seiner Natur Ehre erwiesen.“ [30-108] [30-109]
– „BIOGRAPHY. Stephen Price, Esq. – We have to record, with much regret, the sudden death of this gentleman, at New York, on the 20th of January. Quinsy is stated to have been the cause of this fatal event. Few individuals were more generally known than Mr. Price, either in America or England. In the former country he was for thirty years the enterprising proprietor of the Park Theatre, and, in the latter, he was, for a while, the lessee of Drury Lane, where he lost much money. He afterwards recovered himself, and occupied an important station in the theatrical world, and living much in the society of literacy and intelligent men. But we fear that latterly the pressure upon stage concerns again affected his prosperity to a certain degree; and he left England to superintend his concerns at New York, where a strong opposition had been gotten up against him. Mr. Price possessed an astute mind, and much information on most of the subjects which interest the public. Of a sanguine temperament, he was somewhat rough in manners; but within the external husk there was a kernel of heart and feeling, from which sprung many instances of kindness and generosity that did honour to is nature.“ [30-108] [30-109]
Das ist ein interessanter Beitrag, denn er zeichnet doch ein etwas anderes Bild von Stephen Price als das von David Wondrich kolportierte. Mit seinem heiteren Gemüt sagte Stephen Price vielleicht viele Dinge frei heraus, ohne sich zu sehr um Konventionen zu scheren, wurde dadurch wohl regelmäßig als unhöflich empfunden (man erinnere sich, auch die Deutschen werden oft als unhöflich bezeichnet, weil sie viele Dinge viel zu direkt ansprechen), doch zeigte sich stets die ihm innewohnende Freundlichkeit und Großzügigkeit.
Auch der Nachruf im The Ladies Companion zeichnet ein ähnliches Bild und beschreibt Stephen Price als einen absolut ehrlichen Mann: „STEPHEN PRICE, Esq. – Mit dem plötzlichen Tod des Leiters des Park Theatre hat das Drama in diesem Land einen seiner Pioniere verloren. Mr. Price war, wie wir glauben, seit mehr als dreißig Jahren ein Direktor des Parks; und die Öffentlichkeit verdankt wahrscheinlich seiner Energie und seinem Engagement bei der Führung des Betriebs die Freude an den Talenten vieler der bekanntesten Künstler der letzten Jahre. Es ist nicht wichtig, daß sein persönliches Interesse einen solchen Aufwand verlangte. Shakespeare schrieb für Brot – aber seine Werke sind nicht weniger geschätzt und unsterblich; und diese Betrachtung sollte und wird zweifellos den Respekt für den Verstorbenen erhöhen. Mr. Price war, was auch immer seine eigentümlichen Charakterschwächen gewesen sein mögen, ein absolut ehrlicher Mann – dessen Wort keine Bindung brauchte, um es zu versichern; eine so bewundernswerte Eigenschaft, daß in Erinnerung daran manch eine Schwäche in Vergessenheit gerät.“ [31-200]
– „STEPHEN PRICE, Esq. – In the sudden death of the senior manager of the Park Theatre, the drama in this country has lost one of its pioneers. Mr. Price had been, for upwards of thirty years, we believe, a manager of the Park; and the public probably owe to his energy and activity in the conduct of the establishment, the gratification experienced from the talents of many of the most prominent artists of past years. It matters not that his personal interest demanded such effort. Shakespeare wrote for bread – but his works are not the less treasured and immortal; and this consideration should, and, doubtless, does enhance the respect for the departed. Mr. Price was, whatever may have been his peculiar failings of character, a strictly honest man – whose word needed no bond to secure it; so admirable a trait, that in remembrance of it, many a weakness is buried in oblivion.“ [31-200]
Über seine Ehrenfaftigkeit
Eine 1848 erschienene Beschreibung teilt uns mehr über seine Ehrenhaftigkeit und seinen Charakter mit: „STEPHEN PRICE. … Er war ein Bonvivant, ein prächtiger Gefährte bei einer Flasche Champagner, ein ausgezeichneter Freund, ein guter Verwalter, im Geschäftsleben ein Ehrenmann, wenn er auch auf eiserne Disziplin Wert legte. Nachdem er jahrelang mit Gewinn und Erfolg das Schicksal der Theater in der Neuen Welt geleitet hatte, übernahm er … für eine Saison das Ruder der Drury Lane und hielt sich in London gegen alle Widerstände, die auf ihn einwirken konnten. Aber die Gewinnerwartung war schließlich ruinös für sein Vermögen, aber nicht für sein Ansehen: Die ehrenhafte Art und Weise, wie er die Forderungen seiner Gläubiger mit einer rechtsgültigen Entlastung in der Tasche beglichen hat, hätte ihm einen besseren Empfang bei seinen Mitbürgern verschaffen sollen, als er ihn in New York nach seiner Rückkehr in sein Heimatland erhalten hat.“ [32-79]
