Im Zuge unserer Recherchen sind wir auf das Buch „Theatrum Botanicum“ aus dem Jahr 1690 gestoßen. In diesem ist ein Beitrag über das Zuckerrohr abgedruckt, den wir als sehr lesenswert erachten.
Dies ist der vierte Teil unserer Beitragsreihe, die sich mit Rum, Rhum Agricole und Cachaça beschäftigt:
1690 erschien Theodor Zwingers Übersetzung von Pietro Andrea Mattiolis Buch „Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch“ mit dem Untertitel „Worinnen Allerhand Erdgewächse der Bäumen/ Stauden und Kräutern/ welche in allen vier Theilen der Welt/ sonderlich aber in Europa herfür kommen/ neben ihren sonderbahren Eigenschafften/ Tugenden/ und Fürtrefflichen Würckungen/ auch vielen herrlichen Artzney-mittlen und deren Gebrauch/ wider allerley Kranckheiten an Menschen und Vieh/ Mit sonderbahrem Fleiß auff eine gantz neue Art und Weise/ dergleichen bißher in keinem Kräuter-buch gesehen noch gefunden worden/ beschrieben/ Auch mit schönen/ theils neuen Figuren gezieret/ und neben denen ordenlichen/ so wohl Kräuter- als Kranckheit-Registern/ mit nutzlichen Marginalien vorgestellet sind“.
In der Übersetzung wurden zahlreiche Ergänzungen vorgenommen, darunter auch der Beitrag zum Zuckerrohr. Dies ist insgesamt ein sehr lesenswerter Artikel, weshalb wir ihn hier auch ungekürzt wiedergeben. Er gibt uns Auskunft über das Zuckerrohr, wie es angebaut und geerntet wird und wie man es verarbeitet. Wir erfahren auch, welche Eigenschaften Zucker hat und wie man ihn gebraucht.
Für ein leichteres Lesen verwenden wir normierte Zeichen anstelle der Originalzeichen. Der Text ist zwar immer noch etwas ungewohnt zu lesen, doch um dem Eindruck des Originals gerecht zu werden, haben wir darauf verzichtet, eine normalisierte Orthographie zu verwenden. Laßt Euch dadurch nicht abschrecken, denn der Text ist sehr informativ und es lohnt sich für jeden Bildungstrinker, ihn zu lesen.
gläich oder knöpf/ der je einer vier oder mehr zwerck finger von dem anderen entfernet. Je weiter sie aber von einander sind/ je besser das Rohr geschätzet wird. Oben auff tragt es viel außgespitzte/ zwey elenbogen lange/ über sich in die höhe stehende/ etwas rauche/ der länge nach gesträiffte blätter. Bekomt auch endlich auff dem gipffel deß Rohr-stengels einen Strauß/ wie das Knodichte Pfeil-rohr/ oder Arundo farcta geniculata sagittalis, C. B. Der Stengel ist grün-gelb/ bey den gläichen ist es einseits weiß/ anderseits gelb; der knopff oder geläich selbsten aber graw/ oder schwartzlicht. Das Marck der stengeln ist dick/ safftig/ süß und weiß. Seine wurtzel aber ist gläichicht/ dick/ krumb/ safftig/ süß/ nicht sonderlich holtzicht.
Die Zucker-Rohr wachsen von sich selbsten in beyden/ so wol Ost-als West-Jndien; werden aber auch in Hispanien/ Portugal/ Calabrien/ Sicilien/ Candien/ Cypren/ Africa/ und den Canarien-Jnsulen/ gesäet und gepflantzet. Sie lieben einen fetten/ feuchten boden: die beste zeit der pflantzung in Brasilien ist der Jenner und Augstmonat/ die pflantzung aber geschichet folgender gestalten; Man macht in einer zubereiteten guten Erden etliche furren/ in diese furren setzt man die Rohr nach einander/ so daß der anfang eines das ende deß folgenden erreiche; hernach macht man die Erden darüber/ so werden die Rohr allgemach herforgetriben werden. Wenn aber die Rohr also fort auffwachsen/ so muß man alle zwey/ drey oder vier Monat das Kraut und Blätter beschneiden/ damit also die Stengel mehr nahrungs-safft empfangen/ und also dicker und länger werden. Jnnerhalb 9. 10. biß 12. Monaten/ je nach beschaffenheit deß mehr oder minder fruchtbaren Erdreichs/ haben diese Rohr-stengel jhre vollkommene grösse/ daß man den Zucker darauß machen kan.
Jn Sicilien wird auß den kleinen zerschnittenen Rohren im Brach- und Heumonat der Zucker-safft under grossen Preßtrotten außgetruckt/ hernach gesotten/ in formen gegossen/ und also stehen lassen/ biß er erhartet und getrucknet ist/ welches erst nach etlichen Wochen oder Monaten geschihet/ wenn die feuchtigkeiten durch die löchlein/ so unden in der form gemacht sind/ außgeflossen.
