Mit dem Chasse Café haben wir uns im letzten Beitrag dieser Serie beschäftigt. Eine andere Bezeichnung war: Pousse Café. Auch diesem müssen wir in den alten Quellen nachspüren. Was gibt es über diesen zu berichten?
Wenden wir uns nun dem Pousse Café zu, der, wie wir bereits geschrieben haben, dessen Benennung eine andere Bezeichnung für den Chasse Café ist. Sie ist etymologisch vom Verb ‚pousser‘ abzuleiten, was ‚etwas zur Seite drängen‘ bedeutet. [17]
Den Chasse Café hatten wir erstmals im Jahr 1772 nachweisen können; der Pousse Café taucht ebenfalls in jenen Zeiten auf. Im Jahr 1778 wird er erwähnt: „Auch wenn zwanzig der fragwürdigsten und heftigsten Weine und die stärksten Liköre nicht in großen Strömen in ihre Gläser fließen, so haben sie doch ihre scharfen und brennenden Soßen, ihre würzigen Eintöpfe, ihre Gewürze, ihre Trüffel, ihre starken Weine, ihren Kaffee und ihren Pousse-Café, wie man so schön sagt; sie haben immer genug, um ihrem Magen eine gefährliche Reizung zuzufügen.“ [15-134]
– „si vingt especes de vins les plus fumeux & les plus violens, si les liqueurs les plus fortes ne coulent pas à grands flots dans leurs verres , elles n’en ont pas moins leurs sauces âcres & brûlantes, leurs ragoûts épicés, leurs aromates, leurs trufles, leurs vins forts, leur café & leur pousse-café, comme on dit; elles en ont toujours assez pour causer à leur estomac une irritation dangereuse. “ [15-134]
Ein Lexikon aus dem Jahr 1783 schreibt: „Kaltes Wasser, das unmittelbar nach dem Essen eingenommen wird, ist besser als alles, was die Verdauung unterstützt. Es hat nicht die Nachteile mancher brennender Digestifs. Auch die schwächsten Mägen werden davon profitieren. Kaffee und alle alkoholischen Liköre, die man gemeinhin als Pousse-Café bezeichnet, bringen die Verdauungskräfte nicht auf das natürliche Maß, das für eine gute Verdauung notwendig ist.“ [14-79][14-80]
– „L’eau froide prise immédiatement après le repas, est préférable à tout ce qui peut aider la digestion. Elle n’a pas les inconvéniens de certains digestifs incendiaires. Les estomacs les plus foibles retireront les meilleurs effets de son usage. Le café & toutes les liqueurs spiritueuses, qu’on appelle vulgairement pousse-café, ne remontent point les forces digestives au degré naturel & nécessaire à une bonne digestion.“ [14-79][14-80]
Ein Brief aus Marokko, geschrieben im Jahr 1789, läßt uns wissen: „Nachdem wir den Tisch in engelsgleicher Manier und am späten Nachmittag verlassen hatten, wo sowohl Caffe als auch Pousse-Caffe getrunken wurde, verließen wir den General in seinem Konvent, einem säkularisierten Kloster, das immer noch den Namen seiner alten katholischen Würde beibehält.“ [16-13][16-14]
– „Sedan vi på Ängelikt vis och sent på eftermiddagen upstigt ifrån bordet, där man drack både Caffé och Pousse-Caffé, lämnade vi Generalen i sit Convent, et seculariseradt Kloster, som ännu bibehâllet namnet af sin fordna Catholska värdighet.“ [16-13][16-14]
1827 und 1828 erschienen Sir Walter Scotts „Chronicles of the Canongate“, [3] aus denen wir bereits zitiert haben. Darin erwähnt er den Chasse Café. [1-124][12-124] Interessanterweise erschien dieses Werk – wenn das auf dem Titelblatt angegebene Jahr richtig ist – bereits ein Jahr zuvor, 1826, in Paris. Dort wurde der Begriff „Chasse-Café“ übersetzt mit „pousse-café“. [2-129]
Chasse Café war aber zumindest ursprünglich der geläufigere Begriff. Das legt de Anzahl der von uns gefundenen Textstellen nahe, aber auch ein Bericht aus dem Jahr 1850, in dem es heißt: „Er wollte gerade gehen, ohne seinen Chasse (oder, wie man heute sagt, Pousse Café) zu nehmen, als Jean ihn ihm mit der Versicherung aufdrängte, das Eau de Vie sei von ungewöhnlich hoher Qualität.“ [4-419]
– „He was about to depart without taking his chasse (or, as it is now the fashion to call it, pousse café), when Jean pressed it upon him with the assurance that the eau-de-vie was of an unusually superior quality.“ [4-419]
Ein Wörterbuch aus dem Jahr 1859 bestätigt, was wir schon über den Chasse Café gesagt haben: „POUSSE-CAFÉ m. pop. (kleines Likörglas, das man nach dem Kaffee trinkt) Schnaps m.“ [6-327]
– „POUSSE-CAFÉ m. pop. (petit-verre de liqueur qu’on prend après le café) Schnaps m.“ [6-327]
Gloria, Rincette, Sur-Rincette &c.
