Literatur

Inventur Nr. 18 vom 27. November 2022

Inventur.

Es gibt noch weitere Aktualisierungen unserer bestehenden Beiträge. Wußtet ihr beispielsweise,

  • dass Mammie Taylor eigentlich Mayme Taylor heißen müßte, am Ontario Beach entstand, und warum The Only William Schmidt davon abriet, Limettensaft oder eisgekühlte Getränke zu konsumieren?
  • dass man schon in den 1440er Jahren eine Blaupause für den späteren Manhattan Cocktail kannte – da man aqua vitae mit Wein vermischte?
  • dass schon Giuseppe Garibaldi im Januar 1871 einen B&B anläßlich der Eroberung einer Fahne des 61. pommerschen Regiments trank?
  • daß der erste Rob Roy bereits 1884 in London unter dem Namen Manhattan Cocktail serviert wurde?
  • daß Sangaree nicht im Jahr 1736 von Mr. Gordon in London erfunden wurde, sondern schon im 17. Jahrhundert eines der am meisten getrunkenen getränke der Karibik war, dort entstand, und nicht etwa ›graues Blut‹, sondern ›nicht beschwipsendes Getränk‹ bedeutet?
  • was einen Cooler von einem Sour oder einem Cocktail unterscheidet?

B&B

Denn wenn es auch nicht bei Sedan war, so war es doch bei Dijon. Diese Stadt wurde von Giuseppe Garibaldi verteidigt, um den Feind am Vormarsch nach Süden zu hindern. Am 21., 22. und 23. Januar 1871 wurde Dijon von 4000 Preußen angegriffen. Garibaldi ging aus dieser Schlacht siegreich hervor und erbeutete am 23. Januar eine Fahne des 61. pommerschen Regiments. Vor diesem Hintergrund ist es ganz so unwahrscheinlich wie zunächst gedacht also nicht, daß man anläßlich dieses Sieges Cognac mit Bénédictine getrunken hat.

Boulevardier 1929

Mauro Mahjoub hat uns auf eine Publikation aufmerksam gemacht, der im Vorfeld der Meisterschaft über die Teilnehmer informierte. Es heißt dort: »robert carne (aus der Bar Viel). Die Mathematik führt zu allem, vorausgesetzt, man kommt aus ihr heraus, … so lautet eine berühmte Formel. Als Robert Carme das Lycée Saint-Louis verließ, wollte er Ingenieur werden, dann Börsenmakler. Doch plötzlich wurde er auf väterliche Anordnung hin Kellermeister im Ciro’s, wo er die großen Weine kennenlernte. Nach seiner Dienstzeit, die er als Unterleutnant abschließt, findet er mit Vorliebe die Atmosphäre der Bars wieder. Im Chatam unter Albert und im Scribe mit André perfektionierte er seine Fähigkeiten, und die Bar Viel, die ihn nun an sich gebunden hat, wird ihren Ruf gewiss nicht mit ihm verlieren.«

– »robert carne (du bar Viel). Les mathématiques mènent à tout à la condition d’en sortir, … selon la formule célèbre. Robert Carme, à la sortie du lycée Saint-Louis, voulait devenir ingénieur, puis commis d’agent de change. Mais le voilà brusquement, par décision paternelle, caviste au Ciro’s où il apprend les grands crus. Après son service qu’il termine comme sous-lieutenant, il retrouve avec prédilection l’atmosphère des bars. Au Chatam, sous les ordres d’Albert, au Scribe avec André, il se perfectionne, et ce n’est certes pas avec lui que le bar Viel, qui se l’est maintenant attaché, perdra sa réputation.«

Horse’s Neck

Unsere Definition dessen, was ein Horse’s Neck ist, wird vom St. Louis Republic, erschienen am 9. September 1900, bestätigt. Dort heißt es: »»Haben Sie jemals einen ‚Horse Neck‘ probiert?«, fragte James H. McTague. »Nun, das ist kein brandneues Getränk, aber seine große Beliebtheit ist praktisch neu. Und ein ‚Horse Neck‘ kann von Prohibitionisten oder Säufern getrunken werden – es gibt nur einen kleinen Unterschied in der Zubereitung. Zuerst nimmt man ein langes Glas, gibt einen Eiswürfel hinein, schält vorsichtig eine Zitrone, so dass nichts von der Zitrone an der Schale haften bleibt, und lässt diese Schale in das Glas fallen, wobei ein Ende um das Eis und das andere Ende am Glasrand eingehakt wird. Wenn Ihr Gast gerne Alkohol trinkt, gießen Sie jetzt einen Pony Brandy hinein; wenn er aber ein Abstinenzler ist, lassen Sie den Brandy weg; das Getränk wird nicht darunter leiden. Dann nehmen Sie eine Pinte Ginger Ale – es muss ein gutes Ginger Ale sein, wenn es einem gebildeten und anspruchsvollen Gaumen schmecken soll – und füllen Sie das Glas auf. Das ist alles, was man tun muss, um das Getränk zuzubereiten; aber wenn es einen Menschen gibt, der ehrlich sagen kann, dass er es nicht mag, nachdem es zubereitet wurde, würde ich gerne sein Foto haben. Es ist ein Getränk, das im Sommer, im Winter, im Herbst und im Frühling gut ist – es ist immer gut.««

– »Did you ever try a ‚horse neck?‘ “ asked James H. McTague. „Now, that is not a brand-new drink, but its great popularity is practically new. And a ‚horse neck‘ can be drunk by prohibitionist or toper – there is just a little difference in the making of it. First you take a long glass; then you drop a cube of ice in it; then you carefully peel a lemon, so that none of the lemon adheres to the peeling, and drop this peeling into the glass, with one end hooked around the ice and the other end hooked to the rim of the glass. If your customer likes liquor, the thing to do now is to pour in a pony of brandy; but if he is a temperance man, leave out the brandy; the drink will not suffer. Then take a pint of ginger ale – it must be good ginger ale if it is to suit an educated and discriminating palate – and fill up the glass. That is all ther is to making the drink; but if there is a man who can honestly say he doesn’t like it after it is made I would like to have his photograph. It is a drink that is good in summer, in winter, in fall and in spring – it is good all the time.“«

Wann und wo entstand der Horse’s Neck? Darüber geben Zeitungsartikel Auskunft. Die Evening Times schreibt im Jahr 1906: »›Horse’s Neck‹, ein mit Zitronenschalen aromatisiertes Ginger Ale, hat seinen Ursprung in den bohemischen Clubs in London. Der Name leitet sich von dem langen, spitz zulaufenden Glas ab, in dem er serviert wird.«

– »„Horse’s Neck,“ a ginger ale drink flavored with lemon peel, originated in the Bohemian clubs in London. The name is derived from the long, tapering glass in which it is served.«

Little Italy

Auf die Idee, im Manhattan Cocktail Cynar als Bitter zu verwenden, kam Audrey im New Yorker Restaurant ›Raoul’s‹. Sie berichtet: »Wir tranken gerade Manhattans, und ich fragte mich, wie wohl einer wäre, wenn ich den Angostura-Bitter durch Cynar ersetzte. Rittenhouse fügte es zusammen.«

– »We were drinking Manhattans right then, and I wondered what one would be like if I substituted Cynar for the Angostura bitters. Rittenhouse tied it together.«

Mamie Taylor

Der Ursprung der Mamie Taylor am Ontario Beach

Glücklicherweise gibt es einen Zeitungsartikel, der im The Morning Telegraph am 12. Juli 1900 erschien, denn er gibt eindeutig Auskunft über die Entstehung der Mamie Taylor. Bevor wir also auf andere Berichte eingehen, sie dieser vorgestellt. Es heißt dort: »URSPRUNG DER ›MAMIE TAYLOR‹. Die Schauspielerin selbst schreibt ihre Geschichte. Geboren am Ontario Beach. Der erste Mann, der das Getränk auf den Markt brachte, war ein unbekannter Bartender in der Nähe von Rochester. – Der Ursprung der ›Mamie Taylor‹ ist nicht mehr zweifelhaft. Dem Morning Telegraph ist es gelungen, den Urheber des Getränks und die Geschichte seiner Markteinführung zu ermitteln, die zwei Jahre zurückliegt, obwohl es erst vor etwa zwei Monaten in New York eingeführt wurde. Damals wurde behauptet, das Getränk sei die Erfindung einer Schauspielerin aus Washington, aber die folgende Mitteilung einer solchen, und zwar von Mamie Taylor, erklärt seine Entstehung: »Bloomington, III., 9. Juli 1900. Herausgeber Morning Telegraph: Da es scheint, als sei mir Größe aufgedrängt worden, werde ich das Geheimnis lüften, nicht über mein früheres Leben, sondern über den Ursprung der jetzt berühmten Mamie Taylor. Der erste Mann, der dieses exzellente, aber heimtückische Getränk in das Meer der Highballs einführte, war ein unbekannter Bartender am Ontario Beach in der Nähe von Rochester, N.Y. Das war vor zwei Saisons. Damals war ich dort Primadonna einer Operntruppe, und das erklärt das späte Erscheinen des Getränks in New York City, denn der Ansturm auf Mamie Taylors am Strand war so groß, dass wir uns alle Rechte an dem Getränk vorbehielten, bis eines unglücklichen Tages ein durstiger Schauspieler einem dreisten, bösen New Yorker die Formel verriet. Und nun hat sich mein Gehalt vervierfacht, nicht wegen meiner Kunst, sondern wegen meiner gesellschaftlichen Qualitäten. Nachdem ich nun Tausende von eifrigen Wahrheitssuchern erlöst habe, hoffe ich, dass dieses herrliche Getränk bei der Öffentlichkeit immer so beliebt sein wird, wie es bei Ihrer – im wahrsten Sinne des Wortes – MAMIE TAYLOR ist. Mit ›A Brass Monkey‹.« Mit der vorstehenden Mitteilung ist die vieldiskutierte Frage offensichtlich geklärt und im Übrigen auch die Behauptung aus Washington ausgeräumt. »Tatsächlich«, so der Chefapotheker der Bar in der Fifth Avenue, »kam der Drink nicht aus Washington nach New York, sondern direkt aus Ontario Beach, und Miss Taylors Geschichte ist in jeder Hinsicht korrekt. Der Barkeeper, von dem sie schreibt, hat das Getränk auf ihre Anregung hin erfunden und es nach ihr benannt.««

