Der Sidewalk Cocktail, den man heute als Affinity Cocktail kennt, ist dem Rob Roy ähnlich, unterscheidet sich jedoch deutlich von ihm. Wir betrachten seine Entstehungsgeschichte.
30 ml Johnny Walker Black Label
30 ml Moot Wermut
30 ml Dolin Blanc
Zubereitung: Gerührt. Mit einer Zitronenzeste abspritzen.
Alternativ und von uns aktuell bevorzugt:
30 ml Johnny Walker Black Label
30 ml Antica Torino vermouth rosso
30 ml Routin Blanc Wermut
(Zitronenzeste)
Zubereitung: 3 Eiswürfel, 20 Sekunden (60 Mal) gerührt. Mit einer Zitronenzeste abspritzen.
Die erste Veröffentlichung des Affinity Cocktails in einem Buch geschah 1909 in Jacob A. Didiers „The Reminder“. Der Affinity Cocktail ist eine Variante des Rob Roys, und wir haben ihn dort genauer beschrieben. Er besteht aus gleichen Teilen Scotch, italienischem und französischem Wermut. Der Einfachheit halber sei unsere statistische Analyse hier dupliziert:
Basisspirituose
Die Basisspirituose eines Affinity Cocktails ist klar definiert: Es ist ein Scotch, auch wenn gelegentlich angegeben wird, man möge (ganz allgemein) einen Whisky verwenden.
Wermut
Beim Wermut ist es ebenso. Immer wird eine Kombination von italienischem und französischem Wermut verwendet. Lediglich ab 1960 ist man sich nicht mehr ganz so sicher, doch nur italienischen Wermut zu verwenden ist bei einem Affinity Cocktail Unfug.
Verhältnis von Whisky zu Wermut
Der Affinity Cocktail zeigt interessanterweise grundsätzlich keinen solch ausgeprägten Anstieg des Verhältnisses im Laufe der Zeit. Er wird prinzipiell immer aus jeweils gleichen Teilen Scotch, italienischem und französischen Wermut hergestellt, wodurch sich das durchschnittliche Verhältnis von Whisky zu Wermut von 0,5 erklärt.
Likör und Zuckersirup
Im Unterschied zum Rob Roy wird in einem Affinity Cocktail niemals ein Likör oder Zuckersirup eingesetzt.
Bitter
In rund 70 Prozent der Fälle wird über alle Zeiten hinweg ein Aromatic Bitter, oder als in diese Gruppe gehörend, ein Angostura Bitter empfohlen, so daß man davon ausgehen kann, daß standardmäßig eben diese Art von Bitter einzusetzen ist. Als Abweichung wird vorgeschlagen, Pechaud’s Bitter, Orangenbitter oder sogar Campari zu verwenden, oder sogar ganz auf einen Bitter zu verzichten. Doch diese Ausnahmen waren immer nur über einen relativ kurzen Zeitraum vorhanden und konnten sich nicht durchsetzen.
Zesten und Garnitur
Man sieht, daß ein Affinity Cocktail anfänglich fast immer mit einer Zitronenzeste abgespritzt und einer Kirsche serviert wurde. Mit der Prohibiton verschwand die Kirsche, danach wird sie nur in rund 30% der Fälle zugegeben. Der Einsatz einer Zitronenzeste nahm nach der Prohibition kontinuierlich ab, ebenfalls auf rund 30 Prozent.
Zusammenfassung
Der Affinity Cocktail ist von einem Rob Roy eindeutig zu unterscheiden. In einem Rob Roy verwendet man einen italienischen Wermut, im Affinity Cocktail eine Kombination aus italienischem und französischem.
