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Punch, Toddy, Grog & Co. – Teil 1: Einleitung

Punch, Toddy, Grog & Co. - Einleitung

Was ist ein Punch, ein Toddy oder ein Grog? Wie unterscheiden sie sich von ähnlichen Getränkekategorien? Kann man diese alle klar voneinander abgrenzen, oder sind sie alle irgendwie dasselbe, nur unter verschiedenen Bezeichnungen? Dieser Fragestellung widmen wir uns in dieser Serie.

Alles begann mit einem Beitrag der Süddeutschen Zeitung, den Frank gefunden hatte, überschrieben mit: „Der Winter nimmt einfach kein Ende? Die Briten versüßen sich die kalten Tage gerne mit einem „Hot Toddy“. Wobei die heiße Mischung aus Whiskey, Honig und Zitrone wärmt, aber im Gegensatz zum Glühwein eben nicht pappig süß ist.[1] Das dort aufgefundene Rezept fand unser Gefallen, und wir paßten es nach unserem Geschmack etwas an:

40 ml Compagnie des Indes Jamaica Strength Rum
15 ml Zitronensaft
10 ml Honigsirup
225 ml heißes Wasser
1/2 Zimtstange
2 Nelken
Muskatnuß
1 Zitronenzeste

Den Honigsirup bereiten wir aus 145 g Alnatura Waldhonig und  125 g Zuckersirup (2:1) zu.

Es folgte natürlich die obligatorische Bildungstrinkerfrage, was denn überhaupt ein Toddy sei, und wie er sich von den zahlreichen anderen heißen Mischgetränken unterscheide.

Zuerst suchten wir bei David Wondrich Rat. In seinem Buch Imbibe! schreibt er: „Vor dem Cocktail gab es den Toddy – oder den Sling – oder den Julep – oder den Sangaree. Oder irgendetwas anderes, was man als ein Glas eines alkoholischen Getränkes bezeichnen wollte, mit ein wenig Zucker darin, ein wenig Wasser, wenn nötig, und vielleicht ein wenig geriebener Muskatnuss darauf oder mit ein oder zwei Zweigen Minze, die im Glas stecken. Die Schlichtheit dieser Getränke führte zu einer großen Verwirrung unter ihnen, vor allem wenn man regionale und nationale Unterschiede in der Nomenklatur berücksichtigt (ein Yankee’s Sling, ein Englischer Toddy und ein Irischer Skin könnten auf genau die gleiche Weise hergestellt werden). In der Tat bieten die drei Ausgaben von Jerry Thomas‘ Buch eine Fülle sich überschneidender Rezepte für Toddies und Slings, die sich nur durch die Temperatur des Wassers, die Wahl der Spirituose und das Vorhandensein oder Fehlen von Muskatnuß unterscheiden. … Ein Toddy – alias Sling, Sangaree, Skin oder Bombo, alles mehr oder weniger dasselbe – ist ein einfaches Getränk … . Diese Mischung aus Spirituosen, heißem oder kaltem Wasser, Zucker und vielleicht einem Schuß Muskatnuß ist das nicht reduzierbare Minimum echter Mixologie. Nimmt man irgendeine Zutat weg, bleibt weniger als ein Mischgetränk übrig.[2-170] [2-172]

– „Before the Cocktail, there was the Toddy – or the Sling – or the Julep – or the Sangaree. Or anything else you wanted to call a glass of beverage alcohol with a little sugar in it, a little water if needed, and maybe a scrape of nutmeg over the top or a sprig or two of mint stuck in the glass. The very simplicity of these drinks led to a good deal of confusion among them, particularly when regional and national differences in nomenclature are factored in (a Yankee’s Sling, an Englishman’s Toddy, and an Irishman’s Skin might be made in the exact same way). Indeed, the three editions of Jerry Thomas’s book give a sheaf of overlapping recipes for Toddies and Slings in a particular that differ only in the temperature of the H2O, the choice of spirit, and the presence and absence of nutmeg. … Toddy – alias Sling, Sangaree, Skin, or Bombo, all more or less the same thing – is a simple drink … . This mixture of spirits, hot or cold water, sugar, and perhaps a scraping of nutmeg is the irreducible minimum of true mixology. Take away any ingredient and you’re left with something less than a mixed drink.[2-170] [2-172]

