Es ist wieder einmal Zeit, unsere Beiträge auf den neuesten Stand zu bringen. Wir informieren Euch beispielsweise über diese Dinge:
B&B: Warum wird in East Lancashire am meisten Bénédictine in ganz England getrunken?
Brandy Crusta: Warum soll das Süß-Säure-Verhältnis nicht ausgewogen sein?
Canchánchara: Was hat der Canchánchara mit einer Medizin zu tun, mit der man pilzbefallenen, fauligen Wunden behandelte?
Hanky Panky: Woher kam Charles Hawtrey die Idee, dem Hanky Panky den Namen hanky Panky zu geben und was hat ein Butler damit zu tun?
Twentieth Century: Wer war Charles A. Tuck, der Erfinder des Twentieth Century?
Punch, Toddy, Grog & Co. – Teil 4: Punch – Ein indisches Getränk: Welchen weiteren Beweis gibt es dafür, daß der Punch ein altes indisches Getränk ist?
Vom Gin-Punch zum Collins – Teil 7: John Collins und sein Punch: Warum gibt es keine Skelette auf den Schlachtfeldern von Waterloo und was hat Zucker damit zu tun?
Auch zu folgenden Beiträgen haben wir Neues hinzugefügt: And to All a Good Night, Army & Navy, Aviation Cocktail, Bamboo Cocktail, Boulevardier, Cascade Highball, Professor Langnickel, Upstairs.
Man mag gegen unsere Hypothese einwenden, daß für die Regimentsmischung angegeben wurde, man solle Benedictiner verwenden, nicht Bénédictine. Hierauf möchten wir erwidern, daß dies kein Widerspruch ist. Wir berufen uns dabei auf Harry Johnson. In seinem Rezept für ein Knickebein gibt er im Englischen an, man solle Bénédictine verwenden; in der deutschen Übersetzung wird daraus Benedictiner.
In Deutschland liebte man den Knickebein. Es gab zahlreiche unterschiedliche Rezepturen. Eine davon steht im 1913 erschienenen Lexikon der Getränke: Unten Bénédictine, oben ein Cognac, dazwischen ein ganzes Eigelb. Auch in ›Bowlen und Pünsche zum Manöver- und Feldgebrauch‹ ist eine Möglichkeit für einen Knickebein: unten Benediktine und darüber Cognac. Das ist nichts anderes als ein B&B mit Eigelb.
Auch Soldaten anderer Nationen sind mit dem Bénédictine verbunden. Das ›11th (Service) Battalion, East Lancashire Regiment‹, auch als ›Accrington Pals‹ bekannt, war von Juni bis Oktober 1919 in der Gegend von Le Havre, Harfleur und Fecamp stationiert. In Fécamp befand sich auch die Produktionsstätte für Bénédictine. Nach jahrelangen Kämpfen im Ersten Weltkrieg waren sich die Soldaten einig, daß ein ›Bene‹ medizinische Eigenschaften und eine stärkende Wirkung hat. So wurde Bénédictine schnell zu ihrem Lieblingslikör. Zurück in East Lancashire fragten sie weiterhin nach ihrem ›Bene‹. Die Nachfrage nach dem Getränk war so groß, daß die Verkäufe in East Lancashire im Nordwesten Englands bald den größten Teil der Verkäufe in Großbritannien ausmachten, und so ist es bis heute geblieben.
1947 Pedro Chicote: Cocktails mundiales. Seite 109. Aparicio-Cocktail.
Prepárese en cocktelera: Unos pedacitos de hielo. 1/4 parte de buen coñac. 3/4 partes de benedictino. Bátase bien en la cocktelera y sírvase en copa de las de vino de Jerez, hasta su tercera parte, termi- nándola de llenar de nata fresca.
Bezüglich der Menge des Zitronensaftes haben wir hinzugefügt:
Dieser Aussage wollen wir zustimmen. Wir haben versuchsweise zunächst soviel Zucker hinzugegeben, wie notwendig, um bei 10 ml Zitronensaft ein ausgewogenes Süß-Sauer-Verhältnis zu bekommen, so wie man es in der Regel machen sollte. Dadurch ist der Brandy Crusta zwar ausgewogen – aber im fehlt dadurch auch das Strahlen. Mit etwas weniger Zuckersirup entsteht hingegen eine leichte Unwucht, die es interessanter macht, etwas säurebetonter. Das erinnert uns an den Wiederaufbau der Frauenkirche. In einer Fernsehdokumentation wurde berichtet, daß man sich an den mittelalterlichen Regeln der Steinmetze orientiert hatte und demzufolge keine perfekten 90°-Winkel gebaut hat. Unbewußt nimmt man den Unterschied wahr. Durch die verringerte Perfektion wirkt das Gebäude organischer und schöner, als es mit perfekten Winkeln wäre. So ist es auch beim Brandy Crusta: mit einer leichten Unwucht wird er ›richtiger‹. Nur so bekommt er das ›Strahlen‹, das er haben sollte.
Wir haben auch erklärt, was ein Orchard Syrup ist:
Orchard Syrup, wörtlich übersetzt ›Obstgarten-Sirup‹ ist dem Oxford Companion zufolge ein Fruchtsirup, der durch das Einkochen von Fruchtsaft, manchmal unter der Zugabe von Zucker, entsteht. Hauptsächlich verwendet man dafür eine Mischung aus Apfel- und Birnensaft.
Eine Mischung aus Limettensaft, Honig und Rum, gekocht über einem schwachen Feuer, erinnert an den Honeysuckle und zeigt, daß solch eine Mischung eine weit zurückreichende Vergangenheit hat. In einem Buch, in dem es über Krankheiten geht, die an Bord eines Teils des britischen Geschwades auf den kleinen Antillen in den 1790er Jahren auftraten, wird diese Behandlung beschrieben: »Gleiche Teile von Limettensaft, Rum und Honig oder frischem Sirup, in der Menge von einem Pint über einem schwachen Feuer gekocht, mit zwei Drachmen fein pulverisiertem Verdegrease, bis ein Drittel der Flüssigkeit verdampft war, bildeten eine Anwendung, die sehr nützlich bei diesen übelriechenden, pilzigen und fauligen Wunden war, und ist in diesem Krankenhaus täglich in Gebrauch. Mit dieser Lösung wurden die pilzbefallenen, fauligen Wunden benetzt und gereinigt, und manchmal wurde ein mit dieser Lösung benetzter Mull über die Stelle gelegt.«
– »Equal parts of lime-juice, rum, and honey, or fresh syrup, boiled in the quantity of a pint over a slow fire, with two drachms of finely powdered verdegrease, until a third part of the liquor was evaporated, formed an application very useful in these foul, fungous, and putrid sores, and is in daily use in this hospital. With this solution, the fungous putrid sores were wetted and deterged, and sometimes lint wetted in it was applied over the part.«
Der Oxford Companion hält das Jahr 1921 für wahrscheinlich, denn in diesem Jahr produzierte Charles Hawtrey ›Ambrose Applejohn’s Adventure‹ am Savoy Theatre, und spielte auch darin mit. Das Theater lag direkt neben dem Hotel. Zuvor produzierte er ›Hanky Panky John‹ von Basil McDonald Hastings. Das Stück wurde im Januar und Februar 1921 im Playhouse Theatre aufgeführt. Die Sporting Times vom 5. Februar 1921 beschreibt, daß der namensgebende Butler John den Spitznamen Hanky Panky habe, da er einen Cocktail mit dem Namen Hanky Panky erfunden habe. Das wird wohl auch die Inspiration für Charles Hawtrey gewesen sein, ›seinen‹ neuen Cocktail ›Hanky-Panky‹ zu nennen.