Rob Roy: Scotch + italienischer Wermut (optional französischer) (+ Bitter) (+ Garnierung: Zitronenzeste, Kirsche oder Olive)
Affinity Cocktail: Scotch + italienischer Wermut + französischer Wermut + Bitter (+ Garnierung: Zitronenzeste, Kirsche)
Historischer Abriß
Doch kommen wir nun zum historischen Kontext. Der Affinity Cocktail wird vor der Veröffentlichung seiner Rezeptur in einem Buch bereits in Zeitungsartikeln erwähnt. In der New Yorker Sun erschien am 28. Oktober 1907 ein Beitrag: „Es gibt einen weiteren neuen Cocktail am Broadway. Sie nennen ihn „Affinity“. Nachdem man einen davon getrunken hätte, so erklären überlebende Experimentatoren, nehme der Horizont einen rosaroten Farbton an, der zweite brächte die Wall Street in den Vordergrund und biete einem eine Menge glitzernder Lammschur; nachdem man den dritten weggesteckt habe, wachse rundherum grünes Gras, Vögel sängen in den Feigenbäumen und es erscheine einem seine besondere Liebe. Das neue Ambrosia enthält diese Zutaten: Ein mittlerer Teelöffel Puderzucker, ein Schuss Orangenbitter, ein Jigger Scotch Whisky und ein halber Jigger italienischer Wermut. Diese werden mit Eisstücken nach Cocktailart geschüttelt, bis sie gründlich gemischt und abgekühlt sind, dann abgeseiht und schnell serviert.“ [2] [7]
– „There’s another new cocktail on Broadway. They call it the Affinity. After drinking one, surviving experimenters declare, the horizon takes on a roseate hue, the second brings Wall street to the front and center proffering to you a quantity of glistening lamb shearings; when you’ve put away the third the green grass grows up all around birds sing in the fig trees and your affinity appears. The new ambrosia contain these ingredients: One medium teaspoonful of powdered sugar, one dash of orange bitters, one jigger of Scotch whisky and a half jigger of Italian vermouth. These are shaken in cracked ice, cocktail fashion, until thoroughly blended and cooled, then strained and quickly served.“ [2] [7]
Die „glitzernde Lammschur“ bezieht sich wohl auf Anleger, die ohne Insider-Wissen mit Aktien spekulieren und sinnbildlich geschoren werden [23] und wird vor dem Hintergrund der Finanzkrise des Jahres 1907 verständlich, die auch ein anderer Zeitungsartikel hervorhebt; dort werden wir genauer darauf eingehen.
Dieser Beitrag wurde anschließend in anderen Zeitungen ebenfalls veröffentlicht, darunter auch in der Washington Post am 29. Oktober 1907 [1] [2] oder im Los Angeles Herald am 7. Februar 1908. [3] The Perth Amboy Evening News vom 2. November 1907 kürzt den ersten Teil des Textes und schreibt einfach nur: „Man sagt, wenn man genug „Affinity Cocktails“ trinke, erscheine das Gesicht Ihrer besonderen Liebe vor Ihren Augen. Das Rezept lautet wie folgt: …“ – „They say that, if you drink enough „affinity cocktails,“ the face of your true affinity will appear before your eyes. The recipe is as follows: …“ [4]
The Butler Weekly Times vom 7. November 1907 publiziert mit Verweis auf den New York American einen etwas anderen Text: „„Der Affinity“ ist der Name des neuesten Cocktails am Broadway. So bereiten sie ihn auf dem Großen Weißen Weg zu: Ein Teelöffel Puderzucker, ein Spritzer Orangenbitter, ein Jigger Scotch Whisky, ein halber Jigger italienischer Wermut. Auf Eisstücken rühren, bis es gut durchmischt und abgekühlt ist, dann trinken, dann – Nun, dann klingt das Pianola genauso gut wie das Symphonieorchester. Der zweite überzeugt Sie davon, daß Treuhandgesellschaften und Sparkassen zahlungsfähig sind und Sie Ihr Geld wieder anlegen wollen. Wenn Sie drei nehmen, mutet es wie ein Sommer an, sonst würden Sie Ihrer Frau – oder ihrer besonderen Liebe – einen neuen Pelzmantel kaufen. Dann ist es Zeit, aufzuhören. Er bewegte den Poeten zu Folgendem:
. In seiner gleißenden Tiefe ist das Licht ihrer Augen.
. In seinem Geschmack ist ihr Honigkuss.