Dieser Aussage zufolge sind also die zahlreichen erwähnten und ähnlichen Mischgetränke irgendwie alle dasselbe, zwar mit einem anderen Namen versehen, aber im Grunde nicht auseinanderzuhalten. David Wondrich ist in seiner Verwirrung nicht der Erste; bereits James Mew und John Ashton schrieben im Jahr 1892, daß die Erklärungen dieser Getränke im Wörterbuch in der Regel unbefriedigend sind: „The dictionary explanations of these terms are commonly unsatisfactory.[5-180]

David Schöpf: Reise durch einige der mittleren und südlichen vereinigten nordamerikanischen Staaten, Zweyter Teil, 1788, Seite 346-347.
David Schöpf: Reise durch einige der mittleren und südlichen vereinigten nordamerikanischen Staaten, Zweyter Teil, 1788, Seite 346-347. [3-346] [3-347]

Andere Autoren hingegen hatten ein sehr klares Verständnis über die Abgrenzung der einzelnen Getränke voneinander und wußten die Unterschiede sehr wohl zu benennen. Beispielhaft sei hier Johann David Schöpf genannt. Dieser unternahm in den Jahren 1783 bis 1784 eine Reise nach Nordamerika und berichtet im Zusammenhang mit seinem Aufenthalt in Charleston in South Carolina: „Die Mannichfaltigkeit von Getränken, zu welchen der Rum Gelegenheit giebt, ist groß, und es würde ein langes Verzeichnis erfordern, sie alle herzuzählen. Ich erwähne nur der gangbarsten. A Dram – ist ein Schluck Rum oder anderer Brandtewein; a Sling – gleiche Theile Rum und Wasser; Grogg – Wasser mit dem vierten, fünften, oder sechsten Theil Rum; das gemeinste Getränke; – Toddy – Wasser mit Rum und Zucker; Punch – Wasser, Rum, Zucker und Citronensaures; a Flipp – ein warmes Getränke aus starkem Bier, mit Rum und Zucker; a Doctor – frischgemolkene Milch mit Rum, Egg-dram, Egg-Toddy – Eyerdotter mit Zucker und Rum angerühret, und nach Gefallen mit Wasser verdünnet, und dergl. Rechnet man zu dieser Liste noch die verschiedenen einheimischen und fremden Brandteweine, einheimischen und fremden Biere, den Cyder, Cyderöl, und die mancherley fremden Weine, welche verbraucht werden, nebst Thee, Koffee und Chokolate, so siehet man leicht, daß Abwechslung an Getränken hier zu Lande auch den lüsternsten Gaumen nicht in Verlegenheit setzen kan. Die Weine geben wieder zu verschiedenen andern Mischungen Gelegenheit; aus Wein, Zucker, Wasser und etwas Muskatennuß entsteht Sangry; aus Wein und Zucker mit frischgemolkener Milch, der beliebte Sillabub etc. –[3-346] [3-347]

Leonhard Ludwig Finke: Versuch einer allgemeinen medicinisch-praktischen Geographie, Dritter Band, 1795, Seite 172.
Leonhard Ludwig Finke: Versuch einer allgemeinen medicinisch-praktischen Geographie, Dritter Band, 1795, Seite 172. [4-172]

1795 bestätigt Leonhard Ludwig Finke diese Aussagen: „Rum wird in einer erstaunlichen Menge und in allerley Vermischung genommen. Diese Vermischungen führen auch sogar ihre besondern Namen. Ohne alle Zumischung nennt es der Engländer Dram; ein Theil Wasser und ein Theil Rum à Sliny; vier Theile Wasser und einen Theil Rum à Grogg; Wasser, Rum und Zucker zusammen Toddy; starkes und warm gemachtes Bier mit Rum und Zucker à Flipp; frisch gemolkene Milch mit Rum à Doctor; Eydotter mit Zucker und Rum angerührt und mit beliebiger Menge Wasser vermischt heisst Eggdram, Egg-Toddy; Wein, Zucker, Wasser und etwas Muskatennuss Sangry; (oder Negus) Wein, Zucker und frische Milch Sillabub; endlich kömmt hierzu noch der Punsch, dessen Zusammensetzung bekannt genug ist. Man lebt dem nach hier völlig wie in England.[4-172]