Charles A. Tuck war Head Bartender im Picadilly Hotel in London, als er im Jahr 1967 sein Buch ›Cocktails and Mixed Drinks.‹ veröffentlichte. Interessanterweise stellte in diesem Jahr der Twentieth-Century-Zug seinen Betrieb ein. Er schreibt selbst über sich: »Was mich betrifft, so habe ich in vielen berühmten Hotels in England und im Ausland gearbeitet. Angefangen habe ich im Carlton in London, einem der berühmtesten Hotels der Welt, das es heute nicht mehr gibt. Später arbeitete ich im Semiramis in Kairo und sammelte dann in ganz Europa viele Erfahrungen. Einige Jahre vor dem letzten Krieg eröffnete ich die Buttery Bar im Hyde Park Hotel in London, und als der Krieg vorbei war, eröffnete ich eine neue Cocktailbar im Flemming’s Hotel in London. Im Jahr 1950 ging ich in das Piccadilly Hotel und war dort einige Jahre lang Chef-Barkeeper. So viel zu meiner Erfahrung in der Kunst des Mixens von Getränken.«
– »As for me, I have worked in many famous hotels in England and abroad. I started at the Carlton, in London, which was one of the most famous hotels in the world and which is no more. Later, I worked at the Semiramis in Cairo and then gained a great deal of experience all over Europe. I opened the Buttery Bar at the Hyde Park Hotel in London some years before the last war and when the war was over I opened a new Cocktail Bar at Flemming’s Hotel in London. In 1950 I went to the Piccadilly Hotel and have been Head Bartender there for a number of years. So much for my experience in the art of mixing drinks.«
Charles Tuck war 1965 der Präsident der ›United Kingdom Bartenders Guild‹, 1968 deren Vizepräsident. In den 1970er Jahren war er Vizepräsident der ›International Bartenders Association‹.
Im Zusammenhang mit dem Twentieth Century kann man sich die Frage stellen, welche Art von Crème de Cacaos ursprünglich eingesetzt wurde. War er ›weiß‹, also klar, oder ›braun‹? Im ›Café Royal Cocktail Book‹, dort wo er zuerst beschrieben wurde, wird in den Rezepten des Buches nur › Crème de cacao‹ angegeben, und im Anhang steht geschrieben: »Crème de cacao. – A French liqueur, chocolate in colour, with the flavour of cocoa and very sweet.« – Das bedeutet doch, daß man, um dieses Rezept originalgetreu nachzumixen, einen dunklen Crème de Cacao verwenden müßte. Allerdings ist es so daß es einen klaren Crème de Cacao schon im 19. Jahrhundert gab, wie ein Blick in die Bücher verrät.
Ein weiteres Argument spricht für den Punch als eine indische Erfindung. Nicht nur die Limonade entstand dort. Indien und Zentralasien sind ebenso entscheidend für die frühe Geschichte der Destillation. Es gibt viele archäologische Funde und alte Texte, die darauf hindeuten, dass der indische Subkontinent eines der frühesten Zentren der Destillation war.
Vom Pazifik aus verbreitete sich das Zuckerrohr nach Indien und China. Die frühesten Hinweise auf die Herstellung von alkoholischen Getränken aus Zuckerrohr finden wir in Indien.
Die gewichtigsten Belege für eine antike Destillation stammen aus Gandhāra, eine antike Region um die Stadt Peschawar am Oberlauf des Indus, die heute das Grenzgebiet zwischen Afghanistan und Pakistan bildet. Dort fand man tönerne Destillierapparate, Kondensatoren, Lagergefäße und Trinkbecher. Diese Funde legen nahe, daß die Destillation von Alkohol in Nordindien seit dem fünften vorchristlichen Jahrhundert bekannt war und verwendet wurde. Es gibt auch archäologische Befunde bis hinunter nach Mysore im Süden Indiens. Diese stammen aus der Zeit zwischen 100 v.Chr. Und 200 n.Chr. Auch in China war die Destillation bekannt. Diesen Schluß lassen zwei bronzene Destillierapparate zu, die aus der östlichen Han Dynastie stammen. Diese bestand zwischen den Jahren 25 und 220.
General Narchus, der unter Alexander dem Großen an der Eroberung des Indus-Gebietes beteiligt war, bestätigt die Verwendung von Zuckerrohr im Jahr 327 v.Chr., als er berichtete: »Ein Schilfrohr in Indien bringt ohne die Hilfe von Bienen Honig hervor, aus dem ein berauschendes Getränk gemacht wird, obwohl die Pflanze keine Früchte trägt.
In Gandhāra und im nördlichen Indien verstand man sich auch darauf, Zucker aus Zuckerrohr zu gewinnen.
Aus dem antiken Indien gibt es zahlreiche weitere Hinweise: Die Gesetze des Manu, entstanden zwischen 200 v.Chr und 200 n.Chr. Schränken beispielsweise den Alkoholkonsum der Hindus ein, einschließlich alkoholoscher getränke aus Zuckerrohr. Das Arthashastra, ein Staatsrechtslehrbuch des Alten Indien, entstanden zwischen dem zweiten vorchristlichen und dem dritten Nachchristlichen Jahrhundert, beschreibt fermentierte Zuckergetränke und gibt an: »householders should be free to manufacture white liquor on festive occasions«. In der Samhita des indischen Arztes Charaka, dem Kernstück der traditionellen ayurvedischen Literatur, wohl entstanden im ersten Jahrhundert, wird Zucker als eine der neun Quellen für Wein genannt.
Kombiniert man die Erkenntnisse aus archäologischen Funde und verschiedenen ayurvedischen Texten, so darf man vermuten, daß der alte vedische Begriff surā – unter dem normalerweise als ein fermentiertes Getränk verstanden wird – in Wirklichkeit destillierten Alkohol bezeichnet.
Im siebten Jahrhundert berichtet der chinesische buddhistische Reisende Xuanzang, dass die Menschen am Indus Zuckerrohrdestillate tranken und bestätigt damit die Aussagen des General Narchus. Auch Yeh-lü Ch’u-ts’ai, ein hoher Beamter des mongolischen Staates zur Zeit Dschingis Khans zu Beginn des 13. Jahrhunderts schrieb auf seinen Reisen ins Tal des Indus, dass dort Zuckerrohr angebaut werde und die Menschen dort Wein daraus machten.
Alkohol war im Islam nicht grundsätzlich verboten. Ein gemäßigter Konsum von alkoholischen Getränken, die kein Wein waren, waren erlaubt, da der Koran dies nicht ausdrücklich verbietet. So erklärt es sich, warum auch im Mogulreich Alkohol destilliert und konsumiert wurde.