. Es gibt eine Siegerkrone für den Mann, der versucht
. Mir einen anderen wie diesen herzustellen
Wenn Sie noch eine leuchtend rote Kirsche in den letzten legen, werden Sie sich wie ein Belmont fühlen, wenn Sie mit der U-Bahn nach Hause fahren.“ [5]
– „“The Affinity“ is the name of the newest cocktail on Broadway. This is the way they make it along the Great White Way: One teapoonful of powdered sugar, one dash of orange bitters, one jigger of Scotch whisky, one half jigger of Italian vermouth. Stir in cracked ice until thoroughly blended and cooled, then drink, then – Well, then the pianola sounds as good as the symphony orchestra. The second one convinces you that trust companies and saving banks are solvent and you want to put your money back. If you take three it seems like summer, otherwise you’d buy your wife – or the affinity – a new fur coat. Then its time to stop. It moved the poet to the following:
In its glistening depth is the light of her eyes.
In its taste is her honey kiss.
There’s a victor’s crown for the man who tries
To build me another like this.
If you put another bright red cherry in the last one you will feel like a Belmont as you ride home in Subway.“ [5]
Dieser Text der Butler Weekly Times erschien beispielsweise auch im The Hartford Courant, und zwar bereits am 29. Oktober 1907, [2] [9] ohne den abschließenden Satz in der Omaha Daily Bee bereits am 1. November 1907, [6] oder noch stärker gekürzt im Daily Public Ledger in Kentucky. [8]
Der Text bedarf der Erklärung. Der Broadway wurde auch „Great White Way“, also „Großer Weißer Weg“ genannt, weil dort die Beschilderungen mit elektrischem Licht beleuchtet wurden und hell erstrahlten. So wurde der Broadway bald in der ganzen Welt als der Great White Way bekannt. Der Journalist Will Irving beschrieb dies 1927 treffend mit „Am Tag leicht verrückt, wird der Platz bei Nacht göttlich wahnsinnig. Denn dann blühen und tanzen an jeder Wand, über jedem Gesims, in jedem Winkel die elektrischen Werbeschilder . . . Alle anderen amerikanischen Städte ahmen sie nach, aber keine bekommt diesen Masseneffekt des grandiosen, mit Licht interpretiertem Jazz.“ [17]
– „Mildly insane by day, the square goes divinely mad by night. For then on every wall, above every cornice, in every nook and cranny, blossom and dance the electric advertising signs . . . . All other American cities imitate them, but none gets this massed effect of tremendous jazz interpreted in light.“ [17]
Der Textteil mit dem kritischen Bezug auf Treuhandgesellschaften und Sparkassen bezieht sich auf die sogenannte Panik von 1907. Darunter versteht man eine Finanzkrise in den USA im Jahr 1907. Die Kurse der New York Stock Exchange fielen damals um fast die Hälfte, verglichen mit ihrem Höchststand im Jahr 1906. Die USA befand sich in einer Rezession, und so entstand eine Panik, die zu einem Bankenansturm führte, da viele Anleger ihre Einlagen abheben wollten. Die Krise breitete sich im gesamten Land aus und führte zum Bankrott zahlreicher kleiner Banken und Unternehmen. [9] [21]
Der „Belmont“ ist August Belmont Jr., über den wir bereits im Zusammenhang mit dem Belmont Cocktail berichtet haben. Er war ein wohlhabender Bankier und gründete die Interborough Rapid Transit Company (IRT), die die von ihm finanzierte und gebaute New Yorker U-Bahn betrieb. Der Zeitungsbericht scheint schon eine wichtige Kleinigkeit vorherzusehen, denn 1908 wurde das von August Belmont erbaute Belmont Hotel eröffnet. In dessen Keller ließ sich August Belmont eine private U-Bahn-Haltestelle einrichten. Er war der einzige Mensch, der jemals einen privaten U-Bahn-Waggon besaß. Diesen nannte er Minola. Seine Frau meinte dazu, man könne sich leicht an einen eigenen, privaten U-Bahn-Waggon gewöhnen. [19]
Die Bezeichnung „Affinity“ war damals in aller Munde. Beispielsweise verwendete man sie auf Valentinskarten und es gab 1907 einen beliebten Musiktitel namens „Molly McGinnity, You’re My Affinity“. [9] Man könnte den Begriff ins Deutsche vielleicht mit „besondere Liebe “ übersetzen, doch es steht beispielsweise auch für Verwandtschaft, Seelenverwandtschaft, Wahlverwandtschaft.