Den Zucker bereiten die Brasilianer auff folgende weiß: Wenn die Rohr zeitig/ so schneidet man sie bey dem boden/ in den gläichen selbsten entzwey/ als in welchem kein Zucker-marck/ sondern allein ein wasserichte feuchtigkeit sich findet. Diese abgeschnittenen Rohr entlediget man von den blättern/ vnd zweigen/ burdet sie zusammen/ und führt sie auff Wägen davon/ und zwar in eine absonderlich darzu aufgerichtete/ von dreyen auffrecht stehenden nahe zusammen gefügten schweren Wendelbäumen gemachte Mühl; da dann die Wendelbäum von zwey paar Ochsen oder Pferden umbgetriben/ und indessen die Rohr immer zwischen die umbgehenden Bäume gestecket werden/ wordurch denn der süsse Safft auß den Rohren gepresset/ in undergelegte Geschirr fliesset.
Dieser süsse safft/ darauß hernach der Zucker gemacht wird/ haltet sich kaum 24. stund lang/ sondern wird gleich zu Essig/ und gibt keinen Zucker mehr; wenn man jhne aber länger auffhaltet/ so gibt er endlich den besten Essig ab. Dannenhero man auch die Geschirr/ darein der/ Safft herab fliesset/ täglich zweymahl sauber waschen muß.
Der von den Spaniern Caldo genennte Safft/ wird durch höltzene Canäl in grosse weite/ ährene Kessel geleitet/ darinnen er die gantze zeit über/ in deren die Mühle gehet/ bald stärcker/ bald gelinder siedet/ doch daß man die allzu grosse auffwallung mit zugiessung kalten Wassers hemmet; und indessen den dicken und vielfaltigen Schaum abnimmet/ welcher Cagassa heisset/ und dem Viehe zur Speiß und Tranck gegeben wird.
Wenn die Cagassa hinweg/ so wird der übrige Safft in den nächsten anderen Kessel (Caldera de mellar von den Portugesen genennt) außgegossen/ darinnen er auch nachmahlen gekochet/ und mit einem grossen Schaumlöffel von seinen Unreinigkeiten befreyet wird. Ja damit der wust desto besser davon gescheiden werde/ giesset man vielleicht auch ein wenig Laugen darzu. Nach dem aber seiget man den Safft durch ein leinen Tuch/ läßt jhn annoch ein wenig stehen/ damit er die bey sich habenden übrigen heffen zu boden sincken lasse: welche heffen denn den Leibeigenen zur Speise gedeyen: ja sie machen darauß/ mit zugiessung frischen Brundenwassers ein Getränck/ Garapa, oder Rum genannt/ so von den Einwohneren begierig getruncken wird. Den übrigen Safft aber gießt man wider in kleinere Kessel/ darinnen er theils geklopffet/ theils weiter gekocht wird/ biß er die dicke eines Syrups bekommet: worauff er mit sehr grossen Löfflen immer umbgerühret/ auch biß 15. oder 20. schuhe in die höhe erhoben und wider herunder gefüllet wird. Damit er aber under dem starcken sieden in den kleinen Kesseln nicht anbrenne/ so gießt man zu gewissen zeiten ein wenig Oel tropffen-weiß hinein. Worbey anmerckungs-würdig/ daß/ wenn man Oel in den grossen Kessel/ darinnen Caldo gesotten wird; oder Laugen in kleine Kessel giesset/ der Safft niemahlen zu Zucker werden könte. Also wenn man ein wenig Limonen-safft under den Zuckersafft giesset/ so wird er seine dicke/ oder consistentz nicht bekommen.
Demnach wird der also gesottene Safft/ in absonderliche Zuckerhüt-formen/ so auff angefeuchtetem Lett stehen müssen/ geschüttet/ und also durch die kälte zu hartem Zucker verwandlet.
Es haben etliche darfür halten wollen/ daß unser heutige Zucker den Alten wol bekant gewesen/ und von jhnen [fremdsprachliches Material – 2 Wörter fehlen], Mel arundinaceum vel in Cannis concretum, Rohrhonig genennet worden. Wenn man aber die Sache besser erweget/ und der Alten Rohrhonig mit unserem Zucker vergleichet/ so zeiget es sich genugsam/ daß gedachter Rohrhonig mehr ein auff die Rohr-blätter gefallener/ und nach und nach erdicketer Himmels-thaw/ oder süsses Manna ge-
Man führet aber vielerley Zucker in Europam/ da einer besser ist/ als der andere: Jns gemein haltet man den Maderiensischen/ Maderiense; demnach den Canarienzucker/ Canariense Saccharum, für den besten; Der farb nach wird der weisseste für den feinsten geachtet/ wiewol er auch etwas schärffer ist; nach dem kombt der grawe/ und endlich der rothe Zucker/ welcher noch zimlich unrein ist. Dieser grawe Zucker wird in groben Pulvers gestalt auch verkaufft/ und von den Materialisten Cassonaden/ oder Castonaden geheissen. Der feine weisse Zucker aber/ Saccharum albissimum, seu finum aut refinatum, wird also gemacht/ man zerlaßt den unfeinen unreinen Zucker in dem filtrierten Laugen-wasser/ darinnen lebendiger Kalck abgelöschet ist/ kocht ihne darinnen/ schaumt ihne wohl ab/ siedet ihne gantz dick ein/ und gießt ihn in die Zuckerhüt/ welche unden ein wenig durchlöcheret/ damit die trübe schleimichte Heffen darauß fliessen können.
