Inventur

Inventur Nr. 17 vom 6. November 2022

Inventur.

Die Aktualisierung unserer Beiträge ist noch nicht beendet. Wir konnten viel Neues hinzufügen. Wußtet Ihr beispielsweise,

  • was einen Bamboo Cocktail von einem Adonis Cocktail unterscheidet?
  • daß man Bénédictine zum Schutz vor Fieber und Cholera trank?
  • wie sich Ginger Ale im Laufe der Zeit veränderte?
  • wie Wissenschaftler schrullige Alibi-Mythen widerlegten, denen zufolge der Gin & Tonic eine Malaria-Prophylaxe wäre?
  • daß der Highball seinen Namen erhalten haben soll, weil gelangweilte Bartender Eiswürfel zwischen ihren Händen zu einer Kugel abschmolzen?
  • das sich Spirituosen in ungeöffneten Glasflaschen verändern und beispielsweise schon nach 10 Jahren durch eine Extraktion von Natrium aus dem Glas sich der pH-Wert in den alkalischen Bereich verschieben kann?
  • daß die Verwendung kleiner Gläser in Italien eine jahrhundertealte Tradition hat und bestätigt, daß der originale Negroni in ca. 30 ml fassenden Gläsern serviert wurde?
  • daß man Wasser mit Wein desinfizieren kann?
  • um 1872 praktisch alles außer Scotch in der Regel gepanscht war?
  • daß Limettensaft schon lange dafür bekannt ist, einen Kater zu verhindern?
  • daß jeder Amerikaner, der fünf Cent erübrigen konnte, um 1819 morgens immer Sodawasser trank?
  • daß allein die Zugabe von Ingwer zu jedwedem Getränk aus diesem einen Cocktail macht?

Rezepturänderungen

Lustau Amontillado Escuadrilla in: Adonis, Aviation 1912, Bamboo Cocktail, Butchertown Cocktail, Chase, Flor de Jerez

Adonis Cocktail

Was man jedoch feststellen muß: Ein Bamboo Cocktail wird mit französischem Wermut zubereitet, der Adonis Cocktail mit italienischem Wermut. Sie unterscheiden sich nicht aufgrund ihrer Süße, sondern aufgrund der Wermut-Aromatik.

B&B

Auch Soldaten anderer Nationen sind mit dem Bénédictine verbunden, und deshalb besteht die Liebesbeziehung zwischen einem Club in Lancashire und dem Bénédictine seit dem Ersten Weltkrieg, als Tausende von Soldaten aus dieser Gegend an der Front in Nordfrankreich stationiert waren. Die Kämpfe waren verlustreich, und abseits der Schlachtfelder wurden Lazarette eingerichtet. Darunter befand sich auch das Palais Bénédictine in Fécamp. Dieses palastartige Gebäude wurde im Jahr 1880 als Produktionsstätte für den Likör errichtet. Ob dort auf Regimenter aus Lancashire medizinisch versorgt wurden, ist nicht überliefert. Gleichwohl tranken sie Bénédictine und besuchten Fécamp. Vor allem die Soldaten des East Lancashire Regiments entwickelten schnell eine Vorliebe für Bénédictine und tranken ihn vermischt mit heißem Wasser. Sie nannten diese Mischung ›Bene’n’hot‹, die schnell zum Lieblingsgetränk der Soldaten aus East Lancashire wurde. Insbesondere ein besonders langer Aufenthalt des 11. Bataillons des Regiments, die sogenannten Accrington Pals, in der Region soll für die Verankerung dieser Vorliebe wichtig gewesen sein. Nach dem Waffenstillstand am 11. November 1918 befanden sich die Accrington Pals im belgischen Gramont und zogen von dort zurück nach Frankreich, nach St. Omer, Calais und Abbeville, bevor sie Anfang Juni 1919 nach Le Havre, nur 20 Meilen von Fécamp entfernt, verlegt wurden. Im dortigen Lager herrschte eine entspannte Atmosphäre, es gab viel Freizeit, in der man Sehenswürdigkeiten besichtigte und in den Cafés und Bars der Umgebung aß und trank. Der französischen Sitte folgend, sich die Zeit im Café mit Kaffee und Likör zu vertreiben, werden auch die Soldaten auch dort Likör, und warum nicht auch Bénédictine, getrunken haben. Auch Fécamp und das Palais Bénédictine waren ein beliebtes Ausflugsziel. Die Männer, deren Gesundheit unter den Kriegshandlungen gelitten hatte oder die sich noch immer von ihren Wunden und Krankheiten erholten, waren sich einig, daß Bénédictine sie stärkte und medizinische Eigenschaften besäße. Man weiß, daß die Soldaten in den Lazaretten Nordfrankreichs während des Krieges ihre tägliche Ration Bénédictine erhielten. Ein Brief des einundzwanzigjährigen Gefreiten Archy Wilson vom East Lancashire Regiment an seine Frau Clementine belegt, welchen Stellenwert der Likör hatte. Während er auf seinen Heimtransport wartete, schrieb er: »Meine liebe Clementine… Mein Bauch und mein Rücken haben in der Nacht weh getan. Es ist sehr kalt. Unsere Krankenschwester brachte mir ein sehr gutes Getränk mit heißem Wasser, das Bénédictine heißt. Es hat mein Herz erwärmt… Die Jungs vom 5. East Lancs Battalion sind auf meiner Station und sie trinken es alle. Heute waren sie in einem Lokal, das Benediktiner herstellt, und bekamen ein gutes Essen und ein gutes Getränk. Sie sind alle gut gelaunt, und ich bin es auch.« – »My dear Clementine…My tummy and back were sore in the night. It is very cold. Our nurse brought round a very nice drink with hot water in it called Benedictine. It warmed my heart.Lads of the 5th East Lancs Battalion are in my ward and they all drink it. They went to a place today which makes Benedictine and were given a slap-up meal with a good drink. They are all in a good mood and so am I.« Als die Soldaten nach England zurückgekehrt waren, wollten sie auf ihren Bénédictine nicht verzichten. Die ersten 24 Flaschen wurden am 22. Dezember 1918 an den den Burnley Miner’s Club geliefert. Weitere 100 Flaschen folgten in der ersten Woche im Januar 1919, 200 weitere im März 1919. Noch heute lassen viele der 600 Clubmitglieder ihre Abende mit einem Bene’n’Hot ausklingen. Bénédictine ist nicht nur in Burnley, sondern auch in anderen Städten der Grafschaft Lancashire beliebt, beispielsweise in Nelson, Colne, Blackburn und Accrington. Dennoch gilt der Burnley Miner’s Club mit jährlich 1000 Flaschen als der weltweit größte Verbraucher von Bénédictine.