In einem Buch über den Pariser Jargon aus dem Jahr 1866 lesen wir: „POUSSE-CAFÉ, s. m. Kleines Glas Schnaps, das nach dem Kaffee getrunken wird, – im Slang der Bourgeoisie.“ [5-317]
– „POUSSE-CAFÉ, s. m. Petit verre d’eau-de-vie pris après le café, — dans l’argot des bourgeois.“ [5-317]
Diesem Eintrag zufolge ist der Pousee-Café also etwas, das die Bürgerlichen in Paris tranken, und – da es sich bei der Bezeichnung um einen Pariser Jargon handeln soll – seine Bezeichung in Paris erhielt. In diesem Zusammenhang liefert dieses Buch weitere Einträge, und zwar:
„GLORIA, s. m. Tasse schwarzen Kaffees mit einem kleinen Glas Schnaps , – im Jargon der Limonadiers, die diesen Ausdruck auf den Fensterscheiben ihrer Läden verwendet haben.“ [5-183]
– „GLORIA, s. m. Tasse de café noir avec un petit verre d’eau-de-vie , — dans l’argot des limonadiers, qui ont consacré cette expression sur les carreaux de leurs boutiques.“ [5-183]
Die Bezeichnung Gloria geht dabei mindestens so weit zurück wie Chasse Café oder Pousse Café. Ein Buch aus dem Jahr 1750 liefert uns eine etymologische Erklärung für die Herkunft der Bezeichnung Gloria: „GLOIRE. In der Herrlichkeit des Bacchus zu sein, bedeutet, betrunken zu sein. Der Alkohol Noahs stieg ihm zu Kopf, und er fand sich in der Glorie des Bacchus.“ [13-163]
– „GLOIRE. Etre dans la gloire de Bacchus, c’est, être ivre. La liqueur de Noé lui étant montée à la tête, il fe trouva dans la gloire de Bacchus.“ [13-163]
Diese ‚Glorie des Bacchus‘ war wohl eine allgemein bekannte Redewendung; bereits Christoph Langhanß kannte sie und schrieb über Batavia, so steht es in einem 1705 erschienenen Buch: »Erstlich giessen Sie unter warm Thee-Wasser Arack oder Knip, thun etwas Zucker darein und solches nennen die Boots-Leute Gloria oder Kinder-Thee-Wasser.« [18-200]
Man findet in dem Buch über den Pariser Jargon auch den Eintrag: „RINCETTE, s. f. Kleines Glas Schnaps, das als Zusatz zum Gloria getrunken wird, – in der Umgangssprache der Bürger.“ [5-342]
– „RINCETTE, s. f. Petit verre d’eau-de-vie pris comme supplément au gloria, — dans l’argot des bourgeois.“ [5-342]
Und schließlich: „SUR-RINCETTE, s. f. Nachschlag der Rincette, – in der Umgangssprache der Bürger.“ [5-367]
– „SUR-RINCETTE, s. f. Supplément à la rincette, — dans l’argot des bourgeois.“ [5-367]
Auch wenn die genannten Bezeichnungen in einem Buch über den Jargon in Paris stammen, waren sie wohl in ganz Frankreich gebräuchlich. So berichtet ein Buch aus dem Jahr 1869: „In der Normandie sind die Mägen mit Zink ausgekleidet und die Kehlen feuerfest. Am Ende eines Essens ist es üblich, daß die Gäste Kaffee, Pousse-Café, Poussette, Rincette und Sur-Rincette zu sich nehmen.“ [9-97]
– „En Normandie, les estomacs sont doublés de zinc, et les gosiers à l’épreuve du feu. À la fin d’un repas, l’usage veut que les convives prennent le café, le pousse-café, la poussette, la rincette et la sur-rincette.“ [9-97]
Nicht ohne Grund entstand wohl auch die Bezeichnung ‚trou normand‘, wörtlich übersetzt: normannisches Loch. Wikipedia beschreibt es mit den Worten: „Als trou normand (normannisches Loch) wird in der französischen Gastronomie die Sitte bezeichnet, wenn der in der Normandie gebrannte Apfelbrand Calvados vornehmlich bei mehrgängigen Menüs, zwischen zwei Gängen – in der Regel vor dem Hauptgang – während einer Unterbrechung der Mahlzeit gereicht wird. … Das normannische Loch soll der Förderung der Verdauung und als Appetitanreger dienen, das heißt, vor der Fortsetzung der Speisefolge Platz beziehungsweise ein „Loch“ im Magen schaffen. Diese Tradition lässt sich darauf zurückführen, dass der im Tal der Risle auch Gniole genannten, hochprozentigen Spirituose bakterientötende Eigenschaften zugesprochen werden, die vor Magenverstimmungen nach dem Verzehr von Meeresfrüchten schützen sollen, wenn die Einnahme des Getränks unmittelbar darauf folgt.“ [19]