Neben dem gibt es auch annoch candierten Zucker/ welcher bey uns Zucker-candel/ oder Candel-zucker; Frantzösisch/ du Sucre Candis; Englisch/ Sugar candy; Niderländisch/ Suycker-candi; Lateinisch/ Saccharum candisatum, Saccharum candi, s. candum, vel candium, Saccharum crystallisatum, lucidum, vel crystallinum, genennet wird. Dieser ist nichts anders als ein zerlassener/ hernach durch abdämpffung des Wassers zu Crystallen angeschossener Zucker; welcher von dem Canarien-zucker weiß; von dem Thomasien-zucker aber roth wird/ und den Namen Sacchari candi rubri vel albi traget. Wenn das Wasser von dem zerlassenen Zucker genugsam abgedämpffet/ so giesset man ihn auch in erdene töpffe/ darein underschiedliche höltzerne stecklein gestellet worden/ setzet ihn an kühle ort/ so wird der Candelzucker in ein paar Tagen an solche stecklein so wol als die gefäß erystallisiert anschiessen.
Eigenschafft.
Der Zucker hat viel ölichte Schwefel-theil neben einem saurlichten Geist in sich/ und dannenher die Eigenschafft zu erwärmen/ zu lösen/ der Fäulung zu widerstehen/ zu versüssen/ wenn er mäßiglich gebraucht/ und mit andern nutzlichen sachen vermischet ist. Da er aber zu viel und übermäßig in allen Speisen/ ja in dem Tranck selbsten genossen wird/ so zeuget er ein scharffes/ corrosivisches/ scharbockisches Geblüt/ von deme hernach allerhand ungelegenheit in dem menschlichen Leib verursachet werden. Jn dem feinen/ durch das Kalckwasser gereinigten schön weissen Zucker/ findet sich auch eine etzende/ von dem ungelöschten Kalck herrührende Schärffe/ welche allen innerlichen theilen/ und sonderlich der Lungen höchst schädlich ist. Dannenher zu den Syrupen und Conserven/ mehr der grawe unfeine/ jedoch mit dem Eyerklar gesäuberte und in der kochung wohl abgeschaumte/ als der mit Kalckwasser so schädlich refinierte Zucker solle gebrauchet werden. Wenn man endlich den Ursprung deß Zuckers bedencken wil/ kan man nicht anderst urtheilen/ als daß er gleichsam ein Essential Saltz seye/ welches auß dem süssen Safft oder Marck der Zuckerrohren gesotten worden. Welches Saltz neben seinem sauren Geist/ viel ölichte Schwefel-geister in sich haltet/ so da gleich einem Schwefel angezündet werden können; solche geistreiche theil erzeigen sich einem jeden under der gestalt kleiner heller Füncklein/ wenn man in einem finstern ort den Zucker wohl reibet.
Gebrauch.
Der Zucker hat viel jäsende oder johrende Theile bey sich/ darumb er leicht in einen Jast gerathet/ und alles saur machet/ womit er vermischet wird. Daher er auch vie-
Zucker wenn er schädlich.
len Miltzesüchtigen/ Melancholischen/ mit dem Scharbock/ oder Mutter-blähungen behaffteten Persohnen sehr schädlich/ und erwecket bey denselben gleich inwendige Hitzen/ Jast/ Blähungen des Leibs/ Grimmen/ Durchlauff/ Unwillen/ Bangigkeiten/ Mutter-auffsteigen und dergleichen. Umb dieser ursach willen soll man behutsam in dem Gebrauch des Zuckers/ und deren mit Zucker zubereiteten Artzneyen verfahren.
Destillation des Zuckers.
Den Zucker kan man auff zweyerley weiß destillieren/ und also verschiedene sachen darauß ziehen. Denn erstlich pflegt man thne nur entweder einfältig und pur auß einem kolben glaß über den Helm/ oder mit sand vermischet auß einer Retorten in einen weiten Recipienten zu destillieren/ da denn ein geistreiches Wasser neben einem Oel heraußkommen wird. Welche Matery/ so man sie rectificiert/ den sauren/ scharffen/ etwas etzenden Geist/ wie ein destillierten Wein-essig/ oder Guajac-geist/ und ein flüchtiges Oel hergibt. Jn dem Kolben-glaß oder Retorten aber verbleibt annoch ein stinckendes öl/ neben dem fixen saltz und irdischen Theilgen/ welche nirgendzu gebraucht werden. Der destillierte saure Zucker-geist zerlaßt alle Crustacea, als Perlen/ Schnecken/ Corallen/ Ste[i]n/ und dergleichen. Etliche mischen halb theil Salmiac under den Zucker/ und destilli[e]ren also den sauren Geist auff obige weiß davon auß; bedienen sich hernach desselben auff 6. biß 8. tropffen in Pappelen- oder Ehrenpreiß-wasser zu Abtreibung des Sands/ Grieses und Schleims
Sand/ Schleim der Nieren.
der Nieren/ und linderung oder verhütung des Lendenwehes.