Andrew C. Jackson nimmt kritisch Bezug auf den Mythos, der sich um Bénédictine und die Accrington Pals rankt. Dies ist sein Einwand: Das Bataillon war am Ende des Krieges nicht als die Accrington Pals wiederzuerkennen sei. Zu Beginn des Krieges bestand es noch rund 1000 Männer, die aus Accrington, Burnley, Chorley und Blackburn kamen. Während des Krieges waren Hunderte gefallen und wurden durch Männer von außerhalb der Heimatstädte des Bataillons ersetzt. Hinzu kam, daß die Bergleute die ersten waren, die im Dezember 1918 nach England zurückkehrten. Im Januar 1919 verließen zwei Offiziere und 223 Mann das Bataillon, im Februar 1919 vier weitere Offiziere und 266 Mann. Auch gab es den Beschluß der britischen Regierung vom 17. Januar 1918, demzufolge alle Männer, die 1914 und 1915 angeworben worden waren, demobilisiert werden sollten, sobald ein Transport zur Verfügung stand. Als das Bataillon am 28. Mai 1919 in Le Havre ankam, dürften also nur noch sehr wenige der ursprünglichen Accrington Pals darin gewesen sein. Es waren zwar einige Männer aus Burnley dabei, aber kaum so viele, daß sie die Trinkgewohnheiten im Burnley Miner’s Club hätten begründen können. Außerdem erreichten die ersten Bénédictine-Lieferungen den Club bevor die Accrington Pals in die Normandie kamen. Es ist überliefert, daß nicht nur die Accrington Pals Bénédictine tranken, sondern auch das 5. Bataillon des East Lancashire Regiments, die sogenannten Burnley Territorials. Der Gefreite Archy Wilson berichtete davon in einem Brief, den er in einem Lazarett in Yport an seine Frau Clementine geschrieben haben soll: »Unsere Krankenschwester brachte ein sehr angenehmes Getränk mit heißem Wasser namens Benediktiner. Es wärmte mein Herz. Die Jungs vom 5. East Lancashire Bataillon sind auf meiner Krankenstation, und sie trinken es alle.« – »Our nurse brought round a very nice drink with hot water in it called Benedictine. It warmed my heart. Lads of the 5 E Lancs Batt’ are in my ward and they all drink it.« Bénédictine wurde erstmals in den 1870er Jahren in das Vereinigte Königreich importiert. Warum er ausgerechnet in Burnley so beliebt wurde, dafür gibt es keine endgültige Erklärung. Andrew C. Jackson stellt auch fest, daß man nicht unbedingt in der Nähe von Féchamp gewesen sein mußte, um Bénédictine zu erhalten und zitiert aus der Geschichte des 2. Bataillons des Leinster-Regiments, daß im Januar 1917, als es nicht im Einsatz war: »Luxus war das Gebot der Stunde. Les Brebis, keine dreitausend Meter vom Feind entfernt, lieferte Eier und Bénédictine« – »luxury was the order of the day. Les Brebis, not three thousand yards from the enemy, supplied eggs and Benedictine«. Les Brebis lag im Département Pas-de-Calais zwischen Mazingarbe und Bully-les-Mines. Das Gebiet war bei den Truppen als die ›Eier- und Pommes-Front‹ bekannt, weil dort warme Mahlzeiten und gute Unterkünfte zur Verfügung standen. Das 5. Bataillon des East Lancashire Regiments, die Burnley Territorials, bezogen am 22. Dezember 1917 ihr Quartier in Le Préolan, ebenfalls an der ›Eier- und Pommes-Front‹. Drei Tage später wurde das Weihnachtsfest gefeiert, und es ist überliefert: »Die Verpflegung wurde großzügig aus den Mitteln der Kantine aufgestockt, und es mangelte nicht an Bargeld, denn die Männer sollten sich amüsieren.« – »Rations were supplemented lavishly from canteen funds, and there was no lack of cash, for it was intended that the men should have a good time.« Andrew C. Jackson fragt sich nun, ob diese Weihnachtsfeier der Burnley Territorials vielleicht das Auslöser für die spätere große Nachfrage nach Bénédictine im Burnley Miner’s Club gewesen sein könnte, denn das wäre eine plausiblere Erklärung als das Erscheinen der Accrington Pals in der Normandie Ende Mai 1919.

Es kann sich ein jeder hierzu seine eigene Meinung bilden. Gleichwohl möchte ich einwenden, daß Bénédictine sicherlich in vielen Gegenden Frankreichs verfügbar war und man nicht zwingendermaßen in der Nähe von Fécamp stationiert gewesen sein muß. Für mich ist die zentrale Frage diese: Welches Ereignis führte dazu, daß Bénédictine in Burnley und Umgebung auch nach dem Krieg ein Standardgetränk blieb? Auch andere Regimenter haben in Frankreich sicherlich Bénédictine genossen, nach ihrer Rückkehr in England aber darauf verzichtet. Ausschlaggebend muß also irgendein die Gruppe verbindendes Ereignis gewesen sein, so daß sie sich mit Bénédictine identifizierten, ähnlich wie auch jedes deutsche Regiment seine eigene Regimentsmischung besaß. Insofern bietet Andrews Vorschlag eine geeignete Erklärung.

Ein Grund dafür, daß Bénédictine bei den Soldaten so beliebt war, könnten auch die medizinischen Eigenschaften sein, die man ihm zuschrieb. Er wurde beworben mit den Worten: »Dieser Likör … ist tonisch, anti-apoplektisch, verdauungsfördernd und von exquisitem Geschmack … und eine der wirksamsten Schutzmaßnahmen gegen epidemische Krankheiten. Französische Mediziner haben ihn in letzter Zeit fast einstimmig für Patienten verschrieben, die aufgrund ihrer gastrischen Tendenz eher zu Fieber- und Choleraanfällen neigten.«

– »This Liqueur … is Tonic, Anti-apoplectic, Digestive, and of an exquisite flavour … and one of the most efficacious preservations against epidemic diseases. Latterla French Medical men have almost unanimously prescribed it for patients who by their gastric tendency were more subject to attacs of Fever and Cholera.«

Man kann sich gut vorstellen, daß man sich mit der regelmäßigen Einnahme von Bénédictine vor Fieber und Cholera schützen wollte, insbesondere bei den schlechten hygienischen Zuständen während eines Krieges.

