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Rum und Kill-Devil – Eine neue Etymologie. Teil 6: Karibik

Titelbild - Rum und Kill-Devil, Teil 6.

Nachdem wir uns mit der Bedeutung des Krokodils in westafrikanischen Glaubenswelten einschließlich des auch in der Karibik verbreiteten Voodoos beschäftigt haben, geht es nun um karibische Trinkgewohnheiten, religiöse Traditionen der Karibik und die Bedeutung, die Alkohol dabei spielte.

Wenden wir unseren Blick also nun in die Karibik. Bevor wir erneut auf das Krokodil zu sprechen kommen, betrachten wir die Bedeutung des Alkohols für die aus Afrika verschleppten Sklaven.

Spirituelle Kontinuität

Frederick H. Smith bringt in seiner Dissertation die Situation der karibischen Sklaven auf den Punkt: »Alkohol war den neu in der Karibik angekommenen Afrikanern vertraut, und die symbolischen Bedeutungen, die die Sklaven mit dem Trinken verbanden, spiegeln die Kontinuität der afrikanischen kulturellen Vorstellungen wider. Trotz gelegentlicher Bemühungen der Kolonialbeamten, den Alkoholkonsum der Sklaven einzuschränken, hatten die Sklaven leichten Zugang zu Rum und anderen alkoholischen Getränken. Die leichte Verfügbarkeit von Alkohol führte zu neuen afrikanisch orientierten Trinkpraktiken, die auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner die sozialen und sakralen Alkoholtraditionen verschiedener afrikanischer Ethnien vereinten. Wie in Afrika trug der Alkohol dazu bei, die Spiritualität der Sklaven zu fördern und die Gruppenidentität zu stärken. Die Entwicklung neuer Trinkstile stärkte auch die Ideenlehren des Widerstands, die die europäischen Bemühungen zur Unterdrückung afrikanischer Bräuche in Frage stellten. Das Verständnis des Alkoholkonsums der Sklaven bietet ein Prisma, durch das man die zugrundeliegenden Prinzipien betrachten kann, die das Leben der Sklaven geprägt haben.« [4-240]

– »Alcohol was familiar to newly arrived Africans in the Caribbean and the symbolic meanings slaves attached to drinking reflect the continuity of African cultural beliefs. Despite occasional efforts by colonial officials to restrict slave drinking, slaves had easy access to rum and other alcoholic beverages. The ready availability of alcohol sparked the creation of new African-oriented drinking practices, which, at the level of the lowest common denominator, combined the social and sacred alcohol-based traditions of diverse African ethnic groups. As in Africa, alcohol helped foster slave spirituality and promote group identity. The construction of new drinking styles also strengthened resistance ideologies, which challenged European efforts to suppress African customs. Understanding slave alcohol use provides a prism through which to view underlying principles that helped shape slave life.« [4-240]

Palmwein und fermentierter Zuckerrohrsaft

Anscheinend waren es die versklavten Afrikaner, die in der Karibik die ersten Experimente zur Fermentierung von Zuckerrohrsaft durchführten. [4-38] [4-39] Der erste Hinweis auf ein derart hergestelltes Getränk stammt aus dem 16. Jahrhundert, aus Hispaniola und Puerto Rico. [3-1076] [4-38]

Der spanische Dominikanermönch Bartholomé de Las Casas berichtete aus Santo Domingo, dass in den 1510er Jahren die versklavten Afrikaner »Getränke aus Zuckerrohr« tranken und daran verstarben. [20-701] Im Jahr 1596 oder 1598 kam Dr. Layfield, ein Kaplan einer englischen Freibeuterfahrt, nach Puerto Rico und berichtete, dass auf der Insel ein vergorenes Getränk namens Guacapo getrunken werde, dass man »aus Melasse (d.h. dem unedelsten ihrer Zucker) und einigen Gewürzen« [ – »made of molasses (that is the coarsest of their sugar) and some spices«] herstelle. Die Spanier nannten es auch Guarapo oder Guarapa. Für die Portugiesen war es Garapa, für die Franzosen Grappe. [6] [19-36] [19-37] [20-701]

Die Sklaven waren höchstwahrscheinlich nicht nur Hauptabnehmer, sondern auch Erzeuger dieser fermentierten Getränke. [4-38] Dadurch konnten sie ihre afrikanische Alkoholtradition in der Karibik fortführen. [4-38] Sie verwendeten aber nicht nur Zuckerrohr. Die Produktion von Palmwein war ebenfalls eine Option: Charles de Rochefort berichtet in seinem im Jahr 1658 erschienenen Buch »Natur- und Sittengeschichte der Westindischen Inseln Amerikas« – »Histoire naturelle et morale des isles antilles de I’Amerique« – , dass afrikanische Sklaven auf der Karibikinsel St. Kitts Palmwein herstellten: [4-38] »Neben diesen beiden Getränken, die auf den Antillen am üblichsten sind, werden dort an verschiedenen Orten noch mehrere köstliche Weine hergestellt. Die Neger, die auf diesen Inseln Sklaven sind, machen Einschnitte in die Stachelpalmen, aus denen eine gewisse, weißweinähnliche Flüssigkeit ausgeschieden wird, die sie in mehreren kleinen Kalebassen sammeln, die sie an den Öffnungen dieser Bäume befestigen, die jeden Tag zwei Pinten und manchmal mehr abgeben. Die frühesten Autoren berichten uns, dass unter den Orientalen der Palmwein sehr gebräuchlich war, so wie er es heute noch ist; man serviert ihn auch an einigen Orten in Afrika, wie in Monomotapa.« [21-447]