Wenn man aber den Zucker zuvor in frischem Wasser zerläßt/ hernach deß bey den Zuckerbecken sich findenden Saurteigs darunder mischt/ und also fermentieren oder johren läßt/ hernach destillieret/ so gibt er einen brennenden Schwefel-geist/ gleich dem Brantenwein auß.
Zucker-syrup
Einen dienstlichen Zucker-syrup bereite also: Nimm deß gemeinen Branntenweins/ der nicht wohl rectificiert ist/ nach belieben/ mische einen guten Candel-zucker darein/ so wird er sich darinnen zerlassen/ und also einen guten/ süßlichten Syrup abgeben/ welcher von etlichen Oleum Sacchari genennet wird. Andere nehmen an statt des gemeinen Branntenweins/ den Reckholder-brann-
tenwein/ und bereiten solch Mittel darauß. Ja andere ziehen mit dem Branntenwein zuvor die Essentz auß weissem Andorn/ Ehrenpreiß/ Hyssopen/ Alant-wurtz/ und dergleichen/ und zerlassen hernach Zucker darinnen. Solcher Zucker-syrup bißweilen Löffel-weiß genommen/ linderet den von kalten Flüssen herrührenden trockenen Hu-
Husten. Flüß der Brust. Häiſere. Schwerer Athem.
sten/ erweichet den auff der Brust sitzenden zähen Schleim/ beförderet den Außwurff/ vertreibet die häisere und rauche Stimm/ und erleuchteret den engen Athem. Ja dieser Zucker-syrup/ oder Oleum Sacchari wird
Wunden. Alte faule Schäden.
auch nutzlich zu heilung frischer wunden/ und säuberung fauler alter Schäden gebrauchet. Daher auch die Orientalischen Völcker ihre empfangenen Wunden täglich mit warmem Wein außwaschen/ hernach gepülverten Zucker darein strewen/ und also glücklich außheilen.
Lieblicher Zucker-Spiritus
Wenn man destilliert Zimmet-wasser mit dem Branntenwein/ darinnen Zucker verlassen ist/ in dem Marienbad destillieret/ und ein Bündelein mit Bisam in den Helm henget/ so gibt es ein sehr liebliches geistreiches Wasser ab/ welches inwendig bißwei-
len eingenommen/ das Hertz trefflich stärcken/ die ermatteten Lebens-geister wider ermunteren und auffwecken/ und den erkalteten Magen wohl erwärmen kan.
Sonsten wird der Zucker nunmehr in der gantzen Welt in den Küchen zu versüssung
Gebrauch des Zuckers in den Küchen/
allerhand Speisen treflich mißbraucht. Die Zuckerbecken aber bedienen sich desselben zu Uberziehung und Candierung allerhand Früchten und Samen/ wie auch bereitung
in Apothecken.
allerley Backwercks. Jn den Apothecken wird kein Syrup/ keine Conserve/ kein Täfelein/ oder Latwerg bald mehr ohne Zucker zubereitet; Zumahlen auch die heutige Welt also verschleckt und delicat/ daß man ihro bald keine Artzney mehr einschwetzen kan/ sie seye denn zu gutem nachtheil ihrer Gesundheit verzückeret.
Violen-zuckertäfelein
Der auß den wolriechenden Violen frisch außgepreßte Safft/ sonderlich wenn zuvor heiß Wasser über die Violen gegossen worden/ mit Zucker vermischt/ und gekocht/ gibt den Violen-zucker/ Saccharum Violaceum, ab/ welchen man in form runder
Rosentäfelein.
Täfelein bringen kan. Wenn man aber den Zucker in Rosenwasser/ oder außgepreßtem Rosensafft zerlaßt/ kochet/ und zu Täfelein machet/ so ist das Saccharum rosaceum tabellatum.
http://www.loc.gov/item/2003663735/: Abbildung der Zuckerherstellung aus Jean-Baptiste Du Tetres Buch „Histoire générale des Antilles habitées par les François“, Band 2, Paris 1667, zwischen Seite 122-123.
Im Zuge unserer Recherchen sind wir auf das Buch „Theatrum Botanicum“ aus dem Jahr 1690 gestoßen. In diesem ist ein Beitrag über das Zuckerrohr abgedruckt, den wir als sehr lesenswert erachten.
Dies ist der vierte Teil unserer Beitragsreihe, die sich mit Rum, Rhum Agricole und Cachaça beschäftigt:
Teil 1: Chronologie des Rums, Rhum Agricoles und Cachaças
Teil 2: Cachaça
Teil 3: Rhum Agricole
Teil 4: Theatrum Botanicum – Zucker-Rohr.