Bourbon Highball (Ginger Ale)

Ginger Ale soll in den 1850er Jahren in Irland erfunden worden sein. Es gibt jedoch auch andere Meinungen. So behauptete Robert Robinson aus New York City, er sein der Erste gewesen, der in den 1840er Jahren in den USA Ginger Ale hergestellt und dieses ‚Ginger Soda‘ genannt habe. Soweit sich das beurteilen läßt, handelte es sich dabei aber eher um eine Art Ingwerlimonade, eine › Gingerade‹, wie sie damals in England hergestellt wurde. Die irische Variante unterschied sich geschmacklich davon. Es ist wahrscheinlich, daß diese Art von Ginger Ale vom irischen Arzt und Apotheker Thomas Joseph Cantrell Cantrell in Belfast erfunden wurde, vielleicht gemeinsam mit der ebenfalls in Belfast ansässigen Firma Grattan & Company, denn diese war an der frühesten Produktion von Ginger Ale beteiligt. Sie warben auf ihren Flaschen mit der Aussage: »The Original Makers of Ginger Ale«. Ob dies allerdings wirklich stimmt, läßt sich nicht beweisen. Der Geschmack dieses frühzeitigen Typs von Ginger Ale unterschied sich deutlich von den heutigen Varianten. Wir würden es nicht als solches wiedererkennen.

Diese Limonade war von dunkler Farbe, mit intensiver Ingwer-Note und einer deutlichen Süße, und man bezeichnet diesen Stil als „Golden Ginger Ale“. Eine weitere Entwicklung nahm das Ginger Ale durch den kanadischen Pharmazeuten und Chemiker John McLaughlin. Dieser gründete 1890 in Toronto eine Sodawasserfirma, und entwickelte in diesem Zusammenhang 1904 eine neue Ginger-Ale-Variante, die er „Pale Dry Ginger Ale“ nannte. Dieses wurde schnell beliebt und 1907 als „Canada Dry Ginger Ale“ patentiert. Beide Stile unterscheiden sich deutlich in ihrer Aromatik.

Die Qualität eines Ginger Ales war oftmals nicht besonders gut. Deshalb schrieb Charles Sulz im Jahr 1888: » … es ist eine bedauerliche Tatsache, dass ein großer Teil des amerikanischen Ginger Ales ›miserables Zeug‹ ist, in vielen Fällen nichts anderes als gesüßtes Wasser.«

– » … it is an unfortunate fact that a great deal of American ginger ale is ‚miserable stuff,‘ in many instances nothing more than sweetened water.«

Wir dürfen davon ausgehen, daß in den billigen und minderwertigen Abfüllungen Capsicum hinzugegeben wurde, um eine Schärfe zu imitieren, die man bei der Verwendung von viel echtem Ingwer hätte. Der Engländer J. T. Norman schrieb 1896: »Ginger Ales sollten keine scharfen Limonaden sein, die stark mit Capsicum versetzt sind; das Hauptmerkmal am Gaumen sollte ein reiner, sauberer Ingwergeschmack sein, der durch Capsicum nicht erreicht wird. Im Vergleich wurden Getränke, die einen zu feurigen Geschmack hatten, auf den letzten Platz verwiesen.«

– »Ginger ales should not be hot lemonades heavily doused with capsicum; the chief palate characteristic should be a clean pure ginger flavor, not attained with capsicum. In competition, beverages which erred on the side of fiery flavor were relegated to their proper position, near the bottom.«

Frühe Ginger Ales enthielten neben Ingwerextrakt Essenzen von Zitrone, Rose und Ingweröl. Seriöse Abfüller verwendeten nur einen Hauch Capsicum. Örtlichen Vorlieben entsprechend kamen bei einigen Rezepturen noch Fruchtessenzen und Gewürztinkturen hinzu. Ginger Ales aus Belfast besaßen ein feines Aroma. Die Amerikaner versuchten dieses mit unterschiedlichem Erfolg zu kopieren. Ihre typischen Aromen stammten von Ingwerwurzel, Orangenschale, Muskatnuß, Vanille, Zimt und manchmal auch Capsicum. Beschreibungen aus der Zeit zwischen 1880 und 1930 legen nahe, daß man den Geschmack von Ginger Ale verehrte.

Man diskutierte über die Qualitäten von importierten und amerikanischen Ginger Ale, über die Sorten ›pale dry‹ und ›‹golden‹, über Aroma und Fruchtigkeit. Es herrschte jedoch Einigkeit darüber, dass ein knackiger Geschmack, eine brillante Klarheit und eine angemessene Schärfe für den Erfolg ausschlaggebend sind. Es war schwierig, ein hochwertiges Ginger Ale herzustellen, und nur wenige beherrschten diese Kunst.

Ginger Ale war in den 1860er Jahren das beliebteste Erfrischungsgetränk in den USA. So sollte es für die folgenden 70 Jahren bleiben. Die Verwendung von Ginger Ale in Mischgetränken scheint auf Mitte des 19. Jahrhunderts zu beginnen. Jerry Thomas kennt in seinem 1862 erschienenen Buch ›How to Mix Drinks‹ zwar kein Ginger Ale, dafür aber eine „Ginger Lemonade“. In der 1887er Ausgabe ist ein Rezept für „Brandy and Ginger-Ale“ enthalten, und er empfiehlt, ein irisches Ginger Ale zu verwenden. Im Jahr 1895 taucht in George Kappelers „Modern American Drinks“ der Horse’s Neck auf. Mamie Taylor war um 1900 in aller Munde.

Man könnte vor diesem geschichtlichen Hintergrund vermuten, daß John Applegreen das ›Pale Dry Ginger Ale‹ im Sinn hatte, als er es für einen Bourbon Highball vorschlug. Es entstand 1904 und John Applegreens Buch erschien ebenfalls 1904. Vielleicht war er unter den Ersten, die „Pale Dry Ginger Ale“ einsetzten. Jedenfalls erschien sein Buch in Chicago, und Toronto ist auch über die Großen Seen zu erreichen. Wie sich das Erscheinen im gleichen Jahr in einem pariser Buch erklären läßt, bleibt zumindest jetzt noch ein Rätsel, ebenso, ob dort ein „Pale Dry Ginger Ale“ gemeint war.

Wie dem auch sei, man muß allerdings bei der Einschätzung auch eine Aussage aus dem Jahr 1883 berücksichtigen. im Evening Star schrieb man nämlich: »Ginger Ale hat in letzter Zeit einen großen Erfolg mit harten Spirituosen gehabt.«

– »Ginger ale has had a great run lately with hard liquor.«

Lange bevor in den Bar-Büchern ein mit Ginger Ale hergestellter Bourbon Highball beschrieben wurde, gab es schon die Sitte, Ginger Ale mit Spirituosen zu vermischen; Somit könnte das Zusammentreffen dieser ersten Publikationen mit dem Entstehen des ›Pale Dry Ginger Ales‹ durchaus auch zufällig sein, zumal die populären Bucks und Taylors, beispielsweise mit Scotch und Gin zubereitet, schon vor dessen Erfindung beliebte Getränke waren.