– »ORIGIN OF THE „MAMIE TAYLOR“. Actress herself Writes Its History. Born at Ontario Beach. First Man to Launch the Drink Was an Obscure Bartender Near Rochester. – The origin of the „Mamie Taylor“ is no longer in doubt. The Morning Telegraph has succeeded in discovering the author of the drink and the story of its launching, which dates back two years ago, although it was not introduced in New York until about two months ago. It was then alleged that the bar ingredient concoction was the invention of a Washington actress, but the following communication from one, none other than Mamie Taylor, explains its birth: „Bloomington, III., July 9, 1900. Editor Morning Telegraph: As it seems I have had greatness thrust upon me to you I will divulge the secret, not of my past life, but of the origin of the now famous Mamie Taylor. The first man to launch this excellent but insidious drink upon the sea of highballs was an obscure bartender at Ontario Beach, near Rochester, N.Y. This was two seasons ago. I was then prima donna of an opera company there, and that accounts for the drink’s tardy appearance in New York city, for the run on Mamie Taylors at the beach was so great we reserved all rights to the drink until one wretched day a thirsty Thespian revealed the formula to a bold bad New Yorker. And now my salary has quadrupled, not because of my art but on account of my sociable qualities. Having now relieved thousands of eager truth seekers, let me hope that this splendid beverage will ever be as popular with the public as it is with, Yours truely, MAMIE TAYLOR. With „A Brass Monkey.““ The above communication evidently settles the much mooted question and incidentally does away with the claim from Washington. „As a matter of fact,“ said the chief apothecary at the Fifth Avenue bar, „the drink did not come to New York from Washington, but directly from Ontario Beach, and Miss Taylor’s story is correct in every particular. The bartender of whom she writes originated the drink at her suggestion and named it after her.“«

Diese Geschichte nimmt auch The Post Standard vom 7. März 1902 auf. Dort heißt es: »Es war im Jahr 1899, als Miss Taylor die Primadonna einer Operntruppe war, die am Ontario Beach in der Nähe von Rochester auftrat“, sagte er, „als sie zusammen mit einigen anderen Mitgliedern der Truppe zu einem Segelausflug auf dem See eingeladen wurde. Da der Tag heiß war und eine starke Brise wehte, kehrte die Gruppe nach ein paar Stunden zurück und sehnte sich nach einer kühlen Erfrischung. Als Miss Taylor gefragt wurde, was sie gerne hätte, äußerte sie den Wunsch nach einem langen, aber nicht zu starken Getränk – und zwar eine Claret-Limonade. Als das Getränk serviert wurde, war es sehr offensichtlich, dass es sich nicht um eine Claret-Limonade handelte, denn es sah aus wie ein köstlicher Longdrink aus prickelndem Champagner. Bei der Verkostung stellte Miss Taylor fest, dass es ihr sehr gut schmeckte, bat aber darum, den Geschmack mit einem Stück Zitronenschale abzurunden. Als dies geschehen war, wurde das neue Mischgetränk zu einem vollen Erfolg erklärt. Schaulustige hatten das Geschehen beobachtet und bemerkten den offensichtlichen Genuss, mit dem Miss Taylor und einige ihrer Freunde das neue Getränk genossen. Schließlich fragten sie den Hotelier, um welches Getränk es sich handelte, das ihnen serviert wurde, und ohne zu zögern antwortete der Hotelier “ eine Mamie Taylor“, und der Name schien sofort Anklang zu finden und wurde im ganzen Land bekannt.«

– »It was while Miss Taylor was the prima donna of an opera company playing at Ontario Beach, near Rochester, in 1899,“ he said, „that she was asked with a number of other members of the company to go out sailing on the lake. As the day was hot and the breeze rather strong, the party returned after a few hours longing for some cooling refreshments. When Miss Taylor was asked what she would have she expressed the wish for a long but not strong drink – in fact, a claret lemonade. When the drink was served it was very evident that it wasn’t a claret lemonade, for it looked like a delicious long drink of sparkling champagne. On tasting it Miss Taylor found it much to her liking, but asked to have the flavor softened with a piece of lemon peel. When this was done the new combination drink was declared a complete success. Bystanders had been watching the proceedings and noticing the evident enjoyment with which Miss Taylor and a few of her friends relished in new drink they finally asked the hotel keeper what drink it was that was being served to them and without hesitation the hotel man replied „a Mamie Taylor“ and the name seemed to meet with instantaneous favour and has become famous all over the country.«

An dieser Stelle sollte nicht unerwähnt bleiben, daß der richtige Name der Künstlerin nicht Mamie Taylor war, sondern Mayme Taylor. Anscheinend nannte sie jedoch jeder ›Mamie‹.

Andere Zeitungsberichte

Die Mamie Taylor erreichte New York dem ersten Bericht zufolge im Jahr 1900. Man kannte diese Kombination dort jedoch schon zuvor, denn am 17. Juni 1900 berichtet die Savannah Morning News: »Neues Getränk soll noch wirksamer sein als ›Cyclone Punch‹. Aus der New York Press. Sobald die Kongresswoche in Philadelphia beginnt, wird den durstigen Staatsmännern ein in Washington erfundenes Getränk vorgestellt, das für die ausgedörrten Gaumen der nationalen Hauptstadt neu sein soll. Es wird ›Mamie Taylor‹ genannt. Für die New Yorker ist das einzig Neue an ihm der Name. So wird er in Washington zubereitet: Drücken Sie eine Limette in ein hohes Glas, lassen Sie die Limette in den Saft fallen, geben Sie eine Handvoll zerstoßenes Eis dazu, gießen Sie einen ›Hooker‹ Scotch Whisky darüber und füllen Sie das Glas mit Ginger Ale auf. Umrühren und trinken, aber nicht mehr als zwei.«

– »New Drink Said to Be Even More Potent Than „Cyclone Punch.“ From the New York Press. As soon as convention week opens in Philadelphia thirsty statesmen will be introducer to a drink invented in Washington, and said to be new to the parched gullets of the national capital. It is called the „Mamie Taylor.“ To New Yorkers, the only new thing about it is its name. This is the way they make it in Washington: Squeeze a lime into a tall glass, drop the lime into the juice, add a handful of cracked ice, pour on that a „hooker“ of Scotch whisky and fill up the glass with ginger ale. Stir and drink, but don’t drink more than two.« [14]

Auch The Sun greift am 20. Juni 1900 das neue Modegetränk auf: »MAMIE TAYLOR. Hauptsächlich Ginger Ale, mit ein wenig Scotch und Zitronenschalen. Ein Korrespondent schreibt an THE SUN und fragt, aus welchen Bestandteilen sich das Getränk zusammensetzt, das in Philadelphia gerade so beliebt zu sein scheint und als Mamie Taylor bekannt ist. Der ›Only William‹, der am Broadway gegenüber dem Postamt eine Bar betreibt und eine Autorität für flüssige Genüsse ist, sagte gestern Folgendes über die Mamie Taylor: »Die Mamie Taylor ist nicht neu. Ich habe sie vor Jahren gemixt, aber sie kam aus der Mode und ist erst kürzlich wieder in Mode gekommen. Eine Mamie Taylor ist ein Longdrink aus Ginger Ale mit ein wenig schottischem Whiskey und etwas Zitronenschale darin. Sie ist ein sehr einfaches Getränk und im Sommer sehr kühlend. Sie ist dem ‚Whisper of the Forest‘ und dem ‚Murder of the Shells‘ gewichen, beides exzellente Sommergetränke, aber es sieht so aus, als müsste ich mich wieder mit Mamie Taylors beschäftigen, denn seit die Politiker in Philadelphia anfingen, sie zu trinken, gibt es hier eine ständige Nachfrage danach.« William weiß nicht, woher der Name Mamie Taylor stammt, aber er glaubt, dass er es herausfinden kann, indem er einige der alten Aufzeichnungen konsultiert, auf deren Grundlage er sein erstes Buch über Mischgetränke geschrieben hat. Wenn er es herausfindet, hat er versprochen, THE SUN davon zu unterrichten.«

– »MAMIE TAYLOR. Mostly Ginger Ale, With a Little Scotch and a Bit of Lemon Peel. A correspondent writes to THE SUN to ask what are the component parts of the drink which seems to be so popular in Philadelphia just now, and is known as the Mamie Taylor. The only William, who holds forth in Broadway opposite of the Post Office, and is an authority on liquid delights, said this about the Mamie Taylor yesterday: „The Mamie Taylor is not new. I used to mix them years ago, but they went out of fashion, and have only recently been taken up again. A Mamie Taylor is a long drink of ginger ale, whith a little Scotch whiskey and a bit of lemon peel in it. It is a very simple drink and very cooling in the summer. It gave way to the ‚Whisper of the Forest,‘ and the ‚Murder of the Shells,‘ both excellent summer drinks, but it appears as though I would have to get my hand in on Mamie Taylors again, for since those politicians began to drink them in Philadelphia, there has been a steady demand for them here.“ William does not know the origin of the name of the Mamie Taylor, but thinks he can find out by consulting some of the old records from which he wrote his first book on mixed drinks. If he does find out he has promised to let THE SUN know.«

An dieser Stelle müssen wir nun Zweifel an unserer Statistik anmelden. Die Statistik besagt, daß eine Mamie Taylor eine Mischung aus Ginger Ale, Scotch und Limette (oder Zitrone) sei. Nun haben aber die Aussagen von Mamie Taylor und William Schmidt ein gewichtiges Wort mitzureden. Mamie Taylor soll ausdrücklich nach einer Zitronenzeste gefragt haben, und auch ›the Only William‹ Schmidt spricht von einer Zeste. Es scheint also so zu sein, daß die Mamie Taylor ursprünglich eine Mischung aus Ginger Ale, Scotch und Zitronenzeste war, also nichts anderes als ein Horse’s neck mit Scotch? Dies sei ein weiterer Hinweis darauf, daß es schwierig ist, Highball, Taylor und Horse’s Neck adäquat voneinander zu trennen.