– „STEPHEN PRICE. … He was a bon vivant, a glorious companion over a bottle of champagne, an excellent friend, a good manager, in business a man of honour, although a strict disciplinarian. After directing for years with profit and success the destiny of the theatres in the New World, he … seized the helm of Drury Lane for one season, sustaining himself in London against all the odds that could be brought to bear upon him. But the speculation was eventually ruinous to his fortune, but not his credit: the honourable manner in which he paid the demands of his creditors, with a legal discharge in his pocket, ought to have secured him a better reception from his dellow-citizens than he received in New York, upon his return to his native country.“ [32-79]
Details zur Übernahme des Theatre Royal durch Stephen Price liefert das Gentleman’s Magazine des Jahres 1839 und geht dabei auch auf die Belgleichung der eben erwähnten Forderungen ein. Mehrere Bieter hatten Angebote abgegeben, wurden aber vom Unterausschuß des Theaters nicht akzeptiert. Auch Stephen Price wurde abgelehnt, und die Leitung an Thomas Bish, der sein Geld zuvor mit Lotteriegeschäften gemacht hatte, übergeben. Dieser wurde von John Morris, einem Freund von Stephen Price, überzeugt, daß er einen effizienten Schauspielmanager benötige, und Stephen Price wurde daraufhin für ein Gehalt von 1200 Pfund pro Jahr eingestellt, um Thomas Bish’s völligen Mangel an Erfahrung in allen Dingen, die mit einem Schauspielhaus zu tun haben, auszugleichen. Thomas Bish trat jedoch von seinem Posten zurück, und Stephen Price wurde zum alleinigen Pächter der Drury Lane. Stephen Price unterzeichnete den Pachtvertrag, für sieben oder 14 Jahre, und er stand kurz davor, für einige Monate nach New York zurückzukehren, weshalb er James E. Wallack als Vertreter mit allen Vollmachten ausstattete. [34-79] Die erste Saison unter Wallacks Leitung brachte einen Gewinn von vier- bis fünftausend Pfund. Während des Urlaubs reisten beide, Wallack und Price, durch die Provinz auf der Suche nach Schauspielern, um sie zu rekrutieren. [34-80] Es kam jedoch der Zeitpunkt, als das Theater in Schwierigkeiten kam. „Tatsächlich mußte Price den Mietvertrag im Januar, inmitten der Saison, 1830, kündigen. … Es ist unmöglich, das Scheitern von Herrn Prices Verwaltung zufriedenstellend zu begründen; er wurde von der Öffentlichkeit gut unterstützt, und die kleine Summe, deretwegen er scheiterte, verglichen mit den Gewinnen der beiden ersten Jahre seiner Amtszeit, ist ein überzeugender Beweis dafür, daß die Verluste nicht erheblich hoch waren. Er kehrte nach New York zurück, doch schon bald besuchte er England wieder und liquidierte alle Forderungen gegen ihn vollständig, obwohl er durch die ihm ohne Bedenken verliehene Bescheinigung vor Ärger geschützt worden war. Herr Wallack wurde vom Unterkomitee erneut herbeigerufen und gebeten, bis zum Ende der Saison im Theater zu betreiben. Er tat es, und mit solchem Erfolg, daß sie die Saison über die übliche Anzahl von Nächten hinaus verlängerten.“ [34-81]
– „In fact, Price had to resign the lease in the month of January, in the very heart of the season, 1830. … It is impossible to account satisfactorily for the failure of Mr. Price‘s management; he was well supported by the public, and the small sum for which he failed, placed in opposition to the profits of the two first years of his term, are convincing proofs that the losses were not materially heavy. He returned to New York, but soon revisited England, and liquidated all claims against him in full, notwithstanding he had been secured from annoyance by the certificate awarded him without a demur. Mr. Wallack was again sent for by the sub-committee, and requested to work the theatre till the end of season. He did so, and with such success that they carried the season beyond the usual number of nights.“ [34-81]
Wir erkennen also, daß Stephen Price ein Ehrenmann war, der seine Schulden bezahlte, auch wenn er offiziell davon befreit war. Ein wahrer Gentleman.