Gimlet – Teil 1: Die Konservierung von Limettensaft

1825 beschreibt ein Kochbuch, wie man Limettensaft herstellen sollte: »Zubereiteter Zitronensaft (Nr. 406) Auf folgende Weise kann man den Saft von Zitronen, Limonen oder Orangen zubereiten und aufbewahren, für Punsch, Limonade, Eiscreme usw. Man schält die Früchte sehr dünn oder raspelt die äußere Schale mit einer Brotreibe ab, bis man etwa einen Viertelliter davon hat; man füllt sie in eine weithalsige Flasche, gießt einen halben Liter guten Branntwein hinein und stellt die Flasche drei Tage lang an einen warmen Ort, wobei man sie häufig schüttelt. Dann presst man so viel Früchte aus, dass man ein Viertel Saft erhält, lässt ihn absetzen und lässt ihn durch einen Flanellbeutel laufen; man presst den Branntwein aus den Schalen aus und fügt ihn dem Saft der Früchte hinzu; man füllt ihn in Flaschen und verkorkt ihn gut. Beobachtung. – Dies hält sich jahrelang, und wird immer besser im Geschmack; und macht den feinsten Punsch, &c., indem man nur Zucker, Branntwein, Wasser, &c. nach Geschmack hinzufügt.«

– »Prepared Lemon Juice. (No. 406.) In the following manner you may prepare and preserve the juice of lemons, limes, or oranges, for punch, lemonade, iced creams, &c. Pare very thin, or rasp off the outside rinds of the fruit with a bread grater, till you have got about a quarter pint of them; put them into a wide mouthed bottle, pour in half a pint of good brandy, and set the bottle in a warm situation for three days, frequently shaking it up. Then squeeze as much fruit as will yield a quart of juice: let it settle, and run it through a flannel bag: squeeze the brandy from the rinds, and add it to the juice of the fruits; bottle it, and cork it well. Obs. – This will keep for years, and improve in flavour; and make the finest punch, &c., by only adding sugar, spirits, water, &c. to the palate.«

Auch Israel Acrelius berichtet in seinem 1759 erschienenen Bericht über Neu-Schweden, daß zur Zubereitung von Punch in Flaschen abgefüllter und importierter Limettensaft verwendet wurde: »Punch wird aus frischem Quellwasser, Zucker, Zitronensaft und Jamaika-Branntwein hergestellt. Anstelle von Zitronen wird eine westindische Frucht namens Limetten oder ihr Saft, der in Flaschen importiert wird, verwendet.«

– »Punch is made of fresh spring-water, sugar, lemon-juice, and Jamaica spirits. Instead of lemons, a West India fruit called limes, or its juice, which is imported in flasks, is used.«

Gin & Tonic

Die Wissenschaftler schreiben: »Der medizinische Zusatz von Tonic Water zu Gin warf die Frage auf, ob die Menge an Chinin ausreichen könnte, um hemmende oder toxische Wirkungen auf die Malaria verursachenden Plasmodium falciparum-Parasiten auszuüben und somit Malaria zu verhindern oder sogar zu heilen. In der Absicht, zu Gesprächen und Erzählungen beizutragen und schrullige Alibi-Mythen zu widerlegen, haben wir dies zum Thema gemacht. 500 bis 1000 ml Tonic Water, das 58,3 mg/l Chinin enthielt, wurde von sechs gesunden (freiwilligen!) Kandidaten innerhalb von 15 Minuten getrunken. … Erhebliche Mengen an Tonic Water können für kurze Zeit zu Chinin-Plasmaspiegeln an der unteren Grenze der therapeutischen Wirksamkeit führen und in der Tat eine vorübergehende Unterdrückung von Parasiten bewirken. Kontinuierliche Spiegel, die für die Malariaprophylaxe geeignet sind, lassen sich jedoch auch mit großen Mengen Tonic nicht aufrechterhalten.«

– »The medicinal addition of tonic water to gin prompted the question whether the amount of quinine might be sufficient to exert inhibitory or toxic effects on the malaria-causing Plasmodium falciparum parasites and, thus, might prevent or even cure malaria. Willing to contribute to talks and tales and to battle cranky alibi myths, we made this an issue.Five hundred to 1000 ml of tonic water, containing 58.3 mg/l quinine, was downed within 15 min by six healthy (voluntary!) candidates. … Considerable quantities of tonic water may, for a short period of time, lead to quinine plasma levels at the lower limit of therapeutic efficacy and may, in fact, cause transitory suppression of parasites. However, continuous levels that are appropriate for malaria prophylaxis cannot be maintained with even large amounts of tonic.«

Highball

Eine andere wenig glaubwürdige Erzählung über den Ursprung der Bezeichnung ›Highball‹ stammt aus dem Jahr 1906. Damals übernahm The Evening Times einen beitrag aus dem Kansas City Star: »Bartender haben viele Theorien und Ideen über den Ursprung der Namen von Getränken, aber sie sind sich alle einig über den Ursprung des „High Ball“. Der Drink hat seinen Namen von einem alten Brauch der Getränkemixer. In ihren freien Momenten rollten sie ein Stück Eis zwischen ihren Händen, bis es die Form einer Kugel hatte. Diese Eiskugeln wurden dann aufbewahrt, um sie in ein Glas mit Whiskey, verdünnt mit Wasser oder Ginger Ale, zu geben. Das Getränk wurde als „High Ball“ bezeichnet, weil die Eiskugel hoch im Glas schwebte. Der Brauch, das Eis abzurunden, ist heute verschwunden. Das Eis wird in kleine Quadrate geschnitten.«

– »Bartenders have many theories and ideas regarding the origin of the names of drinks, but they are all agreed on the origin of the „high ball.“ The drink derives its name from an old custom of the drink mixers. During their spare moments they used to roll a piece of ice between their hands until it was shaped in the form of a ball. These balls of ice would then be put away and kept in reserve to drop into a glass of whiskey, diluted with water or ginger ale. The drink came to be caled a „high ball“ because of the ball of ice floating high in the glass. The custom of rounding the ice has disappeared now. The ice is cut into small squares.«

Holland House Cocktail

Wir haben erklärt, warum der Holland House Cocktail vielleicht der erste ist, in dem ein Eau de Vie verwendet wird: – Diese Aussage benötigt eine kurze Erläuterung. Das Problem liegt in der englischen Sprache begründet, in der die Bezeichnung ›Brandy‹ nicht eindeutig ist. Ein ›Cherry Brandy‹ kann beispielsweise ein Kirschbrand sein oder auch ein Kirschlikör. Deshalb besteht bei alten Rezepturen immer ein Interpretationsspielraum, was genau gemeint war. Hier jedoch, beim Holland House Cocktail, ist man erstmals präzise: Ein ungezuckerter Orangenbrand ist gemeint, kein Orangenlikör.