Teil 5: Zuckerrohrverarbeitung auf Antigua im Jahr 1823
Teil 6: Rum
1690 erschien Theodor Zwingers Übersetzung von Pietro Andrea Mattiolis Buch „Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch“ mit dem Untertitel „Worinnen Allerhand Erdgewächse der Bäumen/ Stauden und Kräutern/ welche in allen vier Theilen der Welt/ sonderlich aber in Europa herfür kommen/ neben ihren sonderbahren Eigenschafften/ Tugenden/ und Fürtrefflichen Würckungen/ auch vielen herrlichen Artzney-mittlen und deren Gebrauch/ wider allerley Kranckheiten an Menschen und Vieh/ Mit sonderbahrem Fleiß auff eine gantz neue Art und Weise/ dergleichen bißher in keinem Kräuter-buch gesehen noch gefunden worden/ beschrieben/ Auch mit schönen/ theils neuen Figuren gezieret/ und neben denen ordenlichen/ so wohl Kräuter- als Kranckheit-Registern/ mit nutzlichen Marginalien vorgestellet sind“.
In der Übersetzung wurden zahlreiche Ergänzungen vorgenommen, darunter auch der Beitrag zum Zuckerrohr. Dies ist insgesamt ein sehr lesenswerter Artikel, weshalb wir ihn hier auch ungekürzt wiedergeben. Er gibt uns Auskunft über das Zuckerrohr, wie es angebaut und geerntet wird und wie man es verarbeitet. Wir erfahren auch, welche Eigenschaften Zucker hat und wie man ihn gebraucht.
Für ein leichteres Lesen verwenden wir normierte Zeichen anstelle der Originalzeichen. Der Text ist zwar immer noch etwas ungewohnt zu lesen, doch um dem Eindruck des Originals gerecht zu werden, haben wir darauf verzichtet, eine normalisierte Orthographie zu verwenden. Laßt Euch dadurch nicht abschrecken, denn der Text ist sehr informativ und es lohnt sich für jeden Bildungstrinker, ihn zu lesen.
Zucker-Rohr
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CAPUT X.
Zucker-Rohr/ Arundo Saccharifera.
Namen.
ZUcker-Rohr/ heisset auff Lateinisch/ Arundo saccharifera, C. B. Arundo Saccharina, J. B. Englisch The Suger-Cane. Zucker/ heißt auff Lateinisch/ Saccharum, Sacchar, Zuccharum, Zacchar, Zaccharum, Succharum, Mel arundinaceum, Mel Cannae. Griechisch/ [fremdsprachliches Material – 4 Wörter fehlen] [fremdsprachliches Material – 1 Wort fehlt]. Frantzösisch/ du Sucre. Englisch/ Sugar. Niderländisch/ Suycker.
Gestalt.
Zucker-Rohr ist ein Gewächs/ ins gemein 4. finger dick/ das 6. biß 7. schuhe hoch wächst/ die blätter außgenommen; hat viel
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gläich oder knöpf/ der je einer vier oder mehr zwerck finger von dem anderen entfernet. Je weiter sie aber von einander sind/ je besser das Rohr geschätzet wird. Oben auff tragt es viel außgespitzte/ zwey elenbogen lange/ über sich in die höhe stehende/ etwas rauche/ der länge nach gesträiffte blätter. Bekomt auch endlich auff dem gipffel deß Rohr-stengels einen Strauß/ wie das Knodichte Pfeil-rohr/ oder Arundo farcta geniculata sagittalis, C. B. Der Stengel ist grün-gelb/ bey den gläichen ist es einseits weiß/ anderseits gelb; der knopff oder geläich selbsten aber graw/ oder schwartzlicht. Das Marck der stengeln ist dick/ safftig/ süß und weiß. Seine wurtzel aber ist gläichicht/ dick/ krumb/ safftig/ süß/ nicht sonderlich holtzicht.
Die Zucker-Rohr wachsen von sich selbsten in beyden/ so wol Ost-als West-Jndien; werden aber auch in Hispanien/ Portugal/ Calabrien/ Sicilien/ Candien/ Cypren/ Africa/ und den Canarien-Jnsulen/ gesäet und gepflantzet. Sie lieben einen fetten/ feuchten boden: die beste zeit der pflantzung in Brasilien ist der Jenner und Augstmonat/ die pflantzung aber geschichet folgender gestalten; Man macht in einer zubereiteten guten Erden etliche furren/ in diese furren setzt man die Rohr nach einander/ so daß der anfang eines das ende deß folgenden erreiche; hernach macht man die Erden darüber/ so werden die Rohr allgemach herforgetriben werden. Wenn aber die Rohr also fort auffwachsen/ so muß man alle zwey/ drey oder vier Monat das Kraut und Blätter beschneiden/ damit also die Stengel mehr nahrungs-safft empfangen/ und also dicker und länger werden. Jnnerhalb 9. 10. biß 12. Monaten/ je nach beschaffenheit deß mehr oder minder fruchtbaren Erdreichs/ haben diese Rohr-stengel jhre vollkommene grösse/ daß man den Zucker darauß machen kan.