Dem im Jahr 1358 verstorbenen indischen Historiker Ziauddin Barani zufolge wurde im Sultanat Delhi aus Zucker destillierter Arrak um die Wende zum 14. Jahrhunderts überregional gehandelt, bis Sultan Ala ud-Din Khalji, der von 1297 bis 1316 Sultan von Delhi war, die Destillation per Dekret verbot. Dieses Verbot mußte er jedoch später zurücknehmen. Aus dem Āʾīn-i Akbarī genannten Verwaltungsbericht des Gelehrten Abū ‚l-Fazl Allāmī für den für den Mogulherrscher Akbar, der von 1556 bis 1605 Großmogul von Indien war, sind Einzelheiten zur Herstellung ersichtlich: Das Destillat wurde aus Zuckerrohrsaft, mit oder ohne Zugabe von Zucker, hergestellt; oft wurden Gewürze und andere pflanzliche Stoffe zugegeben; er wurde auch mehrfach destilliert.
Als Ende des 15. Jahrhunderts europäische Kolonisten den indischen Subkontinent erreichten, war destillierter Alkohol allgegenwärtig, und die Europäer nahmen die lokalen Trinkgewohnheiten an.
Als die Portugiesen 1510 ihre Kolonie in Goa gründeten, stellten sie fest, dass in ganz Ost- und Südindien aus Palmensaft hergestellter Arrak hergestellt, getrunken und gehandelt wurde. Die Bezeichnung stammt aus dem Arabischen und bedeutet soviel wie Branntwein. Traditionell wird dieser Arrak hergestellt, indem man auf reife Kokospalmen klettert, dann die Stängel, an denen die Blüten des Baumes wachsen, abschneidet und den Saft auffängt, wenn er ausläuft. Dieser Saft gärt schnell mit aus der Umwelt stammenden Hefen und ergibt einen Palmwein oder „Toddy“, wie er genannt wird, mit etwa 8 Prozent Alkoholgehalt, der innerhalb von vierundzwanzig Stunden destilliert werden muss, bevor er sauer wird. Die frühesten Hinweise auf solch einen Palm-Arrak stammen aus dem Jahr 900, als Abu Zeyd Hassan, ein Chronist aus Basra, den Hinweis eines arabischen Seefahrers auf ein Getränk aus Sri Lanka aufzeichnete, das aus „gekochtem Palmhonig“ hergestellt wurde.
Zur Klärung von Zucker haben wir folgende Geschichte hinzugefügt:
Im Zusammenhang mit der Klärung von Zucker gibt es noch eine interessante Geschichte zu erzählen. Bei der Schlacht von Waterloo am 18. Juni 1815 erlitt Napoleons Armee eine Niederlage. Mehr als 20 000 Soldaten starben bei dieser Schlacht. Archäologen konnten jedoch keine Überreste auf den Schlachtfeldern finden. Insgesamt fand man nicht mehr als zwei Skelette, und man hatte dafür keine Erklärung. Doch dieses Rätsel scheint nun gelöst zu sein. Die Historiker Bernard Wilkin, Robin Schäfer und der britische Archäologe Tony Pollard haben herausgefunden, dass Grabräuber die Gebeine entfernten, um damit Geld zu verdienen. Aus Knochen wurde ein phosphatreiches Knochenmehl hergestellt, das man als Dünger verwendete. Es gab jedoch auch eine andere Verwendungsmöglichkeit: man nutzte die zermahlenen Knochen in der Zuckerindustrie. Aufgrund der steigenden Zahl an Zuckerrübenfabriken war der Bedarf an Knochen in der Region ab den 1830er Jahren groß. Der eingekochte Zuckerrübensaft mußte gefiltert werden, und da man im Jahr 1811 entdeckt hatte, dass granulierte Knochenkohle eine bessere Filterung ermöglichte, war der Bedarf daran groß. Teilweise wird noch heute dieses Verfahren unter Verwendung von Rinderknochen angewandt. Damals wurde weit über die Grenzen Belgiens und auch in anderen Teilen Europas ein Knochenhandel betrieben. Offiziell wurden nur Tierknochen verwendet, doch als Nachfrage und Preis explodierten suchten findige Geschäftsleute nach Alternativen. Anscheinend bediente man sich auch auf dem Schlachtfeld von Waterloo. Bereits im Jahr 1834 berichtete man über illegale Grabungen. Man muß davon ausgehen, dass die Region an der Leichenschänderei erheblich verdient hat. Man schätzt, dass insgesamt 1700 Tonnen Menschen- und Pferdeknochen auf dem Schlachtfeld lagen, mit denen man damals ein gewaltiges Vermögen von rund 240 000 Francs hätte verdienen können.
Ein weiteres Rezept für Capillaire lautet: »Capillaire. Man nehme zwölf Pfund Würfelzucker und vier Pfund Lissabonner Zucker, sechs Eier, die man gut zusammenschlägt, koche dasselbe in drei Gallonen Wasser und schöpfe es ab, so lange ein Schaum auftaucht, seihe es durch einen Beutel ab, und wenn die Milch warm ist, füge zwei Pennyweights Zitronenessenz hinzu.«
– »Capillaire. Take twelvepoundsof lump Sugar, and fourpoundsofLisbon Sugar, six Eggs, wellbeattogether, boilthe same in threegallonsofWater, and skimitaslongasanyscumappears, strainitthrough a bag, and when milk warm, addtwopenny-weightsof Essence of Lemon.«
Tim Stookey berichtet auch: »Der Drink ist im Grunde ein Auftrag gewesen. Am Ende des Tales of the Cocktail 2008 saß ich gerade in der Arnaud’s French 75 Bar, als Karen Foley vom Imbibe Magazin mich fragte, ob ich für ihr Holiday-Special nicht gerne einen Drink kreieren wollen würde. Ich sagte natürlich zu. Ich ließ mich damals vom ›12 Mile Limit‹ inspirieren. Auch dieser Drink wartet mit Rum, Rye und Cognac auf und schmeckt einfach hervorragend. Der Drink sollte nie sonderlich süß werden. Deshalb habe ich mich ja auch für Reposado Tequila entschieden. Damit wollte ich die klebrige Süße des Cherry Heering eindämmen.« Er begründet die Verwendung von Bourbon damit, daß dieser damals besser verfügbar war. Die Bezeichnung ›And to All a Good Night‹ nimmt Bezug auf das berühmte amerikanische Gedicht ›A visit from St. Nicholas‹, ›Ein Besuch vom heiligen Nikolaus‹ das auch ›The Night Before Christmas‹, ›Die Nacht vor Weihnachten‹ genannt wird; sie bildet dort die letzte Zeile: »Happy Christmas to all, and to all a good night«, »Allen ein frohes Weihnachtsfest, und allen eine gute Nacht«.
