Die Geschichte der geflämmten Orangenzeste muss umgeschrieben werden. Es war nämlich nicht, wie gemeinhin berichtet wird, in Hollywood, wo diese Technik entstand. Der Ursprung liegt weit in der Vergangenheit – man berichtet bereits im 16. Jahrhundert davon.
Der Oaxaca Old-Fashioned wird mit einer geflämmten Orangenzeste zubereitet. Dazu werden die Öle einer Orangenzeste über ein Glas gespritzt, während man gleichzeitig in der anderen Hand eine Flamme hält – die Orangenöle fangen Feuer. Dies ist jedoch nicht das erste Mischgetränk, dass derart verfeinert wurde. Wir haben uns deshalb auf die Suche nach den Ursprüngen begeben.
Zunächst einmal möchten wir wiederholen, was gemeinhin berichtet wird: Dale DeGroff sah das Abflämmen einer Orangenzeste erstmals im Jahr 1970 in Mamma Leone’s, einem italienischen Restaurant im Theatre District von Manhattan. Dort entzündeten alte italienische Kellner das Öl von Orangenschalen über einem Espresso. Bald darauf sah Dale DeGroff diese Technik erneut, diesmal in einer Bar: in Chasen’s in West Hollywood. Diese war in den Nachkriegsjahren ein beliebter Treffpunkt der Hollywood-Stars. Von 1960 bis 1995 war Pepe Ruiz dort Bartender. Um 1970 wurde dieser von Dean Martin gefragt, warum es denn in der Bar kein Getränk gäbe, das nach ihm (Dean Martin) benannt sei. Als Antwort darauf entwickelte Pepe Ruiz den »Flame of Love Martini«. Dieser ist eine Abwandlung eines trockenen Wodka-Martinis. Zusätzlich werden vier Orangenzesten über dem Glas abgeflämmt. Der geschüttelte Drink wird in das Glas gegeben, und darüber wird die fünfte Orangenzeste abgeflämmt. Als Dale DeGroff dann im Jahr 1987 in New York den Rainbow Room eröffnete, schlug er seinem Chef Joe Baum vor, diese Technik bei einer Reihe von Mischgetränken einzusetzen. Da Dale DeGroff ein einflussreicher Bartender war, übernahmen weitere Bartender die geflämmte Orangenzeste. [2][3-277][4][5-281]
Die Geschichte der geflämmten Orangenzeste reicht jedoch viel weiter in die Vergangenheit als gewöhnlich dargestellt. William Schmidt schreibt in seinem 1892 erschienenen Buch »The Flowing Bowl« zum Pousse Café: »Man kann ein wenig Bitter darauf geben und den Brandy in Brand setzen. Während es brennt, presse ein wenig Orangenschale darüber aus, was einen schönen pyrotechnischen Effekt erzeugt.« [1-172]
– »You may drop in a little bitters on the top, and set fire to the brandy. While burning, squeeze a little orange-peel on it, which will produce a fine pyrotechnical effect.« [1-172]
Ansonsten haben wir keine Hinweise in den alten Bar-Büchern gefunden. Doch auch William Schmidt ist nicht der Erfinder der geflämmten Zeste.
Bereits Antonio Mizauld berichtete davon. Man kennt ihn auch unter den Namen Antoine Mizauld oder Antonius Mizaldus. Er war ein französischer Astrologe und Arzt. Geboren wurde er 1510 in Montluçon und er verstarb 1578 in Paris. Dort war er als Professor der Medizin tätig und schrieb viele Bücher über medizinische, astronomische, botanische und meteorologische Themen. Er wollte die Allgemeinheit von Apothekern unabhängiger machen und gab Ratschläge zu verschiedenen Heilmitteln, die man auch im eigenen Garten pflücken konnte. [6]
Im Jahr 1577 erschien in Basel sein ins Deutsche übersetztes Buch mit dem Titel „Artztgarten von Kreutern so in den Gaͤrten gemeinlich wachsen / vnnd wie man durch dieselbigen allerhand kranckheiten und gebrechen eylends heilen sol“. Darin steht geschrieben: »Die rind von allen pomerantzē iſt warm vnnd hitzig / welches der ſchmack bezeuget: denn derſelb iſt herb vnnd bitter. Wo man deßhalbē den ſafft bei einē liecht außtrucket / ſo wirt er leicht angezuͤndet / vnd gibt ſein krafft dem wein am leichteſten von wegen ſeiner duͤnnen ſubſtanz / in ein glaß auch von weitem her geſpritzet.« [7-290] In modernerem Deutsch lautet der Text sinngemäß: »Die Rinde von allen Pomeranzen ist warm und hitzig, was der Geschmack bezeugt: denn dieser ist herb und bitter. Wenn man das Öl der Schale bei einer offenen Flamme ausdrückt, so entzündet es sich leicht und gibt seine Kraft an den Wein am leichtesten wegen seiner dünnen Substanz; in ein Glas auch von weit weg gespritzt.«
Dies ist der Beleg dafür, dass man bereits im Jahr 1577 eine Zitrusschale über Wein ausdrückte und sie dabei abflämmte.