Der Genußmensch
Eine weitere Episode aus Stephen Prices Leben berichtet das Fraser’s Magazine: „Ein weiterer Zeitungsautor, den ich 1827 kennenlernte, war der verstorbene Horace Twiss. Ich wurde ihm im März 1827 in einem Ausschußzimmer des Unterhauses vorgestellt, in dem er damals Mitglied war. … Ich habe Männer sagen hören, die in täglicher Angewohnheit und Vertrautheit mit Twiss zu tun hatten, was ich nie hatte, daß er nicht nur der größte Esser im Unterhaus war, mit Ausnahme des verstorbenen Sir Robert Peel, sondern auch der größte Esser in ganz England, mit der Ausnahme des verstorbenen Lord Cottenham und Stephen Price, des Yankee-Inhabers des Drury Lane Theatre. Ich machte einmal einen kurzen See-Ausflug mit Twiss und Stephen Price, die eingeschworene Freunde waren. Ich erinnere mich gut daran, daß das Paar bei dieser Gelegenheit zum Mittagessen einen kleinen Steinbutt mit Hummersauce und eine kleine Lammschulter mit angemachtem Salat um ein Uhr dreißig genossen hat, und daß beide danach opulent dinierten, mit Schildkröte und Wildbret. Es stimmt, daß wir sieben oder acht Stunden auf See waren; aber unter Berücksichtigung der belebenden und appetitanregenden Brisen war die Darbietung dieser außergewöhnlichen Auswärtsessenden ein wundersames Bravourstück dessen, was Rabelais oder Montaigne, ich vergesse welcher, ‘la science de la gueule‘ [die Wissenschaft des Mundes] nannte, oder wie ein Pedant sagen würde, Völlerei.“ [35-45] [35-46] [35-47]
– „Another writer of newspapers with whom I became acquainted in 1827, was the late Horace Twiss. I was first introduced to him in March, 1827, in a committee-room of the House of Commons, of which he was then a member … I have heard men say who lived in daily habits of familiarity with Twiss, which I never did, that he was the largest feeder in the House of Commons, with the exception of the late Sir Robert Peel, and the largest feeder in England, with the exception of the late Lord Cottenham and Stephen Price, the Yankee patentee of Drury Lane Theatre. I once made myself a short sea excursion with Twiss and Stephen Price, who were sworn friends. I well remember that on this occasion the pair enjoyed for lunch a small chicken turbot, with lobster sauce, and a small shoulder of lamb, with dressed salad, at half-past one, and that both dined sumptuously afterwards, at seven, on turtle and venison. It is true we had been seven or eight hours at sea; but making all due allowance for invigorating and appetizing breezes, the performance of these remarkable diners-out was a wondrous feat in what Rabelais or Montaigne, I forget which, calls ‘la science de la gueule‘, or, as a pedant would say, gulosity.“ [35-45] [35-46] [35-47] [35-48]
Exzentrik
Über Stephen Prices exzentrische Art wird 1849 berichtet. Er sei ein Mann von eigentümlichem und exzentrischen Charakter gewesen, und man sagt, einige seiner Charakterzüge, und zwar nicht die vorteilhaftesten, seien in Mr. Pooles Skizze des „Pangrowlion Club“ erhalten geblieben. Seine Angewohnheiten, wenn auch nicht alle, seien bestens angepaßt gewesen an die Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit einer solchen Gesellschaft. Beispielsweise würde er in schweren, knarzenden Stiefeln im Coffee Room umherschlendern und seine Augen umherschweifen lassen auf der Suche nach einem jungen Mitglied, um über dessen einsames Kotlett zu diskutieren. [36-261] „“Was habt Ihr da, mein Herr?“ würde er fragen, eine Gabel in die fragliche Speise stoßen, und sie zur Empörung des Besitzers hochheben. „Wollt Ihr sagen, daß man dieses Ding essen kann? Ober! Nennt Ihr das ein Kotelett, daß man einem Gentleman vorsetzen kann? Nemmt es hinfort, Sir, und bringt dem Gentleman ein anderes.“ Bei einer Gelegenheit wurde seine unentgeltliche Aufsicht freudig erwartet. „Ihr müßt Euch nicht bemühen, Price“, rief ein Gast aus, als er ihn in den Raum eintreten und fragende Blicke auf den von ihm belegten Tisch werfen sah, „Ich habe“ und er hielt seinen Teller hoch „ein gebratenes Geflügel, teilweise sehr verbrannt, teilweise halbgar, und keine Pilze!““ [36-262]