Auch in Texas kannte man eine solche Mischung wie die Mamie Maylor schon zuvor. So berichtet es der ›Mixer and Server‹ am 15. Juli 1900: »›MAMIE TAYLOR‹. Ein New Yorker hat in Philadelphia ein neues Getränk eingeführt; zumindest behauptet er, es sei neu. Es besteht aus gebrochenem Eis, schottischem Whisky, dem Saft einer Limette und einer Flasche Ginger Ale. Der New Yorker lud Edward Green aus Texas, den Sohn von Hetty Green, ein, es zu probieren, und bemerkte, als der Staatsmann aus Texas es probierte: »Das ist das neueste Getränk, das es gibt.« »Wahrscheinlich ist es das in New York«, sagte Green, »aber in Texas wird es schon seit 30 Jahren getrunken. Wir nannten ihn früher ›The Scotch Lassie‹. Wie nennen Sie es?« »Mamie Taylor«, sagte der New Yorker.«

– »„MAMIE TAYLOR.“ A New York man has introduced a new drink to Philadelphia; at least, he says it’s new. It is concocted of cracked ice, Scotch whisky, the juice of a lime and a bottle of ginger ale. The New Yorker invited Edward Green, of Texas, son of Hetty Green, to sample it, remarking as the statesman from Texas tasted it: „That’s the newest drink out.“ „Probably it is in New York,“ said Green, „but they have been using it in Texas for 30 years. We used to call it ‚The Scotch Lassie.‘ What do you call it?“ „A ‚Mamie Taylor‘,“ said the New Yorker.«

Wir können aus diesen Quellen ersehen, daß zwar die Bezeichnung ›Mamie Taylor‹ etwas Neues war, aber auch, daß solch eine Mischung nichts Neues war, sondern schon vorher in New York bekannt war. In Texas kannte man sie schon seit 30 Jahren, also seit 1870. Diese Berichte bestätigen aber auch, daß zahlreiche Erklärungen über die herkunft der Mamie Taylor im Gespräch waren. Sie soll in Washington erfunden worden sein und von dort nach Philadelphia gekommen sein. Alternativ berichtet man, sie sei aus New York nach Philadelphia gekommen.

Sogar die Washington Weekly Post war am 17. Juli 1900 der Meinung, die Mamie Taylor sei drei Wochen zuvor in Washington erfunden worden: »DIE ›MAMIE TAYLOR‹. Wie der neueste Drink hier in Washington geboren wurde. Aus dem New York Telegraph. … Seit der Einführung des Getränks vor etwa drei Wochen ist der profanen Geschichte dieser Stadt viel Stoff hinzugefügt worden, und ganze Bücher sind über die Wissenschaft der Alkoholologie verfasst worden. Denn die ›Mamie-Taylor‹-Epidemie beschränkte sich nicht allein auf das Handwerk, das für die Zeitungen schreibt, sondern breitete sich bald auf alle Berufe aus und richtete in den Berufen großen Schaden an. … In allen größeren Büfetts (alle Barräume mit Spiegeln und üppiger Ausstattung mit geschliffenem Glas sind Büfetts) wurden zusätzliche Barkeeper eingesetzt, und niemand weiß, wo das Ende sein könnte. Der flüssige Terror, der sogar Washington aufgeschreckt hat, wurde von Oberst Willis P. King erfunden, der weithin als Zeitungsmann bekannt ist, der einem Presseverband angehört, und er hat sich seitdem bemüht, der schrecklichen Verantwortung für diese Idee auszuweichen. … Innerhalb von drei Tagen wurde die Mischung in jedem Café der Stadt groß gehandelt, und die Menschen kämpften wie wild, um an die Bars zu gelangen. …«

– »THE „MAMIE TAYLOR.“ How the Latest Drink Was Born here in Washington. From the New York Telegraph. … Since the introduction of the drink, some three weeks ago, much matter has been added to the profane history of this city, and whole books have been enacted into the science of boozeology. For the „Mamie Taylor“ epidemic was not confined alone to the craft which writes pieces for the newspapers, but soon spread to all the vocations, and wrought havoc with the professions. … Extra bartenders have been placed on duty in the all of the larger buffets (all barrooms with mirrors and lavish display of cut glass are buffets), and no man knows where the end may be. The liquid terror which has aroused even Washington was originated and invented by Col. Willis P. King, known widely as a newspaper man attached to a press association, and he has since been endeavoring to dodge the awful responsibility of the conception. … Within three days every cafe in the city was plying a great trade in the mixture, and men fought madly to get to the bars. …«

Sprach William Schmidt noch davon, Zitronenzeste zu verwenden, ist man im Saint Paul Globe vom 2. Juli 1900 anderer Meinung. Dort nämlich verwendet man Limetten, so wie es unsere statistische Auswertung nahelegt. Man schreibt: »Neue Sommergetränke und wie sie hergestellt werden. Der ›Ice Trust Cocktail‹ ist hier, ebenso wie die ›Mamie Taylor‹, das neue Getränk, das von einer Gruppe von Washingtoner Korrespondenten erfunden wurde. Beide sind ein ›langer, kühler Drink‹, aber der erstere wird von den örtlichen Getränkehändlern mehr angepriesen. Für die ›Mamie Taylor‹ drückt man eine Limette in ein hohes, dünnes Glas und gibt dann eine Menge zerstoßenes Eis hinein. Darüber wird ein großer Schluck schottischer Whisky gegossen, und dann wird das Glas mit Ginger Ale aufgefüllt. In der Hauptstadt erlangte die ›Mamie Taylor‹ sofortige Popularität. Sie scheint den Gin-Whisky-Rickey und den Scotch Highball vollständig verdrängt zu haben.«

– »New Summer Drinks and how they are made. The „Ice Trust Cocktail“ is here, likewise the „Mamie Taylor,“ the new drink invented by a party of Washington correspondents. Each is a „long, cool drink,“ but the former is extolled more by the local beverage dispensers. The „Mamie Taylor“ is made by squeezeing a lime into a tall, thin glass, then throwing in a quantity of cracked ice. Over this a good sized hooker of Scotch whisky is poured, and then the glass is filled with ginger ale. At the capital the „Mamie Taylor“ achieved instant popularity. It seems to have superseded completely the gin and whisky rickey and the Scotch highball.«

Warum also sprach William Schmidt von Zitronen und nicht von Limetten? Das hat seinen Grund, und glücklicherweise klärt uns derselbe Zeitungsbericht auch darüber auf: »William ist aus Gründen, die gleich erläutert werden, grundsätzlich gegen Limetten. … »Limetten sind in Ordnung, aber Limettensaft ist tödlich in seiner Wirkung auf den Magen, wenn er zu großzügig eingenommen wird und die Magenschleimhaut buchstäblich in Stücke schneidet. Intelligente Männer, die die Nachwirkungen bedenken, trinken nur gelegentlich einen Rickey. Weitblickende Männer trinken in der Tat nicht oft eiskalte Getränke. Man kann ein Pferd zu Wasser führen, aber man kann es nicht dazu bringen, Eiswasser zu trinken. Manche Männer haben so viel Verstand wie Pferde. Wenn wir kaltes Wasser und kein Eiswasser trinken würden, würden wir alle länger und besser leben. Unsere Vorfahren lebten länger und sahen mit fünfzig besser aus als wir, und sie benutzten nie Eis, so wie wir es tun.««

– »William is constitutionally opposed to limes for reasons about to be explained …“Limes are all right, but lime juice is deadly in its action on the stomach if taken too liberally, cutting the lining literally to shreds. Intelligent men who consider the after effects do not drink rickey except occasionally. As a matter of fact, long headed men do not drink icy beverages much. You know you can lead a horse to water but you can’t make him drink ice water. Some men have as much horse sense. If we drank cold water, not iced water, we’d all live longer and live better. Our forefathers lived longer and looked better at fifty than we do, and they never used ice in the way we do.“«

Auch in der St. Louis Republik vom 9. September 1900 wird die Verwendung von Limettensaft bestätigt: »In den Saloons heißt es, dass es landesweit nur ein einziges brandneues Getränk des Jahres gibt, und das ist die ›Mamie Taylor‹. Es hat seinen Ursprung in Kansas City, Philadelphia oder Washington – die Experten sind sich nicht einig, wo es entstanden ist, aber sie sind sich einig, dass es in einem politischen Umfeld entstand. Es hat sich sehr beliebt gemacht, und jeder Bekannte wird zu einem Freund. Die ›Mamie Taylor‹ ist nicht mehr oder weniger als ein Scotch Rickey, mit der vorgeschriebenen Menge Eis, Scotch Whiskey und Limettensaft, aber mit Ginger Ale anstelle von Seltzer. Sie hat seit zwei Monaten einen großen Zulauf, und die Männer an den Bars erklären, dass er im Winter genauso beliebt sein wird wie im Sommer. … »Der Highball und der Rickey sind sehr beliebt und werden sich auch weiterhin behaupten«, hieß es im Planters. »Und die ›Mamie Taylor‹ ist der beste Rickey, den es gibt. Ich weiß nicht, wo sie herkommt, aber es war in Washington oder Philadelphia oder Kansas City; und ich weiß nicht, wer der Erfinder war, aber die Chancen stehen gut, dass es ein Politiker mit einem gesättigten Gaumen und einem wissbegierigen Geist war. Auf jeden Fall hat er sich eine Tafel auf dem Denkmal des Ruhmes verdient, als er es entwickelt hat.« »Dieses Jahr ist es die Minze – Minze, Highballs und Rickeys«, hieß es im Southern. »Rickeys stehen vielleicht an erster Stelle, … . Diese ›Mamie Taylor‹ ist der großartigste Rickey, der gerade jetzt gefragt ist. Sie hat einen wunderbaren Sprung in der Popularität gemacht. Sie ist erst ein paar Monate alt, aber jeder, der viel reist, kennt sie.««