Ins Deutsche wurde der Text aus dem Lateinischen übersetzt. Dieser erschien 1575 in »Alexikepus, seu auxiliaris et medicus hortus, rerum variarum, & secretorum remediorum accessione locupletatus.« Dort steht: »Cortex omnibus calidus & igneus est : quod gustatu deprehenditur, nam acer est & amarus : hinc contra lucernarum flammulas expressus ab eo succus, ignem facilè concipit : transitq; expeditè in vinum essentiæ suæ tenuitate per vitreum calicé, vel è langinquo iaculatus.« [8-85]
Doch auch hier gibt es einen Vorgängertext, vom selben Autor, aus dem Jahr 1560: »Cortex omnibus calidus & igneus cēsetur esse: quod gustatu deprehenditur: nam acer est ac amarus : cuius succus in flammulam lucernarum iaculatus, ignem facilè concipit : transitque in uinum contra uitreum calicem uel è longinquo expressus : digito mador deprehenditur, & infusus liquor corticem redolet.« [9-159]
Leider haben wir keine älteren Belege gefunden, denn man darf vermuten, dass es nicht Antonio Mizauld war, der die Sitte erfand, eine Orangenzeste über einem Becher Wein abzuflämmen. Es würde uns nicht wundern, wenn dies schon zu Zeiten des alten Roms gemacht wurde.
Quellen
William Schmidt: The Flowing Bowl. When and What to Drink. Full Instructions How to Prepare, Mix, and Serve Beverages. New York, Charles L. Webster & Co., 1892.
Die Geschichte der geflämmten Orangenzeste muss umgeschrieben werden. Es war nämlich nicht, wie gemeinhin berichtet wird, in Hollywood, wo diese Technik entstand. Der Ursprung liegt weit in der Vergangenheit – man berichtet bereits im 16. Jahrhundert davon.
Der Oaxaca Old-Fashioned wird mit einer geflämmten Orangenzeste zubereitet. Dazu werden die Öle einer Orangenzeste über ein Glas gespritzt, während man gleichzeitig in der anderen Hand eine Flamme hält – die Orangenöle fangen Feuer. Dies ist jedoch nicht das erste Mischgetränk, dass derart verfeinert wurde. Wir haben uns deshalb auf die Suche nach den Ursprüngen begeben.
Zunächst einmal möchten wir wiederholen, was gemeinhin berichtet wird: Dale DeGroff sah das Abflämmen einer Orangenzeste erstmals im Jahr 1970 in Mamma Leone’s, einem italienischen Restaurant im Theatre District von Manhattan. Dort entzündeten alte italienische Kellner das Öl von Orangenschalen über einem Espresso. Bald darauf sah Dale DeGroff diese Technik erneut, diesmal in einer Bar: in Chasen’s in West Hollywood. Diese war in den Nachkriegsjahren ein beliebter Treffpunkt der Hollywood-Stars. Von 1960 bis 1995 war Pepe Ruiz dort Bartender. Um 1970 wurde dieser von Dean Martin gefragt, warum es denn in der Bar kein Getränk gäbe, das nach ihm (Dean Martin) benannt sei. Als Antwort darauf entwickelte Pepe Ruiz den »Flame of Love Martini«. Dieser ist eine Abwandlung eines trockenen Wodka-Martinis. Zusätzlich werden vier Orangenzesten über dem Glas abgeflämmt. Der geschüttelte Drink wird in das Glas gegeben, und darüber wird die fünfte Orangenzeste abgeflämmt. Als Dale DeGroff dann im Jahr 1987 in New York den Rainbow Room eröffnete, schlug er seinem Chef Joe Baum vor, diese Technik bei einer Reihe von Mischgetränken einzusetzen. Da Dale DeGroff ein einflussreicher Bartender war, übernahmen weitere Bartender die geflämmte Orangenzeste. [2] [3-277] [4] [5-281]
Die Geschichte der geflämmten Orangenzeste reicht jedoch viel weiter in die Vergangenheit als gewöhnlich dargestellt. William Schmidt schreibt in seinem 1892 erschienenen Buch »The Flowing Bowl« zum Pousse Café: »Man kann ein wenig Bitter darauf geben und den Brandy in Brand setzen. Während es brennt, presse ein wenig Orangenschale darüber aus, was einen schönen pyrotechnischen Effekt erzeugt.« [1-172]
– »You may drop in a little bitters on the top, and set fire to the brandy. While burning, squeeze a little orange-peel on it, which will produce a fine pyrotechnical effect.« [1-172]
Ansonsten haben wir keine Hinweise in den alten Bar-Büchern gefunden. Doch auch William Schmidt ist nicht der Erfinder der geflämmten Zeste.