David Wondrich stellt fest, daß G. Selmer Fougner, ein Kolumnist der New York Sun, im Jahr 1934 über den Army & Navy berichtete. Dieser soll eine Erfindung des New Yorker Werbefachmanns Caroll Van Ark sein, der sein Rezept eingereicht hatte mit dem Hinweis: »Ein preiswertes Getränk, aber es schmeckt als koste es eine Million.« – »An inexpensive drink, but it tastes like a million.«
Für einen gut balancierten Aviation Cocktail ist deshalb die Wahl des richtigen Crème de Violettes unabdingbar. Er soll nicht zu süß und parfümiert sein, aber auch nicht zu sauer. Nils Wrage bringt es auf den Punkt: »ein guter, sauber abgestimmter Aviation bleibt ein beeindruckender Cocktail: Herb, frisch, komplex, mit dieser zarten Blumigkeit – und der wahrscheinlich elegantesten Möglichkeit, einen blauen Drink zu trinken.«
Crème de Violette ist seit ein Likör, der Mitte des 18. Jahrhunderts eine französische Spezialität war und der seit den 1780er Jahren auch in die USA exportiert wurde. Seine Wurzeln reichen weit zurück. Veilchenlikör und -sirup gibt es mindestens seit dem 17. Jahrhundert.
Unser Versuch hat gezeigt, daß der Bamboo gerührt zwar gut ist, noch besser wird er aber, wenn er geworfen wird, das heißt man schüttet in zwischen zwei Bechern (einer mit Eis, einer ohne Eis) hin und her.
1895 Chris F. Lawlor: The Mixicologist. Seite 117. Boston Bamboo.
Take 1/2 Vermouth. 1/2 sherry. Bitters and syrup. Stir and strain.
Wir haben ein Bild von Erskine Gwynne hinzugefügt und ebenso diesen Kommentar zum Campari:
Auch Jörg Meyer und Tim Mälzer bestätigen daß es mehrere Veränderungen des Camparis gab. Über eine alte Abfüllung sagt Tim Mälzer: »Also das war wirklich aromatisch, spannend, dicht, komplex irgendwie und nicht einfach nur süß und bitter und hatte ganz tolle Ebenen.«
Der Pompier, oder vielmehr eine Mischung aus französischem Wermut, Cassis und Sodawasser, wurde dem Oxford Companion zufolge bereits in den 1880er Jahren in Frankreich populär gewesen sein. Als Quelle hierfür die in New York erschienene Zeitung ›Courier des Ètats-Unis‹ vom 11. Juli 1882 genannt. Wir konnten die Angabe nicht prüfen, da wir die Zeitung online nicht finden konnten. Anschließend wird geschrieben, diese Mischung habe die Vereinigten Staaten erst in den 1930er Jahren erreicht. Dies widerspricht unseren Funden: Louis Muckensturm beschreibt eine solche Mischung bereits im Jahr 1906 als ›Pompier‹. Unter einem Pompier verstand man jedoch auch etwas anderes. Im Jahr 1876 hieß es: »Ein Pompier! Baron Chaurand hatte gerade seinen ersten Pompier, Vermout und Curaçao, getrunken und wollte nun einen zweiten trinken.«
– »Un pompier! C’était le baron Chaurand qui venait de siffler son premier pompier, vermout et curaçao, et qui s’apprêtait à en avaler un second.«
Da Cassis erstmals in den 1840er Jahren von Denis Lagoute kommerziell vertrieben wurde, gefolgt von anderen Produzenten, [5-204] kann die Mischung aus Wermut und Cassis wohl nicht zuvor entstanden sein. Insbesondere 1878, als die Reblaus die Weinstöcke im Burgund vernichtete, sahen viele Winzer im Cassis eine Alternative und pflanzten schwarze Johannisbeeren an. Dadurch erlebte Cassis einen regelrechten Boom und Cassis wurde zu einem festen Bestandteil der französischen Aperitivkultur.
Mario Kappes sagt zum ›Professor Langnickel‹: »Mir war aber bald klar, dass man diesen Drink im Vorfeld erklären muss. Wenn der Gast Kirsche liest und sich auf eine entspannte Fruchtbombe freut, wird es schwierig.“ Wichtig bei der Zubereitung ist der Guignolet, denn: „Jeder andere Kirschlikör funktioniert nicht, zumindest keiner, den ich ausprobiert habe. Der Guignolet de Dijon von Boudier ist am gesamten Konstrukt am wenigsten austauschbar. Das Destillat wiederum muss als Gegengewicht ein klares, eindeutiges Kirschdestillat sein, auf jeden Fall eines ohne Saft oder Süßungsanteil. Mit zu fruchtdominierten Spirituosen funktioniert der Drink nicht.« Ein Kirschdestillat wurde gewählt, denn »Wenn man Kirschlikör und PX Sherry mit Whiskey oder Rum mischt, ist das Ergebnis ein Einheitsbrei. Dann ist der Drink nicht mehr differenziert.« Mario fügt noch hinzu: »Ich bin eigentlich kein Freund davon, überall zu zesten. Aber dieser Drink braucht es. Die Zitronenzeste hilft der gesamten Fruchtigkeit. Ohne sie kann der Drink sehr süß und anstrengend werden, wenn er sich erwärmt. Wir haben damals teilweise sogar ein zweites Mal nachgezestet.«
Thomas Domenig berichtet in einem Podcast über seine Zeit im Le Lion und über den in der Etage darüber liegenden ›Tasting Room‹: »Meine Zeit im Le Lion war von Oktober 2011 bis Ende Juni 2014 im le Lion. Gianfranco Spada war mein Kollege. Ich hatte das Glück, daß wir damals ein bißchen knapp an Mitarbeitern waren und dadurch hab ich schneller mal im Tasting Room arbeiten dürfen. Das Le Lion ist ja eine Bar ohne Fenster, das heißt, man muß klingeln, und man kommt rein. Herr Meyer hatte einen extra Raum zur Miete bekommen und hat dann da eine kleine, feine Speakeasy-Bar eingerichtet. Um dorthin zu gelangen mußte man mit den Gästen runter in den Keller gehen und dann mit einem superengen Fahrstuhl die Leute hochbringen. Der Fahrstuhl hatte auch eine Beleuchtung, die wie am OP-Tisch war, und natürlich war es immer super, denn die Leute, die dann am Bar-Abend wieder nach hause gehen wollten, hatten dann die Vollbeleuchtung im Gesicht, und alle schauen super aus. In diesem ›Tasting Room‹, der hatte damals Donnerstag, Freitag, Samstag auf, hat Gianfranco, Barmann aus London, dort oben den ›Tasting Room‹ gemacht, mit einem ganz eigenen Vibe, und ich war der Kommi dort.«
Neue Rezepturen
Wir haben verschiedene Produkte probiert, und zwar: Baumgartner Edel-Sauerkirsch; Berto Bitter; Berto Rosso Superiore Wermut; Christian Drouin Blanche de Normandie; Eminente Rum 3 Jahre; Eminente Rum 7 Jahre; Fernet Nardini;Finsbury 47 Gin (der Gin von Rutte ist nicht mehr erhältlich); Freimeister Cassis; Hiebl Rote Williams; Hiebl Williams; Wood’s Old Navy Rum; Zott Pomeranzengeist.
Es ist wieder einmal Zeit, unsere Beiträge auf den neuesten Stand zu bringen. Wir informieren Euch beispielsweise über diese Dinge:
Auch zu folgenden Beiträgen haben wir Neues hinzugefügt: And to All a Good Night, Army & Navy, Aviation Cocktail, Bamboo Cocktail, Boulevardier, Cascade Highball, Professor Langnickel, Upstairs.
