Nicht nur alte Rezeptbücher, sondern auch Zeitungsartikel gilt es zu studieren, um gelungene Cocktails zu finden. Darunter auch diese Mischung aus Wermut, Sherry, Port und Orangenbitter von ›The Only William‹ Schmidt.
20 ml Antica Torino rosso 20 ml Lustau Don Nuno Oloroso 20 ml Graham’s Natura Port 2 Dash (2,5 ml) Orangenbitter
Die ›Tochter der Morgenröte des Zwanzigsten Jahrhunderts‹ (›Daughter of the Dawn of the Twentieth Century‹) ist ein köstlicher ›Morgentrunk‹ von ›The One And Only‹ William Schmidt, der auch am Abend vorzüglich ist. Wir stießen auf ihn bei einer Recherche über William Schmidt in der New York World vom 24. Dezember 1900. Darin steht: »EINIGE WUNDERBARE NEUE WEIHNACHTSGETRÄNKE. … William Schmidt, besser bekannt als ‚The Only William‘, der jetzt in der [68? Day?]-Straße Feuchtigkeit ausschenkt, hat sich für morgen einige Drinks ausgedacht. Er nennt sie ›Yuletide‹ [Weihnachtszeit] und ›Twentieth Century Joys‹ [Freuden des Zwanzigsten Jahrhunderts]. Dieses Getränk für den frühen Morgen heißt ›Daughter of the Dawn of the Twentieth Century‹ [Tochter der Morgenröte des Zwanzigsten Jahrhunderts]. William sagt, es sei delikat und köstlich und [ebenso] geeignet für den [abgehärteten] Mann wie für die elegante Dame. Füllen Sie einen Becher mit feinem Eis und mischen Sie diese Zutaten: Ein Drittel Wermut. Ein Drittel Sherry. Ein Drittel Portwein. Zwei Spritzer Orangenbitter. Umrühren und in ein Cocktailglas abseihen.« [1]
– »SOME WONDROUS NEW XMAS DRINKS. … William Schmidt, better known as ›The Only William,‹ who is now dispensing moist at [68? Day?] street, has thought up some drinks for to-morrow. He calls them Yuletide and Twentieth Century joys. This early morning drink is called ›Daughter of the Dawn of the Twentieth Century.‹ William says it is delicate and delectable and [as] suitable for the [hardened] man as for the dainty lady. Fill a goblet with fine ice, then mix these ingredients: One-third vino vermouth. One-third sherry. One-third port wine. Two dashes orange bitters. Stir and strain into cocktail glass.« [1]
Dies ist ein Rezept von William Schmidt, zu dem es aus dem Jahr 1896 ein Pendant gibt. Man möchte also annehmen, dass er seine Mischung bereits 1896 erdacht hat. Dazu schreibt der ›Der Deutsche Correspondent‹ am 19. Mai 1896: »Der ›Mixed Drinks-Verständige‹ vom ›New York Journal‹ verlangt entschieden die Errichtung einer Barkeeper-Akademie, aber wie es uns scheint, stehen die Getränkemischer Gotham’s doch wirklich auf der Höhe der Zeit, denn sie haben fortwährend etwas Neues. Svengali- und Trilby-Cocktails sind dort schon abgethan. Kaum war in den New-Yorker Theatern ›The Daughter of the Dawn‹ die ›Craze,‹ so gab es auch schon Getränke dieses Namens. Dieses Getränk wird als sehr appetitreizend bezeichnet und gilt so ziemlich als ›hochmodern,‹ zum Gegensatz des ›Manhattan,‹ den man zur Zeit des Columbus in Amerika schon getrunken haben soll und der deshalb wohl den Beinamen ›tief antike‹ verdient. ›The Daughter of the Dawn‹ besteht hauptsächlich aus Portwein, Sherry und Wermuth und ist vor dem Frühstück in Form eines Cocktails zu nehmen. Einer der feinsten Drinks ist ›The Widow’s Kiß,‹ der größtentheils aus Chartreuse, maraschino, Benediktiner u. s. w. mit dem oben schwimmenden Weißen vom Ei besteht. Diese beiden Sorten sind noch in keinem Cocktail-Rezeptbuch enthalten. Besagter Verständige vom ›Morgen-Journal‹ wird sogar poetisch bei dem Gedanken an die neuen delikaten ›Drinks‹, denn er reimt: Ein fein zusammengemischtes, Dem Gaste hübsch aufgetischtes, Herz und Magen belebendes, Die Sinne froh erhebendes, Katzenjammer vertreibendes, In allen Ehren bleibendes, Stärkendes, edles, entzückendes, Prickelndes, gutes, erquickendes Getränk!« [3]