Bereits Antonio Mizauld berichtete davon. Man kennt ihn auch unter den Namen Antoine Mizauld oder Antonius Mizaldus. Er war ein französischer Astrologe und Arzt. Geboren wurde er 1510 in Montluçon und er verstarb 1578 in Paris. Dort war er als Professor der Medizin tätig und schrieb viele Bücher über medizinische, astronomische, botanische und meteorologische Themen. Er wollte die Allgemeinheit von Apothekern unabhängiger machen und gab Ratschläge zu verschiedenen Heilmitteln, die man auch im eigenen Garten pflücken konnte. [6]
Im Jahr 1577 erschien in Basel sein ins Deutsche übersetztes Buch mit dem Titel „Artztgarten von Kreutern so in den Gaͤrten gemeinlich wachsen / vnnd wie man durch dieselbigen allerhand kranckheiten und gebrechen eylends heilen sol“. Darin steht geschrieben: »Die rind von allen pomerantzē iſt warm vnnd hitzig / welches der ſchmack bezeuget: denn derſelb iſt herb vnnd bitter. Wo man deßhalbē den ſafft bei einē liecht außtrucket / ſo wirt er leicht angezuͤndet / vnd gibt ſein krafft dem wein am leichteſten von wegen ſeiner duͤnnen ſubſtanz / in ein glaß auch von weitem her geſpritzet.« [7-290] In modernerem Deutsch lautet der Text sinngemäß: »Die Rinde von allen Pomeranzen ist warm und hitzig, was der Geschmack bezeugt: denn dieser ist herb und bitter. Wenn man das Öl der Schale bei einer offenen Flamme ausdrückt, so entzündet es sich leicht und gibt seine Kraft an den Wein am leichtesten wegen seiner dünnen Substanz; in ein Glas auch von weit weg gespritzt.«
Dies ist der Beleg dafür, dass man bereits im Jahr 1577 eine Zitrusschale über Wein ausdrückte und sie dabei abflämmte.
Ins Deutsche wurde der Text aus dem Lateinischen übersetzt. Dieser erschien 1575 in »Alexikepus, seu auxiliaris et medicus hortus, rerum variarum, & secretorum remediorum accessione locupletatus.« Dort steht: »Cortex omnibus calidus & igneus est : quod gustatu deprehenditur, nam acer est & amarus : hinc contra lucernarum flammulas expressus ab eo succus, ignem facilè concipit : transitq; expeditè in vinum essentiæ suæ tenuitate per vitreum calicé, vel è langinquo iaculatus.« [8-85]
Doch auch hier gibt es einen Vorgängertext, vom selben Autor, aus dem Jahr 1560: »Cortex omnibus calidus & igneus cēsetur esse: quod gustatu deprehenditur: nam acer est ac amarus : cuius succus in flammulam lucernarum iaculatus, ignem facilè concipit : transitque in uinum contra uitreum calicem uel è longinquo expressus : digito mador deprehenditur, & infusus liquor corticem redolet.« [9-159]
Leider haben wir keine älteren Belege gefunden, denn man darf vermuten, dass es nicht Antonio Mizauld war, der die Sitte erfand, eine Orangenzeste über einem Becher Wein abzuflämmen. Es würde uns nicht wundern, wenn dies schon zu Zeiten des alten Roms gemacht wurde.
Quellen
explicit capitulum
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