Ein im Jahr 1879 erschienenes Wörterbuch des im Departement Eure gebräuchlichen normannischen Dialekts enthält folgende Begrifflichkeiten:
„CONSOLATION. – Kleines Glas mit Branntwein. Dies ist ein Zusatz zum Gloria (Kaffee mit kleinem Glas), der der Abschluss aller zwischen Normannen geschlossenen Verträge und sogar der kleinsten Gespräche an Markttagen ist. – (Vgl. gloria und coup à cheval).“ [11-113]
– „CONSOLATION. — Petit verre d’eau-de-vie. C’est une addition au gloria (café avec petit verre) qui est la conclusion de tous les marchés passés entre Normands et même des moindres pourparlers les jours de marché. — (V. gloria et coup à cheval.)“ [11-113]
„COUP À CHEVAL. – Das nennt man anderswo den coup de l’étrier. An Messe- und Markttagen werden in allen Cafés von Pont-Audemer, Beuzeville, Routot usw. Glorias und kleine Gläser in rauen Mengen konsumiert. Bevor man sich voneinander verabschiedet, gibt es eine Vielzahl von Trinkgelagen, deren Namen unendlich variieren: consolation, coup à cheval, coup d’adieu, coup debout, etc. – Man sagt mir noch die Varianten pousse-café, rincette; ich möchte das nicht selbst überprüfen. – (Vgl. gloria und consolation.)“ [11-118][11-119]
– „COUP À CHEVAL. — C’est ce qui s’appelle ailleurs le coup de l’étrier. Les jours de foire et de marché, on fait dans tous les cafés de Pont-Audemer, de Beuzeville, de Routot, etc., une effroyable consommation de glorias et de petits verres. Avant de se quitter, on multiplie les libations, dont le nom varie à l’infini: consolation, coup à cheval, coup d’adieu, coup debout, etc. — On me signale encore les variantes pousse-café, rincette; je ne tiens pas à vérifier moi-mème. — (V. gloria et consolation.)“ [11-118][11-119]
„GLORIA. – In der Normandie, wie in fast ganz Frankreich, bedeutet Gloria, eine Tasse schwarzen Kaffee zu trinken und dazu ein kleines Glas Eau-de-Vie zu trinken, das fast immer dazu gemischt wird. Woher kommt dieser seltsame Name? Könnte es sein, daß das Gloria als Abschluß der Mahlzeiten dient, so wie die Strophe Gloria Patri zu den Psalmen, die man zur Vesper singt? Wie dem auch sei, unsere Normannen konsumieren Gloria in erschreckender Weise, vor allem auf Messen und Märkten. – (Vgl. Consolation und Coup à cheval).“ [11-210]
– „GLORIA. — En Normandie, comme dans presque toute la France, prendre du gloria, c’est avaler une tasse de café noir, accompagnée d’un petit verre de rogomme qu on y mèle presque toujours. D’où Tient ce nom bizarre? serait-ce de ce que le gloria sert de conclusion aux repas, comme la strophe Gloria Patri aux psaumes que l’on chante à vèpres? Quoi qu’il en soit, nos Normands font une effroyable consommation de gloria, surtout dans les foires et marchés. — (V. consolation et coup à cheval.)“ [11-210]
Das bereits gesagte bestätigt auch ein Buch aus dem Jahr 1922. Darin heißt es: „Pousse café ist heute eine gängige Bezeichnung für einen Likör nach dem Kaffee.“ [8-219]
– „Pousse café is now a common term for a liqueur after coffee.“ [8-219]
