Spirituosen

Amber Falernum

Amber Falernum.

Lange waren wir auf der Suche nach einem Falernum, ähnlich dem von Forgotten Flavours. Diese gestaltete sich recht schwierig, doch wir sind fündig geworden.

„There once was a time when two students made the best Falernum in the whole country. Unfortunately, those times are gone,“ [1] so beginnt Matthias Friedlein seinen Beitrag über den Amber Falernum und meint damit den Falernum von Forgotten Flavours. So wie ihm erging es uns auch. Wir bedauerten, daß es den Forgotten Flavours Falernum nicht mehr gab. Im Le Lion in Hamburg hatten wir ihn kennengelernt, und man verwendete dort die eingelagerten Restbestände. Lange waren wir auf der Suche nach einem ähnlichen Falernum, doch dies gestaltete sich recht schwierig. Wir sind fündig geworden.

Forgotten Flavors war ein Projekt von Torben Bonhöft und Philipp Jäckel. Diese waren 2008 unter die Spirituosen-Produzenten gegangen, mit dem Ziel, vergessene Zutaten, die in Deutschland nicht oder in nur schlechter Qualität erhältlich waren, wieder verfügbar zu machen. Damals war Torben auch Barkeeper im hamburger Le Lion, Philipp Barkeeper in Braunschweig, und ihr Produkt fand viel Zuspruch und Anerkennung. [2] [3] [4] Beide erzählten damals:

„Neben dem Falernum wollen wir auch den Swedish Punch als Produkt fest etablieren. Erste Schritte in diese Richtung haben wir bereits gemacht, die Produkte stehen momentan in folgenden Bars: Rum Trader, Lebensstern, Triobar, Kronenhalle Zürich, Le Lion, Schumann’s München, River Kasematten, Rubinrot. Außerdem haben wir Anfragen vom Milk and Honey New York und Barfly Köln, die Pakete werden wir bald auf den Weg bringen. Über eine Testphase sind wir also schon hinaus. Angefangen haben wir vor ca. 9 Monaten. Die Idee, eigenes Falernum und Swedish Punch herzustellen, ist entstanden, da wir mit den Falernums auf dem Markt nicht zufrieden waren und Swedish Punch überhaupt nicht mehr zu bekommen ist. Um diese Lücken zu schließen haben wir uns entschieden, eigene Rezepturen zu entwickeln, um am Ende Produkte herzustellen, die unseren Ansprüchen genügen. In unseren Hausbars haben wir erste Mischungen angesetzt und diese immer weiter verfeinert. Nach dieser ersten Phase haben wir auch den Rat verschiedener Bartender eingeholt, um die Produkte noch weiter zu verbessern. Unser Anspruch, beste Qualität zu liefern, ist oberstes Gebot für uns geblieben. Jede Limette wird von Hand abgerieben und ausgepresst, Mandeln selbst angeröstet etc. … Wir denken, dass für unser Falernum definitiv noch Raum in den Bars ist, da es das einzige mit einem komplexeren, vielschichtigeren Geschmacksprofil und ohne zu starke vordergründige Süße mit intensivem Nelkenaroma ist. Unser Falernum zeichnet sich durch den stärkeren Rumton in Kombination mit Frische durch Limettenschalen und -Saft aus, vielschichtig durch diverse Gewürze.“ [2]

Der Falernum von Forgotten Flavors war lange Zeit nicht mehr verfügbar, und es entstand die Idee, ihn unter dem Markennamen „Tabula Rasa“ erneut auf den Markt zu bringen. Als wir davon hörten, daß Torbens Falernum wieder erhältlich sein sollte, freuten wir uns sehr darauf, doch leider wurde aus verschiedenen Gründen nichts aus dieser Idee. Wir waren sehr enttäuscht.

Doch dann erreichte uns ein kleines Überraschungspaket. Heinrich von Have hatte den Tipp erhalten, uns doch einmal eine Flasche ihres Amber Falernums zu schicken. Wir verkosteten sie und waren sofort sehr angetan. Wie sich dann bei unserer Recherche herausstellte, war dies kein Wunder. Denn Torben hatte sich auf die Suche nach einem Produzenten für seinen Falernum begeben, und so gelangte das Rezept an Heinrich von Have. Dort wurde es noch in Zusammenarbeit mit Torben etwas modifiziert, und nun ist der Falernum als „Amber Falernum“ erhältlich. [5] Auf dieses Produkt haben wir lange gewartet, und wir möchten es Euch unbedingt empfehlen!