Mai Tai

Maria Gorbatschova äußert sich auf Mixology online treffend zu diesem Thema. Zunächst beschreibt sie, wie sich in Flaschen abgefüllter Wein im Laufe der Zeit verändert. Unter der Überschrift »Ein originaler Mai Tai? Leider nicht.« fährt sie dann fort: »Wie ist das bei Spirituosen? Schließlich verwendet man hier im Großen und Ganzen dasselbe Glas, dieselben Flaschengrößen und sogar dieselben Verschlüsse. Wir wissen mit absoluter Sicherheit, dass Wein unter diesen Bedingungen in geschlossenen Flaschen oxidiert. Wir wissen auch, dass Spirituosen ebenfalls von Oxidation beeinflusst werden können. Und doch werden uns bei Spirituosen geschlossene Flaschen als magische Zeitkapseln verkauft, die den Geschmack jahrzehnte- oder sogar jahrhundertelang konservieren. Zumindest wird das, häufig in einem unbedachten Nebensatz, in zahlreichen Büchern und Artikeln behauptet. In der Theorie kann man sich also eine seit Jahrzehnten nicht mehr hergestellte Flasche 17-jährigen Wray & Nephew Rum kaufen und damit einen original Mai Tai so zubereiten, wie ihn Trader Vic 1944 ersonn. Das ist eine schöne Vorstellung, nur leider keine realistische. Denn genau wie ein Wein verändert sich eine Spirituose mit der Lagerung. Vielleicht sind die Veränderungen dezenter und langsamer, sicherlich finden andere chemische Prozesse statt, und doch finden sie statt. Und das nicht erst nach ein paar hundert Jahren, sondern unter ungünstigen Umständen, sobald die Flasche die Destille verlässt. Vibration, Temperaturschwankungen, Licht, Oxidation: Bei falscher Handhabung können diese Vorgänge in vergleichsweise kurzer Zeit auch geschlossene Spirituosen negativ beeinflussen. Nehmen wir einmal an, eine Flasche wird über Jahre bei konstant niedriger Temperatur und Dunkelheit aufbewahrt. Passiert mit dem Inhalt dann nichts? „Wir haben selbst dann Veränderungen festgestellt, wenn die Flaschen bei perfekten Bedingungen gelagert wurde“, so Oscar Garza. „Die Wahrscheinlichkeit dafür, dass sich nach einigen Jahren der Lagerung gar nichts verändert, ist verschwindend gering.“ Dabei können die Veränderungen auch dezent sein, komplett statisch bleibt die Flüssigkeit trotzdem nicht. Über lange Zeiträume konnte der Forscher sogar feststellen, dass Spirituosen mit einem niedrigen PH-Wert nicht nur mit Sauerstoff und Verschluss-Materialien reagierten, sondern sogar mit der Flasche selbst. Dabei gilt: umso niedriger der PH-Wert (so z.B. nach langer Lagerung im Holz), umso reaktionsfreudiger die Flüssigkeit. Nach über zehn Jahren hatte die Flüssigkeit Natrium aus dem Glas extrahiert, der PH-Wert lag nun im alkalischen Bereich.«

Mojito

Die Kombination von Rum und Minze ist etwas, das eine lange Tradition hat. In einer Taverne in Boston servierte man dies schon im Jahr 1721 als »dram of rum and mint-water«, einen Schluck Rum mit Minz-Wasser. Letzteres wird vermutlich eine Art Minz-Destillat gewesen sein, denn ›Mint Water‹ stellte man derart schon am Anfang des 16. Jahrhunderts her.

Morning Glory Fizz

Außerdem hatte der morgendliche Genuß von Sodawasser eine lange Tradition. In einem Reisebericht aus dem Jahr 1819 schreibt Adlard Welby über Philadelphia: »Während der heißen Jahreszeit werden Mineralwässer (hauptsächlich Soda), manchmal mit Sirup gemischt, in großer Menge getrunken; – das erste, was jeder Amerikaner, der sich fünf Cent (etwa drei Pence) leisten kann, morgens nach dem Aufstehen zu sich nimmt, ist ein Glas Sodawasser: viele Häuser sind für den Verkauf geöffnet, und einige von ihnen sind mit Pariser Eleganz ausgestattet.«

– »During the hot season, mineral waters, (chiefly soda,) sometimes mixed with syrups, are drank in great abundance; — the first thing every American who can afford five cents (about threepence) takes, on rising in the morning, is a glass of soda water: many houses are open for the sale of it, and some of them are fitted up with Parisian elegance.«

Wenn wir uns nun einmal gedanklich in die Mitte des 19. Jahrhunderts zurückversetzen, wird es uns nicht wundern, daß damals sicherlich viel öfter als heute billiger Alkohol schlechter Qualität ausgeschenkt wurde, der viel Methanol – oder Fusel, wie man ihn auch nennt – enthielt. Wenn man davon zu viel hatte, kann es also wirklich hilfreich sein, am nächsten Morgen eine Spirituose von besserer Qualität einzunehmen. Doch warum sollte dies ausgerechnet ein Scotch sein? Darüber gibt uns eine Analyse aus dem Jahr 1872 Auskunft: »Dr. L. G. Miller, Inspektor für Spirituosen im Bezirk Wayne, Michigan, sagt: Von dreihundertachtzig Kisten Whiskey, die er in und um Detroit inspizierte, fand er nur zwei reine. Er fand nicht einen Tropfen reinen französischen Branntwein. Von einhundertvier Proben Gin fand er nur neunundzwanzig echte. Von zweiunddreißig Proben Jamaika-Rum fand er nur neun echte. Der irische und der schottische Whiskey waren im Allgemeinen rein. Bei Portwein findet man nur selten einen echten Artikel.«

– »Dr. L. G. Miller, Inspector of Liquors for Wayne Co., Michigan, says: Out of three hundred and eighty cases of whiskey, inspected in and near Detroit, he only found two pure. He did not find a drop of pure French brandy. Of one hundred and four samples of gin, he found but twenty-nine genuine. Out of thirty-two samples of Jamaica rum he found but nine genuine. The Irish and Scotch whiskeys were pure generally. Of Port wine, the genuine article is seldom found.«

Vereinfacht ausgedrückt bedeutet dies doch: Außer Scotch war im Jahr 1872 in der Regel alles gepanscht. Auch 30 Jahre später schien dies noch nicht anders gewesen zu sein. Camper Englisch berichtet, daß der amerikanische Kongress um 1900 feststellte, daß nur zwei Millionen Gallonen unverfälschter amerikanischer Whiskey verkauft worden seien und 105 Millionen Gallonen verfälschter amerikanischer ›Whiskey‹. Als Reaktion darauf wurde 1906 unter Präsident Theodore Rooseveltder ›Pure Food and Drug Act‹ erlassen. Dieses Verbraucherschutzgesetzt sollte vor täuschenden Etiketten und Inhaltsangaben auf Arzneimitteln und Nahrungsmitteln schützen.