– »In the saloons, it is stated that there is only one brand new drink of the year anywhere in the country, and that is the „Mamie Taylor.“ It had its origin in Kansas City, Philadelphia or Washington – authorities differ as to place, but agree that it was born in a political atmosphere. It has sprung into much favor, and every acquaintance becomes a friend. The „Mamie Taylor“ is nothing more or less than a Scotch rickey, with the regulation amount of ice, Scotch whiskey and lime juice, but with ginger taking the place of seltzer. It has had a big run for two months, and the men at the bars declare it will be as popular in winter as in summer. … „The high ball and the rickey are the popular things, and will continue to hold their own,“ it was said at the Planters. „And the ‚Mamie Taylor‘ is the best rickey that is made. I don’t know where it originated, but it was at Washington or Philadelphia or Kansas City; and I don’t know who was the author of it, but the chances are that he was a politician with a satiated palate and an inquiring turn of mind. At any rate, he earned a panel on the monument of fame when he evolved it.“ „It is the mint this year – mint, high balls and rickeys,“ it was said at the Southern. „Rickeys, perhaps, hold the place of first prominence, … . This ‚Mamie Taylor‘ is the greatest rickey that is called for just now. It has had a wonderful leap into popularity. It is only a few months old, but everybody who travels much knows.“«

Und in der Tat, mit Limettensaft zubereitet ist die Mamie Taylor so etwas wie ein Rickey, den man mit Ginger Ale statt mit Soda zubereitet.

Manhattan Cocktail

1884 Charlie Paul: American and other drinks. Seite 32. Manhattan Cocktail.

Fill tumbler with chipped ice; put in three
or four drops of angostura bitters, ditto of plain
syrup; add half a liqueur glassful of vermouth,
half wine glassful of Scotch whiskey; stirr well
with spoon and put small piece of lemon on top.

… Gleichwohl war man schon lange zuvor auf die Idee gekommen, Wein mit einem Destillat zu vermischen; und Wermut ist ja im Grunde genommen nichts anderes als eine Art Wein. Wie wir zu dieser Aussage kommen? David Wondrich weist im Oxford Companion darauf hin, daß der italienische Arzt Michele Savonarola bereits in den 1440er Jahren schrieb, daß es für manche schwierig und unangenehm sei, aqua vitae auch nur in kleinen Mengen einzunehmen, weshalb man es in solchen Fällen dann mit Wein, Wasser, oder Bier vermischen solle.

… Dieser Beitrag ist verwirrend. Wieso sollte man einen Manhattan Cocktail mit Gin zubereiten? Wir können es uns nur so vorstellen: Wie bereits dargestellt herrschte anfänglich eine Verwirrung darüber, was ein Manhattan Cocktail sei. Der Schreiber unserer Zeilen wird wohl erfahren haben, daß es ein Cocktail mit Wermut sei, ohne den Hinweis darauf, daß es ein Whiskey Cocktail sein müsse. Kurzerhand nahm er einen Gin Cocktail und fügte den Wermut hinzu. Dies ist ein außerordentlich wichtiger Fund. Denn er belegt, daß man Martinez Cocktails oder Martini Cocktails spätestens im Jahr 1883 trank, auch wenn man sie noch nicht so nannte. Das erinnert ein wenig an den Rob Roy, der seinen Namen erst erhielt, als man schon längst Manhattan Cocktails mit Scotch zubereitete; so geschehen mindestens seit 1884.

Auch andere Zeitungsberichte schreiben darüber, daß der Manhattan Cocktail unbekannt sei, und dies sogar noch im Jahr 1889 in Connecticut. In dieser Geschichte geht es um einen Gast in einer Bar, der einen dem Bartender unbekannten Cocktail bestellte, einen Manhattan Cocktail. Er erhielt stattdessen aber eine Mischung aus Zucker, Bitters, Whiskey, Rum, Brandy, Gin und Zitronensaft. Anschließend brüstet sich der Bartender damit, es diesem Gast aber gehörig gezeigt zu haben. Letzterer käme daher, bestelle einen Drink, den es gar nicht gäbe, weil er ihn vorführen wolle, aber nicht mit ihm! Der Gast hätte seinen Drink erhalten, hätte ihn getrunken, und nicht einmal den Unterschied erkannt, denn es gäbe so etwas wie einen Manhattan Cocktail auch gar nicht!

– »the bartender seemed dazed for a moment. … But the bartender soon rallied and began making the drink. In a large heavy „schooner“ glass, he proceeded to place three or four lumps of white sugar, and saturated them with a liberal supply of bitters, enough for a dozen cocktails. Over this he poured some whiskey, added a gill or so of rum, put in a dash of brandy, and poured over all a wineglass of gin. Then he squeezed half a lemon into the mixture, shook it well together, and poured the whole foaming liquid into a beer glass. The prematurely tender young man had seen the operation, and had misgivings as to how the „cocktail“ would act upon him, but, with the interest of the town centered upon him, he could not back down. He had called for a Manhattan cocktail; there was a Manhattan cocktail on the bar, and he closed his eyes and drank it. Then he went out into the front room, sat down by the stove, and meditated upon the wickedness of the world.“ And the bartender boasted afterwards: „“Did you see that feller from York come in here and ask for a Manhattan cocktail?“ he asked the other patrons. „Tryin‘ to guy me. Thought I was green. But I was on to him like a fly. I fixed him. Gave him everything in the place. Gin, whiskey, rum, everything. Mixed it all up, and gave it to him. Set it on the bar, and he drank it. See him? Didn’t know the difference. These fly fellers can’t beat me. Manhattan cocktail! Huh! ain’t no such thing.“«

Am 9. Dezember 1883 berichtet der Sunday Herald aus Boston: »Ein Manhattan-Cocktail ist übrigens ein sehr gutes Getränk kurz vor dem Abendessen. Es ist ein gewöhnlicher Wermut-Cocktail mit einer Grundlage aus erstklassigem Bourbon-Whiskey. Ich rate den Lesern des BOSTON HERALD nicht dazu, irgendetwas zu trinken, aber wenn sie trinken wollen, werden sie mir wohl zustimmen, dass ein Manhattan-Cocktail das Beste ist, was man herstellen kann.«

– »A Manhattan cocktail, by the way, is a very good drink just before dinner. It is the ordinary vermouth cocktail with a foundation of first-rate Bourbon whiskey. I do not advise the BOSTON HERALD readers to drink anything, but, if they will drink, I think they will agree with me that a Manhattan cocktail is about as good as anything that can be manufactured.«

Die Bar des Hoffman House am Madison Square hatte den internationalen Ruf, die beste Bar der Stadt und damit womöglich der ganzen Welt zu sein. Wer dort als Bartender arbeitete, hatte sich damit für die Arbeit in jeder anderen Bar qualifiziert. Unter diesen bartendern waren auch Frank Meyer und Harry Craddock, die später in paris tätig waren, und zahlreiche andere Bartender, die in New York eine lokale Berühmtheit wurden. Großes Aufsehen erregte die bar, als sie nach umfangreichen Renovierungsarbeiten im Jahr 1882 wiedereröffnet wurde. Der new Yorker Korrespondent des ›Cleveland Leader‹ schrieb hierüber: »Hier gibt es nichts Billiges, und nur wenige Könige haben ihren Toddy in besseren Räumen getrunken.“« – » There is nothing cheap here, and few kings have taken their toddy in better quarters.« Die Fenster waren aus Buntglas, Bar und Wandvertäfelung bestand aus geschnitztem Mahagoni, der Mosaikboden aus Marmor. Im Raum stand eine An den Wänden hingen Gemälde, beispielsweise von William Turner oder Antonio da Correggio. Prunkstück war ›Nymphen_und_Satyr‹ von William Adolphe Bouguereau, das man für 10.000 $ erworben hatte. Im Jahr 2022 wären dies fast 300.000 $. An der Wand hing auch ein Gobelin, der einst Napolenon III. gehört hatte.

… Im Widerspruch hierzu stehen die Statistiken der Whiskey-Produktion in den Vereinigten Staaten, denn diese sprechen ein anderes Bild. Im Jahr 1899, als Rye Whiskey auf dem Höhepunkt seiner Bedeutung war, produzierte man 126,2 Millionen Liter Whiskey, davon waren 62 % Bourbon und nur 38% Rye. Das mag ein Hinweis für uns sein, daß ein Manhattan Cocktail bevorzugt mit Rye herzustellen sei.