– „„What have you got there, sir?“ he would ask, plunging a fork into the questionable viand, and holding it up, to the indignation of the proprietor, „D‘ye mean to say you can eat this thing? Waiter! d‘ye call this a chop fit to set before a gentleman? Take it away, sir, and bring the gentleman another.“ On one occasion his gratuitous supervision was happily anticipated. „You need not to trouble yourself, Price,“ exclaimed a diner, on seeing him enter the room, and throw an inquiring glance upon the table which he was occupying – „I have got,“ and he held up his plate,“„a broiled fowl, much burned into parts, underdone in others, and no mushrooms!““ [36-262]
Das „transatlantische Getränk“
Wir lesen weiterhin: „Herr Price war durch Geburt ein Amerikaner und ein geschickter, wie man sagt, in der nationalen Fertigkeit – dem Duell; hierzulande war er eher als ein Genießer des Geschmacks und als ein Geber von Junggesellenessen auf hohem Niveau bekannt; Er war außerdem der erste Verkünder eines jener transatlantischen Getränke, die zu Recht die Bewunderung der Neugierigen sind. Es ist eine Art Punch, bei dem Gin, Maraschino und eisgekühltes Sodawasser auf eine gewisse geheimnisvolle und wissenschaftliche Art und Weise gemischt werden, und der bei sehr heißem Wetter oder in Fällen, in denen ein hartnäckiger und unerklärlicher Durst die wiederholten Bemühungen, ihn am Vortag zu löschen, irgendwie überlebt hat, als etwas von unübertrefflichem Wert hoch geschätzt wird.“ [36-263]
– „Mr. Price was an American by birth, and a proficient, it is said, in the national accomplishment – duelling; in this country he was more favourably known as a bon vivant of taste, and a giver of bachelor dinners of a high order; he was, moreover, the first promulgator of one of those Transatlantic beverages, which are justly the admiration of the curious. It is a species of punch, in which gin, maraschino, and iced soda water, are blended in a certain occult and scientific way, and is esteemed of sovereign worth in very hot weather, or in cases where an obstinate and unaccountable thirst has somehow survived the repeated efforts made to quench it the preceding day.“ [36-263]
Diesem Beitrag zufolge stammt Stephen Prices Punch also aus den Vereinigten Staaten, da es als ein transatlantisches Getränk bezeichnet wird. Dies wird jedoch noch genauer zu untersuchen sein, auch im Zusammenhang mit dem Collins – und sich wohl als unwahr erweisen.
Kommen wir zunächst jedoch auf die anderen Personen zurück, die im Zusammenhang mit dem Garrick Club Punch genannt wurden – Theodore Hook und Thomas Hill.
Theodore Hook
Theodore Hook, geboren 1788 und verstorben 1841 war Mitglied des Garrick Clubs. Er galt als Playboy und war ein englischer Journalist, Romanautor und Komponist. Für kurze Zeit war er auch Beamter auf Mauritius. Er galt als einer der brillantesten Personen seiner Zeit und wurde als ein Dante Alighieri vergleichbares Genie gepriesen. Er erhielt übrigens die weltweit erste Postkarte mit einem Bild im Jahr 1840, wahrscheinlich von ihm selbst verschickt. [19] [20] [21] [38-35]
Theodore Hook war wohl der Hauptnarr des Garrick Clubs, der jedem sofort in den Sinn kam, wenn der Club erwähnt wurde. Er wurde als heiter und unwiderstehlich charakterisiert, als spontan und originell. Seine besten Dinge waren jedoch nicht gesprochene Dinge, denn sein Prinzip war „Wir machen es in Aktion“. Das waren jedoch keine „praktischen Witze“, wie man sie nannte, sondern gespielter Humor. [39-21] Ihm wird zwar die Erfindung des Garrick Club Gin Punches zugeschrieben, doch dies stimmt nicht. [39-22]
Thomas Hill
Thomas Hill war in der Welt der Literatur und vor allem des Theaters bekannt und beliebt. Er war ein Bonvivant und Mitglied des Garrick Clubs und kannte sich mit allen Dingen aus, die in allen Kreisen vor sich gingen, seien sie merkantil, politisch, modisch, literarisch oder theatralisch. Er wurde im Mai 1760 in Lancester geboren, kam nach London und ließ sich in Queenhithe, einem londoner Stadtteil an der Themse, als ein Händler für chemische Produkte wie Leime, Lacke und Farbstoffe nieder. Daneben fand er jedoch Zeit, einen Geschmack für Literatur zu entwickeln und baute eine sehr schöne Sammlung an alten Büchern, vornehmlich Gedichtbände, auf. In seinem Haus in der Henrietta