Auch ein Kochbuch aus dem Jahr 1723 berichtet über die Vorzüge von Limettensaft: »Um den Punch Royal zu machen. Nimm drei Pinten vom besten Brandy, ebensoviel Quellwasser, eine Pinte oder mehr vom besten Limettensaft, ein Pfund doppelt raffinierten Zucker. Dieser Punch ist besser als ein schwächerer Punch, da er den Kopf nicht so leicht beeinträchtigt, da die Menge des Limettensaftes größer ist als gewöhnlich, und er ist dankbarer und angenehmer für den Magen.«

– „To make Punch-Royal. TAKE three Pints of the best Brandy, as much Spring-water, a Pint or better of the best Lime-juice, a Pound of double refin’d Sugar. This Punch is better than weaker Punch, for it does not so easily afect the head, by reason of the large Quantity of Lime-juice more than common, and it is more grateful and comfortable to the Stomach.

1750 berichtet Thomas Short dasselbe: »Zitronen im Punsch machen ihn harntreibender, helfen, Trunkenheit und die Überhitzung des Körpers durch Zucker und Spirituosen zu verhindern; sie verhindern die Blutverdünnung und übermäßigen Durst.«

– »Lemons in Punch make it more diuretick, help to prevent Drunkenness, and the over-heating of the Body with Sugar and Spirits; they hinder the Blood’s Rarefaction and excessive Thirst.«

Auch Rose’s Lime Juice wurde Mitte des 20. Jahrhunderts damit beworben, daß Untersuchungen nachgewiesen hätten, daß der Lime Juice gut gegen einen ›Kater‹ helfe.

Negroni

Aus eigenen versuchen können wir bestätigen: Es muß kein Campari sein. Wir bevorzugen einen anderen Bitter, den Berto Bitter. Es ist natürlich eine Geschmacksfrage. Uns jedenfalls schmeckt der Berto Bitter besser; er ist aromatischer und komplexer, weniger süß. Ein Beleg dafür, daß wir in unserer Wahl richtig liegen ist dieser: Wir haben immer ein wenig mit der Ausgewogenheit des Negronis gehadert und ihn stets auf Eis serviert bevorzugt, denn Kälte läßt Unausgewogenheiten verschwinden. Mit Berto Bitter hingegen haben wir festgestellt, daß es ohne Eis besser ist.

Der Franzose Émile Leveuvre beschreibt den Americano im Jahr 1889 den Americano unter dem Namen ›Vermouth de Turin au Fernet Branca‹ als eine Mischung aus Turiner Wermut, Fernet-Branca und Sodawasser, in einem Glas mit Eis serviert. Er fügt an, dies sei in Italien der bevorzugte Aperitif.

Die Verwendung kleiner Gläser hat im Übrigen eine lange Tradition in Italien. Michel de Montaigne berichtet im Jahr 1580 aus Florenz: »Die Unsitte der Deutschen, aus übermäßig großen Gläsern zu trinken, hat sich hier ins Gegenteil verkehrt: Man benutzt nur ungewöhnlich kleine.«

Der Negroni dürfte in Amerika bekannt geworden sein, weil nach dem Zweiten Weltkrieg Kriegsheimkehrer die italienische Aperitif-Kultur mit zurückgebracht haben, so lautet eine Interpretation. Die Rezeptur wurde an die dort vorherrschenden Trinkgewohnheiten angepaßt. Man war alkoholreichere Getränke bereits gewöhnt, denn den Martini Cocktail trank man bereits als Aperitif. Robert Simonson ist jedoch anderer Meinung. Er schreibt, der Negroni sei selbst Ende der 1950er Jahre der Allgemeinheit nicht sehr bekannt gewesen. Er sei erst bekannter geworden, als darüber berichtet worden sei, daß Berühmtheiten ihn tränken. In den 1970er Jahren sei er jedoch aus dem Bewußtsein verschwunden bis in die 1990er praktisch nicht mehr vorhanden gewesen. Er fährt fort mit den Worten: »Als der italienische Barkeeper Francesco Lafranconi – der nach Las Vegas gezogen war, um für Southern Wine and Spirits (jetzt Southern Glazer’s) zu arbeiten – 2001 einen Kurs für einheimische Barkeeper leitete, lautete eine der Fragen in der sechsseitigen Prüfung: ›Was ist in einem Negroni? ‹. Das galt als sehr schwierig. Neunzig Prozent der Studenten hatten keine Ahnung. … In den 2010er Jahren trugen Abwandlungen des Getränks ihren Teil dazu bei, den Bekanntheitsgrad des Muttercocktails zu steigern. … Das Ergebnis all dieser Zwillingstrends? Heute werden in den meisten amerikanischen Bars nicht nur Negronis serviert.«

– »When Italian bartender Francesco Lafranconi – who transplanted to Las Vegas to work for Southern Wine and Spirits (now Southern Glazer’s) – led a class for local bartenders in 2001, one of the the questions on the six-page exam was, ›What’s in a Negroni?‹ That was considered a toughie. Nimety percent of the students had no idea. … By the 2010s, riffs on the drink were doing their part to boost the profile of the mother cocktail. … The result of all these twining trends? Today, not only are there Negronis served at most American bars.«

Negus

Ein wichtiger Gesichtspunkt wird wohl auch gewesen sein, daß man Wasser durch die Zugabe von Wein desinfizierte. Der im Jahr 1859 geborene Internist Alois Pick wies Ende des 19. Jahrhunderts die antibakterielle Wirkung des Weines nach. Cholera- und Typhusbakterien im Wasser werden durch die Zugabe von Wein abgetötet. Je mehr Wein hinzugefügt wird, desto schneller tritt diese Wirkung ein. Deshalb empfahl er den Hamburgern während der Choleraepidemie des Jahres 1892, ihrem Wasser einige Stunden vor dem Trinken Wein beizumischen. Die heutige Forschung hat gezeigt, daß Wein viel besser als reiner Alkohol als Antiseptikum wirkt, weil neben Alkohol noch andere sterilisierende Verbindungen enthalten sind, von denen die Polyphenole die größte Wirkung haben.