Dasselbe Buch schreibt auch: „Kaffee. Das türkische Wort ist qahwah, das kahveh ausgesprochen wird und sich nur auf den Aufguß bezieht, nicht auf die Pflanze oder ihre Beeren. Der Kaffee wurde 1641 in England eingeführt; das erste Kaffeehaus in diesem Land wurde 1650 in Oxford eröffnet, und das erste in London stammt aus dem folgenden Jahr. In den Ardennen war es ein alter Brauch, nach dem Essen zehn Tassen Kaffee zu trinken, und jede Tasse hatte ihren eigenen Namen. (1) Café, (2) Gloria, (3) Pousse Cafe, (4) Goutte, (5) Regoutte, (6) Surgoutte, (7) Rincette, (8) Re-rincette, (9) Sur-rincette, und (10) Coup de l’étrier. Gloria ist ein Kaffee mit einem kleinen Glas Branntwein anstelle von Milch; die folgenden haben eine immer größere Menge Alkohol; und die letzte ist der „stirrup cup“.“ [8-219]
– „Coffee. The Turkish word is qahwah, which is pronounced kahveh and is applied to the infusion only, not to the plant or its berries. Coffee was introduced into England in 1641; the first coffee-house in this country was opened at Oxford in 1650, and the first in London dates from the following year. It was an old custom in the Ardennes to take ten cups of coffee after dinner, and each cup had its special name. (1) Café, (2) Gloria, (3) Pousse Cafe, (4) Goutte, (5) Regoutte, (6) Surgoutte, (7) Rincette, (8) Re-rincette, (9) Sur-rincette, and (10) Coup de l’étrier. Gloria is coffee with a small glass of brandy in lieu of milk; those following it have an ever-increasing quantity of alcohol; and the last is the “stirrup cup.”“ [8-219]
Auch wenn das Buch seriös erscheint, schließlich kommt es als Wörterbuch daher, scheint der Hinweis auf die verschiedenen Bezeichnungen für eine Tasse Kaffe vor dem Hintergrund der übrigen von uns gefundenen Quellen ncht glaubwürdig, denn es vermengt wohl die Bezeichnungen für Kaffee mit denen für den begleitenden oder folgenden Likör.
Auch andere Bezeichnungen waren im Umlauf, wie ein Theaterstück aus dem Jahr 1862 verrät: „„Kehren wir zum Fläschchen zurück“ fuhr er fort und verband das Beispiel mit dem Gebot „und unsere Gloria verwandle sich nacheinander, aber immer durch neue alkoholische Zusätze, in Consolation… Reconsolation… Rincette… Surrincette… Contre-Surrincette… Pousse-Café…“ [10-94]
– „Retournons à la topette, — poursuivit-il en joignant l’exemple au précepte, — et que notre gloria se transforme successivement, mais toujours par de nouvelles additions alcooliques, en consolation… reconsolation… rincette… surrincette… contre-surrincette… pousse-café…“ [10-94]
Die Allgegenwärtigkeit des Pousse Cafés in der französischen Lebensart belegt ein Buch aus dem Jahr 1871. In einem Beitrag über „Frankreich und die Franzosen“ steht: „Der Morgen beginnt — ich rede nie von eleganten Parisern, und sehr reichen Leuten, die haben europäische, nicht nationale Sitten — also der Morgen beginnt bei den Franzosen im Süden wie im Norden mit dünnem Kaffee mit vieler Milch, der, nachdem unsäglich viel schwammiges Weißbrod hineingebrockt ist, mit einem Suppenlöffel aus einer tiefen Schale gegessen wird. Die baumwollene Nachtmütze, die wir in guten Häusern regelmäßig auf dem Kopfkissen fanden, wird dann noch oft getragen und dies erste Frühstück bisweilen in der Küche verzehrt. Um 12 Uhr folgt das Dejeuner, mit 2 warmen Fleischspeisen, Abends 6 oder 7 Uhr das Diner mit wiederum 2 warmen Fleischspeisen; jede dieser Mahlzeiten wird mit Kaffee und Cognac geschlossen. Der Wein wird meist mit Wasser verdünnt, dagegen spielen Cognac und Absynth keine unbedeutende Rolle. Trodu, im seiner Schilderung der französischen Armee, 1867, erwähnt die gamme bachique, die bachische Tonleiter, die täglich gespielt wird und eine beträchtliche Zahl von Tönen enthält. Le pousse cafe. Le chasse cafe. Une pauvre petite larme. Le tord boyau. La consolation.“ [7-122]
Nicht nur Frankreich, auch Deutschland hatte seine – ganz spezielle – Pousse-Café-Kultur. Der Pousse Café wurde dort variiert und nannte sich Knickebein. Mehr darüber in der nächsten Folge dieser Serie.