Doch ein Rob Roy?
Interessanterweise war der Affinity Cocktail dieser Zeitungsartikel nichts Anderes als ein gewöhnlicher, whiskeylastiger Rob Roy, denn es fehlte der in den späteren Rezeptbüchern geforderte französische Wermut. Es sieht also so aus, als habe der Affinity Cocktail erst nach seiner Erfindung eine Wandlung erfahren, nämlich durch die Zugabe von französischem Wermut, um sich vom Rob Roy zu unterscheiden.
Doch es gibt noch einen dritten Wermutstropfen. Eigentlich dürfte der Affinity Cocktail gar nicht Affinity heißen, sondern müßte als Sidewalk Cocktail angesprochen werden, denn unter diesem Namen erschien er schon sechs Jahre zuvor. Doch manchmal ist es eben so, daß sich ein jüngerer Name etabliert, so auch in diesem Fall.
Der Sidewalk Cocktail – Ein Vorgänger des Affinity Cocktails
Die New York Sun berichtet am 27. Juni 1901: „DER SIDEWALK-COCKTAIL IST NEU. Benannt wegen seiner horizontalisierenden Wirkung auf aufgerichtete Fußgänger. Zur Information und Führung, wie man in der regulären Armee sagt, derjenigen, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, sich in Sachen Getränke, sei es ein alkoholisches Getränk oder ein Erfrischungsgetränk, auf dem Laufenden zu halten, sei hier die Mitteilung gemacht, dass das neueste bisher gemischte Sommergetränk der „Sidewalk Cocktail“ ist. Er ist angenehm und kühlend und heimtückisch; und in einigen Fällen auch überwältigend. Er amüsiert und flirtet mit dem Gaumen auf so schamlose Weise, daß der Trinker, wenn er nicht außergewöhnlich besonnen ist, ungefähr nach der vierten Runde kapitulieren muß. Aufgrund dieser Eigenschaften des Getränks wurde es von seinem ursprünglichen Schöpfer, dem Chef-Barkeeper im Hotel Netherland, als „Sidewalk Cocktail“ [Anmerkung: Fußweg-Cocktail] bezeichnet. „Ich habe mehrere gute und wahre Männer gesehen, die von etwa drei oder vier dieser Burschen auf den Bürgersteig gelegt wurden“, sagte der originäre Mischer desselben gestern, „und so dachte ich, ‚Sidewalk Cocktail‘ wäre ein guter Name dafür. Wenn Ihnen der Name jedoch nicht gefällt, können Sie ihn nennen, wie Sie wollen. Der Coroner und Arzt Dr. Philip F. O’Hanlon ist in Wahrheit für die Mischung des „Sidewalk Cocktails“ verantwortlich. Er und drei oder vier Freunde, von denen die meisten Ärzte waren, kamen am Dienstagabend ins Netherland, um sich etwas Kühlendes zu gönnen. Niemand schien genau zu wissen, was er wollte. Man schlug schottische Highballs und Rye-Highballs und Gin Rickeys und Whiskey Sours und Hillycock Coolers vor, aber sie behagten nicht.“ „Wir trinken diese Dinge schon seit Jahren“, sagte Dr. O’Hanlon. „Laßt uns etwas ganz Neues trinken – etwas, das eine seltene Kombination aus kaltem und angesagtem Zeug ist. Hierher, Herr Barkeeper, Sie sind ein Genie auf Ihrem Gebiet; geben Sie uns etwas in der Art eines brandneuen Davon-hat-man-noch-nie-gehört-Getränkes. „Einen Moment, Sir“, sagte der Barkeeper, und er drehte sich um, um die Flaschen auf dem Buffet zu begutachten. Seine Augen von einer zur anderen bewegend nahm er schließlich vier herunter und begann, zu mischen. In wenigen Augenblicken war ein Getränk fertig und wurde geschüttelt. „Das ist ein Hillylooloo“, sagte Dr. O’Hanlon. „Das ist ein Gaumenkitzler den ganzen Weg hinunter“, sagte ein anderer Mediziner. „Der Geschmack ist wie eine Kombination aus Champagne Cup und Rum-Punsch. Es ist das Beste, was es je gab“, sagte ein anderer aus der Gruppe. „Wie nennt man das?“, sagte Dr. O’Hanlon. „Nennen Sie es, wie Sie wollen, Sir“, sagte der Barkeeper. „Ich gebe ihm keinen Namen, bevor ich nicht sehe, wie die Wirkung ist.