Biographien

Joseph Santini

Joseph Santini.

Joseph Santini ist heute vielleicht nicht mehr vielen bekannt. Dabei ist er eine wichtige Persönlichkeit für die Weiterentwicklung des Cocktails, denn er erfand den Brandy Crusta. Was weiß man noch über ihn?

Passagierlisten belegen, daß Joseph Santini von Triest aus in die Vereinigten Staaten auf einem Segelschiff auswanderte, und dort wird auch angegeben, daß er ursprünglich aus der Schweiz kam. Dies könnte der Grund dafür sein, daß er fließend französisch sprach. Vielleicht stimmt diese Angabe jedoch nicht, denn in einem bei seinem Tod erschienenen Zeitungsartikel wird angegeben, daß er ein Korse sei. [5] Auch das erklärte seine Französischkenntnisse.

Er war mit Margaretha Müller verheiratet, die am 28. Mai 1828 im bayerischen Gutenberg geboren wurde und 1931 verstarb. [1] [7] Es wird zwar auch geschrieben, die Heirat hätte vor Joseph Santinis Auswanderung stattgefunden, doch das kann nicht sein. Denn Joseph Santini war 1841, also mit ungefähr 23 Jahren, bereits als Bartender in New Orleans tätig. 1841 war seine zukünftige Frau Margaretha jedoch erst 13 Jahre alt. Sie müssen sich also in den Vereinigten Staaten kennengelernt haben. Dafür spricht auch das Geburtsdatum ihres ersten Kindes, Gabriel Santini, am 4. Juli 1852. [7] Insgesamt hatten sie sieben Kinder. [1] [2] [7]

Joseph Santini war recht prominent und nahm eine führende Rolle in der Gesellschaft ein. 1861 wurde er Kommandant der „Garibaldi Guards“. Dies war eine Gruppe Italiener aus New Orleans, die sich selber organisierten, um im Sezessionskrieg für die Konföderation zu kämpfen. Im Folgejahr waren sie im Krieg. [2]

St. Louis Exchange.
St. Louis Exchange. [9]

1841 war Joseph Santini als „head bartender“ für Philippe Alvarez tätig. Er war ebenfalls Italiener und leitete eine vorzügliche Bar im St. Louis Hotel. [5] Dieses Hotel wurde ursprünglich 1838 errichtet und war als „St. Louis Exchange Hotel“ oder „City Exchange Hotel“ bekannt und beherbergte viele wichtige Persönlichkeiten des amerikanischen Südens. [8] Das viergeschossige Gebäude wurde 1841 durch ein Feuer komplett zerstört und schnell wiedererrichtet. [8] Für die nächsten zwanzig Jahre war das neue Hotel ein zentraler Treffpunkt für das französische New Orleans, in dem viele verschwenderische Bankette und Bälle veranstaltet wurden, bis 1862 New Orleans von Unionstruppen erobert wurde. Das Hotel wurde daraufhin deren Militärhospital. [8]

1842 eröffnete Joseph Santini sein eigenes Hotel an den nahe gelegenen Ufern des Lake Pontchartrain. Es nannte sich „Washington Hotel“, und in diesem gab es auch eine gut ausgestattete Bar. Doch behielt er seine Position im St. Louis Hotel mindestens bis Ende 1843, denn zu diesem Zeitpunkt wird in der „Gazette de Baton Rouge“ geschrieben, daß er im St. Louis Hotel tätig sei. Vielleicht lief sein eigenes Hotel aber auch nicht gut, und er kehrte ins St. Louis zurück. Wie lange er in letzterem tätig blieb, wissen wir nicht. [2] [5] Jedoch übernahm er um 1850 die Führung der Bar und des Restaurants. [4]

Sein nächstes Unternehmen eröffnete Joseph Santini im Februar 1855. Es war sein  eigenes „Coffee House“, worunter man in der damaligen Zeit einen Saloon oder eine Bar verstand. Er nannte es „Jewel of the South“, und es lag in der Gravier Street, [1] [2] [4] [5] gegenüber des berühmten St. Charles Hotels und wurde eine Ikone, nicht nur in New Orleans, sondern im ganzen Land. [5] Wir wissen nicht, wieviel Zeit Joseph Santini selber hinter dem Bartresen verbrachte. Vermutlich wird zum großen Teil nicht er, sondern sein Head-Bartender hinter dem Tresen gestanden haben. Dies war zunächst Joseph Stella, dann George Ittmann, auch Ittman geschrieben. [5]