Der Falernum kombiniert in Eichenfässern gereiften karibischen Rum mit Nelke, Piment, Zimt, Ingwer und Limette und wird mit einem Alkoholgehalt von 17 vol% abgefüllt. [1] [6]

Diese Kombination gefällt uns sehr gut. Die Süße ist dezent, man schmeckt deutlich frische Limettenaromen, in die Gewürzaromen gut eingebunden sind, ohne zu sehr im Vordergrund zu stehen. Mandel fehlt ganz, auch das nehmen wir positiv zur Kenntnis, denn wie unsere Recherchen zum Falernum gezeigt haben, gehören Mandeln historisch betrachtet nicht zu den traditionellen Zutaten eines Falernums. Auch der Alkoholgehalt von 17 vol% entspricht voll und ganz dem, wie man einen Falernum klassisch zu verstehen hat: Als eine Art Rum-Punch: Rum mit Zucker, Limette und viel Wasser, abgerundet mit Gewürzen, die auf den Westindischen Inseln angebaut wurden. Limetten werden dort seit dem Ende des 15. Jahrhunderts kultiviert, Ingwer folgte gleichzeitig oder wenige Jahrzehnte später. Piment war dort heimisch,  Zimt und Nelken wurden zum Ende des 18. Jahrhunderts erstmals angepflanzt. [8]

Colosseum.
Heinrich von Have – Das Colosseum. [7]

Zum Abschluß wollen wir auch noch ein paar Worte zu Heinrich von Have schreiben, denn es ist ja auch interessant zu erfahren, von wem und mit welchem Verständnis der Amber Falernum produziert wird.

Heinrich von Have in Hamburg-Bergedorf ist heute die älteste sich noch im Familienbesitz befindende Weinkellerei und Weinhandlung Hamburgs. Inzwischen in der fünften Generation geführt, wurde sie 1842 als Weingroßhandlung von Heinrich von Have in Bergedorf gegründet. Begonnen hatte das Unternehmen im sogenannten „Colloseum“. [9] [14]

Bauernhaus Sachsentor 32.
Heinrich von Have – Der Vorgängerbau in der Großen Straße, heute Sachsentor 32. [7]

Das Haus in der Großen Straße, heute Sachsentor 32, war schon seit 1746 in Familienbesitz. Da es besser gelegen war als das „Collosseum“, wurde das Geschäft dorthin verlegt, das sich dort befindliche Bauernhaus wurde 1899 abgerissen und durch ein neues Geschäftshaus ersetzt. Noch heute befindet sich dort das Ladenlokal der Firma. [9] [10] Das „Collosseum“ wurde 1910 verkauft, diente nach dem zweiten Weltkrieg als Kino und wurde 1970 abgerissen. [10]

Neubau Sachsentor 32.
Heinrich von Have – Das neue Geschäftshaus am Sachsentor 32. [7]

Die Firma war von Anfang an eine Weingroßhandlung, und zu Beginn des 20. Jahrhunderts begann man damit, eigene Spirituosen und Liköre herzustellen. Seitdem wird im Hause auch destilliert. [11]

Das Unternehmen wuchs, und so wurde nach 1920 das Geschäft nach hinten heraus um Speicher und Garagen für zwei Lieferwagen erweitert. [11] 1954 errichtete man in der Rektor-Ritter-Straße eine zweite moderne Kellerei, um größere Mengen an Wein einlagern zu können. [12] Schließlich brachte Horst von Have, der 1960 in die Firma eingetreten war, mit Genehmigung des Hamburger Senats einen Rotspon aus Hamburg auf den Markt, so daß die bis ins 13. Jahrhundert zurückreichende Tradition des Rotspons, also des Reifens eines französischen Rotweins in einer norddeutschen Hansestadt, fortgeführt werden konnte. [13] [16] [17]

Ladenlokal.
Heinrich von Have – Im Ladenlokal. [7]

Noch heute werden bei von Have Spirituosen auf traditionelle Art und Weise von Hand hergestellt. So kann man auch qualitativ hochwertige Spirituosen aus eigener Produktion anbieten. [16] Wir konnten uns vor Ort bei einer sehr interessanten Führung davon überzeugen, mit wieviel Handarbeit und Liebe zum Produkt die einzelnen Produkte hergestellt werden. Es ist schön, wenn abseits der Massenproduktion immer noch Manufakturen vorhanden sind, in denen auf traditionelle Weise Spirituosen und Liköre produziert werden, mit dem Ziel, eine bestmögliche Qualität zu erhalten. Es ist außerdem vorbildlich, daß bei der Entwicklung von Produkten eng mit Bartendern zusammengearbeitet wird. Dies ist nämlich nicht nur beim Amber Falernum der Fall gewesen, sondern es existiert eine eigene Produktlinie, die in Zusammenarbeit mit Uwe Christiansen, dem Inhaber der „Bar Christiansen“, entstanden ist. [15]

Ladenlokal.
Ladenlokal. Heinrich von Have – Im Ladenlokal. [7]