Wir wollten nun genauer wissen, wie der Sachverhalt ist. Unsere Recherche begann mit einem Rum-Toddy. Schnell merkten wir, daß man auch den Whiskey Toddy betrachten sollte, um ein Verständnis darüber zu erhalten, was ein Toddy eigentlich ist, und wie er sich im Laufe der Zeit veränderte. Es herrschte ein ziemliches Durcheinander und es fielen uns Ähnlichkeiten zu anderen Mischgetränken auf, die alle irgendwie ähnlich oder gar identisch zu sein schienen. Deshalb wurde die Recherche erweitert um Grog, Hot Buttered Rum, Hot Rum und Hot Whiskey, Negus, Punch, Rumbo und Bumbo, Sangaree, Skin, Sling, Spiced Rum und Spiced Whiskey in die Suche einbezogen. Jedes dieser Mischgetränke werden wir in einem eigenen Beitrag näher untersuchen und sehen, ob sich diese genau definieren lassen, und ob sie sich im Laufe der Zeit verändert haben. Sie wurden teilweise als Heißgetränke zubereitet oder auch eiskalt serviert. Sie waren in vergangenen Zeiten äußerst beliebt, so daß unzählige Rezepte aus unzähligen Büchern zu berücksichtigen sind. Sie gehen in die Tausende und bilden ein forderndes Durcheinander. Dabei darf man nicht nur die Rezeptbücher für Mischgetränke berücksichtigen, sondern muß vor allem in den Büchern vor allem des 17. und 18. Jahrhunderts stöbern, um ein vollständiges Verständnis zu erlangen.

Bei der Recherche in Rezeptbüchern (ab 1862) haben wir uns jedoch auf diejenigen Rezepte beschränkt, die mit Rum oder Whiskey zubereitet wurden, um untereinander eine relative Vergleichbarkeit herstellen zu können. So wurde auch die Komplexität reduziert, wenn auch tausende Rezepte trotzdem statistisch betrachtet werden mußten.

Das Ergebnis ist nun diese umfangreiche Serie, die sich ausgiebig mit diesem Thema beschäftigt und allerlei Interessantes zu Tage fördern wird. Es lohnt sich immer, in antike Bücher zu schauen, denn sie haben uns viel zu berichten. Begleitet uns also auf unserer Reise zu diesen in der Vergangenheit beliebten Mischgetränken. Es wird viel Neues zu entdecken geben, und ein jahrhundertealtes Rätsel wird gelöst werden.

Quellen
  1. https://www.sueddeutsche.de/stil/lecker-auf-rezept-hot-toddy-heisser-whiskey-fuer-kalte-tage-1.3867300 Hot Toddy. Heißer Whiskey für kalte Tage. Von Maria Holzmüller, 16. Februar 2018.
  2. David Wondrich: Imbibe! From Absinthe Cocktail to Whiskey Smash, A Salute in Stories and Drinks to „Professor“ Jerry Thomas, Pioneer of the American Bar. 2. Auflage. ISBN 978-0-399-17261-8. New York, 2015.
  3. https://archive.org/details/reisedurcheinige_02sch/page/346/mode/2up?q=grogg Johann David Schöpf: Reise durch einige der mittleren und südlichen vereinigten nordamerikanischen Staaten nach Ost-Florida und den Bahama-Inseln unternommen in den Jahren 1783 und 1784. Zweyter Teil, Erlangen, 1788.
  4. https://archive.org/details/b28772325_0003/page/172/mode/2up Leonhard Ludwig Finke: Versuch einer allgemeinen medicinisch-praktischen Geographie, worin der historische Theil der einheimischen Völker- und Staaten-Arzeneykunde vorgetragen wird. Dritter Band. Leipzig, 1795.
  5. James Mew & John Ashton: Drinks of The World. London (The Leadenhall Press) & New York (Scribner & Welford), 1892.

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Hallo, ich bin Armin, und in meiner Freizeit als Blogger, freier Journalist und Bildungstrinker möchte ich die Barkultur fördern. Mein Schwerpunkt liegt auf der Recherche zur Geschichte der Mischgetränke. Falls ich einmal eine Dir bekannte Quelle nicht berücksichtigt habe, und Du der Meinung bist, diese müsse berücksichtigt werden, freue ich mich schon darauf, diese von Dir zu erfahren, um etwas Neues zu lernen.