Santini House und Familie, um 1880.
Santini House und Familie, um 1880. [14]

Im Dezember 1867 erwarb Joseph Santini ein Haus und Grundstück in Biloxi, [1] welches circa 150 Kilometer westlich von New Orleans an der Küste des Golfs von Mexiko liegt. Nahebei, es werden um die 5 Kilometer gewesen sein, wurde 1699 die erste dauerhafte Siedlung des französischen Louisiana gegründet, im sogenannten „Old Biloxi“, beim „Fort Maurepas“, und um 1720 verlegte man den Verwaltungssitz von Louisiana von dort ins nahegelegene Biloxi. Es war also eine geschichtsträchtige Siedlung, von New Orleans aus gut erreichbar, auch vom Wasser aus, und man erbaute dort seine Sommerhäuser. [11] Joseph Santini erstand dort ein großes Landhaus für 8000$. [1] [2] Es liegt am 964 Beach Boulevard und wurde 1828 durch den wohlhabenden, aus New Orleans stammenden Kaufmann John Blight Byrne erbaut. Bis 1972 blieb es im Besitz der Familie. [13]

Joseph Santini, 1869.
Joseph Santini, 1869. [12]

An seinen Head-Bartender George Ittmann übergab Joseph Santini 1869 sein „Jewel of the South“. [1] [2] [5] In der „The Daily Picayune“ vom 24. Januar 1869 auf Seite 4 informiert Joseph Santini seine Gäste darüber, sein Nachfolger „will keep the old saloon in splendid style, and with the best liquors and wines, so as to respond to the old reputation of this establishment“, [1] daß der alte Saloon seine Pracht behalten wird, mit den besten Spirituosen und Weinen, um so dem alten Ruf des Hauses weiterhin gerecht zu sein. David Wondrich meint, dort hätte man den besten Cognac in New Orleans erhalten. [2] Joseph Santini zog sich jedoch nicht ganz zurück, denn er betrieb nach der Übergabe seines „Jewel of the South“ einen Einzel- und Großhandel für Spirituosen. [5]

Joseph Santini scheint darüber hinaus aber auch im Tabakhandel tätig gewesen zu sein. Im Opelousas Courier lesen wir am 2. April 1868, daß man von Joseph Santinis Zigarrengeschäft, an der Ecke Gravier Street und Carondelet Street gelegen, ein Kästchen des berühmten „Red Crook Smoking“ Tabaks erhalten habe. [15]

Offensichtlich muß Joseph Santini schon seit 1836 im Bar-Geschäft tätig gewesen sein. Das legt jedenfalls die Aussage von David Wondrich nahe, denn letzterer schreibt, ersterer hätte das „Jewel of the South“ nach 33 Jahren Tätigkeit im Bar-Wesen aufgegeben. [2] Nähere Angaben haben wir leider nicht gefunden. Auch scheinen die Angaben etwas widersprüchlich zu sein. Denn David Wondrich schreibt auch, Joseph Santini hätte seine Karriere im St. Louis Hotel begonnen. [2] Dieses wurde jedoch erst 1838 erbaut, nicht 1836.

Joseph Santini.
Joseph Santini. [12]

In den 1850er Jahren muß Joseph Santini den Brandy Crusta entwickelt haben. Wir wissen jedoch nicht, ob dies im „St. Louis Exchange Hotel“ oder im „Jewel of the South“ geschah. [4] Was diesen so bedeutend macht, werden wir in einem gesonderten Beitrag über den Brandy Crusta berichten. Dieser Drink wurde von Jerry Thomas 1862 über die Grenzen von New Orleans hinaus bekannt gemacht, doch Joseph Santini benötigte diese Unterstützung nicht, um ein erfolgreicher Geschäftsmann zu sein. Er war sogar weitaus erfolgreicher als Jerry Thomas, investierte sein Geld weise und wurde recht wohlhabend. [2] [5]

Das gab ihm die notwendigen Mittel an die Hand, um wohltätig wirken zu können. Er war für den größten Teil seines Lebens der Freimaurerei zugewandt und philanthropisch tätig. Hierfür wurde er gefeiert und bekannt. [2] [5] Er ermöglichte nicht nur seinen Kindern eine ausgezeichnete Ausbildung, sondern unterstützte auch andere Schüler derjenigen Schulen, die seine Kinder besuchten. [1]

1873 ging Joseph Santini auf Reise nach Europa, so wie er es öfter tat, [2] und verstarb am 11. August 1874 in Saint Christian, im französischen Departement Basses-Pyrenees. Er war dort auf Reise mit seiner Tochter Marietta, die in Europa Musik studierte. Sein Leichnam erreichte New Orleans nicht vor Mitte Oktober 1874, und seine Beerdigung fand am 18. Oktober 1874 statt, in der „St. Louis Cemetery No. 3”. [1] [5] [7] Zwar haben wir auch gelesen, er sein in Norditalien gestorben, [2] doch dies dürfte eine Fehlinformation sein.