Mit dem Chasse Café haben wir uns im letzten Beitrag dieser Serie beschäftigt. Eine andere Bezeichnung war: Pousse Café. Auch diesem müssen wir in den alten Quellen nachspüren. Was gibt es über diesen zu berichten?
Wenden wir uns nun dem Pousse Café zu, der, wie wir bereits geschrieben haben, dessen Benennung eine andere Bezeichnung für den Chasse Café ist. Sie ist etymologisch vom Verb ‚pousser‘ abzuleiten, was ‚etwas zur Seite drängen‘ bedeutet. [17]
Den Chasse Café hatten wir erstmals im Jahr 1772 nachweisen können; der Pousse Café taucht ebenfalls in jenen Zeiten auf. Im Jahr 1778 wird er erwähnt: „Auch wenn zwanzig der fragwürdigsten und heftigsten Weine und die stärksten Liköre nicht in großen Strömen in ihre Gläser fließen, so haben sie doch ihre scharfen und brennenden Soßen, ihre würzigen Eintöpfe, ihre Gewürze, ihre Trüffel, ihre starken Weine, ihren Kaffee und ihren Pousse-Café, wie man so schön sagt; sie haben immer genug, um ihrem Magen eine gefährliche Reizung zuzufügen.“ [15-134]
– „si vingt especes de vins les plus fumeux & les plus violens, si les liqueurs les plus fortes ne coulent pas à grands flots dans leurs verres , elles n’en ont pas moins leurs sauces âcres & brûlantes, leurs ragoûts épicés, leurs aromates, leurs trufles, leurs vins forts, leur café & leur pousse-café, comme on dit; elles en ont toujours assez pour causer à leur estomac une irritation dangereuse. “ [15-134]
Ein Lexikon aus dem Jahr 1783 schreibt: „Kaltes Wasser, das unmittelbar nach dem Essen eingenommen wird, ist besser als alles, was die Verdauung unterstützt. Es hat nicht die Nachteile mancher brennender Digestifs. Auch die schwächsten Mägen werden davon profitieren. Kaffee und alle alkoholischen Liköre, die man gemeinhin als Pousse-Café bezeichnet, bringen die Verdauungskräfte nicht auf das natürliche Maß, das für eine gute Verdauung notwendig ist.“ [14-79] [14-80]
– „L’eau froide prise immédiatement après le repas, est préférable à tout ce qui peut aider la digestion. Elle n’a pas les inconvéniens de certains digestifs incendiaires. Les estomacs les plus foibles retireront les meilleurs effets de son usage. Le café & toutes les liqueurs spiritueuses, qu’on appelle vulgairement pousse-café, ne remontent point les forces digestives au degré naturel & nécessaire à une bonne digestion.“ [14-79] [14-80]
Ein Brief aus Marokko, geschrieben im Jahr 1789, läßt uns wissen: „Nachdem wir den Tisch in engelsgleicher Manier und am späten Nachmittag verlassen hatten, wo sowohl Caffe als auch Pousse-Caffe getrunken wurde, verließen wir den General in seinem Konvent, einem säkularisierten Kloster, das immer noch den Namen seiner alten katholischen Würde beibehält.“ [16-13] [16-14]
– „Sedan vi på Ängelikt vis och sent på eftermiddagen upstigt ifrån bordet, där man drack både Caffé och Pousse-Caffé, lämnade vi Generalen i sit Convent, et seculariseradt Kloster, som ännu bibehâllet namnet af sin fordna Catholska värdighet.“ [16-13] [16-14]
1827 und 1828 erschienen Sir Walter Scotts „Chronicles of the Canongate“, [3] aus denen wir bereits zitiert haben. Darin erwähnt er den Chasse Café. [1-124] [12-124] Interessanterweise erschien dieses Werk – wenn das auf dem Titelblatt angegebene Jahr richtig ist – bereits ein Jahr zuvor, 1826, in Paris. Dort wurde der Begriff „Chasse-Café“ übersetzt mit „pousse-café“. [2-129]
Chasse Café war aber zumindest ursprünglich der geläufigere Begriff. Das legt de Anzahl der von uns gefundenen Textstellen nahe, aber auch ein Bericht aus dem Jahr 1850, in dem es heißt: „Er wollte gerade gehen, ohne seinen Chasse (oder, wie man heute sagt, Pousse Café) zu nehmen, als Jean ihn ihm mit der Versicherung aufdrängte, das Eau de Vie sei von ungewöhnlich hoher Qualität.“ [4-419]
– „He was about to depart without taking his chasse (or, as it is now the fashion to call it, pousse café), when Jean pressed it upon him with the assurance that the eau-de-vie was of an unusually superior quality.“ [4-419]
Ein Wörterbuch aus dem Jahr 1859 bestätigt, was wir schon über den Chasse Café gesagt haben: „POUSSE-CAFÉ m. pop. (kleines Likörglas, das man nach dem Kaffee trinkt) Schnaps m.“ [6-327]
– „POUSSE-CAFÉ m. pop. (petit-verre de liqueur qu’on prend après le café) Schnaps m.“ [6-327]
Gloria, Rincette, Sur-Rincette &c.