Street in Covent Garden, mehr noch aber in seinem Landhaus in Sydenham, versammelte er die brillantesten Geister, Dichter, Schauspieler, Dramatiker und andere Genies seiner Zeit. Seine Gastfreundschaft wurde von jedermann gepriesen. Er unterstützte die Dichter Bloomfield und Kirke White und gründete den „The Monthly Mirror“, wodurch er häufigen Kontakt zu Dichtern des Dramas, zu Schauspielern und Theaterleitern hatte. Um 1810 verlor er viel Geld bei einer Spekulation mit Indigo, gab sein Geschäft auf, und zog sich in seine Gemächer im Adelphi zurück. Er starb dort am 20. Dezember 1841, im Alter von 81 Jahren. Er besaß eine unerschütterliche Gelassenheit, war zur Zeit seines Reichtums freundlich und großzügig, und auch im Alter behielt er bei vergleichweiser Armut seine Fröhlichkeit bei. [22-264] [22-265] [23] [24] [25-86] [25-87] [25-88] [37] [38-34]
Der Garrick Club Punch
David Wondrich meint, Stephen Prices Gin Punch sei etwas Neues gewesen. Man habe zwar Soda gekannt, und geeister Punch hätte ein großes Ansehen besessen, aber niemand schien zuvor auf die Idee gekommen zu sein, einen Punch mit Soda zuzubereiten, ganz im Gegenteil. Soda wäre ein populäres Mittel gegen einen Kater gewesen, gewissermaßen ein Gegengift für einen Punsch, nicht aber sein Begleiter. [1-206]
Dieses Verständnis zeigt sich beispielsweise im 1836 erschienenen Gedicht mit dem Titel „Oxford, by Day and Night“. Dort heißt es am Ende: „Auch die geistige Medizin, mit der man kommende Übel abwehrt, ist Brandy, Whisky, Gin oder Rum! Kopfschmerz und Sodbrennen, mit Stolz verachtend. Was kann solch gottgleiche Jugendliche erschrecken; Denn wenn man morgens fiebrig ist, dann hilft Sodawasser.“ [44-491]
– „The spiritual medicine too
With which you fight off ills to come
Is brandy, whiskey, gin, or rum!
Head-ache, and heart-burn, proudly scorning.
What can such God-like youths affright;
For if you’re feverish in the morning,
Why soda water sets you right.“ [44-491]
Man weiß nicht, so David Wondrich, ob Stephen Price sein Punch-Rezept aus New York mit nach London brachte oder es erst in London entwickelte. Jedenfalls verbreitete es sich nach der Veröffentlichung im The Quarterly Review schnell und so ziemlich überall hin. Durch die Verwendung von kohlesäurehaltigem Sodawasser kennzeichnet er den Übergang zwischen einem Punch und einem modernen Longdrink. [1-207]
Wo entstand der Gin-Punch mit Sodawasser?
Wir sind der Auffassung, daß ein Gin-Punch mit Sodawasser nicht in New York oder den Vereinigten Staaten entstanden ist. So etwas war dort noch lange nach der Veröffentlichung im The Quarterly Review unbekannt. Wie wir beim Collins noch sehen werden, gibt es zahlreiche amerikanische Quellen, die davon sprechen, daß der Collins eindeutig eine englische Erfindung sei. Man kannte so ein Getränk zuvor in den Vereinigten Staaten nicht. Da der Garrick Club Punch im Grunde genommen nichts anderes als eine Art Collins ist, kann man diesen folglich dort auch nicht allgemein gekannt haben, und er kann dort auch nicht entstanden sein. Wir haben keine amerikanische Quelle gefunden, die darauf schließen läßt, daß man so etwas dort in den 1830er Jahren oder zuvorgetrunken hätte, geschweige denn, daß Stephen Price schon dort dafür berühmt gewesen sei. Alles spricht dafür, daß er sein Rezept erst in London entwickelt hat.
Zwar schreibt R. H. Dalton Barham 1849, der von Stephen Price zubereitete Punch sei ein „transatlantisches Getränk“ [36-263] – was vielleicht bedeuten kann, daß es in den USA entstand. Vielleicht wollte er damit aber nur zum Ausdruck bringen, daß man ihn auf beiden Seiten des Atlantiks trank. Unzweifelhaft scheint es jedoch die „Erfindung“ von Stephen Price gewesen zu sein, einen Punch mit Sodawasser anstelle von normalem Wasser zuzubereiten. Solch ein Punch hatte in England keine Tradition und anscheinend ist niemand vor ihm auf die Idee gekommen. Dieses Getränk erhielt „die Bewunderung der Neugierigen“ [36-263] – man muß also wohl etwas wagemutig gewesen sein, um diese Art Punch zu probieren. Diese Art von Punch gab es mindestens seit der Erstveröffentlichung des Rezeptes im Jahr 1835. Schnell war dieses Rezept in vielen englischen Publikationen zu finden.
