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Antidot Cocktail

Antidot Cocktail.

Diesen Cocktail widmen wir Ken Uhles und seiner Antidot Bar in Schwelm.

50 ml Del Maguey Vida Mezcal
20 ml Dutch Cacao
1 dash Angostura Bitters

Zubereitung: Gerührt.

Alternativ und von uns aktuell bevorzugt:

50 ml Del Maguey Vida Mezcal
20 ml Hausgemachter Crème de Cacao (3 Teile Hiebl Schokogeist : 2 Teile Zuckersirup (2:1))
1 dash Angostura Bitters

Mit Ken Uhles verbinden mich zahlreiche Abende in Köln, an denen wir inspirierende Gespräche über Geschichte und Entwicklung der verschiedenen Drinks und der Bar-Kultur geführt haben. Es kam bei Ken zu Veränderungen, und er eröffnete schließlich am 28. April dieses Jahres seine eigene Bar in Schwelm. Ihr Name ist: Antidot Bar. Das Konzept beschreibt Ken mit den Worten: „Das Antidot ist ein Ort, an dem man die Unbilden und Sorgen der Welt hinter sich lassen kann – der Platz an unserer Theke soll ein Gegengift für den Alltag sein. Unser Anliegen ist es, dass unser Gast unsere Bar ein bisschen glücklicher verlässt, als er sie betreten hat. Wir möchten Klassiker und Innovationen der Barkultur sowie den besten Service bieten, und jedes unserer Rezepte soll eines für einen schönen Abend sein.[1] [2] [3]

Nach der Eröffnung traf ich Ken kurz, und er eröffnete mir, daß vieles aus unseren Gesprächen Eingang in die Gestaltung seiner Bar gefunden habe. Auch auf dem diesjährigen Bar Convent in Berlin trafen wir uns auf einen Drink, sprachen über das Antidot, und wie der Zufall es wollte, besuchte ein gemeinsamer Bar-Freund am darauf folgenden Wochenende die Antidot Bar. Dieser schickte mir voller Überraschung am 13. Oktober ein Foto mit Kens Widmung an mich, die in der Bar-Karte abgedruckt ist. Ich hatte von Ken schon davon gehört, auch daß er einen unserer Drinks für würdig befunden habe, in seine Karte aufgenommen zu werden. Gesehen hatte ich diese Widmung zuvor jedoch noch nicht. Ich erwähne dies nur, weil es für mich der Ansporn war, den hier vorgestellten Cocktail zu entwickeln. Es ist also ein wichtiger Teil der Geschichte desselben. Es zu verschweigen, hieße, zu verschweigen, woher die Inspiration zu diesem Cocktail gekommen ist. Da es mein Anspruch ist, über die Entstehungsgeschichte von Drinks immer ein möglichst vollständiges Bild zu geben, erscheint es mir falsch, davon nicht zu berichten, auch wenn es mir lieber gewesen wäre.

Ich hielt also am Folgetag innere Einkehr, um darüber zu kontemplieren. Ich empfinde es als große Ehre, und dachte mir, daß ich mich dafür vielleicht mit einem Drink bedanken könnte. Ich fragte mich, ob es eigentlich schon einen Signature-Drink der Bar gäbe, einen Antidot Cocktail. Falls nicht, so war mein Gedanke, wollte ich gerne versuchen, ob ich für einen solchen genügend Inspiration hätte. Vielleicht würde er auf Gefallen stoßen und angenommen werden.

Für mich war die Frage, wie solch ein Cocktail eigentlich beschaffen sein müßte. Was würde ihn mit dem Antidot verbinden?

Antidot Bar - Logo.
Antidot Bar – Logo.

Zunächst einmal müßte er mit wenigen Zutaten zubereitet werden, denn „simplicity“  ist etwas, worüber Ken und ich oft gesprochen haben. Maximal drei Zutaten, inklusive eines Bitters, das wäre optimal.

Es sollte aber auch unbedingt eine Verbindung mit Tapiren geben sein. Nicht nur, weil das Logo der Bar einen Tapir darstellt, sondern auch weil Ken und sein Team sich für deren Erhalt einsetzen: „Nicht nur das Wohl und Glück der Menschen liegt uns am Herzen, sondern auch dasjenige der Tapire. Fünf Prozent unserer Einnahmen sollen diesen bezaubernden Erdenbewohnern zukommen.“ [1]

Mittelamerikanischer Tapir.
Mittelamerikanischer Tapir. [12]

Eine kurze Recherche über Tapire ergab, daß heute fünf verschiedene Arten existieren. Sie leben in Südostasien, Südamerika und Mittelamerika. [4] Die Gesamtpopulation des  mittelamerikanischen Tapirs wird auf weniger als 5500 Tiere geschätzt, davon leben im südlichen Mexiko ungefähr 1500 Individuen. [5] In Oaxaca nennt man ihn „anteburro“. [6]