Charles de Rochefort: Histoire naturelle et morale des iles Antilles de l'Amerique. 1658, Seite 447.
Charles de Rochefort: Histoire naturelle et morale des iles Antilles de l’Amerique. 1658, Seite 447. [21-447]

– »Outre ces deus boissons qui sont les plus ordinaires dans les Antilles, on y fait encore en divers endroits, plusieurs vins delicieus. Les Négres, qui sont esclaves en ces Iles, font des incisions aus Palmistes épineus, d’où il distille une certaine liqueur semblable à du vin blanc, laquelle ils recueillent dans plusieurs petites Callebasses qu’ils attachêt aus ouvertures de ces arbres, qui en rendent chacun par jour deus pintes, & quelquesois davantage. Les plus anciens Auteurs nous apprennent, que parmy les Orientaus le vin de Palmes étoit fort en usage, comme il y est encore aujour d’huy: L’on s’en sert aussi en quelques endrois de l’Afrique, comme en Monomotapa.« [21-447]

Wie Frederick Smith treffend bemerkt, berichten europäische Reisende über das vorkoloniale Westafrika und westliche Zentralafrika, dass dort ebenfalls Palmwein hergestellt wurde. Es spricht also viel dafür, dass afrikanische Sklaven in der Karibik bei der Herstellung von Palmwein auf ihre afrikanische Tradition zurückgriffen. [4-38] [4-255] Als dann jedoch in der Karibik mit der Produktion von Zucker und Zuckerrohrdestillaten begonnen wurde, wurde der traditionelle Palmwein durch aus Zuckerrohr hergestellten Alkohol ersetzt, insbesondere durch Rum, um eine Verbindung zu Afrika und zur Geisterwelt aufrechtzuerhalten. [4-255] [4-256]

Es ist möglich, dass das Verlangen der Afrikaner nach Alkohol für die Pflanzer der Anlass war, nicht nur Zucker, sondern auch Alkohol zu produzieren und diesen als ein mögliches Exportgut für den afrikanischen Markt in Betracht zu ziehen. [4-39] Dann wäre die Verwendung und Herstellung von fermentierten alkoholischen Getränken durch Sklaven der erste Schritt hin zu einer bedeutenden Rum-Industrie gewesen. [4-39]

Bereits frühzeitig wurden Sklaven mit destilliertem Alkohol versorgt: in den Jahren 1622-1623 wird berichtet, dass sie in Brasilien »aguardiente« erhielten. Was genau darunter zu verstehen ist, ist nicht ganz klar, und Frederick Smith merkt dazu im Oxford Companion an: »es ist nicht ausgeschlossen, dass es sich dabei um ein auf portugiesischem Wein basierendes Produkt handelte, obwohl ein lokales Zuckerrohrprodukt viel wahrscheinlicher ist«. – »it is not impossible that that was a Portuguese wine-based product, although a local cane one is far more likely« [20-121]

Karibische und afrikanische Trinkgewohnheiten

Frederick Smith fragt in seiner Dissertation: »Sind die Trinkgewohnheiten der karibischen Sklaven Ausdruck der direkten Übertragung bestimmter afrikanischer Trinkgewohnheiten oder der Konstruktion neuer Trinkgewohnheiten auf der Grundlage der gemeinsamen Überzeugungen verschiedener afrikanischer ethnischer Gruppen? Die Beantwortung dieser Frage ist schwierig, da die meisten unserer Informationen über das Trinken von Afrikanern und afrikanischen Sklaven von Europäern stammen, die oft nicht in der Lage waren, die Nuancen komplexer Trinkbräuche zu erforschen. Außerdem handelte es sich bei den Trinkritualen der Afrikaner und der afrikanischen Sklaven in der Regel um private Veranstaltungen, die nicht vor den Augen der Europäer abgehalten wurden. Daher fehlen uns vielleicht einfach die Beweise, die es uns erlaubten, einen eindeutigen Zusammenhang zwischen den Trinkgewohnheiten bestimmter afrikanischer Nationen und denen der afrikanischen Sklaven in der Karibik herzustellen. Dennoch zeigen die Belege, dass die afrikanischen Sklaven in der Karibik auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner Trinkbräuche entwickelten, die ihren gemeinsamen west- und westzentralafrikanischen Glauben an die spirituelle Bedeutung des Alkohols widerspiegeln.« [4-250] [4-251]

– »Do the drinking practices of Caribbean slaves reflect the direct transfer of particular African drinking customs or the construction of new drinking behaviors based on the shared beliefs of various African ethnic groups? Answering this question is difficult, because most of our information about both African and African slave drinking comes from Europeans who often failed to explore the nuances of complex drinking customs. Moreover, African and African slave drinking rituals were usually private events conducted away from the eyes of Europeans. Thus, we may simply lack the raw evidence that would allow us to make a strong correlation between the drinking practices of particular African nations with those observed among African slaves in the Caribbean. Yet, the evidence does show that, at the level of the lowest common denominator, African slaves in the Caribbean created drinking customs, which embraced their shared West and West Central African beliefs about the spiritual meaning of alcohol.« [4-250] [4-251]