Auch 1904, in einem Bericht der New York Times, wird die Mischung als eine englische Erfindung angesehen: „Die Wiederbelebung der englischen Getränke in vielen Clubs ist keine gute Nachricht für den Cocktail, der langsam aus der Mode kommt. … Gin ersetzt in vielen Fällen den Whisky und wird sowohl in den amerikanischen Mischungen, wie Rickeys und Remsen Coolers, als auch in englischen Mischungen verwendet. Der berühmte Gin Punch, der im londoner Garrick Club zu den Standardgetränken gehört, kommt hier in diesem Sommer sehr häufig zum Einsatz. Er wurde eigentlich von einem Amerikaner namens Stephen Price erfunden, der der Pächter des Drury Lane Theatres war. Man hörte erstmals im Juli 1835 davon, und dem berühmten Theodore Hook wird nachgesagt, daß er sechs Krüge davon in einer Sitzung getrunken habe und dann zu Lord Canterbury gegangen sei. Er ist wirklich die Grundlage vieler Gin-Mischungen und soll in der Kolonialzeit ein Lieblingsgetränk der alten holländischen Herren in New York gewesen sein. Ein halber Pint Gin wird über die äußere Schale einer Zitrone gegossen, dann wird ein kleiner Zitronensaft, ein Glas Maraschino, etwa eine Pinte und ein Viertel Wasser und zwei Flaschen eisgekühltes Sodawasser in den Krug gegossen.“ [43]
– „The revival of English drinks at many of the clubs does not speak well for the cocktail which is slowly going out of fashion. … Gin in many cases is taking the place of whisky, and is used in both the American compounds, such as rickeys and Remsen coolers and in English mixtures. The famous gin punch, which has been a standard drink at the Garrick Club in London, is used here a great deal this Summer. It was actually invented by an American by the name of Stephen Price, who was lessee of the Drury Lane Theatre. It was first heard of in July, 1835, and the famous Theodore Hook is credited with having partaken of six jugs of it at a sitting, and then going to Lord Canterbury’s. It is really the foundation of many of the gin compounds, and is said to have been a favorite beverage among the old Dutch gentlemen in New York in Colonial days. A half pint of gin is poured over the outer peel of a lemon, then a litttle lemon juice, a glass of maraschino, about a pint and a quarter of water, and two bottles of iced soda water are poured into the jug.“ [43]
Welcher Gin ist zu verwenden?
David Wondrich stellt eine Überlegung hinsichtlich des verwendeten Gins an. Er meint, es könnte sich bei dem im The Quarterly Review genannten Gin entweder um einen Genever oder um einen Old Tom Gin gehandelt haben. Persönlich tendiere er zu einem Old Tom Gin, mit der Begründung, daß Stephen Price aus New York stamme und dort ein Old Tom Gin bevorzugt worden sei. [1-207] Leider gibt David Wondrich für seine Vermutung keine belastbaren Quellen an. So viel sei jedoch gesagt: Nach einer gründlichen Abwägung kann man nur zu dem Schluß kommen, daß es so ausgemacht nicht ist, und berechtigte und erhebliche Zweifel daran bestehen, daß Genever oder Old Tom die originalen Zutaten sind. Viel wahrscheinlicher ist es nämlich ein ungesüßter englischer Gin gewesen. Doch diese Aussage beruht auf einer ausführlichen Analyse historischer Quellen und soll in einem eigenen Beitrag dokumentiert werden. Immerhin stellt David Wondrich auch fest, daß zum einen Stephen Price anglophil war und zum anderen englischer Gin auf dem Weg gewesen sei, den englischen Markt zu dominieren. [1-207]
Darüber hinaus ist die Frage, ob man nun Old Tom Gin oder Dry Gin verwenden soll, eigentlich hinfällig. Da Zitronensaft als Zutat verwendet wird, ist es notwendig, dessen Säure mit Zucker auszubalancieren. Bei Verwendung eines Old Toms wird man dabei etwas weniger zusätzlichen Zucker benötigen als bei einem Dry Gin. Viel spricht jedoch für die Verwendung eines ungesüßten Gins. Dieser war zwar teurer, aber von weit besserer Qualität, da er nicht mit zahlreichen Zusatzstoffen gestreckt wurde, um eine höhere Rendite zu erzielen. Man darf doch annehmen, daß die bessere Gesellschaft – und in diesen Kreisen bewegen wir uns mit dem Garrick Club Punch – sich den teureren und besseren Gin leisten konnte und wollte. In diesem Zusammenhang ist auch eine Anzeige im The Cambrian aus dem Jahr 1843 interessant. Darin heißt es: „“HAINES und CUMMING BITTEN um die Aufmerksamkeit des Adels, der Oberschicht und der Öffentlichkeit im Allgemeinen auf ihre gegenwärtige Auswahl an gut ausgewählten WEIN- und SPIRITUOSENVORRÄTEN zu lenken, die in QUALITÄT und PREIS von keinem anderen Etablissement im Königreich übertroffen werden kann.“
– „HAINES and CUMMING BEG to call the attention of the Nobility, Gentry, and Public in general, to their present choice of well-selected STOCK of WINES and SPIRITS, which cannot be surpassed for QUALITY and PRICE by any other Establishment in the kingdom.“
Darin wird ein ungesüßter Gin für die Zubereitung von Mischgetränen beworben: „unsweetened gin for mixing“. [28]
Warum Sodawasser und Wasser?