Außerdem haben wir Rezepturen angepaßt.
B&B
Man mag gegen unsere Hypothese einwenden, daß für die Regimentsmischung angegeben wurde, man solle Benedictiner verwenden, nicht Bénédictine. Hierauf möchten wir erwidern, daß dies kein Widerspruch ist. Wir berufen uns dabei auf Harry Johnson. In seinem Rezept für ein Knickebein gibt er im Englischen an, man solle Bénédictine verwenden; in der deutschen Übersetzung wird daraus Benedictiner.
In Deutschland liebte man den Knickebein. Es gab zahlreiche unterschiedliche Rezepturen. Eine davon steht im 1913 erschienenen Lexikon der Getränke: Unten Bénédictine, oben ein Cognac, dazwischen ein ganzes Eigelb. Auch in ›Bowlen und Pünsche zum Manöver- und Feldgebrauch‹ ist eine Möglichkeit für einen Knickebein: unten Benediktine und darüber Cognac. Das ist nichts anderes als ein B&B mit Eigelb.
Auch Soldaten anderer Nationen sind mit dem Bénédictine verbunden. Das ›11th (Service) Battalion, East Lancashire Regiment‹, auch als ›Accrington Pals‹ bekannt, war von Juni bis Oktober 1919 in der Gegend von Le Havre, Harfleur und Fecamp stationiert. In Fécamp befand sich auch die Produktionsstätte für Bénédictine. Nach jahrelangen Kämpfen im Ersten Weltkrieg waren sich die Soldaten einig, daß ein ›Bene‹ medizinische Eigenschaften und eine stärkende Wirkung hat. So wurde Bénédictine schnell zu ihrem Lieblingslikör. Zurück in East Lancashire fragten sie weiterhin nach ihrem ›Bene‹. Die Nachfrage nach dem Getränk war so groß, daß die Verkäufe in East Lancashire im Nordwesten Englands bald den größten Teil der Verkäufe in Großbritannien ausmachten, und so ist es bis heute geblieben.
1947 Pedro Chicote: Cocktails mundiales. Seite 109. Aparicio-Cocktail.
Prepárese en cocktelera:
Unos pedacitos de hielo.
1/4 parte de buen coñac.
3/4 partes de benedictino.
Bátase bien en la cocktelera y sírvase en copa de
las de vino de Jerez, hasta su tercera parte, termi-
nándola de llenar de nata fresca.
Brandy Crusta
Bezüglich der Menge des Zitronensaftes haben wir hinzugefügt:
Dieser Aussage wollen wir zustimmen. Wir haben versuchsweise zunächst soviel Zucker hinzugegeben, wie notwendig, um bei 10 ml Zitronensaft ein ausgewogenes Süß-Sauer-Verhältnis zu bekommen, so wie man es in der Regel machen sollte. Dadurch ist der Brandy Crusta zwar ausgewogen – aber im fehlt dadurch auch das Strahlen. Mit etwas weniger Zuckersirup entsteht hingegen eine leichte Unwucht, die es interessanter macht, etwas säurebetonter. Das erinnert uns an den Wiederaufbau der Frauenkirche. In einer Fernsehdokumentation wurde berichtet, daß man sich an den mittelalterlichen Regeln der Steinmetze orientiert hatte und demzufolge keine perfekten 90°-Winkel gebaut hat. Unbewußt nimmt man den Unterschied wahr. Durch die verringerte Perfektion wirkt das Gebäude organischer und schöner, als es mit perfekten Winkeln wäre. So ist es auch beim Brandy Crusta: mit einer leichten Unwucht wird er ›richtiger‹. Nur so bekommt er das ›Strahlen‹, das er haben sollte.
Wir haben auch erklärt, was ein Orchard Syrup ist:
Orchard Syrup, wörtlich übersetzt ›Obstgarten-Sirup‹ ist dem Oxford Companion zufolge ein Fruchtsirup, der durch das Einkochen von Fruchtsaft, manchmal unter der Zugabe von Zucker, entsteht. Hauptsächlich verwendet man dafür eine Mischung aus Apfel- und Birnensaft.
Canchánchara, Honey Suckle und Honey Bee
Eine Mischung aus Limettensaft, Honig und Rum, gekocht über einem schwachen Feuer, erinnert an den Honeysuckle und zeigt, daß solch eine Mischung eine weit zurückreichende Vergangenheit hat. In einem Buch, in dem es über Krankheiten geht, die an Bord eines Teils des britischen Geschwades auf den kleinen Antillen in den 1790er Jahren auftraten, wird diese Behandlung beschrieben: »Gleiche Teile von Limettensaft, Rum und Honig oder frischem Sirup, in der Menge von einem Pint über einem schwachen Feuer gekocht, mit zwei Drachmen fein pulverisiertem Verdegrease, bis ein Drittel der Flüssigkeit verdampft war, bildeten eine Anwendung, die sehr nützlich bei diesen übelriechenden, pilzigen und fauligen Wunden war, und ist in diesem Krankenhaus täglich in Gebrauch. Mit dieser Lösung wurden die pilzbefallenen, fauligen Wunden benetzt und gereinigt, und manchmal wurde ein mit dieser Lösung benetzter Mull über die Stelle gelegt.«
– »Equal parts of lime-juice, rum, and honey, or fresh syrup, boiled in the quantity of a pint over a slow fire, with two drachms of finely powdered verdegrease, until a third part of the liquor was evaporated, formed an application very useful in these foul, fungous, and putrid sores, and is in daily use in this hospital. With this solution, the fungous putrid sores were wetted and deterged, and sometimes lint wetted in it was applied over the part.«
Hanky Panky
Der Oxford Companion hält das Jahr 1921 für wahrscheinlich, denn in diesem Jahr produzierte Charles Hawtrey ›Ambrose Applejohn’s Adventure‹ am Savoy Theatre, und spielte auch darin mit. Das Theater lag direkt neben dem Hotel. Zuvor produzierte er ›Hanky Panky John‹ von Basil McDonald Hastings. Das Stück wurde im Januar und Februar 1921 im Playhouse Theatre aufgeführt. Die Sporting Times vom 5. Februar 1921 beschreibt, daß der namensgebende Butler John den Spitznamen Hanky Panky habe, da er einen Cocktail mit dem Namen Hanky Panky erfunden habe. Das wird wohl auch die Inspiration für Charles Hawtrey gewesen sein, ›seinen‹ neuen Cocktail ›Hanky-Panky‹ zu nennen.