Jn Sicilien wird auß den kleinen zerschnittenen Rohren im Brach- und Heumonat der Zucker-safft under grossen Preßtrotten außgetruckt/ hernach gesotten/ in formen gegossen/ und also stehen lassen/ biß er erhartet und getrucknet ist/ welches erst nach etlichen Wochen oder Monaten geschihet/ wenn die feuchtigkeiten durch die löchlein/ so unden in der form gemacht sind/ außgeflossen.
Den Zucker bereiten die Brasilianer auff folgende weiß: Wenn die Rohr zeitig/ so schneidet man sie bey dem boden/ in den gläichen selbsten entzwey/ als in welchem kein Zucker-marck/ sondern allein ein wasserichte feuchtigkeit sich findet. Diese abgeschnittenen Rohr entlediget man von den blättern/ vnd zweigen/ burdet sie zusammen/ und führt sie auff Wägen davon/ und zwar in eine absonderlich darzu aufgerichtete/ von dreyen auffrecht stehenden nahe zusammen gefügten schweren Wendelbäumen gemachte Mühl; da dann die Wendelbäum von zwey paar Ochsen oder Pferden umbgetriben/ und indessen die Rohr immer zwischen die umbgehenden Bäume gestecket werden/ wordurch denn der süsse Safft auß den Rohren gepresset/ in undergelegte Geschirr fliesset.
Dieser süsse safft/ darauß hernach der Zucker gemacht wird/ haltet sich kaum 24. stund lang/ sondern wird gleich zu Essig/ und gibt keinen Zucker mehr; wenn man jhne aber länger auffhaltet/ so gibt er endlich den besten Essig ab. Dannenhero man auch die Geschirr/ darein der/ Safft herab fliesset/ täglich zweymahl sauber waschen muß.
Der von den Spaniern Caldo genennte Safft/ wird durch höltzene Canäl in grosse weite/ ährene Kessel geleitet/ darinnen er die gantze zeit über/ in deren die Mühle gehet/ bald stärcker/ bald gelinder siedet/ doch daß man die allzu grosse auffwallung mit zugiessung kalten Wassers hemmet; und indessen den dicken und vielfaltigen Schaum abnimmet/ welcher Cagassa heisset/ und dem Viehe zur Speiß und Tranck gegeben wird.
Wenn die Cagassa hinweg/ so wird der übrige Safft in den nächsten anderen Kessel (Caldera de mellar von den Portugesen genennt) außgegossen/ darinnen er auch nachmahlen gekochet/ und mit einem grossen Schaumlöffel von seinen Unreinigkeiten befreyet wird. Ja damit der wust desto besser davon gescheiden werde/ giesset man vielleicht auch ein wenig Laugen darzu. Nach dem aber seiget man den Safft durch ein leinen Tuch/ läßt jhn annoch ein wenig stehen/ damit er die bey sich habenden übrigen heffen zu boden sincken lasse: welche heffen denn den Leibeigenen zur Speise gedeyen: ja sie machen darauß/ mit zugiessung frischen Brundenwassers ein Getränck/ Garapa, oder Rum genannt/ so von den Einwohneren begierig getruncken wird. Den übrigen Safft aber gießt man wider in kleinere Kessel/ darinnen er theils geklopffet/ theils weiter gekocht wird/ biß er die dicke eines Syrups bekommet: worauff er mit sehr grossen Löfflen immer umbgerühret/ auch biß 15. oder 20. schuhe in die höhe erhoben und wider herunder gefüllet wird. Damit er aber under dem starcken sieden in den kleinen Kesseln nicht anbrenne/ so gießt man zu gewissen zeiten ein wenig Oel tropffen-weiß hinein. Worbey anmerckungs-würdig/ daß/ wenn man Oel in den grossen Kessel/ darinnen Caldo gesotten wird; oder Laugen in kleine Kessel giesset/ der Safft niemahlen zu Zucker werden könte. Also wenn man ein wenig Limonen-safft under den Zuckersafft giesset/ so wird er seine dicke/ oder consistentz nicht bekommen.
Demnach wird der also gesottene Safft/ in absonderliche Zuckerhüt-formen/ so auff angefeuchtetem Lett stehen müssen/ geschüttet/ und also durch die kälte zu hartem Zucker verwandlet.
Es haben etliche darfür halten wollen/ daß unser heutige Zucker den Alten wol bekant gewesen/ und von jhnen [fremdsprachliches Material – 2 Wörter fehlen], Mel arundinaceum vel in Cannis concretum, Rohrhonig genennet worden. Wenn man aber die Sache besser erweget/ und der Alten Rohrhonig mit unserem Zucker vergleichet/ so zeiget es sich genugsam/ daß gedachter Rohrhonig mehr ein auff die Rohr-blätter gefallener/ und nach und nach erdicketer Himmels-thaw/ oder süsses Manna ge-
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wesen/ welches den Leib gelind laxieren konnte.