Im Jahr 1891 in der Kansas City Times geschrieben, man solle den Manhattan Cocktail mit einer Kirsche garnieren. Noch im selben Monat, im März, schrieb der New York Herald, daß dies eine Modeerscheinung sei, die nun auch beim Manhattan Cocktail angekommen sei. Die Barbesitzer beschwerten sich jedoch, daß durch die erhöhte die Nachfrage und durch Abgaben die Preise für Kirschen in die Höhe trieben. Im November 1897 schreibt der Herald schließlich: »Cocktails enthalten keine Kirsche mehr auf dem Boden des Glases. Kirschen sind auf dem Rückzug, zusammen mit anderen Süßungsmitteln in Getränken.« – »Cocktails no longer contain a cherry at the bottom of the glass … Cherries are going out, along with other sweeteners in drinks.«

Ein Buch aus dem Jahr 1916 über die Geschichte des Manhattan Clubs gibt schließlich Auskunft darüber, welche Mischgetränke dort erfunden worden sein sollen. Man schreibt dort, der beliebteste sei der Sam Ward, darüber hinaus Frappé New Orleans à la Graham, Royal Cup, Manhattan Cocktail à la Gilbert (eine Mischung aus Amer Picon, französischem Wermut und Whiskey), Manhattan Cooler à la McGregor, Columbus Cocktail (unter dieser Bezeichnung gibt es allerdings verschiedene Rezepturen) und der Brut Cocktail. Auch der Manhattan Cocktail wird genannt: »Der berühmte Manhattan-Cocktail wurde im Club eingeweiht. Er besteht zu gleichen Teilen aus Wermut und Whiskey, mit einem Schuss Orangenbitter.«

– »The celebrated Manhattan cocktail was inaugurated at the Club. This consists of equal portions of vermouth and whiskey, with a dash of orange bitters.«

Martinez

Auch ein Zeitungsartikel aus dem Jahr 1883, in dem es darum geht, welche Mischgetränke man in Chicago trinkt, unterscheidet sehr wohl zwischen Gin ond Old Tom Gin und stützt damit unsere These.

Morning Glory Fizz

Gleichwohl war diese Erkenntnis auch früher nicht allgemein bekannt, denn sogar ›the Only‹ William Schmidt »ist aus Gründen, die gleich erläutert werden, grundsätzlich gegen Limetten. … »Limetten sind in Ordnung, aber Limettensaft ist tödlich in seiner Wirkung auf den Magen, wenn er zu großzügig eingenommen wird und die Magenschleimhaut buchstäblich in Stücke schneidet.««

– »is constitutionally opposed to limes for reasons about to be explained … „Limes are all right, but lime juice is deadly in its action on the stomach if taken too liberally, cutting the lining literally to shreds.“«

Oaxaca Old-Fashioned

Der Oaxaca Old-Fashion war nach einer Daiquiri-Variante und dem ›Cinder‹ Phils drittes Mischgetränk, in dem er Mezcal verwendete. Er weiß nicht mehr, für wen er den ersten Oaxaca Old-Fashioned zubereitet hat, doch er war »aus dem Stehgreif ein Knaller. Der Oaxaca wurde in meiner Lieblingszeit bei Death & Co. erfunden. Ich habe das Gefühl, dass es ein großes Cocktail-Labor mit einer Menge Versuchskaninchen – Stammgästen – war, die bei jedem Besuch gespannt auf die neuen Arbeiten warteten.«

– »right-off-the-cuff humdinger. The Oaxaca was invented in my favorite time of Death & Co. I feel like it was one big cocktail lab with a slew of guinea pigs – regulars – who would anxiously await the new works in progress every visit.«

Rob Roy

1884 Charlie Paul: American and other drinks. Seite 32. Manhattan Cocktail.

Fill tumbler with chipped ice; put in three
or four drops of angostura bitters, ditto of plain
syrup; add half a liqueur glassful of vermouth,
half wine glassful of Scotch whiskey; stirr well
with spoon and put small piece of lemon on top.

Sangaree

Begonnen haben wir diesen Beitrag ursprünglich mit einem Bericht über Mr. Gordon, der den Sangaree im Jahr 1736 erfunden haben soll. Wir haben jedoch ältere Hinweise gefunden, die belegen, daß Mr. Gordon nicht der Erfinder war, so wie es im Gentleman’s Magazin behauptet wurde. Unsere Funde machen es notwendig, diesen Beitrag grundlegend anzupassen und mit einem gerüttelt Maß an Erläuterungen anzufangen, bevor wir auf Mr. Gordon eingehen können, dort wo unser Beitrag ursprünglich begann.

Um es für Euch einfacher zu machen, unseren Ausführungen zu folgen, sei das Ergebnis unserer Recherchen vorweggenommen: ein Sangaree ist eine Mischung aus (Madeira-)Wein, optional Wasser, Zucker, Zitrus und optional Gewürz; man kann ihn damit als einen Wein-Punch betrachten.

Vorgeschichte

Hannah Wooley, 1670

Wir beginnen bei Hannah Woolley. Im Jahr 1670 erschien ihr Buch ›The Queen-like Closet or Rich Cabinet‹. Darin publizierte sie ein Rezept für eine ganz spezielle Limonade: »Um Limonado zu machen. Man nehme ein Quart Sack, eine halbe Pinte Branntwein, eine halbe Pinte gutes Wasser, den Saft von zwei Limonen und etwas von der Schale, gieße sie zusammen mit Zucker und trinke sie.«

– »To make Limonado. Take one Quart of Sack, half a Pint of Brandy, half a Pint of fair Water, the Juice of two Limons, and some of the Pill, so brew them together, with Sugar and drink it.«

Ein ›Sack‹ ist eine veraltete Bezeichnung für einen weißen, mit Alkohol angereicherten, fortifizierten, Wein, der vom spanischen Festland oder von den Kanarischen Inseln importiert wurde. Entsprechend seiner Herkunft gab es ›Canary sack‹ von den Kanaren, ›Malaga sack‹ aus Malaga, ›Palm sack‹ aus Palma de Mallorca und ›Sherris sack‹ aus Jerez de la Frontera. ›Sherris sack‹ wurde verkürzt und fand als ›Sherry‹ Eingang in die englische Sprache für fortifizierten Wein aus Jerez. Da Sherry praktisch der einzige dieser Weine ist, der noch in großem Umfang exportiert und konsumiert wird, wird ›sack‹, ohne Namenszusatz, häufig, aber nicht ganz korrekt, als altes Synonym für Sherry verwendet.

Das bedeutet in diesem konkreten Fall, daß Hannah Wooley nichts anderes als einen fortifizierten Wein aus Spanien oder Madeira meint. Ihr Rezept ist so etwas wie ein Wein-Punch, auch wenn zusätzlich zum fortifizierten Wein auch Brandy und Wasser verwendet werden. Besonders hervorzuheben ist hier, daß die Mischung nicht etwa als Punch bezeichnet wird, sondern als eine Limonade. Dies verweist auf den indischen Ursprung des Punches: es ist die Limonade, die man dort nicht nur mit Wasser zubereitete, sondern auch mit Palmwein oder Arrak. Wohl dadurch inspiriert – bewußt oder unbewußt – bereitete Hannah Wooley ihre Limonade statt mit Palmwein mit Sack zu, fügt auch noch ein Destillat hinzu, statt Arrack eben Brandy, und nannte das ganze auch noch ›Limonado‹. Es ist nicht ganz klar, wie die Zubereitung sein soll, denn ›brew‹ kann sowohl ›brauen‹ oder ›aufbrühen‹ oder ›aufgießen‹ bedeuten. Wir haben uns in der Übersetzung für ›aufgießen‹ entschieden, das scheint an meisten Sinn zu ergeben.

Jean-Baptiste Labat, 1694 & 1700

Die bisher älteste Erwähnung von einer sangaree-artigen Bezeichnung für einen Wein-Punch, die wir finden konnten, stammt von Jean-Baptiste Labat. In seinem 1724 erschienenen Buch ›Nouveau voyage aux îles de l’Amérique‹, ›Neue Reise zu den Inseln Amerikas‹ berichtet er aus dem Jahr 1694 im ersten Band:

»Die Engländer trinken auch viel davon und sind nicht feiner als die Spanier; sie haben zwei oder drei Arten von Spirituosen erfunden, deren Gebrauch und Missbrauch auf unsere Franzosen übergegangen ist, die immer sehr eifrig das nachahmen, was sie bei unseren Nachbarn an Schlechtem sehen. Die erste heißt Sang-gris und besteht aus Madeirawein, den man in eine Schale aus Kristall oder Fayence mit Zucker, Zitronensaft, etwas Zimt und Nelkenpulver, viel Muskatnuss und einer gerösteten oder sogar etwas verbrannten Brotkruste gibt. Wenn man der Meinung ist, dass die Spirituose den Geschmack der Dinge angenommen hat, die man hineingetan hat, streicht man sie durch ein feines Tuch. Nichts ist angenehmer, der Geschmack von Zitrone lässt ihn erfrischend erscheinen, und die, die ihn erfunden haben, behaupten das auch; aber man kann leicht an dem, was in seiner Zusammensetzung enthalten ist, erkennen, dass er sehr erhitzend ist, und dass er leicht Kopfschmerzen bereitet. Die zweite ist die Limonade nach englischer Art. Sie wird aus kanarischem Wein hergestellt, in den man Zucker, Zitronensaft, Zimt, Muskat, Nelke und ein wenig Amberessenz gibt. Dieses Getränk ist ebenso köstlich wie gefährlich. … Das dritte Getränk der Engländer ist der Ponche, ihr Lieblingsgetränk, das aus zwei Teilen Branntwein und einem Teil Wasser besteht. Es werden die gleichen Zutaten wie im Sang-gris verwendet, außer der Zitrone, die durch Eigelb ersetzt wird, das ihn dick wie Brouet macht. Sie behaupten, dass dies eine ausgezeichnete Sache für die Brust und sehr nahrhaft ist. Oft wird anstelle von Wasser Milch verwendet, und das ist am meisten geschätzt. Da es nicht erlaubt ist, über Geschmäcker zu urteilen, kann sich jeder ein Urteil über dieses Mischmasch bilden, wie er will.«