Frederick Smith nimmt dann Bezug auf eine Analyse von John Thornton aus dessen im Jahr 1992 erschienenen Buch ›Africa and Africans in the making of the Atlantic world, 1400-1680‹ und schreibt: »Afrikanische Priester, die als Sklaven nach Amerika gebracht wurden, brachten neue Offenbarungen hervor, die dazu beitrugen, afroamerikanische Kosmologien aus den verschiedenen afrikanischen Glaubensrichtungen zu erschaffen. Wie eine Lingua franca fungierte das afrikanische Christentum als Bindeglied, das Sklaven aus verschiedenen Nationen zusammenführte. Eine Gemeinsamkeit, die Thornton bei seiner Analyse der afro-atlantischen religiösen Systeme übersehen hat, ist, dass die meisten Afrikaner ähnliche Vorstellungen von der spirituellen Bedeutung des Alkohols hatten. Die West- und Zentralafrikaner, mit Ausnahme derer am nördlichen Rand des Sklavenhandels, die sich eng an die Lehren des Islam hielten, glaubten, dass Alkohol die Kommunikation mit der Geisterwelt erleichterte. Durch Trankopfer, Opfergaben und alkoholinduzierte Geisterbesessenheit eröffneten die Afrikaner die Kommunikation mit der Geisterwelt und zeigten ihre Ehrfurcht vor den Ahnen, Göttern und Gottheiten. Darüber hinaus waren diese Praktiken den christlichen Europäern nicht völlig fremd, die sakralen Wein verwendeten, um ihre eigene spirituelle Verbundenheit zu stärken. Die allgemeinen Glaubensvorstellungen an die spirituelle Bedeutung des Alkohols verschmolz in Afrika und auf den Sklavenplantagen in der Karibik und trug dazu bei, Afrikaner aus verschiedenen Nationen zu vereinen. Die unter afrikanischen Sklaven in der Karibik beobachtete sakrale Verwendung des Alkohols verdeutlicht den Aufbau neuer afrikanisch orientierter Trinkbräuche auf der Grundlage des kleinsten gemeinsamen Nenners dieser gemeinsamen Überzeugungen.« [4-252] [4-253]

– »African priests, brought to the Americas as slaves, produced new revelations that helped build Afro-American cosmologies from the various African beliefs. Like a lingua franca language system, African Christianity functioned as the link that brought together slaves from various nations. One similarity that Thornton overlooked in his analysis of Afro-Atlantic religious systems was that most Africans shared similar beliefs about the spiritual importance of alcohol. West and West Central Africans, with the exception of those at the northern margins of the slave trade who closely followed the teachings of Islam, believed that alcohol facilitated communication with the spirit world. Through libations, offerings, and alcohol-induced spirit possessions, Africans opened lines of communication to the spirit world and showed reverence to ancestors, gods, and deities. Moreover, these practices were not entirely unfamiliar to Christian Europeans who used sacramental wine to strengthen their own sense of spiritual attachment. Common beliefs about the spiritual importance of alcohol merged in Africa and on the slave plantations in the Caribbean and helped unify Africans from various nations. The sacred uses of alcohol observed among African slaves in the Caribbean highlight the construction of new African-oriented drinking customs based on the lowest common denominator of those shared beliefs.« [4-252] [4-253]

Religiöse Traditionen in der Karibik

Wie schon in Afrika spielte Alkohol im täglichen Leben der Afrikaner in der Karibik eine wichtige Rolle. Die leichte Verfügbarkeit von Alkohol ermöglichte es, traditionelle afrikanische Trinkrituale beizubehalten. Die karibischen Sklavengesellschaften folgten so dem gemeinsamen west- und westzentralafrikanischen Glauben. Wie schon in Afrika wurde mithilfe von Trankopfern und Opfergaben Kontakt zu den Ahnen und der Geisterwelt aufgenommen. [4-254] [4-264]

Geheime Zufluchtsorte

Archäologische Funde auf Barbados lassen den Schluss zu, dass die Zeremonien auch im Verborgenen stattfanden. Dort boten Höhlen den Sklaven geheime Zufluchtsorte, an denen sie Alkohol konsumieren und ihre religiösen Praktiken aufrecht erhalten konnten. [3-1163]

Geburt

Wie schon in Afrika war bei Sklaven der britischen und französischen Karibik Alkohol bei Geburt, Heirat und Tod von zentraler Bedeutung.

Da die Geburtszeremonien unter Ausschluss der Pflanzer im Verborgenen stattfanden, sind Berichte darüber selten; detaillierte Berichte über den Gebrauch von Alkohol bei diesen Zeremonien sind noch seltener. Jean-Baptiste Du Tertre berichtet in seiner zwischen 1667 und 1671 erschienenen ›Histoire générale des Antilles habitées par les François‹, dass die Sklaven bei der Geburt ihrer Kinder ein großes Fest feierten, die anderen Sklaven ihres Landes einlüden und »alles, was sie besitzen« verkauften, um genug Rum für die Geburtszeremonie zu haben. [4-260]

Beerdigung

Auch bei Beerdigungen spielte Alkohol eine wichtige Rolle.