Man führet aber vielerley Zucker in Europam/ da einer besser ist/ als der andere: Jns gemein haltet man den Maderiensischen/ Maderiense; demnach den Canarienzucker/ Canariense Saccharum, für den besten; Der farb nach wird der weisseste für den feinsten geachtet/ wiewol er auch etwas schärffer ist; nach dem kombt der grawe/ und endlich der rothe Zucker/ welcher noch zimlich unrein ist. Dieser grawe Zucker wird in groben Pulvers gestalt auch verkaufft/ und von den Materialisten Cassonaden/ oder Castonaden geheissen. Der feine weisse Zucker aber/ Saccharum albissimum, seu finum aut refinatum, wird also gemacht/ man zerlaßt den unfeinen unreinen Zucker in dem filtrierten Laugen-wasser/ darinnen lebendiger Kalck abgelöschet ist/ kocht ihne darinnen/ schaumt ihne wohl ab/ siedet ihne gantz dick ein/ und gießt ihn in die Zuckerhüt/ welche unden ein wenig durchlöcheret/ damit die trübe schleimichte Heffen darauß fliessen können.
Neben dem gibt es auch annoch candierten Zucker/ welcher bey uns Zucker-candel/ oder Candel-zucker; Frantzösisch/ du Sucre Candis; Englisch/ Sugar candy; Niderländisch/ Suycker-candi; Lateinisch/ Saccharum candisatum, Saccharum candi, s. candum, vel candium, Saccharum crystallisatum, lucidum, vel crystallinum, genennet wird. Dieser ist nichts anders als ein zerlassener/ hernach durch abdämpffung des Wassers zu Crystallen angeschossener Zucker; welcher von dem Canarien-zucker weiß; von dem Thomasien-zucker aber roth wird/ und den Namen Sacchari candi rubri vel albi traget. Wenn das Wasser von dem zerlassenen Zucker genugsam abgedämpffet/ so giesset man ihn auch in erdene töpffe/ darein underschiedliche höltzerne stecklein gestellet worden/ setzet ihn an kühle ort/ so wird der Candelzucker in ein paar Tagen an solche stecklein so wol als die gefäß erystallisiert anschiessen.
Eigenschafft.
Der Zucker hat viel ölichte Schwefel-theil neben einem saurlichten Geist in sich/ und dannenher die Eigenschafft zu erwärmen/ zu lösen/ der Fäulung zu widerstehen/ zu versüssen/ wenn er mäßiglich gebraucht/ und mit andern nutzlichen sachen vermischet ist. Da er aber zu viel und übermäßig in allen Speisen/ ja in dem Tranck selbsten genossen wird/ so zeuget er ein scharffes/ corrosivisches/ scharbockisches Geblüt/ von deme hernach allerhand ungelegenheit in dem menschlichen Leib verursachet werden. Jn dem feinen/ durch das Kalckwasser gereinigten schön weissen Zucker/ findet sich auch eine etzende/ von dem ungelöschten Kalck herrührende Schärffe/ welche allen innerlichen theilen/ und sonderlich der Lungen höchst schädlich ist. Dannenher zu den Syrupen und Conserven/ mehr der grawe unfeine/ jedoch mit dem Eyerklar gesäuberte und in der kochung wohl abgeschaumte/ als der mit Kalckwasser so schädlich refinierte Zucker solle gebrauchet werden. Wenn man endlich den Ursprung deß Zuckers bedencken wil/ kan man nicht anderst urtheilen/ als daß er gleichsam ein Essential Saltz seye/ welches auß dem süssen Safft oder Marck der Zuckerrohren gesotten worden. Welches Saltz neben seinem sauren Geist/ viel ölichte Schwefel-geister in sich haltet/ so da gleich einem Schwefel angezündet werden können; solche geistreiche theil erzeigen sich einem jeden under der gestalt kleiner heller Füncklein/ wenn man in einem finstern ort den Zucker wohl reibet.
Gebrauch.
Der Zucker hat viel jäsende oder johrende Theile bey sich/ darumb er leicht in einen Jast gerathet/ und alles saur machet/ womit er vermischet wird. Daher er auch vie-
Zucker wenn er schädlich.
len Miltzesüchtigen/ Melancholischen/ mit dem Scharbock/ oder Mutter-blähungen behaffteten Persohnen sehr schädlich/ und erwecket bey denselben gleich inwendige Hitzen/ Jast/ Blähungen des Leibs/ Grimmen/ Durchlauff/ Unwillen/ Bangigkeiten/ Mutter-auffsteigen und dergleichen. Umb dieser ursach willen soll man behutsam in dem Gebrauch des Zuckers/ und deren mit Zucker zubereiteten Artzneyen verfahren.
Destillation des Zuckers.