– »Les Anglois en consomment aussi beaucoup, & ne sont pas plus délicats que les Espagnols; ils ont inventé deux ou trois sortes de liqueurs, dont l’usage & l’abus sont passez chez nos François, toûjours très-ardens imitateurs de ce qu’ils voyent de mauvais chez nos Voisins. La premiere s’appelle Sang-gris; elle est composée de vin de Madere que l’on met dans une jatte de cristal ou de fayance avec du sucre, du jus de citron, un peu de canelle & de gerofle enpoudre, beaucoup de muscade & une croute de pain rotie, & même un peu brûlée. Lorsqu’on juge que a liqueur a pris le goût des choses qu’on y a mises, on la passe par un linge fin. Rien n’est plus agreable, le gout de citron la fait paroître rafraichissante, & ceux qui l’ont inventée le pretendent aussi; mais il est aisé de voir par ce qui entre dans sa composition qu’elle est très-chaude, & qu’elle donne aisément à la tête. La seconde est la Limonade à l’Angloise. Elle se fait avec du vin de Canarie, dans lequel on met du sucre, du jus de citron, de la canelle, de la muscade, du gérofle & un peu d’essence d’ambre. Cette boisson est aussi délicieuse qu’elle est dangereuse. … La troisiéme boisson des Anglois est la Ponche, c’est leur boisson favorite; elle est composée de deux parties d’eau-de-vie sur une d’eau. On y met les mêmes ingrédiens que dans le Sang-gris, excepté le citron, à la place duquel on met des jaunes d’œufs qui la redent épaisse comme du broüet. Ils pretendent que c’est une chose excellente pour la proitrine & sort nourrissante. Souvent au lieu d’eau on y met du lait, & c’est la plus estimée. Comme il n’est pas permis de juger des goûts, chacun pourra porter tel jugement qu’il voudra de ce salmigondis.«

Diesem Bericht zufolge gab es also drei wichtige Getränke der Engländer: Sangaree, Englische Limonade und Punch. Der Unterschied zwischen Sangaree und Englischer Limonade besteht wohl im Wesentlichen darin, daß Sangaree mit einem Wein aus Madeira zubereitet wurde, die Englische Linonade jedoch mit Wein von den Kanaren. Interessant ist auch, daß man sogar den Sangaree mit geröstetem Brot zubereitete, so wie dies auch beim Punch üblich war und wie wir dort ausführlich beschreiben.

Wieso der Autor der Meinung war, daß Punch mit Eigelb anstelle der Zitrone zuzubereiten sei und deshalb dick wie ein Brouet sei, wird wohl immer ein Rätsel sein. Vielleicht war damals noch nicht in allen Teilen der Welt die Rezeptur für einen Punch vereinheitlicht.

Ein Brouet ist übrigens ein suppen- oder breiartiges, halbflüssiges Gericht aus einfachen Zutaten, wie beispielsweise Schweinefleisch, Blut oder Salz. Es wurde nicht nur im antiken Griechenland, sondern auch im Mittelalter gegessen.

Man mag vermuten, daß sich in Sangaree und Englischer Limonade die verschiedenen Importwege Englands und seiner Kolonien zeigen: Portugiesischer Madeirawein für den Sangaree, spanischer Kanarenwein für die Englische Limonade. Wieso war das so?

Portugal erhielt im Jahr 1668 seine endgültige Unabhängigkeit zurück. Dafür mußte es jedoch Zugeständnisse an England machen.  Infolge dessen ließen sich Engländer in Madeira nieder, um von dort Wein zu exportieren, was Portugiesen nicht erlaubt war. [15] Im Rahmen seiner Dissertation berichtete Frederick H. Smith davon, daß die größte Bedrohung für den französischen Weinhandel die Weinproduzenten und -händler aus Porto und Madeira waren. Das britische Schiffahrtsgesetz von 1663 erlaubte, daß portugiesische Weine direkt nach Britisch-Amerika exportiert werden durften. Diese privilegierte Stellung des portugiesischen Weins wurde im Jahr 1703 erweitert. Das hatte natürlich Auswirkungen auf die Eliten in Britisch-Amerika: bei ihnen war portugiesischer Wein besonders beliebt – was bestätigt, möchten wir einwerfen, daß man dort viel ›Sang-gris‹ trank.

Im Zweiten Band seines Werkes ›Neue Reise zu den Inseln Amerikas‹ berichtet Jean Baptiste Labat von der Insel Saint Christophle, heute Saint Kitts genannt, aus dem jahr 1700: »Die Einwohner, bei denen ich sowohl auf dieser Reise als auch nach meiner Rückkehr aus Saint Domingue gegessen habe, hatten viel Tafelsilber und auf diesem Schüsseln oder Schalen, mit Ponche, Sang Gris und andere Getränken.«

– »Les Habitans chez lesquels j‘ai mangé tant en ce voiage, au’a mon retour de Saint Domingue, avoient beaucoup d’argenterie, & sur tout de ces cuvettes ou jattes, où ils sont la ponche, le sang gris, & autres boissons.« [44-191]

Dictionnaire universel de commerce, 1742

Das ›Dictionnaire universel de commerce‹, das ›Universal-Lexikon des Handels‹, erschienen im Jahr 1742 nimmt offensichtlich Bezug auf die Aussagen Jean Baptiste Labats: »Limonade auf englische Art. Sie wird wie Sanggris gemacht, mit Ausnahme des kanarischen Weins, der in der Limonade den Madeirawein ersetzt, der für den anderen verwendet wird; außerdem wird Amberessenz hinzugefügt, das in Sanggris nicht enthalten ist. Sie ist ebenso köstlich wie gefährlich. Sie wird in großen Mengen auf den französischen und englischen Inseln Amerikas konsumiert. Der Name ist ein Hinweis darauf, dass sie von den Letzteren erfunden wurde.«

– »Limonade a l’Angloise. Elle se fait comme le sanggris, à l’exception du vin de Canarie, qui dans la Limonade tient lieu du vin de Madère, qui s’employé pour l’autre; on y met aussi de l’essence d’ambre qui n’est pas dans le sanggris. Elle est aussi délicieuse qu’elle est dangereuse. On en consomme quantité dans les Iles Françoises & Angloises de l’Amerique. Son nom marque assez que ce sont ces derniers qui l’ont inventée.«

Was genau Sangris ist, wird im Folgeband beschrieben: »SANGGRIS. Eine Art sehr starkes Getränk, das in großen Mengen auf den französischen Inseln Amerikas konsumiert wird, wohin es von den englischen Inseln gelangt ist. Sanggris wird aus Madeirawein gemischt, den man in eine Kristall- oder Fayence-Schale gibt, mit Zucker, Zitronensaft, etwas Zimt & Nelken, viel Muskatnuss & einer gerösteten & sogar etwas verbrannten Brotkruste. Wenn der Likör den Geschmack der Zutaten angenommen hat, die man ihm beigemischt hat, wird er durch ein feines Tuch abgeseiht. Der Likör ist angenehm, und die Engländer halten ihn für erfrischend, was schwer zu verstehen ist, da alle Drogen, aus denen er besteht, einen sehr hohen Wärmegrad haben.«

– »SANGGRIS. Sorte de boisson très forte dont il se consomme quantité dans les Iles Françoises de l’Amérique, où elle est passée des Iles Angloises. Le Sanggris est compofé de vin de Madère, que l’on met dans une jatte de cristal ou de fayance, avec du sucre, du jus de citron, un peu de canelle & de girofle, beaucoup de muscade & une croute de pain rotie & même un peu brûlée. Quand la liqueur a pris le goût des ingrédiens qu’on y a mêlés, on la passe dans un linge fin. Cette liqueur est agréable, & les Anglois la tiennent rafraîchissante, ce qu’il est difficile de comprendre, toutes les drogues qui la composent ayant un très grand degré de chaleur; ce qui est certain, c’est qu’elle donne beaucoup à la tête.«

Übrigens übernimmt dieses Universal-Lexikon auch die Beschreibung des Punches von Jean Baptiste Labat, der zufolge Eigelb zu verwenden sei. Doch das ist eine andere Geschichte und sei hier nur der Vollständigkeit halber erwähnt.

Mehrere Publikationen desselben Jahres nennen dieses Universal-Lexikon als Quelle für ihre Einträge zum Thema ›Sanggris‹ und ›Lemonade a l’Angloise‹, beispielsweise Johann Heinrich Zedler im Jahr 1742 in seinem Universal-Lexikon, die im Jahr 1742 erschienene ›Allgemeine Schatz-Kammer der Kauffmannschafft‹. Da wir nun einmal die Texte gefunden haben, publizieren wir sie an dieser Stelle trotzdem:

»SANGGRIS ist ein sehr starckes Geträncke, davon sehr viel in den Frantzösisch-Americanischen Inseln verthan wird, wohin es aus den Englischen Inseln gebracht worden. Dieser Tranck ist zusammengesetzt aus Wein von Madera, Zucker, Citronen-Saffte, ein wenig Zimmet und Nelcken, viel Muscate und einer gerösteten oder auch gar verbrannten Brod-Rinde. Wenn der Liquor den Geschmack der Ingredientien angenommen hat, so seiget man ihn durch ein klar Tuch. Dieses Geträncke ist sehr angenehm, und die Engelländer halten es vor erfrischend oder kühlend; dieses ist schwer zu begreiffen, weil alle Specerey, daraus es bestehet, die größte Hitze bey sich führen. Dieses ist gewiß, daß es sehr in den Kopff steiget. Savary Dict. Univ. de Commerce.«

»SANGGRIS, ist ein sehr starckes Geträncke, davon sehr viel in den Französisch-Americanischen Inseln verthan wird, wohin es aus den Englischen Inseln gebracht worden. Dieser Tranck ist zusammengesetzt aus Wein von Madera, Zucker, Citronen-Saffte, ein wenig Zimmet und Nelcken, viel Muscate und einer gerösten oder auch gar verbrannten Brodt Rinde. Wenn der Liquor den Geschmack der Ingredientien angenommen hat; so seihet man ihn durch ein klar Tuch. Dieses Geträncke ist sehr angenehm, und die Engelländer halten es vor erfrischend oder kühlend; dieses ist schwer zu begreiffen, weil alle Specerey, daraus es bestehet, die größte Hitze bey sich führen. Dieses ist gewiß, daß es sehr in Kopff steiget. Savary Dict. Univ. de Commerce.«