Im Jahr 1688 erkannte John Taylor, als er Jamaica besuchte, die zentrale Rolle der Ahnen bei Beerdigungen und merkte an, dass die Sklaven, nachdem Opfergaben, einschließlich Rum, in das Grab gelegt worden wären, das Grab aufrichteten und darauf äßen und trünken. [4-261]

Im 1740 veröffentlichten Buch ›A New History of Jamaica‹« schrieb Charles Leslie über die Beerdigungszeremonie der Sklaven: [4-261] »Nachdem das Grab aufgefüllt ist, stellen sie die Suppe, die sie zubereitet haben, an den Kopf und eine Flasche Rum an die Füße.« [22-309]

Charles Leslie: A new history of Jamaica. 1740, Seite 309.
Charles Leslie: A new history of Jamaica. 1740, Seite 309. [22-309]

– »After the Grave is filled up, they place the Soup which they had prepared at the Head, and a Bottle of Rum at the Feet.« [22-309]

Edward Long berichtet in seiner ›History of Jamaica‹ aus dem Jahr 1774 über den Ablauf von Beerdigungen: [4-261]  »und das Treffen endet mit Essen, Trinken, Tanzen und Gesang.« [1-422]

Anonymus (Edward Long): The history of Jamaica. Vol. 2. 1774, Seite 422.
Anonymus (Edward Long): The history of Jamaica. Vol. 2. 1774, Seite 422. [1-422]

– »and the meeting concludes with eating their collation, drinking, dancing, and vociferation.« [1-422]

Thomas Atwood berichtet im Jahr 1791 in ›History of the island of Domenica‹ – ›Geschichte der Insel Domenica‹ – von der Rolle, die Alkohol dort bei Beerdigungen spielte: »Ihre abergläubischen Vorstellungen in Bezug auf ihre Toten sind wirklich lächerlich, denn sie gehen davon aus, dass die Verstorbenen in ihren Särgen sowohl essen als auch trinken; und zu diesem Zweck legten sie darin Artikel für beides hinein.« [4-261]

– »Their superstitious notions with respect to their dead are truly ridiculous, for they suppose that the deceased both eat and drink in their coffins: and for that purpose, they put therein articles for both.« [4-261] [23]

Er beschrieb auch den Brauch, den Verstorbenen jährlich Opfergaben darzubringen. [4-261]

In der französischen Karibik war es ähnlich: die erfolgreiche Rückkehr der Toten in die Geisterwelt erforderte den Konsum von Alkohol. [4-262]

Rum als verbindendes Element

Innerhalb des vielfältigen afrikanischen kulturellen Kontextes der karibischen Sklavenplantage war Alkohol wichtig für den Umgang mit der spirituellen Welt. Insbesondere eine alkoholreiche Spirituose wie Rum war ein mächtiges Mittel für die Kontaktaufnahme mit der Geisterwelt. Da Rum seit dem 17. Jahrhundert auch nach West- und Zentralafrika verschifft wurde, kannte man ihn dort bereits und verwendete ihn anstatt der traditionellen alkoholischen Getränke. Neu in der Karibik ankommende Sklaven kannten ihn daher schon und nahmen ihn bereitwillig an. [4-264] Frederick H. Smith merkt zudem an: »Wie der Aufstieg des afro-atlantischen Christentums wurde auch der Rum zu einem verbindenden Element der afro-atlantischen Welt. So wie der Konsum des von Sklaven hergestellten karibischen Rums den Afrikanern in Afrika half, eine symbolische Verbindung zu ihren Brüdern in Übersee herzustellen, half er auch den Sklaven in der Karibik, eine Verbindung zu ihrer afrikanischen Heimat aufzubauen.« [4-264]

– »Like the rise of Afro-Atlantic Christianity, rum became the a unifying feature of the Afro-Atlantic world. Just as the consumption of slave-made Caribbean rum helped Africans in Africa make a symbolic connection to their brethren overseas, it also helped those Caribbean slaves form a link to their African homelands.« [4-264]

Beispielsweise Hans Sloane berichtet in seinem im Jahr 1707 erschienenen Buch davon, welcher Art diese Verbindung zur afrikanischen Heimat war: »Die Neger aus manchen Ländern glauben, dass sie in ihr Land zurückkehren, wenn sie in Jamaika sterben, und achten daher den Tod nur wenig, weil sie sich einbilden, dass sie dadurch von der Knechtschaft in die Freiheit wechseln, und schneiden sich aus diesem Grund oft selbst die Kehle durch. Ob sie nun auf diese Weise oder auf natürliche Weise sterben, ihre Landsleute beklagen ihr Ableben mit großem Geschrei und werfen bei ihrer Beerdigung Rum und Lebensmittel in ihre Gräber, um sie in der anderen Welt zu versorgen. Manchmal vergraben sie es in Kalebassen, ein anderes Mal schütten sie es auf die Gräber.« [24-xlviii]

Hans Sloane: A voyage to the islands Madera, Barbados, Nieves, S. Christophers and Jamaica. Vol. 1. 1707, Seite xlviii.
Hans Sloane: A voyage to the islands Madera, Barbados, Nieves, S. Christophers and Jamaica. Vol. 1. 1707, Seite xlviii. [24-xlviii]

– »The Negroes from some Countries think they return to their own Country when they die in Jamaica, and therefore regard death but little, imagining they shall change their condition, by that means from servile to free, and so for this reason often cut their own Throats. Whether they die thus, or naturally, their Country people make great lamentations, mournings, and howlings about them expiring, and at their Funeral throw in Rum and Victuals into their Graves, to serve them in the other world. Sometimes they bury it in gourds, at other times spill it on the Graves.« [24-xlviii]

Yoruba und afroamerikanische Religionen

Die Yoruba sind ein westafrikanisches Volk, das vor allem im Südwesten Nigerias lebt, aber auch in den Nachbarstaaten Benin, Ghana und Togo. [2]