Den Zucker kan man auff zweyerley weiß destillieren/ und also verschiedene sachen darauß ziehen. Denn erstlich pflegt man thne nur entweder einfältig und pur auß einem kolben glaß über den Helm/ oder mit sand vermischet auß einer Retorten in einen weiten Recipienten zu destillieren/ da denn ein geistreiches Wasser neben einem Oel heraußkommen wird. Welche Matery/ so man sie rectificiert/ den sauren/ scharffen/ etwas etzenden Geist/ wie ein destillierten Wein-essig/ oder Guajac-geist/ und ein flüchtiges Oel hergibt. Jn dem Kolben-glaß oder Retorten aber verbleibt annoch ein stinckendes öl/ neben dem fixen saltz und irdischen Theilgen/ welche nirgendzu gebraucht werden. Der destillierte saure Zucker-geist zerlaßt alle Crustacea, als Perlen/ Schnecken/ Corallen/ Ste[i]n/ und dergleichen. Etliche mischen halb theil Salmiac under den Zucker/ und destilli[e]ren also den sauren Geist auff obige weiß davon auß; bedienen sich hernach desselben auff 6. biß 8. tropffen in Pappelen- oder Ehrenpreiß-wasser zu Abtreibung des Sands/ Grieses und Schleims
Sand/ Schleim der Nieren.
der Nieren/ und linderung oder verhütung des Lendenwehes.
Wenn man aber den Zucker zuvor in frischem Wasser zerläßt/ hernach deß bey den Zuckerbecken sich findenden Saurteigs darunder mischt/ und also fermentieren oder johren läßt/ hernach destillieret/ so gibt er einen brennenden Schwefel-geist/ gleich dem Brantenwein auß.
Zucker-syrup
Einen dienstlichen Zucker-syrup bereite also: Nimm deß gemeinen Branntenweins/ der nicht wohl rectificiert ist/ nach belieben/ mische einen guten Candel-zucker darein/ so wird er sich darinnen zerlassen/ und also einen guten/ süßlichten Syrup abgeben/ welcher von etlichen Oleum Sacchari genennet wird. Andere nehmen an statt des gemeinen Branntenweins/ den Reckholder-brann-
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tenwein/ und bereiten solch Mittel darauß. Ja andere ziehen mit dem Branntenwein zuvor die Essentz auß weissem Andorn/ Ehrenpreiß/ Hyssopen/ Alant-wurtz/ und dergleichen/ und zerlassen hernach Zucker darinnen. Solcher Zucker-syrup bißweilen Löffel-weiß genommen/ linderet den von kalten Flüssen herrührenden trockenen Hu-
Husten. Flüß der Brust. Häiſere. Schwerer Athem.
sten/ erweichet den auff der Brust sitzenden zähen Schleim/ beförderet den Außwurff/ vertreibet die häisere und rauche Stimm/ und erleuchteret den engen Athem. Ja dieser Zucker-syrup/ oder Oleum Sacchari wird
Wunden. Alte faule Schäden.
auch nutzlich zu heilung frischer wunden/ und säuberung fauler alter Schäden gebrauchet. Daher auch die Orientalischen Völcker ihre empfangenen Wunden täglich mit warmem Wein außwaschen/ hernach gepülverten Zucker darein strewen/ und also glücklich außheilen.
Lieblicher Zucker-Spiritus
Wenn man destilliert Zimmet-wasser mit dem Branntenwein/ darinnen Zucker verlassen ist/ in dem Marienbad destillieret/ und ein Bündelein mit Bisam in den Helm henget/ so gibt es ein sehr liebliches geistreiches Wasser ab/ welches inwendig bißwei-
Schwach Hertz. Ermattete Lebensgeister. Kalter Magen.
len eingenommen/ das Hertz trefflich stärcken/ die ermatteten Lebens-geister wider ermunteren und auffwecken/ und den erkalteten Magen wohl erwärmen kan.
Sonsten wird der Zucker nunmehr in der gantzen Welt in den Küchen zu versüssung
Gebrauch des Zuckers in den Küchen/
allerhand Speisen treflich mißbraucht. Die Zuckerbecken aber bedienen sich desselben zu Uberziehung und Candierung allerhand Früchten und Samen/ wie auch bereitung
in Apothecken.
allerley Backwercks. Jn den Apothecken wird kein Syrup/ keine Conserve/ kein Täfelein/ oder Latwerg bald mehr ohne Zucker zubereitet; Zumahlen auch die heutige Welt also verschleckt und delicat/ daß man ihro bald keine Artzney mehr einschwetzen kan/ sie seye denn zu gutem nachtheil ihrer Gesundheit verzückeret.
Violen-zuckertäfelein
Der auß den wolriechenden Violen frisch außgepreßte Safft/ sonderlich wenn zuvor heiß Wasser über die Violen gegossen worden/ mit Zucker vermischt/ und gekocht/ gibt den Violen-zucker/ Saccharum Violaceum, ab/ welchen man in form runder
Rosentäfelein.
Täfelein bringen kan. Wenn man aber den Zucker in Rosenwasser/ oder außgepreßtem Rosensafft zerlaßt/ kochet/ und zu Täfelein machet/ so ist das Saccharum rosaceum tabellatum.
Quellen:
http://www.deutschestextarchiv.de/book/view/zwinger_theatrum_1690/?hl=Rum&p=326,
http://www.deutschestextarchiv.de/book/view/zwinger_theatrum_1690/?hl=Rum&p=327,
http://www.deutschestextarchiv.de/book/view/zwinger_theatrum_1690/?hl=Rum&p=328,
http://www.deutschestextarchiv.de/book/view/zwinger_theatrum_1690/?hl=Rum&p=329.
explicit capitulum
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