Interessant ist indes die Frage, warum bei der Zubereitung des Garrick Punches nicht nur ausschließlich Soda, sondern gleichzeitig auch normales Wasser verwendet wurde. Hatte dies ökonomische Gründe? Geschmackliche Gründe? Gesundheitliche Gründe? Ersteres sicherlich nicht, denn im Club hatte man genügend Geld. Wir wissen den Grund jedenfalls nicht und haben auch keine Quellen finden können, die diese Frage beantworten könnten. Vielleicht hat jemand unserer Leser eine Inspiration? Es freute uns, davon zu erfahren. Interessant ist übrigens auch, daß man den Garrick Club Punch offensichtlich ohne Eiswürfel zubereitete und servierte. So etwas wird nicht erwähnt.
Die Verbindung zwischen dem Garrick Club Punch und der Limonade
Interessant ist die Fußnote in einem 1838 erschienenen Buch, die uns darüber aufklärt, daß man überall mit Zitronensirup aromatisiertes Sodawasser erhalten könne. [27-77] Etwa zur selben Zeit entstand auch der Garrick Club Punch. Man kann ihn also als eine Kombination aus sprudelnder Limonade und traditionellem Gin Punch verstehen.
Mengen
Wie genau waren nun die Mengen, die man für die einzelnen Zutaten des Garrick Club Punches verwendete? Erinnern wir uns noch einmal der originalen Angaben: „Gieße eine halbe Pinte Gin auf die äußere Schale einer Zitrone, dann ein wenig Zitronensaft, Zucker, ein Glas Maraschino, ungefähr eineinviertel Pinten Wasser, und zwei Flaschen geeistes Sodawasser. Das Ergebnis wird drei Pinten des betreffenden Punches sein.“ [3-472]
Die Umrechnung ist ohne weitere Angaben nicht ganz einfach: Eine imperiale Pinte entspricht rund 569 ml, [46] doch wieviel ist ein Weinglas, welchen Inhalt hatte eine Sodaflasche? David Wondrich gibt an, daß es Sodaflaschen in zwei verschiedenen Größen gab, zum einen mit 6 Unzen, aber auch mit 10 Unzen Füllmenge. Eine imperiale Unze entspricht dem Zwanzigstel einer Pinte, also rund 28,4 ml. [46] Wieviel die Menge eines Weinglases ist, darüber kann man nur spekulieren. Die Abweichungen sind beträchtlich, wie wir in unserer Untersuchung über volumetrische Mengenangaben herausfinden konnten. Es bleibt also viel Interpretationsspielraum. David Wondrich schlägt folgende Mengen vor: 10 oz. Gin, 2 oz. Maraschino, 25 oz. Wasser, 20 oz. Sodawasser, 3 oz. Zitronensaft, 1 oz. Zucker. Persönlich bevorzugt er zusätzlich Eis, weshalb er den Wasseranteil um 10 bis 15 oz. reduziert, und statt des verbleibenden Wassers verwendet er ebenfalls Sodawasser. Er schlägt auch vor, die Zitronenschale mit Zucker und Maraschino leicht zu muddeln. [1-207] [1-208]
Inspiriert von diesem Punch ging man dazu über, Gin Punch mit Sodawasser zuzubereiten. Der klassische Gin Punch entwickelte sich so über den Garrick Club Punch zum Collins. Dies geschah wohl in Limmer’s Hotel, wovon der nächste Beitrag dieser Serie berichten wird.
Quellen
Historische Rezepte
1836 The Quarterly Review Februar 1836. https://archive.org/details/dli.bengal.10689.20025/page/n479 Seite 472. The gin punch made … at the Garrick Club.