Die Religion der Yoruba ist auch Grundlage für viele afroamerikanische Religionen, darunter Voodoo und Santería. Die Grenzen untereinander als auch zum Christentum sind fließend. [9] Für die Yoruba gibt es im Kosmos einen sichtbaren und einen unsichtbaren Bereich, die miteinander wechselwirkend in Balance gehalten werden müssen. [9] In beiden Bereichen wirkt Ashé, eine Art universelle Lebensenergie, die nicht nur in allen Lebewesen und Gegenständen vorhanden ist, sondern auch in Geisterwesen (den Orishas und den Ahnen), in Gebeten, Liedern und Gesten vorhanden ist. Diese Energie nimmt im Laufe der Zeit ab und muss durch religiöse Rituale aufgeladen werden. [10]

Die Götter der Yoruba werden in der Religion der Yoruba, aber auch in den afroamerikanischen Religionen, als Orishas bezeichnet. Es gibt hunderte verschiedene Orishas. Ihre Nähe und Vertrautheit mit den Menschen zeigt sich darin, dass sie sich durch Trancezustände in den Eingeweihten offenbaren. Sie stehen alle mit einer Naturkraft in Verbindung, beispielsweise Wasser, Erde oder Luft in all seinen verschiedenen Formen. Für jeden gibt es bei den religiösen Zeremonien bestimmte Trommelschläge, Gesänge und Tänze. Zwischen den Orishas gibt es verwandtschaftliche Beziehungen, Liebesaffären und Streitigkeiten. Sie übertreten Grenzen und brechen Tabus, und beeinflussen so nicht nur die Geisterwelt, sondern auch die Welt der Lebenden. [11]

Oshun ist eine Orisha, benannt nach dem gleichnamigen Fluss in Nigeria. Sie symbolisiert die Fruchtbarkeit. Ihr zu Ehren existiert ein Hain in Oshogbo, das UNESCO-Weltkulturerbe ist. [7] [8] Auch andere Gottheiten der Yoruba werden dort verehrt. [8]

Über den Orishas steht Olorun. Dieser ist zu mächtig, und es ist gefährlich, direkt mit ihm Kontakt aufzunehmen. Deshalb dienen die Orishas als Vermittler zwischen den Lebenden und Olorun. Eshu ist ein Olorun, dem eine besondere Rolle zukommt. Er gilt als Türhüter und Götterbote und muss deshalb bei allen Ritualen als Erster begrüßt werden. Er muss auch als Erster seine Opfergaben erhalten. [11]

Neben den Orishas gibt es auch noch die N’kisi. [11] N’kisi sind Geister oder Objekte, die von einem Geist bewohnt werden. Der Glaube an sie wurde mit in die Neue Welt genommen. Die N’kisi sind eng mit der Kommunikation mit den Ahnen verbunden. [13] Einer der N’kisi ist Bombo Njila, auch (männlicher) Exú (Eshu [12]) oder Bombojira genannt. Er ist der Türöffner. [11] Vangira, auch Pombagira oder Pomba Gira genannt, ist der weibliche Exu. [11]

Das erinnert uns daran, dass in Westafrika das Krokodil eine ähnliche Rolle spielt wie Bombo Njila: als ein Türöffner, der die Welten miteinander verbindet und die Kommunikation mit den Ahnen ermöglicht, oder sogar für den Übergang zwischen den Welten sorgt und die Geister der Toten hinüber bringt. Das Krokodil wird Bumbo genannt – ist daher die Bezeichnung ›Bombo Njila‹ nur zufälliger Natur oder deutet sie auf eine nähere Verwandschaft hin?

Religiöse Traditionen in der britischen Karibik: Obeah

Die Verbindung mit westafrikanischen Traditionen zeigte sich in den religiösen Praktiken der Sklaven in der Karibik, nicht nur bei britischen, sondern auch bei französischen. In der britischen Karibik war ›Obeah‹ weit verbreitet. Obeah vereint Heilung, Spiritualität und Ahnenkult. [3-1163] [4-256] Die Rituale erfordern den heiligen Gebrauch von Alkohol. Mit seiner Hilfe konnte man Einzelpersonen und die Gemeinschaft vor Schaden schützen und böswillige Geister besänftigen. Trankopfer waren ein wichtiger Bestandteil. [3-1163] Es gibt unterschiedliche Ansichten darüber, wo der Ursprung des Obeah liegt. Manche meinen, der Begriff stamme von religiösen Praktiken der Akan ab, andere sind der Auffassung er stamme aus dem Igbo, wo das Wort ›dibia‹ einen Arzt oder Wahrsager mit engem Kontakt zur Geisterwelt bezeichne. Am wahrscheinlichsten ist jedoch, dass Obea eine Mischung aus verschiedenen religiösen Praktiken aus Westafrika und West-Zentralafrika ist, mit denen die Ahnen verehrt werden und um Beistand gebeten wurden, eingebunden in den heiligen Gebrauch von Alkohol. [4-256]

Religiöse Traditionen in der Karibik: Voodoo

Auch in der französischen Karibik ermöglichte Alkohol die Kommunikation mit der Geisterwelt. Dort praktizierte man nicht Obea, sondern Voodoo. Voodoo entstand in Westafrika; wir sind bereits darauf eingegangen. Voodoo und der zugehörige Ahnenkult gelangte mit den verschleppten Afrikanern in die Karibik und spielt dort auch heute noch eine große Rolle, insbesondere auf Haiti. Bei Voodoo-Zeremonien werden aus Rum hergestellte Getränke konsumiert und als Trankopfer dargebracht. [3-1163] [4-256]

Bei Voodoo-Zeremonien wird getanzt, und es kommt zu Besitzergreifungen durch Geister. [4-257]