Papageno

Es scheint jedoch so zu sein, daß der Papageno schon früher, in der Victoria Bar entstand, denn Gonçalo de Sousa Monteiro gibt an: »Der Papageno entstand 2006 in der Victoria Bar. Zur Eröffnung des Le Lion war ich bemüht, jegliche Geschmacksrichtungen auf dem Menü anzubieten. Darunter auch Digestifs. Mit der Markteinführung der Mozart Schokoladenliköre Mitte der Nullerjahre bekamen wir Bartender Möglichkeiten, uns Gedanken über Alternativen zu Golden Cadillacs und Alexanders zu machen.«

Sazerac Cocktail

»Der Unterschied zwischen einem Brandy-Cocktail und einem Brandy-Toddy ist folgender: Ein Brandy-Toddy wird hergestellt, indem man ein wenig Wasser, ein wenig Zucker und viel Brandy hinzufügt – gut mischen und trinken. Ein Brandy-Cocktail besteht aus denselben Zutaten und wird mit einem Schuss Stoughton’s Bitters versetzt, so dass der Bitter die Trennlinie zieht.«

– »Now the difference between a brandy-cocktail and a brandy-toddy is this: a brandy-toddy is made by adding together a little water, a little sugar, and a great deal of brandy — mix well and drink. A brandy-cocktail is composed of the same ingredients, with the addition of a shade of Stoughton’s bitters ; so that the bitters draw the line of demarcation.«

Vom Gin-Punch zum Collins – Teil 2: Soda

Ein Grund, Quellwasser zu trinken, war sicherlich daß dieses Wasser nicht krank machte. In der Nähe von bewohnten Gebieten war Wasser oft verunreinigt und man wurde davon krank. Man vermied es zu trinken, es sei denn, sie waren extrem arm. [63-110] Der deutsche Professor der Medizin Friedrich Hoffmann schrieb Ende des 17. Jahrhunderts, dass sich die Heilkraft der Mineralwässer allein auf die sprudelnden Wässer beschränke. Deshalb bestand Nachfrage nach Sodawasser, und man füllte sie schon früh ab und verkaufte es.

In einem Reisebericht aus dem Jahr 1819 schreibt Adlard Welby über Philadelphia: »Während der heißen Jahreszeit werden Mineralwässer (hauptsächlich Soda), manchmal mit Sirup gemischt, in großer Menge getrunken; – das erste, was jeder Amerikaner, der sich fünf Cent (etwa drei Pence) leisten kann, morgens nach dem Aufstehen zu sich nimmt, ist ein Glas Sodawasser: viele Häuser sind für den Verkauf geöffnet, und einige von ihnen sind mit Pariser Eleganz ausgestattet.«

– »During the hot season, mineral waters, (chiefly soda,) sometimes mixed with syrups, are drank in great abundance; — the first thing every American who can afford five cents (about threepence) takes, on rising in the morning, is a glass of soda water: many houses are open for the sale of it, and some of them are fitted up with Parisian elegance.«

Die Kaufkraft von einem Dollar im Jahr 1821 entsprich im Jahr 2022 einem Wert 26,27 $. Fünf damalige Cent wären heute also ungefähr 1,31 $.

Vom Gin-Punch zum Collins – Teil 3: Sprudelnde Limonade und Limonadenpulver

Die Wahrheit sieht aber etwas anders aus. Wie wir im folgenden Beitrag zeigen werden, lag der Ursprung der Limonande in Indien.

Was wir an dieser Stelle nicht verschweigen wollen, ist die Tatsache, daß nicht nur Sodawasser, sondern auch Limonade in Europa sehr beliebt war. Johann Kaspar Riesbeck berichtet in seinen 1783 erschienenen Buch ›Briefe eines reisenden Franzosen‹ über Wien: »Eins der schönsten Schauspiele für mich waren in den letzten Sommernächten die sogenannten Limonadenhütten. Man schlägt auf den größern Plätzen der Stadt eine grosse Zelte auf, worin zur Nachtzeit Limonade geschenkt wird. Einige hundert Stüle stehn oft darum her, und sind mit Damen und Herrn besezt. In einer kleinen Entfernung steht eine starke Bande Musikanten, und die grosse Stille, welche die zahlreichste Versammlung hier zu beobachten pflegt, thut alsdann eine unbeschreiblich gute Wirkung. Die vortreffliche Musik, die feyerliche Stille, das Vertrauliche, welches die Nacht der Gesellschaft einflößt, alles giebt dem Auftritt einen besondern Reiz.«

Vom Ursprung des Cocktails. Teil 1: Purl und Stoughton’s Bitters.

Im Rezept [für Stoughton Drops] ist die Rede davon, man solle die Schale von zwei Pomeranzen verwenden. Die Frage ist nun: Wieviel ist das? Christian Puszies hat mir die Schale von originalen Curaçao-Orangen überlassen. Nimmt man diese zum Maßstab, so wiegt die getrocknete Schale einer Curaçao-Orange in etwa 15 Gramm. 15 ml getrocknete Enzianwurzel entsprechen ungefähr 7 Gramm; wir werden richtig liegen, wenn wir 7,5 Gramm ansetzen, die Hälfte der Pomeranzenmenge.

Wein gemischt mit Bitter war in Großbritanien und in seinen amerikanischen Kolonien ein gängiges Getränk. Auch George Washington bot es am 6. Mai 1783 seinen Gästen an: »Washington zog seine Uhr hervor und stellte fest, dass es fast Zeit zum Abendessen war, und bot Wein und Bitter an.« – »Washington pulled out his Watch & observing that it was near Dinner Time offered Wine & Bitters.«

Vom Ursprung des Cocktails. Teil 2: Die Cocktail-Zutaten laut klassischer Definition

Gleichwohl gab es schon frühzeitig die Auffassung, daß ein Cocktail mit wenig Wasser zuzubereiten sei. Dies ist dann wohl eher eine amerikanische als eine britische Auffassung. Dieser amerikanischen Auffassung zufolge wurde auch ein Toddy nur mit wenig Wasser hergestellt – obwohl in diesen ursprünglich ebenfalls viel Wasser gehört. Als Beleg sei hier eine Reisebeschreibung aus dem Jahr 1835 zitiert, in der der Autor über seinen Aufenthalt in New Orleans berichtet. Er beschreibt dabei auch den Cocktail: »Der Unterschied zwischen einem Brandy-Cocktail und einem Brandy-Toddy ist folgender: Ein Brandy-Toddy wird hergestellt, indem man ein wenig Wasser, ein wenig Zucker und viel Brandy hinzufügt – gut mischen und trinken. Ein Brandy-Cocktail besteht aus denselben Zutaten und wird mit einem Schuss Stoughton’s Bitters versetzt, so dass der Bitter die Trennlinie zieht.«