“ Mehrere weitere davon wurden bestellt, und zwei oder drei aus der Gruppe kamen zu dem Schluß, daß es passender wäre, im Netherland zu speisen als nach Hause zu fahren. In diesem Stadium der Beratungen sagte Dr. O’Hanlon, daß es zwar der schönste Drink sei, er aber zwei oder drei Anrufe tätigen und deshalb gehen müsse. Er verließ das Hotel und stürzte sich in seinen Job, die Nachricht hinterlassend, daß er später zurückkommen würde, um sich zu erkundigen, ob seine Freunde gut zu Abend gegessen hätten. Als der Doktor zurückkam, konnte er weder über seine Freunde noch über deren Abendessen etwas herausfinden, und so schlenderte er in das Café, um dem Barkeeper zu sagen, daß er der größte Zusammensteller von Getränken sei, den es je gab. „Jetzt habe ich einen Namen dafür“, sagte der Barkeeper. „Ich sah, wie er bei ein paar Ihrer Freunde wirkte, und von nun an soll er als ‚Sidewalk Cocktail‘ bekannt sein.“ „Gott sei Dank war ich nicht dabei, als Sie ihm den Namen gaben“, sagte Dr. O’Hanlon. „Meine private, öffentliche und berufliche Reputation wäre ruiniert gewesen. Aber was zum Teufel ist da drin?“ „Das verspricht ein sehr beliebtes Getränk zu werden, Doktor“, sagte der Barkeeper, „und Sie sind der einzige Mann auf Erden, dem ich die Zutaten verraten würde. Der Cocktail besteht aus schottischem Whiskey, französischem Wermut, italienischem Wermut und Spritzern von Orangen- und Angostura-Bitter.“ „Aber wie sind die Proportionen?“ fragte der Doktor. „Jetzt stellen Sie schon wieder Fragen“, sagte der Barkeeper, „aber ich könnte es Ihnen ebenso gut sagen. Nehmen Sie je ein Drittel schottischen Whiskey und die beiden Wermuts, und spritzen Sie dann ein wenig Orangenbitter und ein wenig Angostura-Bitter hinein. Das Schema der Mischung ist wie folgt: Sie haben schottischen Whisky als Basis, und dann haben Sie einen trockenen und süßen Wermut und einen trockenen und süßen Bitter. Ich hatte den Eindruck, daß ein Getränk, das auf dieser Grundlage zusammengesetzt wird, ziemlich schmackhaft sein sollte. Den ersten, die ich gemacht habe, nach zu urteilen, hatte ich wohl Recht“. Dr. O’Hanlon notierte sich, was er gehört hatte, und gestern tranken alle im Büro des Coroners und sogar überall im Gebäude des Strafgerichtshofs, ganz zu schweigen von dem Bezirk, in dem Dr. O’Hanlon lebt, Sidewalk Cocktails.“ [10]
– „SIDEWALK COCKTAIL IS NEW. Named for Its Horizontaling Effect on Erect Pedestrians. For the information and guidance, as they say in the Regular army, of those who make it their business to keep up to date in the matter of drinks, hard and soft, the announcement is here made that the latest summer drink yet compounded is the „sidewalk cocktail.“ It is pleasing and cooling and insidious; and in some cases overpowering. It tickles and flirts with one’s palate in such shameless fashion that unless the drinker is more than ordinarily level headed he will be forced to capitulate after about the fourth round. It was owing to these characteristics of the drink that it was named the „sidewalk cocktail“ by its original compounder, the head barkeeper at the Hotel Netherland. „I have seen several good men and true put on the sidewalk by about three or four of those fellows,“ said the original compounder yesterday, „and so I thought ’sidewalk cocktail‘ would be a good name for it. If you don’t like the name, however, you can call it anything you like.“ Coroner’s Physician Dr. Philip F. O’Hanlon is really responsible for the compounding of the „sidewalk cocktail.“ He and three or four friends, most of whom were doctors, dropped into the Netherland on Tuesday evening to have something cooling. Nobody seemed to know just exactly what he wanted. Scotch high balls and rye high balls and gin rickeys and whiskey sours and hillycock coolers were suggested, but they didn’t suit. „We’ve been drinking those things for years.“ said Dr. O’Hanlon. „Let’s have something brand new – something that is a rare combination of cold and hot stuff. Here, Mr. barkeeper, you’re a genius in your line; give us something in the way of a brand new, newer-before-heard-of drink.