Religiöse Traditionen in der Karibik: Santeria

In ähnlicher Weise spielt Alkohol eine zentrale Rolle in der kubanischen Santeria. Dort werden den Geistern Opfergaben dargebracht. [3-1163]

In der Santería verschmolz Oshun mit der Jungfrau Maria. [7] In Amerika werden die Orishas in den meisten Religionen synkretistisch mit katholischen Heiligen verbunden. [11]

Oshun – wir haben sie schon im Zusammenhang mit den westafrikanischen Yoruba erwähnt – beschützt Schwangere. [15] »Sie repräsentiert die Intensität der Gefühle und die menschliche Spiritualität und Sinnlichkeit, die Sanftheit, die Raffinesse, die Liebe und alles, was mit Frauen zu tun hat. Sie beschützt die schwangeren Frauen. Sie wird durch eine schöne Frau dargestellt, die fröhlich und lächelnd ist, aber im Inneren ist sie sehr ernst, leidet und ist manchmal traurig. Sie repräsentiert die religiöse Strenge und symbolisiert die unerbittliche Bestrafung.« [15] Oshun ist die einzige, die vor Olofin erscheinen kann, um für Menschen zu bitten. Symbolisiert wird sie durch Flüsse, und sie ist auch die Göttin des gleichnamigen Flusses in Nigeria. Ihr Bote ist das Krokodil, und ihre Anhänger bitten um ihre Gunst, indem sie Opfergaben an Flüssen niederlegen. [15]

Olofin ist die dritte Manifestation von Olodumare, der im Himmel wohnt. Die Orishas sind ihm Untertan und mit den Menschen steht er über die Orishas in Verbindung. [16] Olofin verteilt Ashé an jeden Orisha und kennt die Geheimnisse der Schöpfung. [16] Zeigt sich in den drei Manifestationen von Olodumare ein christlicher Einfluß, oder ist es nur ein Zufall, dass im Christentum von der Dreieinigkeit Gottes die Rede ist: Vater, Sohn und Geist?

Oloddumare ist jedenfalls der höchste, allmächtige Gott. Mit den Menschen steht er nicht direkt in Verbindung, sondern durch eine seiner Manifestationen, entweder direkt über Olorún, oder indirekt über Olofin. [17]

Olorún ist die zweite Manifestation von Olofin. [18]

Candomblé

Candomblé ist eine afroamerikanische Religion, die hauptsächlich in Brasilien praktiziert wird. Auch diese hat ihre Wurzeln bei den Yoruba, weshalb man Orishas, N’kisi oder Vodum kennt. Da Olorun nicht direkt ansprechbar ist, nimmt man mit jenen Kontakt auf. Sie können dabei Besitz von einer Person ergreifen, die sich dann anders als die anderen Teilnehmer des Rituals bewegt: die besessene Person tanzt wie das Wesen, das von ihm Besitz ergriffen hat. [14]

Im Candomblé wurden nur 16 Orishas beibehalten anstelle von hunderten. Darunter ist auch Exu (in Afrika Eshu genannt). Er ist Bote der Orisha. Ihm sind als Speiseopfer Palmöl und Spirituosen zugeordnet, schwarze Böcke und Hähne, und seine Attribute sind Phallus und Dreizack. Wir haben ihn schon im Zusammenhang mit den westafrikanischen Yoruba beschrieben. [14]

Zuckerrohrdestillate auf den Plantagen

Nachdem wir uns mit den religiösen Traditionen und der Bedeutung von Alkohol bei den karibischen Sklavengesellschaften beschäftigt haben, stellt sich die Frage: wie verbreitet und verfügbar war Alkohol?

Alkohol war auf den karibischen Inseln und in den karibischen Sklavengesellschaften weit verbreitet. [4-241] Deshalb schrieb Richard Ligon im Jahr 1657 über Barbados: „Wir sind selten trocken oder durstig, es sei denn, wir überhitzen unseren Körper mit außerordentlicher Arbeit, oder trinken starke Getränke; so wie unsere englischen Spirituosen, die wir mit uns führen, der französische Brandy, oder das Getränk der Insel, das aus dem Schaum derjenigen Kupferkessel hergestellt wird, die den Zucker kochen, den sie kill-Divell nennen.[5-27]

Richard Ligon: A trve & exact history of the island of Barbados. 1657, Seite 27.
Richard Ligon: A trve & exact history of the island of Barbados. 1657, Seite 27. [5-27]

– „We are seldome drye or thirsty, unlesse we overheat our bodyes with extraordinary labour, or drinking strong drinks; as of our English spirits, which we carry over, of french Brandy, or the drinke of the Iland, which is made of the skimmings of the Coppers, that boyle the Sugar, which they call kill-Divell.[5-27]