– »Now the difference between a brandy-cocktail and a brandy-toddy is this: a brandy-toddy is made by adding together a little water, a little sugar, and a great deal of brandy — mix well and drink. A brandy-cocktail is composed of the same ingredients, with the addition of a shade of Stoughton’s bitters; so that the bitters draw the line of demarcation.«

Beispielhaft [für das Trinken eines Cocktails am Morgen] nennen wir hier auch diese Quelle: John Mactaggart bereiste von 1826 bis 1828 Kanada und berichtet: »Ich war in allen kanadischen Städten und Siedlungen, die der Rede wert sind — Quebec, Montreal, Kingston, York usw. Die Einwohner sind recht zivilisiert. In einer gewöhnlichen Taverne erleichtern Ihnen Essen und Bett den Geldbeutel um einen Dollar pro Tag, in einem Hotel um die Hälfte mehr, ohne die Weine, die solala sind — nicht gerade umwerfend, ein Dollar pro Flasche — und Grogs im Verhältnis. Die modischen jungen Leute folgen weitgehend den Sitten der Amerikaner – sie trinken Gin Sling, Sangaree und Limonade, rauchen Zigarren und nehmen morgens Bitter, Cocktails und Sodawasser zu sich.«

– »I have been through all the Canadian cities, towns, and villages, worth speaking about — Quebec, Montreal, Kingston, York, &c. The inhabitants are tolerably civil. In a common tavern, your food and bed will ease your pocket of a dollar a-day; if in an hotel, half as much more, exclusive of wines, which are so so — no great shakes, a dollar a bottle — and grogs in proportion. The fashionable young fellows follow a good deal the manners of the Americans — drink gin sling, sangaree, and lemonade, smoke segars, and in the morning take bitters, cocktail, and soda-water.«

Vom Ursprung des Cocktails. Teil 3: Etymologie

Als weiteren Beleg dafür, daß die Bezeichnung ›Cocktail‹ tatsächlich, wie hier hergeleitet, auf die Zugabe von Ingwer in ein Getränk zurückgeht, sei aus einem Beitrag in Bentley’s Miscellany, erschienen im Jahr 1838 in London, zitiert. Dort wird eine Reise von New York nach Philadelphia beschrieben, und anläßlich einer Schiffsreise auf dem Delaware wird angemerkt: »Wir unterhielten uns an Deck, bis wir den Gang für uns allein hatten, denn die anderen Passagiere hatten sich alle an die Öfen in der Kajüte oder in den Barraum zurückgezogen, wo Ale-Cocktail (Ale mit Ingwer und Chili), Sangaree (Schnaps und Zucker) und Mononghahela (Whiskey) Punsch sehr gefragt waren.«

– »We had been talking on deck until we had the gang-way to ourselves, the other passengers having all retired to the stoves in the cabin, or to the bar-room, where ale-cocktail (ale with ginger and pepper in it), sangaree (spirits and sugar), and Mononghahela (whiskey) punch were in great demand.«

Wie wir sehen, macht die Zugabe von Ingwer (und hier auch ›pepper‹, womit wohl Chili gemeint sein wird) aus einem einfachen Bier einen Bier-Cocktail. Und jedes andere Getränk mit Ingwer ist entsprechend unserer herleitung ebenfalls ein ›Cocktail‹.

Vom Ursprung des Cocktails. Teil 4: Historisch interessante Rezepte

Wie der Bitter wurde auch der Ingwer als Medizin betrachtet, und wir wollen hier beispielhaft zwei Beispiele anführen. Im Jahr 1802 wird geschrieben: »Da Darmbeschwerden derzeit häufiger auftreten als je zuvor, empfiehlt ein medizinischer Korrespondent die folgende sichere Kur: … Gekochtes Fleisch, Toast und Wasser sollten zum Abendessen eingenommen werden, und ein kleiner Becher schwacher Branntwein und warmes Wasser mit Ingwer, bevor sich der Patient zur Ruhe begibt.«

– »As bowel complaints are at present more prevalent than has ever been remembered, a medical correspondent recommends the following safe and certain cure: … Boiled meat, and toast and water, should be taken at dinner, and a small tumbler of weak brandy and water warm, with ginger, previous to the patient retiring to rest.«

Im Jahr 1831 schreibt Moritz Hasper »Von der Behandlung mit Beriberi. In den mildern Fällen empfahl Christie Calomel mit Squilla, oder mit andern diuretischen Mitteln und Beförderung der Perspiration und anderer Ausleerungen durch Getränke und kleine Dosen Antimonium, oder durch das bekannte Jamespulver, und endlich die Kräfte zu stärken, wozu er Liqueure, besonders die von Ingwer bereiteten, gin punch, welcher zugleich sie Wirkungen der Squilla befördere, anwendete. Durch diese Mittel werden die Symptome oft innerhalb weniger Tage entfernt, mit Ausnahme des Einschlafens der Extremitäten, das gewöhnlich längere Zeit noch zurückbleibt.«

Vom Ursprung des Cocktails. Teil 8: Andere Deutungen

Cock Ale soll im 17. Und 18. Jahrhundert in England eine sehr beliebte Bier-Spezialität gewesen sein. Das Oxford Dictionary beschreibt es als „Ale gemischt mit der Sülze oder dem Hackfleisch eines gekochten Hahns, neben anderen Zutaten.“ – „ale mixed with the jelly or minced meat of a boiled cock, besides other ingredients”.

Punch, Toddy, Grog & Co. – Teil 8: Grog

Der Grund, eine Spirituose mit Wasser zu mischen, war, daß es in der Nähe von besiedelten Gebieten oft nicht gesund war, Wasser zu trinken, denn es war verunreinigt. Man trank es nur, wenn man zu arm war, um sich andere Getränke leisten zu können.

Man kann davon ausgehen, daß auch mit Gin ein Grog hergestellt wurde, denn Camper English berichtet, daß die Seeleute der britischen Marine zwar ihre tägliche Rumration erhielten, zumindest, wenn sie in der Karibik segelten, denn dort wurde Rum produziert. Bei der Abfahrt aus England hingegen seien die Schiffe oft mit Gin beladen worden.

Volumetrische Mengenangaben

In den 1870er Jahren ersetzten extra dafür angefertigte Jigger die Sherry- und Likörgläser beim Abmessen von Mengen.

Das Volumen eines Weinglases wurde nie offiziell definiert, dennoch wurde das Weinglas im 18 und 19. Jahrhundert oft als eine britische Flüssigkeitsmengenangabe verwendet. Anfänglich soll es rund 60 ml gefaßt haben, später um die 120 ml.