“ „In a moment, sir,“ said the barkeep, and he turned about to survey the bottles on the buffet. Letting is eye run from one to another he finally took down four and began to compound. In a few moments a drink was ready and tossed off. „That’s a hillylooloo,“ said Dr. O’Hanlon. „It’s a tickler all the way down,“ said another medical man. „Taste’s like a combination of champagne cup and rum punch. It’s the greatest ever,“ said another of the party. „What do you call it?“ said Dr. O’Hanlon. „Call it what you like, sir,“ said the barkeep. „I wont name it until I see what the effect is.“ Several more of the same were ordered and two or three of the party concluded that it would be handier to dine at the Netherland than it would to go home. At this stage of proceedings Dr. O’Hanlon said that, while it was the finest drink out, he had two or three calls to make and must be going. He walked out of the hotel and jumped into his gig, leaving word that he would be back later to inquire if his friends had had a good dinner. When the doctor returned, he couldn’t find out anything about either his friends or their dinner, and so he strolled in to the café to tell the barkeeper that he was the greatest compounder of drinks that ever happened. „I’ve got a name for it now,“ said the barkeeper. „I saw how it worked on a couple of your friends and henceforth it shall be known as the ’sidewalk cocktail.‘ “ „Thank heaven, I wasn’t around when you named it,“ said Dr. O’Hanlon. „My private, public and professional repitation would have been ruined. „But what the deuce is there in it?“ „That promises to be a very popular drink, doctor,“ said the barkeeper, „and you are the only man on earth to whom I would tell the ingredients. The cocktail is made of Scotch whiskey, French vermouth, Italian vermouth, and dashes of orange and Angostura bitters.“ „But what are the proportions?“ asked the doctor. „Now you are asking questions again,“ said the barkeeper, „but I might as well tell you. Take one-third each of Scotch whiskey and the two vermouths, and then sprinkle a little of the orange and a little of the Angostura bitters. The scheme of the compound is this: You have Scotch whiskey as your base, and then you have a dry and sweet cordial and a dry and sweet bitters. It struck me that a drink built on those lines ought to be fairly palatable. Judging from the first ones I have made, I guess I was right.“ Dr. O’Hanlon made a note of what he had heard, and yesterday everybody about the Coroner’s office and, in fact, all over the Criminal Courts Building, to say nothing of the district in which Dr. O’Hanlon lives, was drinking sidewalk cocktails.“ [10]
Ein Coroner ist im angelsächsischen Rechtskreis übrigens „ein Untersuchungsbeamter, der bei zweifelhafter oder unnatürlicher Todesart oder in Katastrophenfällen in einem rechtsförmlichen Verfahren die Identität des oder der Toten und die Todesursache feststellt“. [16]
Die Chicago Tribune berichtet am selben Tag ebenfalls über den Sidewalk Cocktail und ergänzt die Geschichte um einen wichtigen Hinweis. Anstelle von „the head barkeeper at the Hotel Netherland“ wird man in Chicago genauer und ersetzt diese Textpassage mit „Mr. Johnson of Rector’s“. [11]
Das „Hotel New Netherland“ befand sich an der nordöstlichen Ecke der Fifth Avenue und der 59th Street in Manhattan, an der südlichen Ecke des Central Parks gelegen. Es wurde 1892-1893 für William Waldorf Astor errichtet, war 71 Meter hoch und mit 17 Geschossen damals das höchste Hotel der Welt. Es galt als sehr modernes Luxus-Hotel. 1908 wurde es in „Hotel Netherland“ umbenannt und 1927 abgerissen. [12]
Das 1899 eröffnete Rector’s war jedoch an anderer Stelle gelegen, in der West 44th Street, [14] direkt neben dem Hotel Cadillac gelegen, dort, wo Hugo Richard Ensslin wirkte. Man muß sich also wohl oder übel die Frage stellen, ob hier der Chicago Tribune nicht ein Fehler unterlaufen ist, und ob die Referenz auf Mr. Johnson der Wahrheit entspricht. Vielleicht war mit Rector’s aber auch eine andere Lokalität gemeint. Wir jedenfalls halten die Angabe der New Yorker Sun für glaubwürdiger, da sie über Ereignisse in ihrer eigenen Stadt berichtete.