LIMONADE A L’ANGLOISE, dieser Tranck wird wie der Sanggris zubereitet, ausser daß zur Limonade Canarien-Sect, und zum Sanggris Wein von Madera kommt. Man thut auch Amber-Essentz darein, die im Sanggris nicht ist. Er ist so annehmlich als gefährlich. Man verthut dessen eine grosse Menge in den Französisch-Englisch- und Americanischen Inseln. Sein Nahme zeigt zur Genüge an, daß diese letzteren, nemlich die Engelländer, ihn erfunden haben. Savary Dict. Univ. de Commerce.«

Der Eintrag zur Limonade a l’Angloise in der ›Schatz-Kammer der Kauffmannschafft‹ bedarf der Kommentierung; er macht es erforderlich, kurz auf die Etymologie des Wortes ›Sekt‹ einzugehen. Das ›Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache‹ gibt an, daß man unter ›Sekt‹ einen moussierenden Wein verstehe. Das Wort stamme ab vom Französischen ›(vin) sec‹, ›trockener, herber Wein‹, nach dem lateinische ›siccus‹, was ›trocken‹ bedeutet. Ursprünglich habe man damit aus Trockenbeeren gekelterte Weinsorten Spaniens und der Kanarischen Inseln bezeichnet. Die Bedeutung ›Schaumwein‹ soll das Wort erst durch den Schauspieler L. Devrient im Jahr 1825 erhalten haben. Es ist also keinesweg so, daß der Limonade a l’Angloise mit Schaumwein hergestellt wurde, sondern vielmehr mit einem Wein der Kanarischen Inseln, so wie es von Jean-Baptiste Labat im Französischen beschrieben wurde. Auch zeigt sich, was das Wörterbuch nicht erwähnt, daß das englische ›sack‹ durchaus als Ursprung des deutschen ›Sekt‹ gelten kann – so sah man es jedenfalls im jahr 1742, denn was anderes soll ›Canarien-Sect‹ anderes bedeuten als ›Canary sack‹?

Denis Diderot, 1765

In der 1765 von Denis Diderot herausgegebenen Encyklopaedie steht erneut das, was uns Jean-Baptiste Labat berichtete: »SANG-GRIS , … so nennen die Franzosen in Amerika ein Getränk, das die Engländer erfunden haben und das auf den französischen Westindischen Inseln sehr in Mode ist. Dieses Getränk wird aus Madeirawein, Zucker, Zitronensaft, etwas Zimt, Muskatnuss und einer gerösteten Brotkruste hergestellt; der Likör wird durch ein feines Tuch gestrichen und ist einer der angenehmsten zu trinkenden Liköre. (D. J.)«

– »SANG-GRIS , …c’est ainsi que les François nomment en Amérique, une boisson que les Anglois ont inventée, & qui est fort à la mode aux îles Antilles françoises. Cette boisson se fait avec du vin de Madere, du sucre, du jus de citron, un peu de cannelle, de muscade, & une croûte de pain rôtie; on passé cette liqueur par un linge fin, & elle est une des plus agréables à boire. (D.J.)«

Martin Euler, 1790

Martin Euler bestätigt im Jahr 1790: „SANG-gris, ein starkes Getränk, gemacht aus Wein von Madera, Zuker, Citronensaft, ein wenig Nägelein und Zimmet, ein angenehmes und in den Inseln in Amerika sehr übliches Getränk; mag unserm Hypokras nicht sehr ungleich seyn.

Ökonomisch-technologischen Encyclopädie, 1800

Auch die von Johann Georg Krünitz begründete Ökonomisch-technologischen Encyclopädie beschreibt Sanggris und Englische Limonade:

»Was insonderheit noch die so genannte englische Limonade, fr. Limonade à l‘ Engloise betrifft, so wird sie wie der Sanggris zubereitet, außer daß zur Limonade Canarien=Sect, und zum Sanggris Wein von Madera kommt. Man thut auch Amber=Essenz hinein, die im Sanggris wegbleibt. Sie ist zwar angenehm von Geschmack, aber nicht sehr gesund. Man verthut davon eine große Menge in den französischen und englischen Inseln in Amerika. Das übrige davon wird im Art. Sanggris vorkommen.«

»Sanggris, ein sehr starkes Getränk, von dem vieles in den Französischen Inseln von Amerika verbraucht wird, wohin es aus den Englischen Inseln von Amerika gebracht worden ist. Es wird aus Madera, mit Zucker, Citronensaft, etwas Zimmt, Gewürznelken, vieler Muskatennuß und einer stark gerösteten Brodrinde in einer Schale von Krystall oder unächtem Porzellan gemacht, indem es darin so lange stehen bleibt, bis es den Geschmack der darunter gemischten Ingredienzien angenommen hat, dann wird es durch feine Leinwand geseihet. Dieses Getränk, welches, wie aus der Bereitung hervorgeht, eine Nachahmung des Englischen Punsches ist, ist sehr angenehm von Geschmack, und die Engländer halten es für kühlend, welches jedoch schwer zu begreifen ist, da alle Spezereien, die dazu genommen werden, sehr hitzig sind; soviel ist jedoch gewiß, daß es sehr in den Kopf steigt.«

Ein auf St. Lucia im Dezember 1850 verfaßter Leserbrief aus dem Jahr, der in ›Notes and Queries‹ veröffentlicht wurde, stellt die Frage nach der Namensherkunft: »Sangaree. – Nachdem ich in Ihrer Zeitschrift einige interessante Einzelheiten über den Ursprung des Wortes Grog erfahren habe, werden Sie mir vielleicht erlauben, eine ähnliche Differenzierung für das Wort Sangaree einzufordern. Sie wissen, dass dieses Wort in Westindien für ein Getränk verwendet wird, das aus Madeirawein, Sirup, Wasser und Muskatnuss besteht. Die Franzosen nennen es sangris, vermutlich in Anspielung auf die Farbe des Getränks, das, wenn es gemischt ist, das Aussehen von grauem Blut (sang gris) hat: aber da es Grund zu der Annahme gibt, dass die Engländer die ersten waren, die den Gebrauch dieses Getränks einführten, da sie die ersten waren, die seinen Hauptbestandteil, den Madeirawein, einführten, bin ich geneigt, sangaree als das ursprüngliche Wort zu betrachten und sangris als nichts anderes als eine Abwandlung davon. Kann einer Ihrer Leser (unter denen es sicher viele westindische Pflanzer im Ruhestand gibt) die Etymologie dieses Wortes nennen? Henry H. Breen. St. Lucia, Dez. 1850.«

– »Sangaree. – Your periodical having been the means of eliciting some interesting particulars respecting the origin of the word grog, perhaps you will allow me to claim a similar distinction for the word sangaree. You are aware that this word is applied, in the West Indies, to a beverage composed of Madeira wine, syrup, water, and nutmeg. The French call it sangris, in allusion, it is supposed, to the colour of the beverage, which when mixed has the appearance, as it were, of grey blood (sang gris): but as there is reason to believe that the English were the first to introduce the use of the thing, they having been the first to introduce its principal ingredient, Madeira wine, I am disposed to look upon sangaree as the original word, and sangris as nothing more than a corruption of it. Can any of your readers (among whom I trust there are many retired West India planters) give the etymology of this word? Henry H. Breen. St Lucia, Dec. 1850.«

Dieser Leserbrief wurde von einem anderen Leser beantwortet: »Sangaree ( Band iii., Seite 141.). – Ich bin der Meinung, dass das Wort sansgris geschrieben werden sollte, da es von den französischen Wörtern sans, ohne, und gris, beschwipst, abgeleitet ist, was ein Getränk bezeichnen würde, das nicht beschwipst macht. Ich bin viel auf der französischen Insel Martinique gewesen, und dort wird der Begriff häufig in diesem Sinne verwendet, und zwar für ein Getränk aus Weißwein („Vin de Grave“), Sirup, Wasser und Muskatnuss, mit einem kleinen Stück frischer Limettenschale, das über den Rand des Glases hängt. Ein Einheimischer aus Martinique gab mir diese Bezeichnung als Ursprung des Wortes. Das Getränk sollte nach dem Hinzufügen der Muskatnuss nicht mehr umgerührt werden, da dies den Geschmack verderben würde, so sagen die Anspruchsvollen. T.B.«

– »Sangaree (Vol. iii., p. 141.). – I take it that the word ought to be spelled sansgris, being derived from the French words sans, without, and gris, tipsy, meaning a beverage that would not make tipsy. I have been a good deal in the French island of Martinique, and they use the term frequently in this sense as applied to a beverage made of white wine („Vin de Grave“), syrup, water, and nutmeg, with a small piece of fresh lime-skin hanging over the edge of the glass. A native of Martinique gave me this as the derivation of the word. The beverage ought not to be stirred after the nutmeg is put in it, as the fastidious say it would spoil the flavour. T.B.«

Das ist endlich einmal eine einleuchtende Erklärung. Man mag nun einwenden, daß es wenig wahrscheinlich sei, daß die Engländer eine Bezeichnung für eines ihrer Getränke aus dem französischen übernommen hätten. Doch für den Punch taten sie genau dies, sie übernamen die Bezeichnung von den Indern, wie wir dargelegt haben. Wir müssen uns daran erinnern, daß den alten Quellen zufolge der Sanggris ein übliches Getränk auf den karibischen Inseln war. Dort stand man in direkten Kontakt mit den französischen Inseln. Somit ist es durchaus möglich, daß dacurch bedingt die Engländer das ›sans gris‹ übernahmen, und darus zunächst ›sanggris‹ und dann ›sangaree‹ wurde. Die Bezeichnung muß eigentlich aus der Karibik stammen, denn sonst wäre der Sangaree nicht im Jahr 1736 als eine ›Erfindung‹ des Mr. Gordon durchgegangen.