Für mich war sofort klar, daß deshalb der Antidot Cocktail mit einer Spirituose aus dem südlichen Mexiko, aus Oaxaca, zubereitet werden müßte. Abgerundet sollte er mit einer anderen bedeutenden mittelamerikanischen Zutat werden: Mit Kakao. Dieser nimmt mit seiner dunkelbraunen Färbung Bezug auf das dunkelbraune Fell des mittelamerikanischen Tapirs. [5] [6] Außerdem war Kakao den Azteken heilig und wurde als Geschenk des Gottes Quetzalcoatl betrachtet und verehrt. Die Kakaobohnen wurden nicht nur als Opfergabe verwendet, sondern auch als Zahlungsmittel und zur Zubereitung eines herben Gewürztrankes. [7]

Die Bezeichnung „Kakao“ stammt interessanterweise aus dem Mixe-Zoque, [7] einer südmexikanischen Sprachfamilie, die noch heute gesprochen wird, und zwar in Oaxaca und Umgebung. [13] Das Wort wurde von den Maya und Azteken und schließlich von den Spaniern übernommen, und gelangte schließlich auch in andere europäische Sprachen. [7]

Mezcal – zu dieser Getränkegruppe muß historisch gesehen auch Tequila gezählt werden – wird aus Agaven hergestellt. Der Legende zufolge entstand die Agave, als die Gebeine der getöteten Göttin Mayahuel von ihrem Geliebten Quetzalcoatl mit seinen Tränen benetzt wurden. [8] [13] Was kann es also Besseres geben, als den von Mayahuel beseelten Mezcal mit dem Geschenk ihres Geliebten zu vereinen, so wie einst seine Tränen mit ihr vereint wurden? – Wie wir später erfahren haben, ist Mezcal zudem eine von Kens Lieblingsspirituosen.

Für einen „echten“ Cocktail fehlte dann nur noch die Zugabe eines Bitters. Aromatisch am geeignetsten zeigten sich Angostura Bitters. Diese entstanden 1824 in der Stadt Angostura in Venezuela und wurden vom deutschen Arzt Johann Gottlieb Benjamin Siegert erfunden. [9] [10] In dieser Gegend kommt zwar nicht der mittelamerikanische Tapir vor, jedoch sein Verwandter, der südamerikanische Flachlandtapir. [11] Der Kreis schließt sich also.

So entstand dieser Cocktail innerhalb von zwei Tagen, am 19. und 20. Oktober. Er hat Kens Gefallen gefunden, und so könnt Ihr ihn nun in der Antidot Bar bestellen.

Möge der geneigte Bildungstrinker beim Genuß dieses Cocktails also auf die Liebe Anstoßen und darauf, daß wir es schaffen mögen, in der Welt genügend Lebensraum für alle Wesen zu erhalten, nicht daß wir dereinst, so wie Quetzalcoatl am Grabe von Mayahuel, am Grabe des letzten Tapirs unsere Tränen vergießen müssen, und ihn dennoch nicht mehr zurückholen können.

Quellen
  1. https://www.facebook.com/antidotbar/: Antidot Bar.
  2. http://www.antidot-bar.com/: Antidot.
  3. http://www.antidot-bar.com/das-antidot: Antidot. Die Bar.
  4. https://de.wikipedia.org/wiki/Tapire: Tapire.
  5. https://de.wikipedia.org/wiki/Mittelamerikanischer_Tapir: Mittelamerikanischer Tapir.
  6. https://en.wikipedia.org/wiki/Baird%27s_tapir: Baird’s tapir.
  7. https://de.wikipedia.org/wiki/Kakaobohne: Kakaobohne.
  8. Mixology 4/2015, Seite 128: Avave es vida! Von Bettina Kupsa.
  9. http://bar-vademecum.de/angostura-bitters/: Angostura Bitters und Angosturarinden-Bitter.
  10. https://de.wikipedia.org/wiki/Angosturabitter: Angosturabitter.
  11. https://de.wikipedia.org/wiki/Flachlandtapir: Flachlandtapir.
  12. https://en.wikipedia.org/wiki/File:Tapirus_bairdii_-Franklin_Park_Zoo,_Massachusetts,_USA-8a.jpg: Baird’s Tapir at Franklin Park Zoo, Massachusetts, USA.
  13. http://bar-vademecum.de/mezcal-1/: Mezcal. Teil 1: Einleitung, aztekische Mythologie, die Agave. Die Agave in der aztekischen Mythologie.
  14. https://de.wikipedia.org/wiki/Mixe-Zoque: Mixe-Zoque.
Antidot Cocktail.
Antidot Cocktail.

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Hallo, ich bin Armin, und in meiner Freizeit als Blogger, freier Journalist und Bildungstrinker möchte ich die Barkultur fördern. Mein Schwerpunkt liegt auf der Recherche zur Geschichte der Mischgetränke. Falls ich einmal eine Dir bekannte Quelle nicht berücksichtigt habe, und Du der Meinung bist, diese müsse berücksichtigt werden, freue ich mich schon darauf, diese von Dir zu erfahren, um etwas Neues zu lernen.

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