Quellen
- https://wiki.webtender.com/wiki/Affinity Affinity.
- https://homebars.barinacraft.com/post/89976638713/affinity-cocktail-history-and-drink-recipes The Affinity Cocktail – Scotch Whisky And Vermouth Find True Love.
- https://chroniclingamerica.loc.gov/lccn/sn85042462/1908-02-17/ed-1/seq-2/#date1=1789&index=0&rows=20&searchType=advanced&language=&sequence=0&words=AFFINITY+AFFINITY%27COCKTAIL+COCKTAIL&proxdistance=5&date2=1963&ortext=&proxtext=&phrasetext=Affinity+cocktail&andtext=&dateFilterType=yearRange&page=1 Los Angeles Herald vom 17. Februar 1908, Seite 2. The New „Affinity“ Cocktail.
- https://chroniclingamerica.loc.gov/lccn/sn85035720/1907-11-02/ed-2/seq-4/#date1=1789&index=2&rows=20&searchType=advanced&language=&sequence=0&words=affinity+cocktails&proxdistance=5&date2=1963&ortext=&proxtext=&phrasetext=Affinity+cocktail&andtext=&dateFilterType=yearRange&page=1 Perth Amboy Evening News vom 2. November 1907, Seite 4.
- https://chroniclingamerica.loc.gov/lccn/sn89066489/1907-11-07/ed-1/seq-5/#date1=1789&sort=date&date2=1963&searchType=advanced&language=&sequence=0&index=4&words=Broadway+cocktail+Cocktail&proxdistance=5&rows=20&ortext=&proxtext=&phrasetext=%22cocktail+on+Broadway%22&andtext=&dateFilterType=yearRange&page=1 The Butler Weekly Times vom 7. November 1907, Seite 5. Broadway’s Newest Cocktail, „Affinity“.
- https://chroniclingamerica.loc.gov/lccn/sn99021999/1907-11-01/ed-1/seq-6/#date1=1789&sort=date&date2=1963&searchType=advanced&language=&sequence=0&index=3&words=Broadway+cocktail&proxdistance=5&rows=20&ortext=&proxtext=&phrasetext=%22cocktail+on+Broadway%22&andtext=&dateFilterType=yearRange&page=1 Omaha Daily Bee vom 1. November 1907, Seite 6.
- https://chroniclingamerica.loc.gov/lccn/sn83030272/1907-10-28/ed-1/seq-4/ The Sun, New York, vom 28. Oktober 1907, Seite 4. Live Topics About Town.
- https://chroniclingamerica.loc.gov/lccn/sn86069117/1908-03-21/ed-1/seq-2/#date1=1789&sort=date&date2=1963&searchType=advanced&language=&sequence=0&index=6&words=Broadway+cocktail&proxdistance=5&rows=20&ortext=&proxtext=&phrasetext=%22cocktail+on+Broadway%22&andtext=&dateFilterType=yearRange&page=1 Daily Public Ledger vom 21. März 1908, Seite 2. The Latest is the „Affinity Cocktail.“
- https://cocktail101.wordpress.com/tag/affinity/ 26. Affinity cocktail (and the Sidewalk), vom 9. September 2011.