Diese beiden Rezepte darf man als identisch ansehen, und vermutlich war der Orangenbitter schon 1896 Bestandteil, denn dieser Zeitungsartikel spricht davon, dass die hauptsächlichen Zutaten Portwein, Sherry und Wermuth seien (und Orangenbitter damit die nebensächliche Zutat wäre) und das Getränk vor dem Frühstück in Form eines Cocktails zu nehmen sei. Leider wird William Schmidt nicht als Urheber genannt, sondern lediglich gesagt, dieser Drink stamme aus ›Gotham‹; dies ist der Spitzname von New York. [4]
Ich weigere mich anzunehmen, dass William Schmidt ein fremdes Getränk als eigene Kreation ausgegeben hat; somit dürfte auch die genannte Version aus dem Jahr 1896 von ihm stammen. Vielleicht nahm es William Schmidt in seiner Kreativität nicht so genau und nannte mehrere seiner Getränke ›Daughter of the Dawn‹? Dafür spricht ein ebenfalls 1896 erschienener Beitrag. Darin heißt es:
»TOCHTER DER MORGENRÖTE (›DAUGHTER OF THE DAWN‹), EIN MORGENTRUNK. Von dem ›Einzigen‹ William. In einen fast mit Eis gefüllten Becher gibt man drei Spritzer Orangenbitter, einen halben Spritzer Absinth und einen Spritzer Zuckersirup (›gum‹). Dann fügt man ein Drittel Wermut, ein Drittel Sherry und ein Drittel Whiskey oder Gin hinzu, falls gewünscht. Alles zusammen mit einem Löffel umrühren. Dies ist ein köstliches und erfrischendes Getränk.« [2-55]
– »DAUGHTER OF THE DAWN, A MORNING DRINK. By the ›Only‹ William. Into a goblet nearly filled with ice put three dashes of orange bitters, one-half a dash of absinthe, one dash of gum. Then add one-third of a drink of vermouth, one-third of sherry and one-third of whiskey, or gin if preferred. Stir all together with a spoon. This is a delicious and refreshing drink.« [2-55]
Man fragt sich, warum direkt darunter der Bicycle Cocktail folgt, offensichtlich sehr ähnlich in der Zubereitung. Er stammt anscheinend auch von William Schmidt.
»BICYCLE COCKTAIL. Ein Drittel Sherry, ein Drittel Whisky und ein Drittel Portwein, drei Spritzer Orangenbitter, ein Spritzer Absinth, über gestoßenes Eis gegossen. Es wird kein Zucker verwendet. Mit Früchten garnieren. N. Y. -Recorder.« [2-55]
– »BICYCLE COCKTAIL. One-third sherry, one-third whiskey and one-third of port wine, three dashes of orange bitters, one dash of absinthe, poured over chipped ice. No sugar is used. Decorate with fruit. N. Y. —Recorder.« [2-55]
Wir werden diesen scheinbaren Widerspruch der mehreren gleichnamigen und doch verschiedenen Getränke von William Schmidt wohl nicht auflösen können. Er war kreativ, und vielleicht hat er aus dem Stehgreif für die immer auf Neuigkeiten begierigen Journalisten einfach ein neues Getränk gezaubert und mit einem Namen versehen und sich dann später nicht mehr so recht daran erinnert? So jedenfalls ließe sich die Namensgleichheit erklären.
1896 Der Deutsche Correspondent, 19. Mai 1896, Seite 2. Daughter of the Dawn.
›The Daughter of the Dawn‹ besteht hauptsächlich aus Portwein, Sherry und Wermuth und ist vor dem Frühstück in Form eines Cocktails zu nehmen.
1896 The Maryland Farmer, June 1896, Seite 55. Daughter of the Dawn.
By the ›Only‹ William. Into a goblet nearly filled with ice put three dashes of orange bitters, one-half a dash of absinthe, one dash of gum. Then add one-third of a drink of vermouth, one-third of sherry and one-third of whiskey, or gin if preferred. Stir all together with a spoon. This is a delicious and refreshing drink.
1900 New York Evening World, 24.12.1900, Seite 1. Daughter of the Dawn of the Twentieth Century.
One-third vino vermouth. One-third sherry. One-third port wine. Two dashes orange bitters. Stir and strain into cocktail glass.