In einem Buch über den Pariser Jargon aus dem Jahr 1866 lesen wir: „POUSSE-CAFÉ, s. m. Kleines Glas Schnaps, das nach dem Kaffee getrunken wird, – im Slang der Bourgeoisie.“ [5-317]
– „POUSSE-CAFÉ, s. m. Petit verre d’eau-de-vie pris après le café, — dans l’argot des bourgeois.“ [5-317]
Diesem Eintrag zufolge ist der Pousee-Café also etwas, das die Bürgerlichen in Paris tranken, und – da es sich bei der Bezeichnung um einen Pariser Jargon handeln soll – seine Bezeichung in Paris erhielt. In diesem Zusammenhang liefert dieses Buch weitere Einträge, und zwar:
„GLORIA, s. m. Tasse schwarzen Kaffees mit einem kleinen Glas Schnaps , – im Jargon der Limonadiers, die diesen Ausdruck auf den Fensterscheiben ihrer Läden verwendet haben.“ [5-183]
– „GLORIA, s. m. Tasse de café noir avec un petit verre d’eau-de-vie , — dans l’argot des limonadiers, qui ont consacré cette expression sur les carreaux de leurs boutiques.“ [5-183]
Die Bezeichnung Gloria geht dabei mindestens so weit zurück wie Chasse Café oder Pousse Café. Ein Buch aus dem Jahr 1750 liefert uns eine etymologische Erklärung für die Herkunft der Bezeichnung Gloria: „GLOIRE. In der Herrlichkeit des Bacchus zu sein, bedeutet, betrunken zu sein. Der Alkohol Noahs stieg ihm zu Kopf, und er fand sich in der Glorie des Bacchus.“ [13-163]
– „GLOIRE. Etre dans la gloire de Bacchus, c’est, être ivre. La liqueur de Noé lui étant montée à la tête, il fe trouva dans la gloire de Bacchus.“ [13-163]
Diese ‚Glorie des Bacchus‘ war wohl eine allgemein bekannte Redewendung; bereits Christoph Langhanß kannte sie und schrieb über Batavia, so steht es in einem 1705 erschienenen Buch: »Erstlich giessen Sie unter warm Thee-Wasser Arack oder Knip, thun etwas Zucker darein und solches nennen die Boots-Leute Gloria oder Kinder-Thee-Wasser.« [18-200]
Man findet in dem Buch über den Pariser Jargon auch den Eintrag: „RINCETTE, s. f. Kleines Glas Schnaps, das als Zusatz zum Gloria getrunken wird, – in der Umgangssprache der Bürger.“ [5-342]
– „RINCETTE, s. f. Petit verre d’eau-de-vie pris comme supplément au gloria, — dans l’argot des bourgeois.“ [5-342]
Und schließlich: „SUR-RINCETTE, s. f. Nachschlag der Rincette, – in der Umgangssprache der Bürger.“ [5-367]
– „SUR-RINCETTE, s. f. Supplément à la rincette, — dans l’argot des bourgeois.“ [5-367]
Auch wenn die genannten Bezeichnungen in einem Buch über den Jargon in Paris stammen, waren sie wohl in ganz Frankreich gebräuchlich. So berichtet ein Buch aus dem Jahr 1869: „In der Normandie sind die Mägen mit Zink ausgekleidet und die Kehlen feuerfest. Am Ende eines Essens ist es üblich, daß die Gäste Kaffee, Pousse-Café, Poussette, Rincette und Sur-Rincette zu sich nehmen.“ [9-97]
– „En Normandie, les estomacs sont doublés de zinc, et les gosiers à l’épreuve du feu. À la fin d’un repas, l’usage veut que les convives prennent le café, le pousse-café, la poussette, la rincette et la sur-rincette.“ [9-97]
Nicht ohne Grund entstand wohl auch die Bezeichnung ‚trou normand‘, wörtlich übersetzt: normannisches Loch. Wikipedia beschreibt es mit den Worten: „Als trou normand (normannisches Loch) wird in der französischen Gastronomie die Sitte bezeichnet, wenn der in der Normandie gebrannte Apfelbrand Calvados vornehmlich bei mehrgängigen Menüs, zwischen zwei Gängen – in der Regel vor dem Hauptgang – während einer Unterbrechung der Mahlzeit gereicht wird. … Das normannische Loch soll der Förderung der Verdauung und als Appetitanreger dienen, das heißt, vor der Fortsetzung der Speisefolge Platz beziehungsweise ein „Loch“ im Magen schaffen. Diese Tradition lässt sich darauf zurückführen, dass der im Tal der Risle auch Gniole genannten, hochprozentigen Spirituose bakterientötende Eigenschaften zugesprochen werden, die vor Magenverstimmungen nach dem Verzehr von Meeresfrüchten schützen sollen, wenn die Einnahme des Getränks unmittelbar darauf folgt.“ [19]