Richard Ligon beschreibt auch, wie aus dem Schaum in der Destillerie Alkohol destilliert und so Kill-Devil produziert wird, [5-92] [5-93] und merkt an: »Übrigens, wenn sie abends heiß und schwitzend nach Hause kommen, sich setzen oder hinlegen, müssen sie sich erkälten und manchmal Krankheiten bekommen, über die sie sich beim Apotheker der Plantage, den wir Doktor nennen, beschweren, und er gibt einem jeden einen Becher von dieser Spirituose, und das ist eine schnelle Heilung. Und wie dieses Getränk von großem Nutzen ist, um die armen Neger zu heilen und zu erfrischen, um die wir uns besonders kümmern sollten, durch deren Arbeit unser Gewinn erwirtschaftet wird, so ist es auch für unsere christlichen Bediensteten hilfreich; denn wenn ihre Geister durch ihre harte Arbeit und das Schwitzen in der Sonne, zehn Stunden täglich, erschöpft sind, finden sie ihre Mägen geschwächt, und in jeder Weise auch ihre Lebenskraft angegriffen, dann sind ein oder zwei Dram von dieser Spirituose ein großer Trost und Erfrischung für sie. Dieses Getränk ist auch eine wertvolle Ware in der Plantage; denn wir schicken es zur Brücke hinunter und geben es dort an diejenigen ab, die es verkaufen. Einiges wird an die Schiffe verkauft, und es wird in fremde Gegenden transportiert und unterwegs getrunken. Einiges verkaufen sie an solche Pflanzer, die keine eigenen Zuckerfabriken haben, aber übermäßig viel davon trinken, denn sie kaufen es zu günstigen Preisen; eine halbe Krone pro Gallone war der Preis, als ich dort war; aber sie hatten damals vor, den Preis auf einen teureren Satz zu erhöhen. Sie machen wöchentlich, solange sie arbeiten, von einer solchen Plantage wie dieser 30 l Sterling, abgesehen von dem, was von ihren Bediensteten und Sklaven getrunken wird.« [5-93]

Richard Ligon: A trve & exact history of the island of Barbados. 1657, Seite 93.
Richard Ligon: A trve & exact history of the island of Barbados. 1657, Seite 93. [5-93]

– »Besides, comming home hot and sweating in the evening, sitting or lying down, must needs be the occasion of taking cold, and sometimes breeds sicknesses amongst them, which when they feel, they complain to the Apothecary of the Plantation, which we call Doctor, and he gives them everyone a dram cup of this Spirit, and that is a present cure. And as this drink is of great use, to cure and refresh the poor Negres, whom we ought to have a speciall care of, by the labour of whose hands, our profit is brought in: so is it helpfull to our Christian Servants too; for, when their spirits are exhausted, by their hard labour, and sweating in the Sun, ten hours every day, they find their stomacks debilitated, and much weakned in their vigour every way, a dram or two of this Spirit, is a great comfort and refreshing to them. This drink is also a commodity of good value in the Plantation; for we send it down to the Bridge, and there put it off to those that retail it. Some they sell to the Ships, and is transposted into forraign parts, and drunk by the way. Some they sell to such Planters, as have no Sugar works of their owne, yet drink excessively of it, for they buy it at easie rates; halfe a crown a gallon was the price, the time that I was there; but they were then purposing to raise the price to a deerer rate. They make weekly, as long as they work, of such a Plantation as this 30 l sterling, besides what is drunk by their servants and slaves.« [5-93]

In den Zeiten, in denen Rum destilliert wurde, waren die Sklaven entweder bereits in Afrika mit ihm vertraut, oder sie wurden es während ihrer Schiffspassage oder bei der Ankunft in der Karibik. Britische Zuckerpflanzer versorgten ihre Sklaven mit großen Mengen an Rum. [4-242] Gleiches taten auch die Pflanzer der französischen Karibikinseln. [4-242] [4-243]

Alkohol = Macht

In Afrika galt: eine kleine herrschende Klasse kontrollierte Land und Arbeitskräfte, die zur Alkoholproduktion notwendig waren. Das verlieh ihnen Macht. In der Karibik übernahmen die Pflanzer diese Position, denn sie besaßen Land und Arbeitskräfte um Rum herzustellen und hatten Alkohol weitgehend unter ihrer Kontrolle. Waren es zuvor die afrikanischen Stammeshäuptlinge und Ältesten, die den für die Kommunikation mit der Geisterwelt notwendigen Alkohol besaßen, waren es nun die karibischen Pflanzer. Dadurch waren sie mächtig. Auch die Verteilung von Alkohol durch die Zuckerpflanzer bei Geburten, Hochzeiten, Beerdigungen und anderen wichtigen Ereignissen entsprach den in Afrika üblichen Verteilungsmustern. Manche leiten daraus ab, dass diese hierarchische Kontrolle von Alkohol durch die Pflanzer möglicherweise dazu beigetragen haben könnte, deren Macht über die Sklaven zu legitimieren. [4-263]

Die Pflanzer nutzten, vermutlich ohne sich dessen bewusst zu sein, diese traditionellen afrikanischen Machtstrukturen. Es gab ein Belohnungs- und Anreizsystem, bei dem Rum als Belohnung für gute Arbeit gegeben wurde. Man verbesserte damit die Disziplin und erzeugte eine vorteilhafte Stimmung unter den Sklaven. Sie erhielten Rum und andere alkoholische Getränke, insbesondere für anstrengende, besonders schwierige oder unangenehme Aufgaben. [4-243] [4-244] Auf manchen Plantagen erhielten sie in der Pflanzsaison dreimal täglich Rum. Aus Domenica weiß man, dass der Rum für die Feldarbeiter mit Wasser verdünnt und mit Melasse gesüßt wurde. [4-244]

Beschränkungen und Trinkverbote

Zwar versuchten die Pflanzer, die Kontrolle über den Zugang zu Alkohol zu behalten, doch das gelang ihnen nicht. [4-245] Die Sklaven ergriffen die Initiative, wenn es darum ging, Rum für religiöse Riten zu beschaffen [4-245] [4-263] und fanden heimliche Wege, um an Alkohol zu gelangen. [4-245]

Ein aus dem Jahr 1797 stammender Text schreibt über die Sklaven, dass sie zu diesen Anlässen »die besten Lebensmittel und einige alkoholische Getränke« beschafften – »the best victuals and some liquors are procured in great plenty«. [4-263]