Pour half a pint of gin on the outer peel of a lemon, then a little lemon-juice,
sugar, a glass of Maraschino, about a pint and a quarter of water, and two bottles
of iced soda-water. The result will be three pints of the punch in question.
1836 (20. Februar) The Mirror of Literature, Amusement, and Instruction. No. 764, 20. Februar 1836. Seite 125. Gin Punch. https://archive.org/details/mirrorliteratur02limbgoog/page/n132?q=%22gin+punch%22
Pour half a pint of gin on the outer peel of a
lemon, then a little lemon-juice, sugar, a glass of
Maraschino, about a pint and a quarter of water, and
two bottles of iced soda-water. The result will be
three pints of the punch in question.
1838 Hints for the table. Seite 111. Gin Punch. https://archive.org/details/b21526102/page/110?q=%22gin+punch%22
Summer gin punch is thus made at the Garrick Club.
Pour half a pint of gin on the outer peel of a lemon,
then a little lemon-juice, a glass of maraschino, about a
pint and a quarter of water, and two bottles of iced soda-
water; and the result will be three pints of the punch in
question.
1840 A New System of Domestic Cookery. Seite 461. Gin Punch. https://archive.org/details/b21531122/page/460?q=%22gin+punch%22
Pour half a pint of gin on the outer peel of a lemon;
add a little lemon-juice and sugar, a glass of mares-
chino, about a pint and a quarter of water, and two
bottles of iced soda-water.
1844 A New System of Domestic Cookery. Seite 221. Gin Punch. https://archive.org/details/anewsystemdomes04rundgoog/page/n221?q=%22gin+punch%22
Pour half a pint of gin on the outer peel of a lemon;
add a little lemon-juice and sugar, a glass of mareschino, about a pint and
a quarter of water, and two bottles of iced soda-water.
1852 Abraham Hayward: The Art of Dining. Seite 120. Gin Punch. https://archive.org/details/b21526746/page/120
Pour half-a-pint of gin on the outer peel of a lemon, then a little
lemon-juice, sugar, a glass of Maraschino, about a pint and a quarter
of water, and two bottles of iced soda-water. The result will be
three pints of the punch in question.
1862 Anonymus: One Thousand Hints for the Table. Seite 135. Gin Punch. https://books.google.de/books?id=vmbH7Wb_h1AC&pg=PA135&dq=%22gin+punch%22&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwj1yIaovNvmAhWSy6QKHdfZC0sQ6AEIYTAG#v=onepage&q=%22gin%20punch%22&f=false
Summer gin punch is thus made at the Garrick Club. Pour
half a pint of gin on the outer peel of a lemon, then a little lemon-
juice, a glass of maraschino, about a pint and a quarter of water,
and two bottles of iced soda water; and the result will be three
pints of the punch in questio.
1862 Charles Elmé Francatelli: The royal English and foreign confectioner. Seite 335. Gin Punch. https://books.google.de/books?id=0MkBAAAAQAAJ&pg=PA335&dq=%22gin+punch%22&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwj1yIaovNvmAhWSy6QKHdfZC0sQ6AEITjAE#v=onepage&q=%22gin%20punch%22&f=false
To half a pint of genuine old gin add one gill of
maraschino, the juice of two lemons, the rind of one
(previously infused in the gin), one and a half gill of
strong syrup, and a quart bottle of seltzer water. Ice
the punch for one hour
1864 Anonymus: The English and Australian Cookery Book. Seite 277. Gin Punch. https://archive.org/details/b28073812/page/276?q=%22Gin+Punch%22
Pour half a pint of gin on the outer peel of a lemon,
then a little lemon-juice, sugar, a glass of maraschino, about a pint and a
quarter of water, and two bottles of iced soda-water. The result will be
three pints of punch.
„The Art of Dining“ days that the gin punch made on the above principle at the
Garrick Club was one of the best things known, and that it was a favorite beverage of
the late Theodore Hook; while Basil Hall has it that good whisky punch is the most
insinuating and the most loving of tipples. If another authority is wanted, Burke, on
one occasion, spiritually exclaimed, „I for one stand up for gin.
1869 William Terrington: Cooling Cups and Dainty Drinks. Seite 219. Gin Punch à la Garrick.
Rub the ambrosial
essence of 1 lemon on a 2 oz. lump of loaf-
sugar, which dissolve in the juice of same; add 1/2
pint of gin, wine-glass full of Maraschino, pint of
shaven ice, and 2 bottles of soda-water.
Anmerkung: Nach 1869 haben wir keine weiteren Funde aufgenommen.
explicit capitulum
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