Joseph Santini, Unterschrift vom 18. Februar 1864.
Joseph Santini, Unterschrift vom 18. Februar 1864. [10]
Quellen
  1. http://biloxihistoricalsociety.org/santini-family: Santini Family.
  2. David Wondrich: The Great Santini. Imbibe, may/june 2012, Seite 24.
  3. http://www.garnishblog.com/2015/05/brandy-crusta.html: Brandy Crusta. Vom 13. Mai 2015.
  4. David Wondrich: Imbibe! From Absinthe Cocktail to Whiskey Smash, A Salute in Stories and Drinks to „Professor“ Jerry Thomas, Pioneer of the American Bar. 2. Auflage. ISBN 978-0-399-17261-8. New York, 2015, Seite 313-316.
  5. https://www.eater.com/drinks/2015/5/6/8559047/five-unheralded-pioneers-of-the-american-bar: Five Unheralded Pioneers of the American Bar Who Pre-Date „Professor“ Jerry Thomas. Von David Wondrich, 6. Mai 2015.
  6. http://www.diedurstigeseele.de/joseph-santini-der-erfinder-des-brandy-crusta/ Joseph Santini – der Erfinder des Brandy Crusta. Von Ardi, 12. Mai 2015.
  7. http://biloxihistoricalsociety.org/sites/default/files/u4/SantiniFamilyRecord-p1-resize.jpg: Family Record.
  8. https://en.wikipedia.org/wiki/St._Louis_Hotel: St. Louis Hotel.
  9. http://www.hnoc.org/vcs/property_info.php?lot=18461: St. Louis Exchange. New Orleans (621 St. Louis, St. Louis Hotel). Date: 1840s-1850s? Negative no. 3202, lent by Louisiana State Museum. 2-041-035.
  10. https://www.findagrave.com/cgi-bin/fg.cgi?page=pv&GRid=135761865&PIpi=109011068: Joseph Santini.
  11. https://en.wikipedia.org/wiki/Biloxi,_Mississippi: Biloxi, Mississippi.
  12. Die Fotos wurden uns freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Cherryl Charming (https://en.wikipedia.org/wiki/Cheryl_Charming); sie hatte sie von Nachkommen Joseph Santinis erhalten.
  13. James Gaffney: Day Trips From New Orleans. Getaways less than two hours away. Zweite Auflage. ISBN 1542-5169. The Globe Pequot Press, 2005. https://books.google.de/books?id=FXDq_p83VBsC&pg=PA86&lpg=PA86&dq=%22joseph+santini%22+biloxi&source=bl&ots=J4fVKfAZS6&sig=CZP18rupsCVuZfQpYeoHs8rPSNg&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwjy8ayY5cLUAhVDXhQKHUDoCkoQ6AEISTAD#v=onepage&q=%22joseph%20santini%22%20biloxi&f=false
  14. http://biloxihistoricalsociety.org/sites/default/files/u4/Santini%20House%20and%20family.jpg. Santini house and family. Erklärungen auf http://biloxihistoricalsociety.org/santini-family.
  15. http://chroniclingamerica.loc.gov/lccn/sn83026389/1868-04-25/ed-2/seq-2/#date1=1789&sort=date&date2=1924&words=Joseph+Santini&searchType=basic&sequence=0&index=9&state=&rows=20&proxtext=%22joseph+Santini%22&y=0&x=0&dateFilterType=yearRange&page=1: Delicious Smoking Tobacco. In: The Opelousas Courier vom 25. April 1868, Seite 2.

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Hallo, ich bin Armin, und in meiner Freizeit als Blogger, freier Journalist und Bildungstrinker möchte ich die Barkultur fördern. Mein Schwerpunkt liegt auf der Recherche zur Geschichte der Mischgetränke. Falls ich einmal eine Dir bekannte Quelle nicht berücksichtigt habe, und Du der Meinung bist, diese müsse berücksichtigt werden, freue ich mich schon darauf, diese von Dir zu erfahren, um etwas Neues zu lernen.

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