Bereits im 17. Jahrhundert besuchten Sklaven häufig Tavernen, um dort Rum zu trinken. Auf Barbados untersagte man per Gesetz mehrfach den Verkauf von Rum an Sklaven oder an Personen, die Rum an Sklaven verkaufen, [4-247] denn die Weißen hatten Angst vor betrunkenen Sklaven, weshalb sie Gesetze erließen, um Sklaven vom Übermäßigen trinken abzuhalten. Beispielsweise erließ man auf Barbados »ein Gesetz zum Verbot des Verkaufs von Rum oder anderen starken Spirituosen an Neger oder andere Sklaven« – »An Act for prohibiting the selling of Rum or other Strong Liquors to any Negro or other Slave«. Anlass hierfür war auch, dass man in jenem Jahr eine Verschwörung der Sklaven aufdeckte und vereitelte. Sie planten einen Aufstand. [3-1163] Vermutlich wurden diese Gesetze aber selten befolgt und waren auch nur schwer durchzusetzen. [4-247]

In der gesamten Karibik wurden ähnliche Gesetze erlassen, aber da Rum reichlich vorhanden war, fand sich für die Sklaven immer ein Weg, um an ihn zu gelangen, zumal er auch wichtiger Bestandteil ihres sozialen und geistigen Lebens war. Gleichwohl scheint der Alkoholkonsum bei Sklaven nicht höher als bei anderen gesellschaftlichen Gruppen gewesen zu sein. [3-1163]

Im nächsten Teil dieser Serie werden wir auf die neue Etymologie der Bezeichnungen ›Rum‹ und ›Kill-Devil‹ zu sprechen kommen. Das bisher gesagte bildet die Grundlage dafür.

Quellen
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  2. https://de.wikipedia.org/wiki/Yoruba_(Ethnie) Yoruba (Ethnie).
  3. https://books.google.de/books?id=ANm5BgAAQBAJ&pg=PA1163&lpg=PA1163&dq=what+did+barbadian+slaves+drink&source=bl&ots=–BgFcp98B&sig=ACfU3U3b8qNTQeK8fVHSyKfR7ti-bOHhtA&hl=de&sa=X&ved=2ahUKEwj8zqHXm7jqAhXN2KQKHWkACBgQ6AEwDXoECAkQAQ#v=onepage&q=what%20did%20barbadian%20slaves%20drink&f=false Scott C. Martin (Hrsg.): The SAGE Encyclopedia of Alcohol: Social, Cultural and Historical Perspectives. SAGE Publications, 2014.
  4. https://archive.org/details/volatilespiritsh00smit/page/n35/mode/2up?q=%22Negroes+are+in+general+much+addicted+to+drunkenness%22 und https://ufdcimages.uflib.ufl.edu/AA/00/02/65/65/00001/volatilespiritsh00smit.pdf Frederick H. Smith: Volatile Spirits: The historical archaeology of alcohol and drinking in the Caribbean. A dissertation presented to the graduate school of the university of Florida in partial fulfillment of requirements for the degree of doctor of philosophy. University of Florida, 2001.
  5. https://archive.org/details/trueexacthistory00ligo Richard Ligon: A trve & exact history of the island of Barbados. London, 1657.
  6. https://www.amazon.de/-/en/Tristan-Stephenson/dp/1849758239#reader_B07FG7QBTH Vorschau von Tristan Stephenson: The Curious Bartender’s Rum Revolution. ISBN 978-1-84975-823-9. 2017. Daraus das  Kapitel: Kill Devil.
  7. https://de.wikipedia.org/wiki/Oshun Oshun.
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  20. David Wondrich & Noah Rothbaum (Hrsg.): The Oxford Companion to Spirits & Cocktails. ISBN 9780199311132. 2022.
  21. https://archive.org/details/histoirenaturell02roch/page/446/mode/2up Anonymus (Charles de Rochefort): Histoire naturelle et morale des iles Antilles de l’Amerique. Enrichie de plusieurs belles figures des raretez les plus considerables qui y sont d’écrites. Avec vn vocabulaire Caraïbe. Roterdam, 1658.
  22. https://archive.org/details/bim_eighteenth-century_a-new-history-of-jamaica_leslie-charles_1740 Charles Leslie: A new history of Jamaica, from the earliest accounts, to the taking of Porto Bello by Vice-Admiral Vernon. In Thirteen letters from a gentleman to his friend. London, 1740.
  23. https://www.gutenberg.org/files/48847/48847-h/48847-h.htm Thomas Atwood: The history of the Island of Dominica. London, 1791.
  24. https://archive.org/details/mobot31753000820123/page/xxx/mode/2up?q=rum Hans Sloane: A voyage to the islands Madera, Barbados, Nieves, S. Christophers and Jamaica, with the natural history of the herbs and trees, four-footed beasts, fishes, birds, insects, reptiles, &c. of the last of those islands. Vol. 1. London, 1707.

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Hallo, ich bin Armin, und in meiner Freizeit als Blogger, freier Journalist und Bildungstrinker möchte ich die Barkultur fördern. Mein Schwerpunkt liegt auf der Recherche zur Geschichte der Mischgetränke. Falls ich einmal eine Dir bekannte Quelle nicht berücksichtigt habe, und Du der Meinung bist, diese müsse berücksichtigt werden, freue ich mich schon darauf, diese von Dir zu erfahren, um etwas Neues zu lernen.