Wir haben nicht nur den Amber Falernum kennen und lieben gelernt. Auch die anderen Produkte, die wir verkosten durften, waren von hoher Qualität, und wir möchten jedem empfehlen, einmal selbst das Ladengeschäft zu besuchen, um sie gegebenenfalls dort zu verkosten und zu erwerben.  Es sind sehr schöne Produkte dabei, beispielsweise ein „Peche Royal“ genannter Pfirsichlikör, der aus dem Brand reifer Pfirsiche und Pfirsichkernen hergestellt wird; ein Cherry Brandy aus Weichselkirschen, Schwarzwälder Kirschwasser von Streuobstwiesen und Kirschkernperkolat; das aus dem Destillat von frischen Orangenschalen und Cognac hergestelle „L‘ Esprit d’Orange“;  „Mr. Sam Bucca’s White Coffee“ aus wilden Anissamen und mit feinen Kaffeearomen; und ein Ingwerlikör aus Batavia Arrak, der mit seiner Ingwerwürze, die wundervoll von Rosenaromen umspielt wird, zu überzeugen weiß. Auch der Advocaat Eierlikör mit Schwarzwälder Kirschwasser von Streuobstwiesen und etwas Vanille hat uns sehr gemundet.

Ladenlokal.
Heinrich von Have – Im Ladenlokal. [7]

Natürlich konnten wir nicht alle eigenen Produkte des Unternehmens probieren, als da wären des weiteren noch andere Liköre, Gin, Rum, Klare und Bitter, Whisky und Vodka. Wer also auf der Suche nach einem handwerklichen Produkt abseits der Massenware ist, wird hier bestimmt fündig werden.

Quellen
  1. http://augustine-bar.de/2017/09/07/ixtapa/: Ixtapa – The Amber Falernum. Von Matthias Friedlein, 7. September 2017.
  2. https://mixology.eu/blog/forgotten-flavours-falernum/: Forgotten Flavours: Falernum. Von Helmut Adam, 25. Juni 2008.
  3. http://trinken.jrgmyr.net/2018/01/18/038-empfehlungen-eines-trinkers-royal-bermuda-yacht-club-und-zackduhn/: Empfehlungen eines Trinkers: Royal Bermuda Yacht Club und Zack!Duhn. Von Jörg Meyer, 18. Januar 2018.
  4. http://ohgo.sh/archive/forgotten-flavours-cocktail-ingredients/: Forgotten Flavours. Von Jay Hepburn, 12. Oktober 2008.
  5. Mitgeteilt von Heinr. von Have GmbH & Co. KG.
  6. https://www.spirituosen-journal.de/news-heinr-von-have-mit-the-amber-falernum-47196/: News: Heinr. von Have mit The Amber Falernum. Vom 26. Juli 2017.
  7. Die Fotos wurde uns freundlicherweise von Heinrich von Have zur Verfügung gestellt.
  8. Falernum.
  9. http://www.vonhave.de/epages/vonhave-online.sf/de_DE/?ObjectPath=/Shops/vonhave-online/Categories/Geschichte: Vorgeschichte: 1842-1868.
  10. http://www.vonhave.de/epages/vonhave-online.sf/de_DE/?ObjectPath=/Shops/vonhave-online/Categories/Geschichte/Heinrich_von_Have: Johann Heinrich Christoph von Have 1837-1919.
  11. http://www.vonhave.de/epages/vonhave-online.sf/de_DE/?ObjectPath=/Shops/vonhave-online/Categories/Geschichte/Wilhelm_Ludwig_Heinrich_von_Have_18771945: Wilhelm Ludwig Heinrich von Have 1877-1945.
  12. http://www.vonhave.de/epages/vonhave-online.sf/de_DE/?ObjectPath=/Shops/vonhave-online/Categories/Geschichte/Heinz_Wilhelm_Ferdinand_von_Have_19041987: Heinz Wilhelm Ferdinand von Have 1904-1987.
  13. http://www.vonhave.de/epages/vonhave-online.sf/de_DE/?ObjectPath=/Shops/vonhave-online/Categories/Geschichte/Horst_von_Have_1937: Horst von Have 1937-.
  14. http://www.vonhave.de/epages/vonhave-online.sf/de_DE/?ObjectPath=/Shops/vonhave-online/Categories/Geschichte/Katja_Gesa_von_Have_1962: Katja Gesa von Have 1962-.
  15. http://www.vonhave.de/epages/vonhave-online.sf/de_DE/?ObjectPath=/Shops/vonhave-online/Categories/Geschichte/Entwicklungen_der_Neuzeit: Entwicklungen der „Neuzeit“.
  16. http://www.vonhave.de/: Onlineshop der Weinkellerei Heinr. von Have.
  17. https://de.wikipedia.org/wiki/Rotspon: Rotspon.

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Hallo, ich bin Armin, und in meiner Freizeit als Blogger, freier Journalist und Bildungstrinker möchte ich die Barkultur fördern. Mein Schwerpunkt liegt auf der Recherche zur Geschichte der Mischgetränke. Falls ich einmal eine Dir bekannte Quelle nicht berücksichtigt habe, und Du der Meinung bist, diese müsse berücksichtigt werden, freue ich mich schon darauf, diese von Dir zu erfahren, um etwas Neues zu lernen.

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