Nicht nur alte Rezeptbücher, sondern auch Zeitungsartikel gilt es zu studieren, um gelungene Cocktails zu finden. Darunter auch diese Mischung aus Wermut, Sherry, Port und Orangenbitter von ›The Only William‹ Schmidt.
20 ml Antica Torino rosso
20 ml Lustau Don Nuno Oloroso
20 ml Graham’s Natura Port
2 Dash (2,5 ml) Orangenbitter
Zubereitung: 3 Eiswürfel, 20 Sekunden (60 Mal) gerührt.
Die ›Tochter der Morgenröte des Zwanzigsten Jahrhunderts‹ (›Daughter of the Dawn of the Twentieth Century‹) ist ein köstlicher ›Morgentrunk‹ von ›The One And Only‹ William Schmidt, der auch am Abend vorzüglich ist. Wir stießen auf ihn bei einer Recherche über William Schmidt in der New York World vom 24. Dezember 1900. Darin steht: »EINIGE WUNDERBARE NEUE WEIHNACHTSGETRÄNKE. … William Schmidt, besser bekannt als ‚The Only William‘, der jetzt in der [68? Day?]-Straße Feuchtigkeit ausschenkt, hat sich für morgen einige Drinks ausgedacht. Er nennt sie ›Yuletide‹ [Weihnachtszeit] und ›Twentieth Century Joys‹ [Freuden des Zwanzigsten Jahrhunderts]. Dieses Getränk für den frühen Morgen heißt ›Daughter of the Dawn of the Twentieth Century‹ [Tochter der Morgenröte des Zwanzigsten Jahrhunderts]. William sagt, es sei delikat und köstlich und [ebenso] geeignet für den [abgehärteten] Mann wie für die elegante Dame. Füllen Sie einen Becher mit feinem Eis und mischen Sie diese Zutaten: Ein Drittel Wermut. Ein Drittel Sherry. Ein Drittel Portwein. Zwei Spritzer Orangenbitter. Umrühren und in ein Cocktailglas abseihen.« [1]
– »SOME WONDROUS NEW XMAS DRINKS. … William Schmidt, better known as ›The Only William,‹ who is now dispensing moist at [68? Day?] street, has thought up some drinks for to-morrow. He calls them Yuletide and Twentieth Century joys. This early morning drink is called ›Daughter of the Dawn of the Twentieth Century.‹ William says it is delicate and delectable and [as] suitable for the [hardened] man as for the dainty lady. Fill a goblet with fine ice, then mix these ingredients: One-third vino vermouth. One-third sherry. One-third port wine. Two dashes orange bitters. Stir and strain into cocktail glass.« [1]
Dies ist ein Rezept von William Schmidt, zu dem es aus dem Jahr 1896 ein Pendant gibt. Man möchte also annehmen, dass er seine Mischung bereits 1896 erdacht hat. Dazu schreibt der ›Der Deutsche Correspondent‹ am 19. Mai 1896: »Der ›Mixed Drinks-Verständige‹ vom ›New York Journal‹ verlangt entschieden die Errichtung einer Barkeeper-Akademie, aber wie es uns scheint, stehen die Getränkemischer Gotham’s doch wirklich auf der Höhe der Zeit, denn sie haben fortwährend etwas Neues. Svengali- und Trilby-Cocktails sind dort schon abgethan. Kaum war in den New-Yorker Theatern ›The Daughter of the Dawn‹ die ›Craze,‹ so gab es auch schon Getränke dieses Namens. Dieses Getränk wird als sehr appetitreizend bezeichnet und gilt so ziemlich als ›hochmodern,‹ zum Gegensatz des ›Manhattan,‹ den man zur Zeit des Columbus in Amerika schon getrunken haben soll und der deshalb wohl den Beinamen ›tief antike‹ verdient. ›The Daughter of the Dawn‹ besteht hauptsächlich aus Portwein, Sherry und Wermuth und ist vor dem Frühstück in Form eines Cocktails zu nehmen. Einer der feinsten Drinks ist ›The Widow’s Kiß,‹ der größtentheils aus Chartreuse, maraschino, Benediktiner u. s. w. mit dem oben schwimmenden Weißen vom Ei besteht. Diese beiden Sorten sind noch in keinem Cocktail-Rezeptbuch enthalten. Besagter Verständige vom ›Morgen-Journal‹ wird sogar poetisch bei dem Gedanken an die neuen delikaten ›Drinks‹, denn er reimt: Ein fein zusammengemischtes, Dem Gaste hübsch aufgetischtes, Herz und Magen belebendes, Die Sinne froh erhebendes, Katzenjammer vertreibendes, In allen Ehren bleibendes, Stärkendes, edles, entzückendes, Prickelndes, gutes, erquickendes Getränk!« [3]