Twentieth Century
Charles A. Tuck war Head Bartender im Picadilly Hotel in London, als er im Jahr 1967 sein Buch ›Cocktails and Mixed Drinks.‹ veröffentlichte. Interessanterweise stellte in diesem Jahr der Twentieth-Century-Zug seinen Betrieb ein. Er schreibt selbst über sich: »Was mich betrifft, so habe ich in vielen berühmten Hotels in England und im Ausland gearbeitet. Angefangen habe ich im Carlton in London, einem der berühmtesten Hotels der Welt, das es heute nicht mehr gibt. Später arbeitete ich im Semiramis in Kairo und sammelte dann in ganz Europa viele Erfahrungen. Einige Jahre vor dem letzten Krieg eröffnete ich die Buttery Bar im Hyde Park Hotel in London, und als der Krieg vorbei war, eröffnete ich eine neue Cocktailbar im Flemming’s Hotel in London. Im Jahr 1950 ging ich in das Piccadilly Hotel und war dort einige Jahre lang Chef-Barkeeper. So viel zu meiner Erfahrung in der Kunst des Mixens von Getränken.«
– »As for me, I have worked in many famous hotels in England and abroad. I started at the Carlton, in London, which was one of the most famous hotels in the world and which is no more. Later, I worked at the Semiramis in Cairo and then gained a great deal of experience all over Europe. I opened the Buttery Bar at the Hyde Park Hotel in London some years before the last war and when the war was over I opened a new Cocktail Bar at Flemming’s Hotel in London. In 1950 I went to the Piccadilly Hotel and have been Head Bartender there for a number of years. So much for my experience in the art of mixing drinks.«
Charles Tuck war 1965 der Präsident der ›United Kingdom Bartenders Guild‹, 1968 deren Vizepräsident. In den 1970er Jahren war er Vizepräsident der ›International Bartenders Association‹.
Im Zusammenhang mit dem Twentieth Century kann man sich die Frage stellen, welche Art von Crème de Cacaos ursprünglich eingesetzt wurde. War er ›weiß‹, also klar, oder ›braun‹? Im ›Café Royal Cocktail Book‹, dort wo er zuerst beschrieben wurde, wird in den Rezepten des Buches nur › Crème de cacao‹ angegeben, und im Anhang steht geschrieben: »Crème de cacao. – A French liqueur, chocolate in colour, with the flavour of cocoa and very sweet.« – Das bedeutet doch, daß man, um dieses Rezept originalgetreu nachzumixen, einen dunklen Crème de Cacao verwenden müßte. Allerdings ist es so daß es einen klaren Crème de Cacao schon im 19. Jahrhundert gab, wie ein Blick in die Bücher verrät.
Punch, Toddy, Grog & Co. – Teil 4: Punch – Ein indisches Getränk
Destillation von Alkohol
Ein weiteres Argument spricht für den Punch als eine indische Erfindung. Nicht nur die Limonade entstand dort. Indien und Zentralasien sind ebenso entscheidend für die frühe Geschichte der Destillation. Es gibt viele archäologische Funde und alte Texte, die darauf hindeuten, dass der indische Subkontinent eines der frühesten Zentren der Destillation war.
Vom Pazifik aus verbreitete sich das Zuckerrohr nach Indien und China. Die frühesten Hinweise auf die Herstellung von alkoholischen Getränken aus Zuckerrohr finden wir in Indien.
Die gewichtigsten Belege für eine antike Destillation stammen aus Gandhāra, eine antike Region um die Stadt Peschawar am Oberlauf des Indus, die heute das Grenzgebiet zwischen Afghanistan und Pakistan bildet. Dort fand man tönerne Destillierapparate, Kondensatoren, Lagergefäße und Trinkbecher. Diese Funde legen nahe, daß die Destillation von Alkohol in Nordindien seit dem fünften vorchristlichen Jahrhundert bekannt war und verwendet wurde. Es gibt auch archäologische Befunde bis hinunter nach Mysore im Süden Indiens. Diese stammen aus der Zeit zwischen 100 v.Chr. Und 200 n.Chr. Auch in China war die Destillation bekannt. Diesen Schluß lassen zwei bronzene Destillierapparate zu, die aus der östlichen Han Dynastie stammen. Diese bestand zwischen den Jahren 25 und 220.
General Narchus, der unter Alexander dem Großen an der Eroberung des Indus-Gebietes beteiligt war, bestätigt die Verwendung von Zuckerrohr im Jahr 327 v.Chr., als er berichtete: »Ein Schilfrohr in Indien bringt ohne die Hilfe von Bienen Honig hervor, aus dem ein berauschendes Getränk gemacht wird, obwohl die Pflanze keine Früchte trägt.
In Gandhāra und im nördlichen Indien verstand man sich auch darauf, Zucker aus Zuckerrohr zu gewinnen.
Aus dem antiken Indien gibt es zahlreiche weitere Hinweise: Die Gesetze des Manu, entstanden zwischen 200 v.Chr und 200 n.Chr. Schränken beispielsweise den Alkoholkonsum der Hindus ein, einschließlich alkoholoscher getränke aus Zuckerrohr. Das Arthashastra, ein Staatsrechtslehrbuch des Alten Indien, entstanden zwischen dem zweiten vorchristlichen und dem dritten Nachchristlichen Jahrhundert, beschreibt fermentierte Zuckergetränke und gibt an: »householders should be free to manufacture white liquor on festive occasions«. In der Samhita des indischen Arztes Charaka, dem Kernstück der traditionellen ayurvedischen Literatur, wohl entstanden im ersten Jahrhundert, wird Zucker als eine der neun Quellen für Wein genannt.
Kombiniert man die Erkenntnisse aus archäologischen Funde und verschiedenen ayurvedischen Texten, so darf man vermuten, daß der alte vedische Begriff surā – unter dem normalerweise als ein fermentiertes Getränk verstanden wird – in Wirklichkeit destillierten Alkohol bezeichnet.
Im siebten Jahrhundert berichtet der chinesische buddhistische Reisende Xuanzang, dass die Menschen am Indus Zuckerrohrdestillate tranken und bestätigt damit die Aussagen des General Narchus. Auch Yeh-lü Ch’u-ts’ai, ein hoher Beamter des mongolischen Staates zur Zeit Dschingis Khans zu Beginn des 13. Jahrhunderts schrieb auf seinen Reisen ins Tal des Indus, dass dort Zuckerrohr angebaut werde und die Menschen dort Wein daraus machten.
Alkohol war im Islam nicht grundsätzlich verboten. Ein gemäßigter Konsum von alkoholischen Getränken, die kein Wein waren, waren erlaubt, da der Koran dies nicht ausdrücklich verbietet. So erklärt es sich, warum auch im Mogulreich Alkohol destilliert und konsumiert wurde.
Dem im Jahr 1358 verstorbenen indischen Historiker Ziauddin Barani zufolge wurde im Sultanat Delhi aus Zucker destillierter Arrak um die Wende zum 14. Jahrhunderts überregional gehandelt, bis Sultan Ala ud-Din Khalji, der von 1297 bis 1316 Sultan von Delhi war, die Destillation per Dekret verbot. Dieses Verbot mußte er jedoch später zurücknehmen. Aus dem Āʾīn-i Akbarī genannten Verwaltungsbericht des Gelehrten Abū ‚l-Fazl Allāmī für den für den Mogulherrscher Akbar, der von 1556 bis 1605 Großmogul von Indien war, sind Einzelheiten zur Herstellung ersichtlich: Das Destillat wurde aus Zuckerrohrsaft, mit oder ohne Zugabe von Zucker, hergestellt; oft wurden Gewürze und andere pflanzliche Stoffe zugegeben; er wurde auch mehrfach destilliert.