- https://chroniclingamerica.loc.gov/lccn/sn83030272/1901-06-27/ed-1/seq-6/#date1=1789&index=0&rows=20&searchType=advanced&language=&sequence=0&words=cocktail+sidewalk&proxdistance=5&date2=1963&ortext=&proxtext=&phrasetext=sidewalk+cocktail&andtext=&dateFilterType=yearRange&page=1 The Sun. New York, 27. Juni 1901, Seite 6: Sidewalk Cocktail is new.
- https://www.fultonhistory.com/Newspapers%2023/Chicago%20IL%20Tribune/Chicago%20IL%20Tribune%201901/Chicago%20IL%20Tribune%201901%20a%20-%200623.pdf#xml=https://www.fultonhistory.com/dtSearch/dtisapi6.dll?cmd=getpdfhits&u=3884ea9a&DocId=1422535&Index=Z%3a%5cDISK%20S&HitCount=6&hits=1d+1e+5db+5dc+758+759+&SearchForm=%2fFulton%5fform%2ehtml&.pdf The Chicago Tribune, 27. Juni 1901, Seite 3: Here’s a Lovely Drink.
- https://en.wikipedia.org/wiki/Hotel_New_Netherland Hotel New Netherland.
- https://www.oldnyc.org/#709076f-a Hotel Netherland, Fifth Avenue at N.E. corner of 59th Street. Demolished in 1927 for construction of Hotel Savoy-Plaza. About 1923.
- http://www.theamericanmenu.com/2015/08/rectors.html Rector’s, New York City, 1899-1919. Von Henry Voigt, 22. August 2015.
- https://www.oldnyc.org/#717498f Broadway, east side, south from 44th Street. Rector’s, in the centre, and Schloss’s, adjoining it, are about to be replaced by the Hotel Claridge. On the N.E. corner of 43rd Street is the Hotel Cadillac. May, 1909.
- https://de.wikipedia.org/wiki/Coroner Coroner.
- https://www.spotlightonbroadway.com/the-great-white-way-0 Spotlight on Broadway.
- https://www.oldnyc.org/#723540f-a Broadway, north from West 46th Street, showing a night view of the upper portion of Times Square. At the right is the Seventh Avenue side of this locale. Fall 1920. Hellmich Bros, photo
- https://bar-vademecum.de/belmont-cocktail/ Belmont Cocktail.
- https://en.wikipedia.org/wiki/File:August_Belmont,_Jr.,_Pach_Brothers_photo_portrait.jpg: August Belmont, Jr., American racehorse owner and breeder, Copyright 1904.
- https://de.wikipedia.org/wiki/Panik_von_1907 Panik von 1907.
- https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:1907_Panic.png A crowd forms on Wall Street during the Bankers Panic of 1907.
- https://forums.egullet.org/topic/100154-affinity-cocktail/ Affinity Cocktail.
Historische Rezepte
Siehe Rob Roy.
2012 Tom Sandham: World’s Best Cocktails. Seite 21. Affinity. 30 ml Scotch whisky; 30 ml sweet vermouth; 30 ml dry vermouth; dash orange bitters.
2018 Alex Day, Nick Fauchald, David Kaplan: Cocktail Codex. Seite 278. Affinity. 2 oz. Compass Box Oak Cross scotch; 1/2 oz. Carpano Antica Formula vermouth; 1/2 oz. Dolin dry vermouth; 2 dashes Angostura bitters; garnish: lemon twist.
explicit capitulum
*
Moin, Moin,
Du beschreibst eine Mischung aus italienischen und französischen Wermut. Moot kommt doch aus Portugal. Oder?
Moin Detlev, da hast Du sehr gut aufgepaßt. Moot kommt aus Madeira, Portugal zugehörig. Ich meinte hier die „klassische“ stilistische Einteilung, alsi italienisch = rot und süß, französisch = weiß und trocken. In diesem Sinne kann man also einen Wermut verwenden unabhängig davon, ob er wirklich aus Italien oder Frankreich stammt.