Diese beiden Rezepte darf man als identisch ansehen, und vermutlich war der Orangenbitter schon 1896 Bestandteil, denn dieser Zeitungsartikel spricht davon, dass die hauptsächlichen Zutaten Portwein, Sherry und Wermuth seien (und Orangenbitter damit die nebensächliche Zutat wäre) und das Getränk vor dem Frühstück in Form eines Cocktails zu nehmen sei. Leider wird William Schmidt nicht als Urheber genannt, sondern lediglich gesagt, dieser Drink stamme aus ›Gotham‹; dies ist der Spitzname von New York. [4]
Ich weigere mich anzunehmen, dass William Schmidt ein fremdes Getränk als eigene Kreation ausgegeben hat; somit dürfte auch die genannte Version aus dem Jahr 1896 von ihm stammen. Vielleicht nahm es William Schmidt in seiner Kreativität nicht so genau und nannte mehrere seiner Getränke ›Daughter of the Dawn‹? Dafür spricht ein ebenfalls 1896 erschienener Beitrag. Darin heißt es:
»TOCHTER DER MORGENRÖTE (›DAUGHTER OF THE DAWN‹), EIN MORGENTRUNK. Von dem ›Einzigen‹ William. In einen fast mit Eis gefüllten Becher gibt man drei Spritzer Orangenbitter, einen halben Spritzer Absinth und einen Spritzer Zuckersirup (›gum‹). Dann fügt man ein Drittel Wermut, ein Drittel Sherry und ein Drittel Whiskey oder Gin hinzu, falls gewünscht. Alles zusammen mit einem Löffel umrühren. Dies ist ein köstliches und erfrischendes Getränk.« [2-55]
– »DAUGHTER OF THE DAWN, A MORNING DRINK. By the ›Only‹ William. Into a goblet nearly filled with ice put three dashes of orange bitters, one-half a dash of absinthe, one dash of gum. Then add one-third of a drink of vermouth, one-third of sherry and one-third of whiskey, or gin if preferred. Stir all together with a spoon. This is a delicious and refreshing drink.« [2-55]
Man fragt sich, warum direkt darunter der Bicycle Cocktail folgt, offensichtlich sehr ähnlich in der Zubereitung. Er stammt anscheinend auch von William Schmidt.
»BICYCLE COCKTAIL. Ein Drittel Sherry, ein Drittel Whisky und ein Drittel Portwein, drei Spritzer Orangenbitter, ein Spritzer Absinth, über gestoßenes Eis gegossen. Es wird kein Zucker verwendet. Mit Früchten garnieren. N. Y. -Recorder.« [2-55]
– »BICYCLE COCKTAIL. One-third sherry, one-third whiskey and one-third of port wine, three dashes of orange bitters, one dash of absinthe, poured over chipped ice. No sugar is used. Decorate with fruit. N. Y. —Recorder.« [2-55]
Wir werden diesen scheinbaren Widerspruch der mehreren gleichnamigen und doch verschiedenen Getränke von William Schmidt wohl nicht auflösen können. Er war kreativ, und vielleicht hat er aus dem Stehgreif für die immer auf Neuigkeiten begierigen Journalisten einfach ein neues Getränk gezaubert und mit einem Namen versehen und sich dann später nicht mehr so recht daran erinnert? So jedenfalls ließe sich die Namensgleichheit erklären.
Quellen
Historische Rezepte
1896 Der Deutsche Correspondent, 19. Mai 1896, Seite 2. Daughter of the Dawn.
›The Daughter of the Dawn‹ besteht hauptsächlich aus Portwein, Sherry und Wermuth und ist vor dem Frühstück in Form eines Cocktails zu nehmen.
1896 The Maryland Farmer, June 1896, Seite 55. Daughter of the Dawn.
By the ›Only‹ William. Into a goblet nearly filled with ice put three dashes of orange bitters, one-half a dash of absinthe, one dash of gum. Then add one-third of a drink of vermouth, one-third of sherry and one-third of whiskey, or gin if preferred. Stir all together with a spoon. This is a delicious and refreshing drink.
1900 New York Evening World, 24.12.1900, Seite 1. Daughter of the Dawn of the Twentieth Century.
One-third vino vermouth. One-third sherry. One-third port wine. Two dashes orange bitters. Stir and strain into cocktail glass.
explicit capitulum
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