Als Ende des 15. Jahrhunderts europäische Kolonisten den indischen Subkontinent erreichten, war destillierter Alkohol allgegenwärtig, und die Europäer nahmen die lokalen Trinkgewohnheiten an.
Als die Portugiesen 1510 ihre Kolonie in Goa gründeten, stellten sie fest, dass in ganz Ost- und Südindien aus Palmensaft hergestellter Arrak hergestellt, getrunken und gehandelt wurde. Die Bezeichnung stammt aus dem Arabischen und bedeutet soviel wie Branntwein. Traditionell wird dieser Arrak hergestellt, indem man auf reife Kokospalmen klettert, dann die Stängel, an denen die Blüten des Baumes wachsen, abschneidet und den Saft auffängt, wenn er ausläuft. Dieser Saft gärt schnell mit aus der Umwelt stammenden Hefen und ergibt einen Palmwein oder „Toddy“, wie er genannt wird, mit etwa 8 Prozent Alkoholgehalt, der innerhalb von vierundzwanzig Stunden destilliert werden muss, bevor er sauer wird. Die frühesten Hinweise auf solch einen Palm-Arrak stammen aus dem Jahr 900, als Abu Zeyd Hassan, ein Chronist aus Basra, den Hinweis eines arabischen Seefahrers auf ein Getränk aus Sri Lanka aufzeichnete, das aus „gekochtem Palmhonig“ hergestellt wurde.
Vom Gin-Punch zum Collins – Teil 7: John Collins und sein Punch
Zur Klärung von Zucker haben wir folgende Geschichte hinzugefügt:
Im Zusammenhang mit der Klärung von Zucker gibt es noch eine interessante Geschichte zu erzählen. Bei der Schlacht von Waterloo am 18. Juni 1815 erlitt Napoleons Armee eine Niederlage. Mehr als 20 000 Soldaten starben bei dieser Schlacht. Archäologen konnten jedoch keine Überreste auf den Schlachtfeldern finden. Insgesamt fand man nicht mehr als zwei Skelette, und man hatte dafür keine Erklärung. Doch dieses Rätsel scheint nun gelöst zu sein. Die Historiker Bernard Wilkin, Robin Schäfer und der britische Archäologe Tony Pollard haben herausgefunden, dass Grabräuber die Gebeine entfernten, um damit Geld zu verdienen. Aus Knochen wurde ein phosphatreiches Knochenmehl hergestellt, das man als Dünger verwendete. Es gab jedoch auch eine andere Verwendungsmöglichkeit: man nutzte die zermahlenen Knochen in der Zuckerindustrie. Aufgrund der steigenden Zahl an Zuckerrübenfabriken war der Bedarf an Knochen in der Region ab den 1830er Jahren groß. Der eingekochte Zuckerrübensaft mußte gefiltert werden, und da man im Jahr 1811 entdeckt hatte, dass granulierte Knochenkohle eine bessere Filterung ermöglichte, war der Bedarf daran groß. Teilweise wird noch heute dieses Verfahren unter Verwendung von Rinderknochen angewandt. Damals wurde weit über die Grenzen Belgiens und auch in anderen Teilen Europas ein Knochenhandel betrieben. Offiziell wurden nur Tierknochen verwendet, doch als Nachfrage und Preis explodierten suchten findige Geschäftsleute nach Alternativen. Anscheinend bediente man sich auch auf dem Schlachtfeld von Waterloo. Bereits im Jahr 1834 berichtete man über illegale Grabungen. Man muß davon ausgehen, dass die Region an der Leichenschänderei erheblich verdient hat. Man schätzt, dass insgesamt 1700 Tonnen Menschen- und Pferdeknochen auf dem Schlachtfeld lagen, mit denen man damals ein gewaltiges Vermögen von rund 240 000 Francs hätte verdienen können.
Ein weiteres Rezept für Capillaire lautet: »Capillaire. Man nehme zwölf Pfund Würfelzucker und vier Pfund Lissabonner Zucker, sechs Eier, die man gut zusammenschlägt, koche dasselbe in drei Gallonen Wasser und schöpfe es ab, so lange ein Schaum auftaucht, seihe es durch einen Beutel ab, und wenn die Milch warm ist, füge zwei Pennyweights Zitronenessenz hinzu.«
– »Capillaire. Take twelve pounds of lump Sugar, and four pounds of Lisbon Sugar, six Eggs, well beat together, boil the same in three gallons of Water, and skim it as long as any scum appears, strain it through a bag, and when milk warm, add two penny-weights of Essence of Lemon.«
And to All a Good Night
Tim Stookey berichtet auch: »Der Drink ist im Grunde ein Auftrag gewesen. Am Ende des Tales of the Cocktail 2008 saß ich gerade in der Arnaud’s French 75 Bar, als Karen Foley vom Imbibe Magazin mich fragte, ob ich für ihr Holiday-Special nicht gerne einen Drink kreieren wollen würde. Ich sagte natürlich zu. Ich ließ mich damals vom ›12 Mile Limit‹ inspirieren. Auch dieser Drink wartet mit Rum, Rye und Cognac auf und schmeckt einfach hervorragend. Der Drink sollte nie sonderlich süß werden. Deshalb habe ich mich ja auch für Reposado Tequila entschieden. Damit wollte ich die klebrige Süße des Cherry Heering eindämmen.« Er begründet die Verwendung von Bourbon damit, daß dieser damals besser verfügbar war. Die Bezeichnung ›And to All a Good Night‹ nimmt Bezug auf das berühmte amerikanische Gedicht ›A visit from St. Nicholas‹, ›Ein Besuch vom heiligen Nikolaus‹ das auch ›The Night Before Christmas‹, ›Die Nacht vor Weihnachten‹ genannt wird; sie bildet dort die letzte Zeile: »Happy Christmas to all, and to all a good night«, »Allen ein frohes Weihnachtsfest, und allen eine gute Nacht«.
Army & Navy
David Wondrich stellt fest, daß G. Selmer Fougner, ein Kolumnist der New York Sun, im Jahr 1934 über den Army & Navy berichtete. Dieser soll eine Erfindung des New Yorker Werbefachmanns Caroll Van Ark sein, der sein Rezept eingereicht hatte mit dem Hinweis: »Ein preiswertes Getränk, aber es schmeckt als koste es eine Million.« – »An inexpensive drink, but it tastes like a million.«
Aviation Cocktail
Hinzugefügt wurde:
Für einen gut balancierten Aviation Cocktail ist deshalb die Wahl des richtigen Crème de Violettes unabdingbar. Er soll nicht zu süß und parfümiert sein, aber auch nicht zu sauer. Nils Wrage bringt es auf den Punkt: »ein guter, sauber abgestimmter Aviation bleibt ein beeindruckender Cocktail: Herb, frisch, komplex, mit dieser zarten Blumigkeit – und der wahrscheinlich elegantesten Möglichkeit, einen blauen Drink zu trinken.«
Crème de Violette ist seit ein Likör, der Mitte des 18. Jahrhunderts eine französische Spezialität war und der seit den 1780er Jahren auch in die USA exportiert wurde. Seine Wurzeln reichen weit zurück. Veilchenlikör und -sirup gibt es mindestens seit dem 17. Jahrhundert.