Ein im Jahr 1879 erschienenes Wörterbuch des im Departement Eure gebräuchlichen normannischen Dialekts enthält folgende Begrifflichkeiten:
„CONSOLATION. – Kleines Glas mit Branntwein. Dies ist ein Zusatz zum Gloria (Kaffee mit kleinem Glas), der der Abschluss aller zwischen Normannen geschlossenen Verträge und sogar der kleinsten Gespräche an Markttagen ist. – (Vgl. gloria und coup à cheval).“ [11-113]
– „CONSOLATION. — Petit verre d’eau-de-vie. C’est une addition au gloria (café avec petit verre) qui est la conclusion de tous les marchés passés entre Normands et même des moindres pourparlers les jours de marché. — (V. gloria et coup à cheval.)“ [11-113]
„COUP À CHEVAL. – Das nennt man anderswo den coup de l’étrier. An Messe- und Markttagen werden in allen Cafés von Pont-Audemer, Beuzeville, Routot usw. Glorias und kleine Gläser in rauen Mengen konsumiert. Bevor man sich voneinander verabschiedet, gibt es eine Vielzahl von Trinkgelagen, deren Namen unendlich variieren: consolation, coup à cheval, coup d’adieu, coup debout, etc. – Man sagt mir noch die Varianten pousse-café, rincette; ich möchte das nicht selbst überprüfen. – (Vgl. gloria und consolation.)“ [11-118] [11-119]
– „COUP À CHEVAL. — C’est ce qui s’appelle ailleurs le coup de l’étrier. Les jours de foire et de marché, on fait dans tous les cafés de Pont-Audemer, de Beuzeville, de Routot, etc., une effroyable consommation de glorias et de petits verres. Avant de se quitter, on multiplie les libations, dont le nom varie à l’infini: consolation, coup à cheval, coup d’adieu, coup debout, etc. — On me signale encore les variantes pousse-café, rincette; je ne tiens pas à vérifier moi-mème. — (V. gloria et consolation.)“ [11-118] [11-119]
„GLORIA. – In der Normandie, wie in fast ganz Frankreich, bedeutet Gloria, eine Tasse schwarzen Kaffee zu trinken und dazu ein kleines Glas Eau-de-Vie zu trinken, das fast immer dazu gemischt wird. Woher kommt dieser seltsame Name? Könnte es sein, daß das Gloria als Abschluß der Mahlzeiten dient, so wie die Strophe Gloria Patri zu den Psalmen, die man zur Vesper singt? Wie dem auch sei, unsere Normannen konsumieren Gloria in erschreckender Weise, vor allem auf Messen und Märkten. – (Vgl. Consolation und Coup à cheval).“ [11-210]
– „GLORIA. — En Normandie, comme dans presque toute la France, prendre du gloria, c’est avaler une tasse de café noir, accompagnée d’un petit verre de rogomme qu on y mèle presque toujours. D’où Tient ce nom bizarre? serait-ce de ce que le gloria sert de conclusion aux repas, comme la strophe Gloria Patri aux psaumes que l’on chante à vèpres? Quoi qu’il en soit, nos Normands font une effroyable consommation de gloria, surtout dans les foires et marchés. — (V. consolation et coup à cheval.)“ [11-210]
Das bereits gesagte bestätigt auch ein Buch aus dem Jahr 1922. Darin heißt es: „Pousse café ist heute eine gängige Bezeichnung für einen Likör nach dem Kaffee.“ [8-219]
– „Pousse café is now a common term for a liqueur after coffee.“ [8-219]
Dasselbe Buch schreibt auch: „Kaffee. Das türkische Wort ist qahwah, das kahveh ausgesprochen wird und sich nur auf den Aufguß bezieht, nicht auf die Pflanze oder ihre Beeren. Der Kaffee wurde 1641 in England eingeführt; das erste Kaffeehaus in diesem Land wurde 1650 in Oxford eröffnet, und das erste in London stammt aus dem folgenden Jahr. In den Ardennen war es ein alter Brauch, nach dem Essen zehn Tassen Kaffee zu trinken, und jede Tasse hatte ihren eigenen Namen. (1) Café, (2) Gloria, (3) Pousse Cafe, (4) Goutte, (5) Regoutte, (6) Surgoutte, (7) Rincette, (8) Re-rincette, (9) Sur-rincette, und (10) Coup de l’étrier. Gloria ist ein Kaffee mit einem kleinen Glas Branntwein anstelle von Milch; die folgenden haben eine immer größere Menge Alkohol; und die letzte ist der „stirrup cup“.“ [8-219]