Die Erklärung als ein ›nicht beschwipsendes Getränk‹ ist glaubhafter als die Erklärung als ›graues Blut‹. Warum sollte es ein ›graues Blut‹ sein? Als ›sack‹ bezeichnete man einen Weißwein, und auch auf martinique bereitete man das Getränk mit Weißwein zu, wie der Leserbrief des Jahres 1853 belegt. Somit enfällt eine mögliche Assoziation von Rotwein mit Blut. Und warum um alles in der Welt, sollte irgendeine Bezeichnung aus dem britischen Pferdehandel Pate gewesen sein, so wie es das Oxford Companion nahelegt? Wir glauben kaum, daß die karibischen Inseln für ihren Pferdehandel berühmt waren. Auch wenn im Französischen ›sang‹ Blut bedeutet, so spricht man doch ›sans‹ ohne das ›s‹ am Ende aus, und warum sollten das die Engländer dann nicht als ›sang‹ in ihre Sprache übernommen haben. Als Jean-Baptiste Labat dann 1694 in der Karibik weilte, hatte sich die Schreibweise sang-gris oder sanggris bereits etabliert, so daß er wiederum diese Schreibweise von den Engländern übernahm. So können wir es uns erklären.

Sazerac Cocktail

David Wondrich bringt es im Oxford Companion auf den Punkt: »Aber Arthur war nie ein besonders akribischer Forscher, und das Buch ist voller leicht vermeidbarer Fehler. Schlimmer noch, er neigte nicht nur dazu, voreilige Schlüsse zu ziehen und Vermutungen als Tatsachen auszugeben, sondern auch die Beweise zu verändern, um seine Schlussfolgerung zu untermauern … .«

– »But Arthur was never a particularly meticulous researcher, and the book is riddled with easily avoidable errors. Worse, he was prone not only to jumping to comclusions and printing supposition as fact but also to altering the evidence to support his conclusion … .«

Der Sour

Diesen Beitrag abschließen soll ein kurzer Ausflug hin zu einer verwandten Getränkekategorie vergangener Zeiten: der Cooler. Beim Blättern durch alte Bücher stößt man immer wieder auf ihn, und es erschließt sich nicht, was ein Cooler eigentlich sein soll. Wir haben es zwar nicht auf Herz und Nieren geprüft, aber ein Zeitungsartikel aus dem Jahr 1873 bringt hier Aufklärung und erklärt auch, warum der Cooler nicht so recht zu greifen ist, sind doch viele Unterschiede zwischen den einzelnen Mitgliedern der Kategorie vorhanden, mal an einen Sour, mal an einen Cocktail erinnernd. Es steht geschrieben: »Manche ziehen es vor, einen Sour oder einen Cocktail mit Eis zu trinken, ohne ihn in ein kleines Glas abzuseihen, und nennen es dann einen ›Cooler‹.«

– »Some prefer to drink a sour or a cocktail from the ice, without having it strained out into a small glass, and then it is called a „cooler.“«

Vom Gin-Punch zum Collins – Teil 3: Sprudelnde Limonade und Limonadenpulver

… Gleichwohl kannte man Limonade schon früh in Europa. Anistatia Miller berichtet, trank man im 16. Jahrhundert in Frankreich gesüßten Zitronensaft mit Wasser als Erfrischung. Eine wahrhafte Innovation war es, eine solche Limonade mit sprudelndem Sodawasser herzustellen. Dies geschah in Paris im Sommer des Jahres 1630. Dadurch wurde Limonade noch beliebter, und im Jahr 1676 wurde von den Limonadenverkäufern eine Handelsgilde namens ›Compagnie de Limonadiers‹ gegründet.

Ein Beitrag im Churpfalzbaierisches Intelligenzblatt aus dem Jahr 1785 beschreibt ebenfalls, wie man Limonadenpulver herzustellen habe: »XII. Bereitungsmittel des Limonadspulver. Das Limonadpulver ist ein dem Namen nach sehr bekanntes Arzneymittel, aber sehr viele wissen die Zusammensetzung nicht, die es haben muß, wenn das Getränk angenehm und heilsam seyn soll. Man nimmt drey Viertel Pfund Zucker, womit man von drey bis vier Zitronen das Gelbe der Schale abreibt. Diesen Zucker reibt man auf einer Reibe ganz fein in eine Schüssel, und drücket darauf den Saft, von den abgeriebenen Zitronen, läßt diese Masse an einem warmen Offen so trocken werden, daß man sie zu einem feinen Pulver reiben kann. Unter diesem mischt man ein halbes Pfund Weinsteinrahm. Von diesem Pulver kann man täglich etwa zwey Loth oder mehr unter das Wasser mischen, so wie jeder nach seinem Geschmacke es gut findet. Diese Limonade ist ein herrlicher Trank in heissen Tagen bey heftigen Wallungen des Blutes, und in den Mehresten Fiebern ungemein erquickend; es treibt zugleich gelinde den Urin ab, und befördert die Leibesöfnung. Eine andere Art Limonadenpulver, das nur bloß kühlt, ohne mehrere Oefnung zu machen, ist folgendes. Man mischt zwey und eine halbe Unze Oelzucker, der durch Abreiben des Zuckers von dem Gelben der Zitronen erhalten wird, und zwey Skrupel Sauerkleesalz untereinander, und thut davon so viel Theelöffel voll in ein Glas Wasser, daß es einem angenehmen Geschmack erhält. Diese Limonade schmeckt beynahe lieblicher, als die erste. In einigen Apotheken wird das Limonadepulver auf folgende, aber fehlerhafte Art zubereitet. Man nimmt 8 Loth auf oben beschriebene Weise Oelzucker, Zwey Quentchen Salpeter, und vier Skrupel Weinsteinsalz. Diese Bereitungsart ist ganz falsch. Denn, was soll das Weinsteinsalt im Limonadenpulver? Von denen 2 Quentchen Salpeter würde es nicht gar zu viel kühlende Kräfte besitzen. Es ist wohl zu glauben, daß man dem Apotheker eine Vorschrift zum Limonadepulver gab, worinn statt des Sauerkleesalzes die wesentliche Weinsteinsäure Sal acidum essenciale Tartari vorgeschrieben war. Der Apotheker hielt aber das saure Weinsteinsalz und das laugenhafte für eins, dieser Fehler entstand aus Mangel chemischer Kenntnisse, und es ist zu bedauern, daß sich dieser Fehler in manche Apotheke eingeschlichen hat. Möchte er doch durch diese Zurechtweisung verbessert werden!«

Unter Weinsteinrahm nennt man auch: Kaliumhydrogentartat, Kalium bitartaricum, Tartarus depuratus, Kalium tartaricum acidum, oder Kaliumbitartrat. Es ist das Monokaliumsalz der Weinsäure und kommt zusammen mit Calciumtartrat im Weinstein vor. Man verwendet es unter anderem als Säuerungsmittel in Backtriebmitteln, als Reinigungsmittel und in der Lebensmitteltechnologie. Ein Brausepulver ist die hier beschriebene Rezeptur jedoch noch nicht. Hierzu fehlt die Zugabe von Natron. Gibt man nämlich eine Mischung aus Natron (Natriumhydrogencarbonat, NaHCO3) und Weinsäure oder Zitronensäure in Wasser, reagieren Natron und Säure miteinander. Es entstehen Natriumtartrat bzw. Natriumcitrat und Kohlensäure. Diese zerfallen in Wasser und Kohlenstoffdioxid, wodurch das Getränk zu sprudeln anfängt.

Limonadenpulver setzte man vielfältig ein. Das Gnädigstprivilegirte Leipziger Intelligenzblatt berichtet im Jahr 1770: »Des churfürstlich-sächs. Armenhauses zu Waldheim Limonadenpulver, welches, ein Theelöffel voll in ein Glas frisches Wasser eingethan, nach einigem Umrühren als die beste Limonade zur Kühlung und Erquickung zu trinken, mithin auf Reisen sehr bequem, auch in malo hypochondriaco zu Abführung der Blähungen, desgl. in hitzigen Fluß- und andern Fiebern zu Stillung des heftigen Durstes, ferner bey gehabtem Aergerniß und Schrecken, auch nach vielem Weintrinken, als das beste niederschlagende Mittel, dienstlich ist. Auch kann solche, bey Ermangelung frischer Citronen, in der Küche statt derselben an die Speisen und zu Brühen nützlich gebrauchet werden. Es ist unter seinem besonderen Siegel ächt und aufrichtig zu haben: in dem churfürstlichen Armenhause zu Waldheim selbsten; in Leipzig, in dem gnädigst priviligirten Intelligenz-Comtoir; in Dresden, in der Armenhaushauptcassenexpedition, bey dem Herrn Copist Fickern; in Mitweyda, bey dem churfürstl. Armenhausapotheker, Herrn Schubarthen; … [es folgen zahlreiche andere Bezugsquellen] … auch sonsten an verschiedenen großen Orten Deutschlands. Die blecherne Büchse à 4 Loth vor 6 gr. Churfürstl. Sächs. Conventionsmünze, und in Louisd’or à 5 Thlr.«

Vom Gin-Punch zum Collins – Teil 4: Der wahre Ursprung der Limonade

… Im vorherigen Beitrag dieser Serie hatten wir erwähnt, daß Anistatia Miller zufolge im Jahr 1630 in Paris Limonade mit Sodawasser zubereitet worden war und daß dadurch Limonade noch beliebter wurde. Wir fragen uns nun, was von einer solchen Beliebtheit zu halten sei, denn in den von uns hier zitierten französischen Limonadenrezepten verlangt keines nach Sodawasser, nicht einmal das des königlichen Kammerdiener Nicolas de Bonnefons und das von François-Pierre de La Varenne, dem bedeutensten französische Küchenchef des 17. Jahrhunderts. Sollte man nicht erwarten dürfen, daß diese beiden Sodawasser zumindest erwähnen sollten?