Bamboo Cocktail
Unser Versuch hat gezeigt, daß der Bamboo gerührt zwar gut ist, noch besser wird er aber, wenn er geworfen wird, das heißt man schüttet in zwischen zwei Bechern (einer mit Eis, einer ohne Eis) hin und her.
1895 Chris F. Lawlor: The Mixicologist. Seite 117. Boston Bamboo.
Take 1/2 Vermouth.
1/2 sherry.
Bitters and syrup.
Stir and strain.
Boulevardier
Wir haben ein Bild von Erskine Gwynne hinzugefügt und ebenso diesen Kommentar zum Campari:
Auch Jörg Meyer und Tim Mälzer bestätigen daß es mehrere Veränderungen des Camparis gab. Über eine alte Abfüllung sagt Tim Mälzer: »Also das war wirklich aromatisch, spannend, dicht, komplex irgendwie und nicht einfach nur süß und bitter und hatte ganz tolle Ebenen.«
Cascade Highball
Der Pompier, oder vielmehr eine Mischung aus französischem Wermut, Cassis und Sodawasser, wurde dem Oxford Companion zufolge bereits in den 1880er Jahren in Frankreich populär gewesen sein. Als Quelle hierfür die in New York erschienene Zeitung ›Courier des Ètats-Unis‹ vom 11. Juli 1882 genannt. Wir konnten die Angabe nicht prüfen, da wir die Zeitung online nicht finden konnten. Anschließend wird geschrieben, diese Mischung habe die Vereinigten Staaten erst in den 1930er Jahren erreicht. Dies widerspricht unseren Funden: Louis Muckensturm beschreibt eine solche Mischung bereits im Jahr 1906 als ›Pompier‹. Unter einem Pompier verstand man jedoch auch etwas anderes. Im Jahr 1876 hieß es: »Ein Pompier! Baron Chaurand hatte gerade seinen ersten Pompier, Vermout und Curaçao, getrunken und wollte nun einen zweiten trinken.«
– »Un pompier! C’était le baron Chaurand qui venait de siffler son premier pompier, vermout et curaçao, et qui s’apprêtait à en avaler un second.«
Da Cassis erstmals in den 1840er Jahren von Denis Lagoute kommerziell vertrieben wurde, gefolgt von anderen Produzenten, [5-204] kann die Mischung aus Wermut und Cassis wohl nicht zuvor entstanden sein. Insbesondere 1878, als die Reblaus die Weinstöcke im Burgund vernichtete, sahen viele Winzer im Cassis eine Alternative und pflanzten schwarze Johannisbeeren an. Dadurch erlebte Cassis einen regelrechten Boom und Cassis wurde zu einem festen Bestandteil der französischen Aperitivkultur.
Professor Langnickel
Mario Kappes sagt zum ›Professor Langnickel‹: »Mir war aber bald klar, dass man diesen Drink im Vorfeld erklären muss. Wenn der Gast Kirsche liest und sich auf eine entspannte Fruchtbombe freut, wird es schwierig.“ Wichtig bei der Zubereitung ist der Guignolet, denn: „Jeder andere Kirschlikör funktioniert nicht, zumindest keiner, den ich ausprobiert habe. Der Guignolet de Dijon von Boudier ist am gesamten Konstrukt am wenigsten austauschbar. Das Destillat wiederum muss als Gegengewicht ein klares, eindeutiges Kirschdestillat sein, auf jeden Fall eines ohne Saft oder Süßungsanteil. Mit zu fruchtdominierten Spirituosen funktioniert der Drink nicht.« Ein Kirschdestillat wurde gewählt, denn »Wenn man Kirschlikör und PX Sherry mit Whiskey oder Rum mischt, ist das Ergebnis ein Einheitsbrei. Dann ist der Drink nicht mehr differenziert.« Mario fügt noch hinzu: »Ich bin eigentlich kein Freund davon, überall zu zesten. Aber dieser Drink braucht es. Die Zitronenzeste hilft der gesamten Fruchtigkeit. Ohne sie kann der Drink sehr süß und anstrengend werden, wenn er sich erwärmt. Wir haben damals teilweise sogar ein zweites Mal nachgezestet.«
Upstairs
Thomas Domenig berichtet in einem Podcast über seine Zeit im Le Lion und über den in der Etage darüber liegenden ›Tasting Room‹: »Meine Zeit im Le Lion war von Oktober 2011 bis Ende Juni 2014 im le Lion. Gianfranco Spada war mein Kollege. Ich hatte das Glück, daß wir damals ein bißchen knapp an Mitarbeitern waren und dadurch hab ich schneller mal im Tasting Room arbeiten dürfen. Das Le Lion ist ja eine Bar ohne Fenster, das heißt, man muß klingeln, und man kommt rein. Herr Meyer hatte einen extra Raum zur Miete bekommen und hat dann da eine kleine, feine Speakeasy-Bar eingerichtet. Um dorthin zu gelangen mußte man mit den Gästen runter in den Keller gehen und dann mit einem superengen Fahrstuhl die Leute hochbringen. Der Fahrstuhl hatte auch eine Beleuchtung, die wie am OP-Tisch war, und natürlich war es immer super, denn die Leute, die dann am Bar-Abend wieder nach hause gehen wollten, hatten dann die Vollbeleuchtung im Gesicht, und alle schauen super aus. In diesem ›Tasting Room‹, der hatte damals Donnerstag, Freitag, Samstag auf, hat Gianfranco, Barmann aus London, dort oben den ›Tasting Room‹ gemacht, mit einem ganz eigenen Vibe, und ich war der Kommi dort.«
Neue Rezepturen
Wir haben verschiedene Produkte probiert, und zwar: Baumgartner Edel-Sauerkirsch; Berto Bitter; Berto Rosso Superiore Wermut; Christian Drouin Blanche de Normandie; Eminente Rum 3 Jahre; Eminente Rum 7 Jahre; Fernet Nardini;Finsbury 47 Gin (der Gin von Rutte ist nicht mehr erhältlich); Freimeister Cassis; Hiebl Rote Williams; Hiebl Williams; Wood’s Old Navy Rum; Zott Pomeranzengeist.
Wir haben deshalb unsere Rezepte für diese Mischgetränke angepaßt: Adonis Cocktail, Affinity, Bee’s Knees, Betsy Ross, Bijou, B.O.B., Bobby Burns, Boulevardier, Boulevardier 1929, Brandy Crusta, Brooklyn, Cascade Highball, Chase, Claridge Cocktail, Crescent, Diki-Diki, East India Cocktail, El Presidente, Fernet Buck, Föhr Manhattan, Georgetown Club Cocktail, Greenpoint, Kapernikus, Kennedy Manhattan, Kleginite, Knickerbocker, La Rafale, Le Loriot, Little Italy, Mai Tai, Manhattan Cocktail, Meehoulong, Montaigne, Morning Glory Fizz, Negroni, Peacock, Pendennis Cocktail, Professor Langnickel, Purple Bird, Quarter Deck Cocktail, Quartier Latin Cocktail, Rob Roy, Royal Bermuda Yacht Club, Toronto, Upstairs, Williams Sour.