– „Coffee. The Turkish word is qahwah, which is pronounced kahveh and is applied to the infusion only, not to the plant or its berries. Coffee was introduced into England in 1641; the first coffee-house in this country was opened at Oxford in 1650, and the first in London dates from the following year. It was an old custom in the Ardennes to take ten cups of coffee after dinner, and each cup had its special name. (1) Café, (2) Gloria, (3) Pousse Cafe, (4) Goutte, (5) Regoutte, (6) Surgoutte, (7) Rincette, (8) Re-rincette, (9) Sur-rincette, and (10) Coup de l’étrier. Gloria is coffee with a small glass of brandy in lieu of milk; those following it have an ever-increasing quantity of alcohol; and the last is the “stirrup cup.”“ [8-219]
Auch wenn das Buch seriös erscheint, schließlich kommt es als Wörterbuch daher, scheint der Hinweis auf die verschiedenen Bezeichnungen für eine Tasse Kaffe vor dem Hintergrund der übrigen von uns gefundenen Quellen ncht glaubwürdig, denn es vermengt wohl die Bezeichnungen für Kaffee mit denen für den begleitenden oder folgenden Likör.
Auch andere Bezeichnungen waren im Umlauf, wie ein Theaterstück aus dem Jahr 1862 verrät: „„Kehren wir zum Fläschchen zurück“ fuhr er fort und verband das Beispiel mit dem Gebot „und unsere Gloria verwandle sich nacheinander, aber immer durch neue alkoholische Zusätze, in Consolation… Reconsolation… Rincette… Surrincette… Contre-Surrincette… Pousse-Café…“ [10-94]
– „Retournons à la topette, — poursuivit-il en joignant l’exemple au précepte, — et que notre gloria se transforme successivement, mais toujours par de nouvelles additions alcooliques, en consolation… reconsolation… rincette… surrincette… contre-surrincette… pousse-café…“ [10-94]
Die Allgegenwärtigkeit des Pousse Cafés in der französischen Lebensart belegt ein Buch aus dem Jahr 1871. In einem Beitrag über „Frankreich und die Franzosen“ steht: „Der Morgen beginnt — ich rede nie von eleganten Parisern, und sehr reichen Leuten, die haben europäische, nicht nationale Sitten — also der Morgen beginnt bei den Franzosen im Süden wie im Norden mit dünnem Kaffee mit vieler Milch, der, nachdem unsäglich viel schwammiges Weißbrod hineingebrockt ist, mit einem Suppenlöffel aus einer tiefen Schale gegessen wird. Die baumwollene Nachtmütze, die wir in guten Häusern regelmäßig auf dem Kopfkissen fanden, wird dann noch oft getragen und dies erste Frühstück bisweilen in der Küche verzehrt. Um 12 Uhr folgt das Dejeuner, mit 2 warmen Fleischspeisen, Abends 6 oder 7 Uhr das Diner mit wiederum 2 warmen Fleischspeisen; jede dieser Mahlzeiten wird mit Kaffee und Cognac geschlossen. Der Wein wird meist mit Wasser verdünnt, dagegen spielen Cognac und Absynth keine unbedeutende Rolle. Trodu, im seiner Schilderung der französischen Armee, 1867, erwähnt die gamme bachique, die bachische Tonleiter, die täglich gespielt wird und eine beträchtliche Zahl von Tönen enthält. Le pousse cafe. Le chasse cafe. Une pauvre petite larme. Le tord boyau. La consolation.“ [7-122]
Nicht nur Frankreich, auch Deutschland hatte seine – ganz spezielle – Pousse-Café-Kultur. Der Pousse Café wurde dort variiert und nannte sich Knickebein. Mehr darüber in der nächsten Folge dieser Serie.
Quellen
explicit capitulum
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